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Archiv "Akute Rötelninfektion: Bundesweite Meldepflicht gefordert" (09.12.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 49

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9. Dezember 2011

AKUTE RÖTELNINFEKTION

Bundesweite Meldepflicht gefordert

Konsequentes Impfen hat die Röteln-Inzidenz deutlich gesenkt, so dass auf die generelle serologische Überprüfung der Immunität von Schwangeren verzichtet werden kann. Dafür aber sollten akute Rötelninfektionen meldepflichtig werden.

W ährend die Änderung von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien in Deutschland ein meist komplizierter und folglich langsamer Prozess ist, wandeln sich die Risiken für einzelne Virusinfektionen häufig rasch und erheblich. Ursachen sind neue Forschungserkenntnisse und/

oder ein Wandel der Epidemiologie.

Letztere ist von Migrationsströmun- gen der Bevölkerung, Impfakzeptanz sowie Therapiemöglichkeiten abhän- gig. Vor diesem Hintergrund müssen auch Vorschläge zur Diagnostik und Therapie angeborener (konnataler) Infektionen immer wieder angepasst und entsprechende Änderungen der gesetzlichen Regelwerke eingeleitet werden. Ein Beispiel dafür ist die Rötelninfektion.

Gefürchtete Embryopathien Die Röteln sind eine überwiegend harmlose Kinderkrankheit, assozi- iert mit leichtem Fieber, einem cha- rakteristischen Ausschlag und ge - legentlichen Arthralgien; bis zu 50 Prozent der Infektionen bei Kin- dern verlaufen asymptomatisch. Pro- bleme verursachen akute Infektio- nen bei Frauen kurz vor oder wäh- rend der ersten 16 Wochen der Schwangerschaft; dann wird das Vi- rus häufig auf den Fötus übertragen.

Die fötale Infektion kann schwe- re Embryopathien zur Folge haben („kongenitales Rötelnsyndrom“). Zu seiner Vermeidung wurde eine Imp- fung auf der Basis eines attenuierten Rötelnvirusstammes entwickelt, die in der BRD seit 1980 und in den neuen Bundesländern seit der Wie- dervereinigung eingesetzt wird.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt die zweimalige Impfung aller Kleinkinder in Kombination mit der Impfung gegen Masern und Mumps sowie – seit 2004 – gegen Varizellen. Eine Studie aus dem Jahr

2000 beschreibt, dass in Deutsch- land etwa acht Prozent der Schwan- geren keine nachweisbaren Antikör- per gegen das Rötelnvirus besitzen.

Auch ist bundesweit bei 95 Prozent der Schulanfänger mit Impfausweis eine Rötelnimpfung dokumentiert und immerhin bei gut 90 Prozent auch eine zweite. Damit ist hierzu- lande von einer hohen Herdenimmu- nität auszugehen.

Akute Rötelnvirusinfektionen und – in der Folge das kongenitale Rö- telnsyndrom – treten daher nur noch selten auf. So wurden entsprechend der Melde- pflicht in den neuen Bun- desländern 2008 und 2010 nur noch 26 beziehungs- weise 14 Fälle postnataler Röteln gemeldet; zudem zeigte sich ein Rückgang der Inzidenz (Fälle pro 100 000 Einwohner und Jahr) von 7,51 in 1996 auf 0,08 in 2010.

Ähnlich findet man einen deutli- chen Rückgang des kongenitalen Rötelnsyndroms (bundesweite Zah- len). In den vergangenen zehn Jah- ren wurden dem Robert-Koch-In- stitut insgesamt zehn angeborene Rötelninfektionen gemeldet. In den meisten Fällen handelte es sich um ungeimpfte Frauen aus asiatischen oder afrikanischen Ländern.

IgG-Test bei Geimpften unnötig Als Folge dieser veränderten epide- miologischen Situation wurde die über die Mutterschaftsrichtlinie ge- regelte Testung aller Schwangeren auf rötelnvirusspezifische IgG-An- tikörper mittels des Hämagglutinati- onshemmtests als überflüssig erach- tet. In der Sitzung vom Mai 2011 beschloss der Hauptausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Überprüfung der Rötelnimmuni- tät auf diejenigen Schwangeren zu

beschränken, die keinen Impfaus- weis vorweisen können, in dem eine regelrecht durchgeführte Röteln- impfung dokumentiert ist.

Bei diesen Schwangeren soll der Antikörperstatus mit entsprechend evaluierten Testsystemen, also ohne Eingrenzung auf den Hämaggluti- nationshemmtest erhoben werden.

Am 19. August 2011 traten diese Änderungen schließlich in Kraft.

In Deutschland gilt nach den Vorgaben des Infektionsschutz-

gesetzes keine bundesweite Meldepflicht für akute post-

natale Rötelninfektionen, diese besteht nur für die

Rötelnembryopathie. Eine länderspezifische Melde- pflicht ist (nur) in den neuen Bundesländern etab- liert. Rechnet man die den Gesundheitsministerien der neuen Bundesländer in den Jahren 2005 bis 2010 gemel deten Daten auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands um, sind jährlich 70 bis 640 akute Rötelnfälle zu erwarten.

Bei sehr niedriger Inzidenz kann auf die generelle serologische Über- prüfung der Immunität verzichtet werden. Aus Sicht der Wissenschaft ist damit verbunden die Einführung einer bundesweiten Meldepflicht für akute Rötelninfektionen dringend zu fordern. Sollten sinkende Impfquo- ten oder vermehrter Import akuter Röteln die Lage erneut ändern, muss man die Maßnahmen zum Schutz vor kongenitalen Röteln der Situati- on wiederum anpassen.

Prof. Dr. rer. nat. Susanne Modrow Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität Regensburg

Koautorinnen: Prof. Dr. med. Barbara Gärtner, Dr. med. Daniela Huzly, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. An- nette Mankertz

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Literatur im Internet:

www. aerzteblatt.de/lit4911 Das Rötelnvirus

(Rubella) wird meist mittels Tröpf- cheninfektion über- tragen. Der Mensch ist der einzige be- kannte Wirt.

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9. Dezember 2011

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 49/2011, ZU:

AKUTE RÖTELNINFEKTION

Bundesweite Meldepflicht gefordert

Konsequentes Impfen hat die Röteln-Inzidenz deutlich gesenkt, so dass auf die generelle serologische Überprüfung der Immunität von Schwangeren verzichtet werden kann. Dafür aber sollten akute Rötelninfektionen meldepflichtig werden.

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