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Archiv "ver.di: Solidarität gefordert" (01.07.2005)

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In der Berichterstattung über die 107. Hauptversammlung des Marburger Bundes (MB) wird der Ein- druck erweckt, als drohe ein tarifloser Zustand, wenn die nächste Hauptver- sammlung den Tarifvertrag für den öf- fentlichen Dienst (TVöD) ablehnen soll- te. Richtig ist: Jede wie auch immer gear- tete Entscheidung des Marburger Bun- des hat keinen Einfluss auf die Rechts- kraft des Tarifvertrags, sofern er von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und den beteiligten Arbeitge- berverbänden unterzeichnet wird.

Die Tarifverhandlungen im öffentli- chen Dienst werden von ver.di geführt.

Sie vertritt alle Beschäftigten, auch Ärztinnen und Ärzte, die sich gewerk- schaftlich organisiert haben. Darüber hinaus handelt ver.di in Vollmacht auch für den MB. Die Vollmacht geht auf ei- ne Kooperationsvereinbarung zwischen der Deutschen Angestellten-Gewerk- schaft (DAG) und dem MB aus dem Jahre 1994 zurück. Darin wird die DAG

„insbesondere bevollmächtigt, mit bin- dender Wirkung für den Marburger

Bund Tarifforderungen zu erheben, Ta- rifverhandlungen zu führen, Tarifver- träge abzuschließen und solche zu kün- digen“. Im Gegenzug wird der MB bei den Tarifverhandlungen und in den Ta- rifkommissionen beteiligt.

Eine unmittelbare Bindungswirkung entfaltet ein Tarifvertrag immer nur für die Mitglieder der Tarif-

vertragsparteien. Über die Kooperationsvereinbarung unterliegen auch MB-Mit- glieder der Tarifbindung.

Der TVöD wird allerdings auch wirksam, sollte der MB den Tarifvertrag, der auch in seinem Namen aus- gehandelt wurde, ablehnen oder die Kooperationsver- einbarung kündigen. Er wird auch ohne Zustimmung des MB in Kraft treten und auch für Ärztinnen und Ärzte

gelten. Ein tarifloser Zustand ist des- halb nicht zu befürchten.

In der Regel bieten die öffentlichen Arbeitgeber ihren nicht in einer Ge- werkschaft organisierten Beschäftigten über Einzelarbeitsverträge die gleichen Arbeitsbedingungen und Vergütungen an, wie sie im Tarifvertrag vereinbart wurden. Die im Arbeitsvertrag getrof-

fenen Vereinbarungen lassen sich je- doch wesentlich leichter durch eine Än- derungskündigung verschlechtern, wäh- rend ein gekündigter Tarifvertrag so lange nachwirkt, bis ein neuer Vertrag abgeschlossen ist.

Die TVöD-Verhandlungen wurden vor dem Hintergrund wachsenden Ko- stendrucks und zunehmender Tarifflucht öffentlicher Arbeitgeber geführt. Bisher ist es nicht gelungen, die Bundesländer wieder in das Tarifwerk einzubinden. Mit der Einführung des neuen Finanzie- rungssystems werden auch Krankenhäu- ser verstärktem Wettbewerbsdruck aus- gesetzt. Dabei haben öffentliche Kran- kenhäuser mit privaten Anbietern zu konkurrieren, die – wenn sie überhaupt einer Tarifbindung unterliegen – ihren Beschäftigten insgesamt schlechtere Ar- beits- und Vergütungsbedingungen zu- muten und damit vergleichbare Leistun- gen kostengünstiger anbieten können.

Ein Ziel der Verhandlungen war es daher, die Beschäftigten in den öffentli- chen Krankenhäusern nicht vom übri- gen öffentlichen Dienst abzukoppeln.

Krankenhausspezifische Tarifregelun- gen, deren es zweifellos bedarf, sollten deshalb auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt werden. Denn im Kran- kenhaus ist es wesentlich schwieriger, durch Arbeitskampfmaßnahmen besse- re Arbeitsbedingungen durchzusetzen als etwa im öffentlichen Per- sonennahverkehr oder in der Ver- und Entsorgung.

Die durch den Bundesange- stelltentarifvertrag (BAT) er- reichten tariflichen Standards in den Krankenhäusern ver- danken wir nicht zuletzt der Solidarität aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Die in ver.di organisierten Ärztinnen und Ärzte brin- gen ihre berufsspezifischen Interessen über ihre Bundes- fachkommission in die ge- werkschaftliche Arbeit des Fachbe- reichs Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen und in die Ta- rifarbeit ein. Der Marburger Bund wä- re gut beraten, zur Bündelung der Kräfte beizutragen und gemeinsam mit ver.di für bessere Arbeitsbe- dingungen und Vergütungen zu streiten.

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 26⏐⏐1. Juli 2005 AA1855

ver.di

Solidarität gefordert

Gerd Dielmann ver.di Bundesverwaltung, Fachgruppenleiter Gesundheitsberufe

Foto:ver.di

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Die Verhandlungen, bei denen aus den Eckpunkten für eine Tarifreform im öf- fentlichen Dienst ein Tarifvertrag for- muliert werden soll, gestalten sich schwierig. Es geht um mehr als nur De- tails. Dabei treten die Interessenkon- flikte zwischen der Vereinten Dienst- leistungsgewerkschaft (ver.di) und der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) offen zutage. Das Pro- blem: ver.di verhandelt in Vollmacht für den MB – aber dabei nicht immer im Sinne der Ärzte, meinen viele

MBler. Am 25. September wird die Hauptversammlung entscheiden, ob der MB die Endfassung des Tarifver- trags öffentlicher Dienst (TVöD) mit- trägt. Ein „Nein“ hätte auch den Bruch mit ver.di zur Folge. Umstritten ist, wie es dann weiterginge: ver.di betont, der TVöD gilt trotzdem für die Klinikärz- te. Der MB ist überzeugt, dass der Ver- trag für seine Mitglieder dann keine Geltung erlangt. Gerd Dielmann für ver.di und Lutz Hammerschlag für den MB erläutern die Standpunkte. JF

Tarifvertrag öffentlicher Dienst

Ansichtssache

Differenzen zwischen Marburger Bund und ver.di

(2)

P O L I T I K

A

A1856 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 26⏐⏐1. Juli 2005

Die Hauptversammlung des Marburger Bundes (MB) wird den Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) dann ableh-

nen, wenn sie ihre Forderun- gen unerfüllt sieht und die ärztlichen Interessen nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Dabei sind sich alle darüber im Klaren, dass ein Verhandlungsergebnis im- mer ein Kompromiss ist und sich nicht jeder Forderungs- punkt 1 : 1 im Vertrag wie- der findet. Eins steht jedoch für den MB fest und wird bei Nichterfüllung zu einer Ab- lehnung des TVöD führen:

Es darf keine Schlechterstellung der heu- te Beschäftigten geben, und auch die neu eingestellten Ärzte müssen von Anfang an eine ihrer Belastung und Verantwor- tung entsprechende Vergütung erhalten.

Bei der derzeitigen Ausarbeitung der tariflichen Regelungen im Detail ist vor allem darauf zu achten, dass finanzielle Einbußen beim Wechsel des Arbeits- platzes oder bei der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages unterblei- ben. Der MB wird nicht akzeptieren, dass die Ärzte als Leistungsträger im Krankenhaus überproportional die La- sten des neuen Tarifvertrags tragen sollen. In Anbetracht einer im europäischen Vergleich schlechten Vergütungssitua- tion der deutschen Ärztin- nen und Ärzte in den Kran- kenhäusern und einer not- wendigen Tarifreform im öf- fentlichen Dienst hat der MB deshalb auf der letzten Hauptversammlung unter anderem gefordert: die Aner- kennung des Praktischen Jahres als Berufserfahrung (Einstieg in Stufe 2), die Ein- gruppierung in die Entgelt- gruppe 14/4, dass Stufe sechs immer er- reichbar ist, einen Ausgleich für wegfal- lende Alterseinkommenszuwächse für Ärzte (Strukturausgleichsbeträge), die Mitnahme der Strukturausgleichsbeträ-

ge bei Vertrags- und Stellenwechsel, die Schaffung mindestens einer weiteren Entgeltgruppe oberhalb von 15 und ei- ne berufsgruppenneutrale Zuordnung der leistungsabhängigen Vergütung.

Die Ablehnung des TVöD durch den MB würde notwendigerweise das Ende der Tarifkooperation mit ver.di zur Fol- ge haben. Dies würde bedeuten, dass der MB den Prozess der Einführung des neuen Tarifvertrages für den öffentli- chen Dienst verlässt und eine Unter- schrift von ver.di den MB rechtlich nicht bindet.

Die bisher redaktionell gefassten Ver- tragsbestandteile sind nur paraphiert.

Der Tarifvertrag zur Überleitung soll erst zusammen mit dem TVöD „abgeschlos- sen“ werden. Das entscheidende Mo- ment für das Wirksamwerden des TVöD ist also die Unterschrift unter beiden Ver- trägen. Diese steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gremien bei ver.di, namentlich der Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst.

Scheidet der MB vorher aus dem Neugestaltungsprozess aus, würde der TVöD für die Mitglieder, die zu diesem Zeitpunkt unter dem Bundesangestell- tentarifvertrag (BAT) arbeiten, nicht zur Geltung gelangen. Vielmehr würde der BAT zunächst weiter gelten. Erst der Abschluss eines neuen Vertrages würde den BAT ersetzen. Auch die allseits dis- kutierte Anwendungsvereinbarung des BAT „in seiner jeweiligen Fassung“ in einzelnen Arbeitsverträgen widerspricht nach MB-Ansicht der Weitergeltung nicht, weil der TVöD eben nicht eine an- dere Bezeichnung für den BAT ist.

Entscheidend ist eine leistungsgerech- te Vergütung für die Leistungsgaranten in den Kliniken – das heißt eine Vergü- tung auf europäisch vergleichbarem Ni- veau, damit der Exodus deutscher Kli- nikärzte ins Ausland gestoppt wird. In Großbritannien, Frankreich und den USA verdienen Ärzte das Doppelte bis Dreifache. Die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes sollte eine Selbstver- ständlichkeit sein. Die Klinikärzte weh- ren sich gegen zu kurz befristete Arbeits- verträge und fordern die vollständige Vergütung aller Überstunden. Bereit- schaftsdienst ist Arbeitszeit und muss als solche vergütet werden. Der Ab- bau arztfremder, bürokratischer Tätigkeiten ist überfällig.

Die TVöD-Entgelttabelle (Tarifbereich Ost entsprechend jeweiligem Anpassungssatz, zurzeit 92,5 vH) Entgeltgruppe Grundentgelt Entwicklungsstufen

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6

nach 1 Jahr nach 3 Jahren nach 6 Jahren nach 10 Jahren nach 15 Jahren

15 3 384 3 760 3 900 4 400 4 780 5 030

14 3 060 3 400 3600 3 900 4 360 4 610

13 2 817 3 130 3 300 3 630 4 090 4 280

12 2 520 2 800 3 200 3 550 4 000 4 200

11 2 430 2 700 2 900 3 200 3 635 3 835

10 2 340 2 600 2 800 3 000 3 380 3 470

9 2 061 2 290 2 410 2 730 2 980 3 180

8 1 926 2 140 2 240 2 330 2 430 2 493

7 1 800 2 000 2 130 2 230 2 305 2 375

6 1 764 1 960 2 060 2 155 2 220 2 285

5 1 688 1 875 1 970 2 065 2 135 2 185

4 1 602 1 780 1 900 1 970 2 040 2 081

3 1 575 1 750 1 800 1 880 1 940 1 995

2 1 449 1 610 1 660 1 710 1 820 1 935

1 je 4 Jahre 1 286 1 310 1 340 1 368 1 440

Marburger Bund

Leistung gerecht vergüten

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Lutz Hammerschlag Marburger Bund Bundes- verband, Leiter Tarifreferat

Foto:Marburger Bund

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Die neue Matrix aus 15 Entgeltgruppen und sechs Entwicklungsstufen reduziert die 17 000 theo- retischen Eingruppierungsmöglichkeiten im Bundesangestelltentarifvertrag auf 90 Felder.

Referenzen

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