Arzneimittelmarkt
Wechselspiel der Faktoren
Uwe May: Selbstmedikation in Deutschland.Eine ökonomische und gesundheitspolitische Analy- se. Wissenschaftliche Verlagsge- sellschaft mbH, Stuttgart, 2002, XIX, 374 Seiten, 34 Abbildungen, 45 Tabellen, kartoniert, 49 A
Wenige Systeme sind so komplex und mit den übli- chen ökonomischen Regel- mechanismen so wenig zu er- klären, wie der deutsche Arz- neimittelmarkt. Der Autor – Referent für Gesundheits- ökonomie und Statistik im Bundesverband der Arznei- mittelhersteller – nimmt in seinem Buch das Wechsel- spiel der verschiedenen preis- und absatzbeeinflus- senden Faktoren genaue- stens unter die Lupe. Er hat dabei eine eindeutige Botschaft und richtet sich da- her insbesondere an Gesund- heitspolitiker: Selbstmedika- tion entlastet die Gesetz- liche Krankenversicherung und weist ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis auf.
Um zu diesem Fazit zu gelan- gen, hat der Autor viele Arz- neimittelstatistiken und zahl- reiche wissenschaftliche Stu- dien zusammengetragen.
Schwerpunkte des Buches sind: die ausführliche Be- schreibung der Struktur und der Determinanten des Selbst- medikationsmarktes, ein Ka- pitel, in dem die gesundheits- ökonomische Bedeutung der Selbstmedikation zum einen qualitativ beschrieben und zum anderen in einer Modell- berechnung quantifiziert wird, und eine Nutzen-Risiko-Be-
trachtung der Selbstmedika- tion. Die Stärken des Buches liegen eindeutig im umfang- reichen Zahlenmaterial und der weitgehend vollständigen Darstellung aller Interakti- onsmechanismen im Arznei- mittelmarkt. Eine Schwäche sind die teils etwas über- holten Zahlen, die meist aus 1998 stammen. Außerdem schränkt das von Beginn an absehbare Fazit den Lesespaß etwas ein und animiert zu ei- ner kritischen Begutachtung der Darstellungen und Be- rechnungen.
Die Texte sind sehr aus- führlich, was einer einge- henden Befassung mit der Materie entgegenkommt, ein gezieltes Nachschlagen ein- zelner Themenbereiche je- doch unmöglich macht. Gra- fiken und Tabellen sind gut verständlich. Nützlich wäre ein Schlagwortverzeichnis, das zumindest die Hauptthemen aufgreift. Eva Susanne Dietrich
Home Care
Gestiegene Ansprüche
W. Hartig, U. Richter, H.-J.
Schmoll, R. Thul, B. Wiedemann, H.-H. Wolf (Hrsg.): Home Care Konzepte.Moderne Versorgungs- alternativen in der Behandlung (schwer-)kranker Patienten. 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Zuckschwerdt Verlag, München,Wien u. a., 2002, 244 Seiten, broschiert, 34,90 C
Lange galt der „Hausbesuch“
des Arztes als antiquiert und wegen seines hohen personel- len Aufwandes nicht als ko- stendeckend. Doch die stei- genden Kosten im Gesund- A
A908 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 144. April 2003 B Ü C H E R
heitswesen haben zu einem Umdenken geführt. Aus wirt- schaftlichen Gründen werden Langzeitpatienten zunehmend in ihrer häuslichen Umgebung behandelt. Auch technisch an- spruchsvollere Therapien wie Infusionen oder parenterale Ernährungen werden in den USA zunehmend als „Home Care“ angeboten. Der Impuls geht weniger von den Patien- ten aus als von den Kliniken, welche ihre Liegezeiten ver- kürzen und sich vor allem chronischer Patienten entledi- gen wollen. Für die Sozialver-
sicherung ist Home Care eine ökonomisch attraktive Alter- native zur Pflegeheimunter- bringung. Ob dies immer zum Wohl der Patienten geschieht, bleibt dahingestellt.
Sicher ist jedenfalls, dass die medizinischen und orga- nisatorischen Ansprüche an Home Care gestiegen sind. So wundert es nicht, dass das Buch innerhalb kurzer Zeit eine zweite Auflage erlebt.
Hinzugekommen sind zwei Kapitel zur zytostatischen und supportiven Therapie von Krebskranken. Das Kapi-
tel „Organisation der Home- Care-Betreuung“ wurde um praxisrelevante Erfahrungen bereichert. Weitere Kapitel befassen sich mit der Betreu- ung von HIV-Patienten, on- kologischen und radioonko- logischen Patienten sowie mit Mukoviszidose-Patienten.
Der Band stellt die Hospizidee vor und enthält jetzt auch ein – allerdings kurzes – Kapitel zu ethischen Anliegen im Rahmen von Home Care. Breiten Raum nimmt die enterale und par- enterale Ernährung ein. Ein Kapitel informiert über die Schmerztherapie bei Erwach- senen. Rüdiger Meyer
Praxisnetze
„Neugierige anregen“
Christina Tophoven, Lothar Lieschke (Hrsg.): Integrierte Ver- sorgung. Entwicklungsperspekti- ven für Praxisnetze. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 2003, 323 Sei- ten, 63 Abbildungen, 49,95 A Die Zukunft im Gesund- heitswesen gehört den An- bietern, denen es gelingt, Pa- tienten nicht nur wirksam, sondern auch wirtschaftlich zu behandeln, eng miteinan- der zu kooperieren und je- weiligen Zielgruppen von Pa- tienten spezifische, aufeinan- der abgestimmte Angebote zukommen zu lassen. Das Buch zeigt, warum niederge- lassene Ärzte, die dies leisten
wollen, sich in Netzen inte- grierter Versorgung organi- sieren sollten. Das Buch zeigt auch die Gründe auf, war- um sich zunehmend vernetz- te Anbieterstrukturen durch- setzen werden.
Überwiegend systematisch, teils mehr pragmatisch ori- entiert, analysieren die Auto-
ren in 13 Beiträgen zentrale Organisationsfragen von Pra- xisnetzen, wie zum Bei- spiel: „Unter welchen Bedin- gungen sind Netze wettbe- werbsfähig?“; „Welche Er- fahrungen liegen mit inte- grierter Versorgung nach
§ 140 bereits vor?“; „Muss für wettbewerbsfähige Struk- turen das Berufsrecht geän- dert werden?“
Ärzte, die ein markt- und vertragsfähiges Praxis- netz schaffen wollen, müssten an diesen Beiträgen größtes Interesse haben. Die Heraus- geber schreiben, sie wollten mit ihrem Buch „Pioniere un- terstützen und Neugierige an- regen“. Das dürfte ihnen ge- lungen sein. Ingbert Weber
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 144. April 2003 AA909
B Ü C H E R
Kardiologie
Guter Überblick
Stefan Pinger: Repetitorium der Kardiologie.2.Auflage, Ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg, 2001, 352 Seiten, Hardcover, 39 A Das Buch ist zunächst als Kompendium zur Vorberei- tung auf die Teilgebiets- prüfung Kardiologie ent- standen. Mit der zweiten Auflage tendiert der Autor dem Buchtitel gemäß eher zu einem Repetitorium. Sach- verhalte sind prägnant und übersichtlich – jedoch unter weitestgehendem Verzicht auf Abbildungen und Fotos – dargestellt. Die Darstellung der Kardiologie auf circa 350 Seiten erfordert aber auch die Beschränkung auf we- sentliche Aspekte der abge- handelten Themen. So wer- den zwar die gängigen und
auch selteneren Diagnosen und therapeutischen Maß- nahmen besprochen, die Dif- ferenzialtherapie wird aber zum Teil nur angerissen.
Das Buch ermöglicht ei- nen guten Überblick über das Gebiet, ohne jedoch im Einzelfall immer Handlungs- richtlinien zu bieten. Als Ersatz eines „großen“ Lehr- buches ist es vom Autor auch bewusst nicht konzi- piert worden.Thomas Steinberg