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Archiv "Das „Toxische Schock-Syndrom“ (TSS)" (19.08.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Toxisches Schocksyndrom

EDITORIAL

Das „Toxische Schock-Syndrom"

(TSS)

1978 beschrieb der ameri- kanische Pädiater James Todd ein Krankheitsbild, das auf Grund seiner Symptomatik den Verdacht auf das Vorliegen einer In- fektion weckte (22)*). Er be- obachtete bei 7 Kindern mit schwerer Schocksympto- matik eine Erkrankung, die einer Sepsis glich. Bei ho- hen Temperaturen, Kopf- schmerzen, konjunktivaler Hyperämie, Diarrhoe und Oligurie kam es zur intrava- salen Gerinnung. Auffal- lend war bei allen Patien- ten ein scarlatiniformes Exanthem mit nachfolgen- der Desquamation an Handtellern und Fußsoh- len. Blutkulturen zum Nachweis eines eventuel- len bakteriellen Sepsiserre- gers waren durchweg ne- gativ.

Die epidermale Toxizität der Staphylokokken ist be- kannt: Beziehungen der lo- kalisierten Staphylokok- keninfektion zu Scharlach- ähnlichen Veränderungen der Haut und anschließen- der epidermaler Schup- pung wurden schon 1927 beschrieben (21). 1960 schilderten Dunnet und Schallibaum einen Krank- heitsverlauf nach septi- schem Abort, der durch Staphylokokken hervorge- rufen wurde (8). Die Sym-

ptomatik entsprach

exakt dem von Todd erst 18 Jahre später bezeichneten

„Toxischen Schock-Syn- drom" (TSS).

Der Erstbeschreibung durch Todd folgten weitere Publikationen ähnlicher Fälle, vorwiegend aus den USA (6, 7, 9, 12, 13, 14, 15, 24). Mit Kenntnis der Sym- ptomatologie wurden auch analoge Krankheitsverläufe aus früheren Jahren retro- spektiv als TSS erkannt.

Die Statistik der Centers for Disease Control (CDC, At- lanta, USA) nennt im Zeit- raum 1 970-1 982 1600 Er- krankungen mit einer Häu- fung im Jahre 1982 (4, 5). In der Mehrzahl waren jünge- re Frauen (mittleres Le- bensalter 22,9 Jahre) be- troffen.

Bei 92 Prozent traten die Symptome während der Menstruation auf. Das TSS bei nicht-menstruierenden Frauen wurde nach Entbin- dungen, nach Sectio caesarea, bei oberflächlich infizierten Wunden, Hydra- denitis, Lymphadenitis, tie- fen Abszessen, Empyemen, aber auch nach Bagatell- verletzungen, z. B. Insek- tenstichen, gefunden (5, 24). Die offensichtliche Be- ziehung von Tamponver- wendung und TSS führte zum Begriff des „Tampon- Schocks" (13). Weiterge- hende Untersuchungen zeigten die gesteigerte Inzi- denz von TSS bei Ge-

brauch von Tampons mit hoher Absorptionskapazi- tät (14, 15).

Schon Todd konnte bei sei- nen Patienten aus Naso- pharynx, Vagina, Abszes- sen und Empyemen Sta- phylococcus aureus vom Lysotyp I isolieren. 1981 gelang dann Bergdoll et al.

und parallel der Arbeits- gruppe um Schlievert die Identifizierung eines durch Staphylokokken produzier- ten toxischen Proteins, das als Ursache des TSS er- kannt wurde. Bergdoll iso- lierte in 93,8 Prozent der von ihm untersuchten Fälle mit Staphylococcus-

aureus-Nachweis das Ente- rotoxin F.

Auf Grund der hohen Über- einstimmung forderte er zur Sicherung der Diagno- se den Nachweis dieses To- xins (1).

Schlievert dagegen vermu- tet die Ursache des TSS in einem Exotoxin C, das ebenfalls von Staphylokok- ken produziert wird.

Er konnte es in seiner Ami- nosäurenfrequenz aufklä- ren und damit im Tierver- such einen letalen Schock auslösen (16).

Auf Grund des klinischen Verlaufs ist das Toxische Schock-Syndrom eine Mul- tisystemerkrankung. Vier

*) Die in Klammern stehenden Ziffern beziehen sich auf das Literaturver- zeichnis des Sonderdrucks.

34 Heft 33 vom 19. August 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Toxisches Schocksyndrom

Kardinalsymptome prägen das Krankheitsbild (4, 5, 17):

1. erhöhte Körpertempera- tur von 39° C und mehr, 2. arterielle Hypotension, 3. diffuse oder palmar- plantar betonte Erythroder- mie mit anschließender Desquamation der Haut an Händen und Füßen, 4. Beeinträchtigung von mindestens drei Organsy- stemen.

Die Hypotonie äußert sich im Druckabfall auf Werte unter 90 mmHg oder auch nur als orthostatische Dys- regulation (5). Vorwiegend beeinträchtigt sind Gastro- intestinum mit Erbrechen und wäßrigen Durchfällen sowie ZNS und Nieren.

Konjunktival-, Rachen- und Vaginalschleimhaut sind gerötet, Herz und Lunge selten beteiligt (7). Charak- teristisch ist ein Scharlach- ähnliches Exanthem mit Schuppung der palmaren und plantaren Haut in der Rekonvaleszenz.

Pathogenetisches Prinzip des TSS ist in fast allen Fäl- len eine lokalisierte Sta- phylokokkeninfektion. Mit dieser Erkenntnis wird eine bakteriologische Siche- rung der Diagnose und kausale Therapie möglich.

Da die ursächlichen Sta- phylokokken bisher alle Penicillinase-bildend und

damit Penicillin-resistent waren, sind zur Therapie in erster Linie die Penicillina- se-festen Staphylokokken- penicilline indiziert.

In der Mehrzahl der berich- teten Fälle besteht ein kau- saler Zusammenhang zwi- schen TSS und der Ver- wendung von Tampons während der Menstruation.

Nur vereinzelt hatte die Er- krankung Staphylokok- keninfektionen auch außer- halb des Genitalbereichs zur Ursache (2).

Dabei erscheint die aus- schließliche Staphylokok- kengenese nicht restlos ge- sichert. Manche als TSS beschriebenen Erkrankun- gen lassen eher den Ablauf einer schweren Strepto- kokkeninfektion vermuten.

Differentialdiagnostische Schwierigkeiten kann die Unterscheidung vom mukokutanen Lymphkno- tensyndrom („Kawasaki- Syndrom") bereiten, das sich allerdings auf das Säuglings- und Kleinkin- desalter beschränkt (27).

Das Toxische Schock-Syn- drom ist keine „amerikani- sche Krankheit", die aus- nahmslos im englischspra- chigen Raum anzutreffen ist. Auch in der Bundesre- publik und ihren Nachbar- ländern ist über TSS be- richtet worden (2, 3, 10, 11, 18, 19, 20, 23, 25, 26, 27).

Zusammenfassung Das Toxische Schock-Syn- drom wurde erstmalig 1978 als einheitliches Krank- heitsbild beschrieben. Es hat seine Ursache in Infek- tionen vorwiegend der Va- gina durch Staphylococcus aureus vom Lysotyp I von geringer Invasivität. 1981 wiesen zwei Arbeitsgrup- pen unterschiedliche Sta- phylokokkentoxine nach, die für das foudroyant ab- laufende Geschehen ver- antwortlich gemacht wer- den. Die Kernsymptome äußern sich in hohen Tem- peraturen, Scharlach-ähn- lichem Exanthem, Desqua- mation der Haut in der Re- konvaleszenz, arterieller Hypotension und der Be- einträchtigung von minde- stens drei Organsystemen.

Neben intensivmedizini- schen Maßnahmen zur Auf- rechterhaltung der Vital- funktionen steht die anti- bakterielle Behandlung mit einem Penicillinase-stabi- len Staphylokokkenpenicil- lin (Oxacillin).

Literatur beim Sonderdruck (über Verfasser)

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Andreas Westhoff Professor Dr. med.

Peter Naumann

Institut für Medizinische Mikrobiologie

und Virologie der Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 4000 Düsseldorf

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 33 vom 19. August 1983 35

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