Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
BRIEFE AN DIE REDAKTION
EUTHANASIE
Zu dem Beitrag: „Schwangerschaftsab- bruch und Euthanasie" von Prof. Dr.
med. Dr. phil. Helmut E. Ehrhardt in Heft 23/1974:
Nicht künstlich verzögern
In dem Artikel spricht man nach meiner Meinung nicht über Erleich- terung und eventuell über Be- schleunigung eines einigermaßen würdevollen Todes, sondern über wenn auch noch so wohlgemeinten Gnadentod (Mercy-Killing). Diesen Gnadentod verurteile ich unter al- len Umständen, er ist auch bei be- ster Absicht unethisch und wider- spricht dem einwandfreien Gebot:
Du sollst nicht töten! Wesentlich und völlig einwandfrei scheint mir aber, den Tod eines hoffnungslo- sen Kranken nicht künstlich, sei es durch Stimulantia pharmakologi- scher Art oder durch Anwendung maschineller Einrichtungen zu ver- zögern. Das ist eine unnötige und grausame Handlungsweise. In Lon- don, wo ich schon seit Jahren lebe, besteht eine Euthanasiegesell- schaft, die m. E. den rechten Weg einschlägt, der auch von den mei- sten Ärzten in dieser Form gebilligt wird. Jeder gesunde, junge oder äl- tere Mensch gibt seinem Arzt oder seinen nächsten Angehörigen ein vorgedrucktes Formular, in dem er erklärt, daß, wenn er dem Tode nahe sei, aber selbst nicht mehr über sich verfügen kann, er wün- sche, daß sein Ende nicht durch ir- gendwelche künstliche Mittel beim herannahenden Tode verzögert werde. Sogar Lord Platt, der frühe-
re Präsident der britischen Medical Association, hat selbst eine solche Erklärung unterschrieben. M. E. ist es notwendig, den Arzt gesetzlich zu schützen, daß solche Hand- lungsweise nicht als strafbar gilt.
Praktisch wird ja schon heute kein Arzt verurteilt, der so handelt. Das sollte aber gesetzlich verankert werden. Gnadentod soll auch bei bester Absicht strafbar bleiben, aber die Unterlassung von künstli- cher Lebensverlängerung sollte nicht nur Recht, sondern auch Pflicht jeden Arztes sein, wenn es
einem Wunsch, früher geäußert und schriftlich festgelegt, des Kranken entspricht ...
P. Oestreicher M.D. M.B.,CH.B.
Flat B Morden Road London, S.E 3
HÖCHSTE ZEIT
Welchen Arzt hat nicht schon einmal ein irreführender oder doch schiefer Bericht im Fernsehen oder Hörfunk über Ärztliches geärgert. Der folgende Leserbrief bringt keine Kritik, sondern einen positiven Vorschlag.
Eindrucksvolle Abläufe
Es sei höchste Zeit, einmal im Fernsehen einen bzw. mehrere Streifen zu bringen, die die Tätig- keit des Arztes für Allgemeinmedi- zin, des Chirurgen, des Kranken- hausarztes (diese nur zunächst als Vertreter aller Gruppen) im T.V.
ausstrahlen lassen. Das st nö- tig, um den häufig in Presse, Rund- funk und Fernsehen einseitigen, tendenziösen Berichten wahre, ein- drucksvollere Abläufe aus dem Le- ben des Arztes zu zeigen: Zum Bei- spiel aus der Sprechstundentätig- keit: den vielfältigen Anforderun- gen wie Notdienst, Nachtdienst, chirurgisch diffizile Fälle, Bela- stung durch Verantwortung durch anvertraute Sorgen der Patienten, schlaflose Nächte; aus der Schreibarbeit durch Gutachten, Benachrichtigungen an überwei- sende Ärzte, Kassenabrechnung, Einspannen auch der Ehefrau in all den Kleinkram des Tagesablaufes.
Aus allen diesen Dingen ließe sich ein mehr als interessanter mit spannenden Ereignissen und auch privaten Interpunktionen ein- drucksvoller Film machen. Auch ganz am Rande sollte kurz die Tä- tigkeit über Ärztevereinsabend, Be- zirksstellen-Arbeit, Bundesärzte- kammer und Kassenärztliche Bun- desvereinigung, Deutscher Ärzte- tag als Bundes-Parlament der Ärz- te mit eingeblendet werden.
Dr. Dr. med. Werner Freytag 34 Göttingen
Leonhard-Nelson-Straße 20
SONDERPOSTWERTZEICHEN
Zu unserer Veröffentlichung „USA-Son- dermarke für Elizabeth Blackwell" in Heft 20/1974, Seite 1456 erhielten wir zwei Leserzuschriften, die gleichlau- tend auf die ersten Ärztinnen in Deutschland hinweisen:
Erste Ärztin
In Ihrer Notiz über ein Sonderpost- wertzeichen der USA für Frau Dr.
med. Elizabeth Blackwell (1821 bis 1910) heißt es, daß diese als erste Ärztin der Neuzeit gilt. Sie hat im Jahre 1849 promoviert. Vor ihr ha- ben jedoch in Deutschland
0 im Jahre 1754 die Ärztin Doro- thea Christiane Erxleben, geb. Le- porin, in Halle promoviert,
0 1815 Regina Josepha von Sie- bold von der medizinischen Fakul- tät der Universität Gießen das Dok- tordiplom der Geburtshilfe erhalten und
® 1817 Charlotte Heidenreich — von Siebold als zweite Frau die Doktorwürde in der Geburtshilfe, ebenfalls von der medizinischen Fakultät der Universität Gießen, er- worben.
Frau Blackwell ist also nicht die
„first woman physician", als die sie auf der US-Briefmarke bezeichnet wird.
Näheres siehe u. a. bei: Dr. med.
Dr. phil. Jutta Rall: „Die Ärztin in der deutschen Medizingeschichte", DÄ Nr. 42/1967, Seite 2211; Dr.
med. Hans H. Lauer, Heidelberg:
„Zwei mutige Frauen in ihrer Zeit", Medizinischer Monatsspiegel 2/
1966, Seite 27; Prof. Dr. med. W.
Trummert: „Siebold. Beiträge zur Familiengeschichte", Münchener Medizinische Wochenschrift Nr. 28/
1970, Seite 1339.
Dr. med. Gerhard Schütte 5309 Meckenheim
Uhlandstraße 44
Dr. med. F. K. von Siebold 8 München 40
Stauffenbergstraße 3
2968 Heft 41 vom 10. Oktober 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT