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Archiv "Geschichte der modernen Anästhesie" (25.02.1994)

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MEDIZIN

Wenn das mit der Verordnung eines Medikamentes angestrebte Be- handlungsziel nicht erreicht wird, sollte der Arzt zunächst die Notwen- digkeit der betreffenden Pharmako- therapie überprüfen. Sieht er diese bestätigt, so kann er eine fehlende Compliance mit der unmittelbaren Frage nach den Einnahmezeiten oder auch nach den möglichen Ne- benwirkungen des Medikaments fest- stellen. Spiegelbestimmungen objek- tivieren die Angaben des Patienten.

Als Ursachen für eine unzureichende Compliance werden überwiegend häufige tägliche Einnahme von Me- dikamenten über längere Zeit, die Schwierigkeit, die Packung zu öffnen, Gedächtnisstörungen, Visusabnah- me, schwindende Motivation und Auflehnung gegen die Krankheit ge- nannt. Nach einer statistischen Erhe- bung sind Vergessen (19 Prozent), fehlender Zugriff zu den Medika- menten (16 Prozent), Hinweise auf dem Beipackzettel (14 Prozent) und Skepsis gegenüber dem verordneten Medikament (10 Prozent) Grund für die Non-Compliance.

Voraussetzung für die Compli- ance, insbesondere für ihre Verbes- serung, ist die eingehende Untersu- chung des älteren Patienten gewis- sermaßen der Schlüssel des Arztes für seinen Kranken. Hierdurch sowie durch die sorgfältige Einhaltung der Konsultationstermine und schriftli- che sowie mündliche Erinnerungen an Verordnungen fühlt sich der Pa- tient offenbar ernstgenommen und zur Beachtung der ärztlichen Rat- schläge motiviert. Unterstützend wir- ken eine Kombination von Belehrung über die Krankheit, Angaben über Wirkungen und Nebenwirkungen des verordneten Arzneimittels und eine intensive persönliche Betreuung. Ge- legentliche Injektionen sowie die Kontrolle von Arzneimittelspiegeln mit Unterrichtung des Patienten über das Ergebnis fördern die Compli- ance.

Informationen für den Patienten sollten kurz gehalten sein, genaue Angaben enthalten und die wichtig- sten Aspekte in den Vordergrund stellen. Man kann den Patienten bit- ten, Kernpunkte zu wiederholen. Der Dosierungszeitpunkt sollte individu- ell nach dem Tagesablauf des Kran-

KONGRESSBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

ken gewählt werden; die stufenweise Durchführung von Therapieschritten erscheint ratsam. Der Patient sollte zur Selbstkontrolle angeregt werden wie Führung eines Tabletteneinnah- mekalenders, regelmäßige Kontrolle des Körpergewichtes oder Selbstmes- sung des Blutdruckes. Der individu- elle Therapieplan sollte möglichst einfach gestaltet, Retardpräparate, wenn immer möglich, berücksichtigt werden. Eine Unterrichtung der be- treuenden Personen und Kontakt mit Ärztinnen/Ärzten aus Nachbardiszi- plinen, die den alten Menschen eben- falls betreuen, erscheint geboten.

Mit Verwunderung, Enttäu- schung oder auch Gleichgültigkeit wurde von Teilnehmern der Ausfall der berufspolitischen Veranstaltung, gemeinhin trotz gelegentlicher Kritik unverzichtbarer Bestandteil der In- ternationalen Fortbildungskongresse der Bundesärztekammer, aufgenom- men. Offenbar gelang es nicht, für den aus zwingenden persönlichen Gründen verhinderten Prof. Dr.

Horst Bourmer, den langjährigen, en- gagierten Begleiter der Meraner Frühjahrskongresse, einen Vertreter zu gewinnen. Dieser hätte das be- rufspolitische Forum nützen können, um die offenbaren aktuellen Proble- me mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu erörtern, um den Verzicht auf die Fortführung der in- ternationalen Fortbildungskongresse zu erläutern. Ein Repräsentant des Vorstandes der Bundesärztekammer wäre wohl auch ein besonders ange- messener Botschafter gewesen, um beim 25. und letzten Meraner Früh- jahrskongreß den Kongreßplanern, den Referenten, und den beteiligten Autoritäten der Stadt und der Pro- vinz den offiziellen Dank für die jah- relange Zusammenarbeit auszuspre- chen. Der 25. Fortbildungskongreß beschloß eindrucksvoll als Jubiläums- veranstaltung die Reihe der traditi- onsreichen Meraner Frühjahrskon- gresse. Er wird nach dem bekannten Beschluß des Vorstandes der Bun- desärztekammer keine Fortsetzung finden — für die bei Jubiläen beliebte hoffnungsvolle Vorausschau fehlte also die Grundlage.

Prof. Dr. med. Elmar Doppelfeld Ottostraße 12 50859 Köln

Geschichte der

modernen Anästhesie

Es gibt keinen roten Faden, der sich geradlinig durch die Geschichte bis hin zur Entdeckung der Narkose verfolgen ließe. Jahrhundertelang stellte die Beherrschung des Schmer- zes bei chirurgischen Eingriffen ein drängendes Problem dar.

Die Geschichte der modernen Anästhesie beginnt mit einem Priori- tätenstreit über die Entdeckung der Inhalationsnarkose — einem Streit, der bis heute nicht völlig verstummt ist. Zwar führte Crawford W. Long (1815 —1878) die ersten Narkosen durch, doch publizierte er seine Er- fahrungen erst im Dezember 1849 im

„The Southern Medical and Surgical Journal". Die erste öffentliche De- monstration einer Äthernarkose hin- gegen fand bekanntlich bereits am 16. Oktober 1846 im Massachusetts General Hospital in Boston statt.

Das Verdienst, der Äthernarkose zum Durchbruch verholfen und da- mit eine neue Ära der Chirurgie ein- geleitet zu haben, gebührt zweifellos dem Zahnarzt William Thomas Green Morton (1819 — 1868).

Die Nachricht von der Äthernar- kose ging in Windeseile um die Welt.

Schon am 19. November 1846 veröf- fentlichte Henry J. Bigelow (1818 —1890) seine Mitteilung „In- sensibility during surgical operations produced by inhalation". Am 28. No- vember schrieb sein Vater, Jacob Bi- gelow (1786 — 1879), einen Brief an Francis Boott (1792 — 1879), einen befreundeten Arzt in London. Am 17. Dezember 1846 erreichte der Brief an Bord des Dampfschiffes

„Acadia" Europa. Schon am 21. De- zember 1846 wandte der Londoner Chirurg Robert Liston die Äthernar- kose zum ersten Mal in Europa für eine Oberschenkelamputation an.

Ihm folgten Joseph-Franwis Mal- gaigne und Alfred Velpeau in Frank- reich. Hermann A. Demme (1802 — 1867) benutzte sie am 23. Januar 1947 in Bern; in Deutschland war es am 24. Januar 1847 der Erlanger Chirurg J. F. Heyfelder. Der Wiener Professor für Chirurgie Franz Schuh experimentierte zuerst an Hunden, bevor er am 25. Januar 1847 seinen

A-514 (56) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 8, 25. Februar 1994

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MEDIZIN

ersten Patienten narkotisieren ließ.

Nun überschlugen sich die Ereignis- se. James Simpson, Gynäkologe in Edinburgh, verwendete im Novem- ber 1847 erstmalig Chloroform in sei- ner geburtshilflichen Praxis. Im sel- ben Jahr erschien bereits das erste Narkosebuch „On the inhalation of ether in surgical operations", verfaßt von John Snow in London, der sich als erster Arzt auf die Praxis der An- ästhesiologie spezialisierte. Als er am 7. April 1853 Königin Viktoria bei der Geburt ihres achten Kindes, des Prinzen Leopold, Chloroform verab- reichen konnte („AnestMsie ä la rei- ne"), hatte der Siegeszug der Narko- se seinen Höhepunkt erreicht. Von da ab können wir nur mehr die Ent- deckung neuerer Agentien und Ver- besserungen der Narkosetechnik re- gistrieren.

1862 führte Thomas Skinner sei- ne mullbedeckte Drahtrahmenmaske ein. Nicht primär anästhesiologische Interessen, sondern vielmehr die Notwendigkeit der Aseptik waren für den Berliner Chirurgen Curt Schim- melbusch (1860 —1895) der Ansatz zur Entwicklung einer Narkosemas- ke, die eine sogenannte „Tropfnarko- se" ermöglichte und deren Gebrauch für mehr als ein halbes Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit für die Chirurgen war. Zylinder für Lachgas und Sauerstoff, deren gemeinsame Anwendung Edmund Andrews in Chikago bereits 1868 angeregt hatte, kamen erst nach 1870 auf den Markt, und erst 1887 konstruierte der Eng- länder F. W. Hewitt den ersten brauchbaren Narkoseapparat.

Mit der Einführung des Atem- kalks zur Absorption der Kohlensäu- re aus der Ausatmungsluft durch R.

M. Waters (1923) und B. Sword (1930) war eine Narkose im geschlos- senen Kreislauf mit Kontrolle der At- mung möglich. Daher begann sich die Endotrachealnarkose auch erst von diesem Zeitpunkt an mehr und mehr durchzusetzen, obwohl ihre Anfänge wesentlich weiter zurückreichen.

Die Technik der Intubation geht auf jahrhundertealte Versuche zu- rück, um bei Verlegungen der Atem- wege und dabei auftretender Asphy- xie die freie Passage des Luftstroms durch eingeführte röhrenförmige Gebilde wieder herzustellen und

FÜR SIE REFERIERT

durch zusätzliches Einblasen von Luft eine künstliche Ventilation der Lungen zu ermöglichen. Vor allem die Pionierarbeit des Kasseler Chir- urgen Franz Kuhn (1866 — 1929) ver- half der Intubation der Trachea zum Durchbruch. In zahlreichen Publika- tionen hat er für seine Methode der peroralen Intubation mit biegsamen Metallspiralrohren geworben. Er empfahl die Methode zur Wiederbe- lebung, zur Anwendung bei Asphyxie und vor allem zur Chloroformnarko- se. Chevalier Jacksons (1865 —1958) Vollendung der 1895 in Berlin von Alfred Kirstein (1863 —1922) und 1912 in Freiburg von Gustav Killian (1860 —1921) eingeführten Verwen- dung des Laryngoskops unter direk- ter Sicht machte die Intubation zu ei- nem nahezu unfehlbaren und siche- ren Verfahren.

Die moderne Lokalanalgesie be- ginnt am 15. September 1884 in Hei- delberg, als auf dem 16. Deutschen Ophthalmologenkongreß ein Referat

„Vorläufige Mittheilung über locale Anästhesirung am Auge" von Carl Koller (1857 —1944) aus Wien verle- sen wird. Unterdessen experimen- tierte W. S. Halsted (1852 —1922) in New York am Prinzip der Nerven- blockade mit 4prozentiger Kokainlö- sung, und K. L. Schleich (1859 — 1922) sowie P. Reclus (1847 —1914) führten die Infiltrationsanästhesie ein. August Bier (1861 — 1949) war es, der 1898 in Greifswald zunächst an Tieren, dann an sich selber und seinem Assistenten Hildebrandt eine echte Spinalanästhesie durch die In- jektion einer Kokainlösung in den Spinalkanal erzeugte. Die lumbale Periduralanästhesie wird vom Spani- er Fidel PaOs 1902 beschrieben und findet eine große Anhängerschaft in Europa und Südamerika.

Ab 1950 entwickelte sich in Deutschland, insbesondere in Hei- delberg unter Rudolf Frey (1917 — 1981), eine der Keimzellen der zen- traleuropäischen Anästhesie. Erster Meilenstein war die Habilitation von Frey in der Anästhesiologie im Jahre 1952. Damit hatte das Fach seine er- ste, allerdings rein akademische An- erkennung gefunden. Bereits ein Jahr später, 1953, wird die „Deutsche Gesellschaft für Anästhesie" gegrün- det und der Facharzt für Anästhesie

geschaffen. Heute besteht das Be- dürfnis, das relativ junge Fach Anäs- thesie, Intensivmedizin, Notfallmedi- zin und Schmerztherapie auch medi- zinhistorisch zu untersuchen und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte aufzuarbeiten und zu werten. Eine wesentliche Lücke stellt insbesonde- re die Aufarbeitung und Wertung der Vorkriegsgeschichte unseres Faches in Deutschland dar. Auf dem Zentraleuropäischen Anästhesiekon- greß, 11. bis 18. September 1993 in Dresden, wurde ein wissenschaftli- cher Arbeitskreis „Geschichte der Anästhesie" in der Deutschen Ge- sellschaft für Anästhesie und Inten- sivmedizin (DGAI) gegründet. rih

Reinhard, M., E. Eberhardt: Die Ge- schichte der modernen Anästhesie, Teil I und II. Anästh. Intensivmed. 34 (1993) 15 —18 und 59 — 61

Dr./Univ. Budapest Matthias Reinhard, Klinikum der Philipps-Universität, Ab- teilung für Anästhesiologie und Intensiv- medizin, Baldingerstraße (Lahnberge), 35043 Marburg

Effekt von

klinischen Richtlinien auf die Praxis

In einer Analyse von 59 Studien zum Thema medizinische Richtlinien untersuchen schottische Autoren, ob sich eine positive Auswirkung auf die klinische Praxis feststellen läßt. Als Beispiel wird angeführt, daß nach Veröffentlichung und gezielter Ver- sendung der Ergebnisse einer Kon- sensus-Konferenz zum Einsatz der Sectio cesaria die vorher jährlich stei- gende Anzahl dieser Eingriffe an den beteiligten Krankenhäusern rückläu- fig war. In 55 von 59 Studien mit ähn- lichen Fragestellungen ließen sich solche Verbesserungen feststellen, deren Ausmaß jedoch stark schwank- te. Die Autoren sehen aufgrund die- ser Ergebnisse insgesamt eine Be- rechtigung in der Erstellung klini- scher Richtlinien. acc

Grimshaw, J. M.; I. T. Russell: Effect of clinical guidelines an medical practice: a systematic review of rigorous evalua- tions. Lancet 342 (1993) 1317-1322.

Dr. Jeremy M. Grimshaw, Dep. of Gene- ral Practice, University of Aberdeen, Foresterhill Health Centre, Westburn Road, Aberdeen AB9 2ZD, England.

A-516 (58) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 8, 25. Februar 1994

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