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fiffige fiskusscheue Ka- pitalanleger mit Hang zum Humor wußten bis- lang genau, wo sie sowohl Zin- sen unversteuert einnehmen als auch noch ihren Heiden- spaß haben konnten: in Öster- reich. Dort konnte jeder, der wollte, sein Geld anonym ein- zahlen und sein Wertpapier- depot Harry Belafonte, Moby Dick oder Th. O. Waigel nen- nen, ganz wie’s ihm beliebte.Mit dem Vergnügen hat es nun ein Ende. Und zwar ur- plötzlich. Der österreichische Finanzminister Klima schloß Mitte dieses Monats das Schlupfloch anonymer Wert- papierkonten. Sehr zum Ent- setzen der alpenländischen Bankenvertreter, die sich dem- entsprechend wild sträubten.
Doch das half alles nichts mehr, und somit wird also mit Wirkung zum 1. Juli 1996 die
Anonymität auf Wertpapier- konten abgeschafft. Alles, so heißt es, diene dazu, Insider- geschäfte in Wertpapieren zu unterbinden.
Also, ob die großen Insi- der ihre Geschäfte wirklich über das kleine Österreich abgewickelt haben, ist doch sehr zu bezweifeln. Das sei aber nur am Rande bemerkt, weil es den Betroffenen letzt- lich egal sein kann, mit wel- cher hanebüchenen Begrün- dung ihre prima Steueroase ausgedörrt wird. Fakt ist, daß in Österreich anonyme Wert- papierdepots in Kürze nicht mehr möglich sein werden,
was sofort die bange Frage nach den bereits bestehenden Depots aufwirft.
In Panik sollte allerdings niemand verfallen, der be- reits ein anonymes Konto in Österreich eröffnet hat. Zwar sind keinerlei Aufstockungen mehr möglich, doch können (auch nach dem 1. Juli 1996) Zinsen und Erträge aus Wert- papierverkäufen weiterhin anonym kassiert werden. Die Österreicher nennen dieses Abschmelzverfahren so nett
„Eisbergprinzip“, wobei ich mir nicht recht vorstellen kann, wie das kostenmäßig funktioniert, wenn die An-
lagesummen immer kleiner werden.
Klarheit sollte nun also darüber bestehen, daß in Österreich ein Wertpapier- konto nur noch nach einer Legitimationsprüfung eröff- net wird. Listig verweist Pro- kurist Schweißgut von der Raiffeisenbank Reutte dar- auf, daß durch die Legi- timation „der Kapitalanleger die Quellensteuerfreiheit auf alle Zinserträge“ erreicht.
Faktisch läuft es dann dar- auf hinaus, daß der Anleger wie in der Schweiz eine Art Nummernkonto nach Legiti- mationsprüfung eröffnet. Die Frage ist bloß, wo er dann besser behandelt wird, sowohl kostenmäßig als auch in der Sorgfalt der Wertpapierbe- ratung. Ob es dann noch viel zu lachen gibt, muß vorerst offenbleiben. Börsebius
[40] Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 9, 1. März 1996
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
An den
Stammtisch Rabenden im Gasthof Neureiter Herrn Josef Matuschek Rabenden 3
83352 Altenmarkt Sehr geehrter Herr Matuschek,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben. Endlich nimmt jemand tatkräftig die Selbstverantwortung ernst und entwickelt Eigeninitia- tive nach dem Motto „Hilf’
Dir selbst, sonst hilft Dir keiner“.
Die Dokumentation der recht ungewöhnlichen Zahnbehandlung mittels isolierter Spitzzange Ihres Stammtischfreundes hat mich sehr amüsiert. Beein- druckend ist neben der fachgerechten Ausführung durch den „Zahnarzt“ auch die einfühlsame Betreuung durch den Zahnarzthelfer.
Daß eine Wundbehandlung
aufgrund der erfolgten
„Desinfektion“ nicht erfor- derlich wurde, kann ich mir sehr gut vorstellen.
Diese Methode muß un- zweifelhaft als kostengün- stiger bezeichnet werden, wenngleich ein größerer Zulauf von Patienten für den Feichtner Sepp nicht zu erwarten sein wird.
Aus Sicht des Gesundheits- ministers lassen sich auch noch weitere Vorteile dieser
„Behandlungsform“ nicht verhehlen:
lDer gesetzlichen Kran- kenversicherung wurden Kosten für einen Zahnarzt- besuch erspart.
lUnd nicht zuletzt konnte Ihr Zahnarzt sein Budget schonen.
Mit den besten Genesungs- wünschen für Ihren Freund verbleibe ich mit freund- lichen Grüßen
Ihr Horst Seehofer
Der Bundesminister für Gesundheit
Horst Seehofer MdB
Börsebius über Steueroasen
Adieu, Anonymität
„Vorschlag zur Kostendämpfung“, Antwort
Zeichnung aus „Tabletten gegen alles“ von H. Hamm, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln