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Archiv "Therapie- und Patientenberatung im Internet: Die Zukunft gehört personalisierten Diensten" (10.03.2000)

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ach einer Studie von Cyber Dialogue suchten 1999 über 24 Millionen US-Amerika- ner im Internet nach Gesundheits- und Medizininformationen (1). Insgesamt gibt es – so wird geschätzt – weltweit mittlerweile über 100 000 Web-Seiten mit medizinischem Inhalt (2). Für die meisten Patienten ist es allerdings schwer, sich in der Fülle an Informa- tionen zurechtzufinden, zumal Qua- lität und Verlässlichkeit der Online- Angebote stark schwanken.

Eine andere Erhebung von Cy- ber Dialogue aus dem Jahr 1998 in den USA ergab, dass von den Pa- tienten, die im Internet nach medi- zinischen Informatio-

nen suchen, mehr als ein Drittel speziell auf der Suche nach In- formationen zu Krebs ist (3). Weit verbreitet und sehr gefragt sind neben den gesundheits- bezogenen Informati- ons-Diensten auch An- gebote von Online- Selbsthilfegruppen.

Diese bieten die Mög- lichkeit des Online- Austauschs. Darüber hinaus kann der Nut- zer über E-Mail an moderierten Diskussio-

nen, beispielsweise über bestimmte Therapien, teilnehmen. Spezielle Mailing-Services für Betroffene und deren Angehörige ergänzen das Lei- stungsspektrum solcher Internet-An- gebote. Auf diese Weise wird emotio- nale Unterstützung geboten und Ein- sicht in Verhaltensweisen und Erfah- rungen anderer Patienten und Ärzte ermöglicht.

Mit dem Unternehmen Cancer- facts.com (Internet-Adresse: www.

cancerfacts.com) wurde Ende letzten Jahres ein amerikanischer Internet- Dienst speziell für Krebspatienten ge- startet. Im Gegensatz zu herkömmli- chen Angeboten wird hier erstmals ein personalisierter Service – vorerst nur für Prostatakrebs-Patienten – ge- boten: Mit Hilfe des so genannten

„Health Profilers“, einer neu ent- wickelten, patentierten Software, gibt der Patient seine Krankheitsdaten wie Biopsieergebnisse, Laborwerte und Daten von Staging-Untersuchungen ein. Online werden die Daten dann in- nerhalb von Sekunden einer virtuel-

len Studie zugeordnet. Die Software evaluiert automatisch in Abhängig- keit von den eingegebenen Daten, welche Therapiemöglichkeiten im in- dividuellen Fall zur Auswahl stehen und welche Vor- und Nachteile diese Therapien für den Patienten haben könnten.

So genannte What-if-Szenarien ermöglichen darüber hinaus ein brei-

tes Spektrum von zusätzlichen Infor- mationen für den Patienten – bei- spielsweise kann ein Therapievor- schlag danach ausgerichtet werden, welche Nebenwirkungen der Patient nach Möglichkeit vermeiden möchte.

Qualitätsgeprüfte Daten

Grundlage für die Online-Ant- worten des Gesundheitsdienstes ist ein Expertensystem. Letzteres beruht auf einer Datenbank, gefüttert mit den Daten von rund 100 Studien, die sämtlich im New England Journal of Medicine, dem Journal of Urology und anderen internationalen Fach- magazinen publiziert wurden. Im Mo- natsrhythmus wird diese Datenbasis von einem international renommier- ten Editorial Board ergänzt.

Die Nutzung des Online-Dienstes ist nach Anmeldung und Eingabe eines Passwortes möglich. Der personali- sierte Dienst wird über eine HTTPS- Verbindung (ein Internet-Sicherheits- protokoll, eingesetzt zum Beispiel im Internet-Banking) angeboten. Der Nutzer wird mit Hilfe eines „Wizards“, eines elektronischen Assistenten, durch den Profiler geführt: Als Erstes erhält er eine genaue Anleitung dar- über, wie seine eingegebenen klini- schen Daten abrufbar sind. So kann er zum Beispiel auch einen vorgefertigten Brief an seinen Arzt ausdrucken.

Nach Eingabe einer Vielzahl an Daten wie TNM-Stadium, PSA und Gleason-Wert erhält der Patient einen

„tumor staging report“: Hier werden Wahrscheinlichkeiten beispielsweise für eine bereits erfolgte Lymph- knotenmetastasierung grafisch aufge- zeigt. Im „life expectancy report“ wird A-598 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 10, 10. März 2000

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Therapie- und Patientenberatung im Internet

Die Zukunft gehört

personalisierten Diensten

Das Internet hat sich als bedeutende Informationsquelle für Patienten weltweit längst etabliert. In den USA zeichnet sich bereits ein neuer Trend ab: personalisierte Serviceangebote für Kranke.

N

Christian Lenz Michael Brucksch

Abbildung 1: Radikale Prostatektomie: Wahrscheinlichkeit, tumorfrei zu sein

(2)

ein konkreter Wert für das 10-Jahre- Überleben genannt. (In einem Test- szenario mit einem T2a-Karzinom wurde hier ein Wert von 81 Prozent berechnet, während bei

einem fernmetastasierten T4-Karzinom keine pas- senden Studien gefunden und damit auch kein Wert angezeigt wurde.)

In den reports „treat- ment summary“, „outcome summary“ und „outcome survival“ werden die kon- kreten Therapiemöglich- keiten aufgezeigt (radikale Prostatektomie, Bestrah- lung, hormonelle Therapie, watchful waiting und ande- re) und für den Einzelfall hinsichtlich ihrer Vor- und

Nachteile bewertet. Es folgen einige Seiten für „fortgeschrittene“ Patienten beziehungsweise für Mediziner: Hier sind die Abstracts der Studien nachzu- lesen oder Informationen über zusätz- liche Diagnostik abzurufen.

Stehen solche Diagnostikdaten zur Verfügung, kann sich der Patient als Teilnehmer am Online-Dienst für weitere virtuelle Studien qualifizieren und erhält noch detaillierte Aussagen über seinen Gesundheitsstatus und Therapiemöglichkeiten.

Zurzeit befasst sich das Internet- Angebot nur mit Prostatakrebs. Schon bald sollen jedoch weitere Krebser- krankungen abgedeckt werden. Zu- sätzliche spezialisierte Informations- dienste zu Herzerkrankungen, Alzhei- mer, Unfruchtbarkeit und anderen häufigen Krankheiten sind in Vorbe- reitung.

Die Strategie des Unternehmens ist eindeutig auf „One-Stop-Informa- tion-Shopping“ ausgerichtet: Der Er- krankte beziehungsweise Informati- onssuchende soll durch ein Portal sämtliche Dienste, Informationen und Produkte zu seinem Krankheitsbild finden. Neben der direkten Einglie- derung des Patienten in künftige Stu- dien soll es deshalb auch bald möglich sein, Kontakt mit Krankenversiche- rungen aufzunehmen und in einem Online-Einkaufszentrum Waren und Dienstleistungen im Bereich der spe- zifischen Krankheitsbilder zu kaufen.

Die Finanzierung des Angebotes wird unter anderem durch Servicege-

bühren und Sponsoring der Pharmain- dustrie, HMOs und Krankenversiche- rungen sichergestellt. Eine weitere Ein- nahmequelle soll aus dem Verkauf von

den durch die Patienten eingegebenen anonymisierten Daten erzielt werden.

Cancerfacts.com beschreibt sich selbst als zurzeit einzige Internet-In- formationsseite, die dem Patienten aus der Fülle an Informationen perso- nalisierte Therapiealternativen bietet.

Im Hinblick auf Umfang, Detailfülle und Genauigkeit vergleichbare Infor- mationen seien selbst durch ein Ärzte- team nicht zu beschaffen. Ein State- ment des medizinischen Dienstleisters lautet: „Damit konfrontiert, über Le- ben und Tod zu entscheiden, braucht der Prostatakrebs-Kranke zuverlässi- ge, objektive Informationsquellen, um selbst die für seine individuelle Situati- on beste Therapie auszusuchen.“

Dieses Statement entspricht dem Trend der stetigen Zunahme der Pati- enteneigenverantwortung. Eine von Yankelovich Monitor 1998 durchge- führte Studie bestätigt, dass 76 Pro-

zent der US-Amerikaner der Aussage

„Patienten sollten die Hauptverant- wortung für ihre Gesundheit über- nehmen und sich nicht so sehr auf Ärzte verlassen“ (5) zustimmen.

Die Rolle des behandelnden Arz- tes erweitert sich dadurch. Er lie- fert nicht nur das Staging und die Diagnostik, er muss dem Patienten auch konstruktiv zum Gespräch und zur Therapiediskussion auf Basis der Cancerfacts-Unterlagen zur Verfü- gung stehen.

Der Patient soll in die Lage ver- setzt werden, entweder selbst (unter Anleitung des Gesundheitsdienstes) die Entscheidung über die beste The- rapie zu treffen oder diese mit seinem Arzt anhand der über den Dienst ge- wonnenen Ergebnisse konstruktiv zu diskutieren. Interaktion, Dialog und Vertrauen zwischen behandelndem Arzt und Patient erhalten dadurch ei- ne neue Dimension.

Überforderung der Patienten

Trotz dieser hier verwirklichten Informationstransparenz scheint der durchschnittliche Patient mit den zur Verfügung gestellten Informationen letztlich überfordert. Der medizinische Online-Dienst erläutert zwar Fachbe- griffe und -inhalte sehr verständlich und deutlich; dennoch dürfte im All- gemeinen das notwendige Hinter- grundwissen bei vielen Patienten nur unzureichend vorhanden sein. Äußerst problematisch ist auch die Angabe konkreter Zahlen, beispielsweise die Errechnung von Überlebenswahr- scheinlichkeiten für die Patienten, ins- besondere wenn zum Zeit- punkt der Online-Anfrage kein geeigneter Ansprech- partner vor Ort für weite- re Fragen zur Verfügung steht.

Für Ärzte bietet ein Angebot wie Cancerfacts.

com eine hochinteressante und aktuelle Informations- quelle mit völlig neuen Möglichkeiten. Für die Zu- kunft ist zu erwarten, dass sich die Nutzung evi- denzbasierter therapeuti- scher Leitlinien mit neue- A-599 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 10, 10. März 2000

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Abbildung 2: Daten zur Überlebenswahrscheinlichkeit

Abbildung 3: Eingabe der eigenen Daten

(3)

A-600 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 10, 10. März 2000

T H E M E N D E R Z E I T

sten Studienergebnissen aus dem In- ternet im medizinischen Alltag etablie- ren wird. Dabei wird die permanente Aktualisierung der Therapiemöglich- keiten durch professionelle Anbieter wie Cancerfacts.com eine bedeutende Rolle spielen und in puncto Schnel- ligkeit der Informationsbereitstellung die medizinischen Fachgesellschaften übertreffen.

Die Ärzteschaft wird sich die- sen neuen Herausforderungen stellen müssen. Denn der aufgeklärte Pa- tient, heute in den USA, morgen in Deutschland, informiert sich im In- ternet nicht nur über seine Krankheit und mögliche Therapien, sondern auch über die Qualität des behandelnden Arztes und der Klinik/des Kranken- hauses. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Patient auch in Deutschland über das Internet anhand von Checkli- sten ableiten kann, ob sein Arzt oder seine Klinik gut sind und den gesetz- ten Standards entsprechen.

Der nächste Internet-Trend, die Verbindung von Informationsangebo- ten und aktivem Patientenmanage- ment mit Fern- und Eigenmonitoring, wird derzeit bereits erfolgreich in Pilotprojekten, zum Beispiel bei Dia- betes, MS und anderen Krankheiten, praktiziert. Auf die ersten kommerzi- ellen Angebote von Gesundheits- Dienstleistern im Netz darf man ge- spannt warten.

AUFSÄTZE/BERICHTE

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-598–600 [Heft 10]

Das Literaturverzeichnis ist über die Verfasser und über die Internetseiten (www.aerzteblatt.de) erhältlich.

Anschrift der Verfasser Dr. med. Christian Lenz Hals-Nasen-Ohren-Klinik Ruprecht-Karls-Universität (Ärztlicher Direktor:

Prof. Dr. med. H. Weidauer) Im Neuenheimer Feld 400 69120 Heidelberg

christian_lenz@, yahoo.com Dr. rer. nat. Michael Brucksch Global Health Care Group Arthur. D. Little International, Inc.

Cambridge M.A. (US) Düsseldorf

brucksch.m@adlittle.com

esonders in der Herzchirurgie ist es wichtig, sich mit dem Qualitätsmanagement ausein- ander zu setzen, da gerade die herzchir- urgischen Operationen ein Höchstmaß an Qualität erfordern, um die meist multimorbiden und sehr alten Patien- ten adäquat behandeln zu können.

Hierbei reicht es nicht aus, sich nur mit einer sicherlich sehr guten externen Qualitätssicherung auseinander zu set- zen. Es müssen weitere Schritte in Richtung eines intern gut funktionie- renden Qualitätsmanagements unter- nommen werden. Im Mittelpunkt muss hierbei die gute Versorgung des Pati- enten stehen. Im Herzzentrum Lahr/

Baden hat man schon in der Aufbau- phase des Qualitätsmanagement-Sy- stems überlegt, wie man es später von extern und intern bewerten kann.

Die ISO-Norm

Die ISO-Norm ist eine internatio- nale Norm, die vorgibt, was alles in ei- nem vorbildlichen Qualitätsmanage- ment geregelt sein muss. Die Einhal- tung der Norm wird von extern mehre- re Tage lang überprüft, und am Ende erhält das Krankenhaus hierüber ein Zertifikat. Ein wichtiger Punkt ist der von der ISO-Norm geforderte „interne Qualitätsbericht“, der von der gesam- ten Leitung unterschrieben und inter- pretiert werden muss. Von allen müs- sen zusätzlich überprüfbare Ziele für das kommende Jahr schriftlich fixiert werden. Die ISO-Norm zwingt das Krankenhaus, ein Qualitätsmanage- ment strukturiert aufzubauen. Es genügt nicht, in einigen Gebieten sehr gut zu sein, in der Hoffnung, damit Schwächen auszugleichen. Das gesam- te System muss der Norm entsprechen.

Damit wird man gezwungen, sich ge- rade mit den Schwächen besonders auseinander zu setzen. Während diese Norm in der Industrie schon sehr häu- fig angewendet wird, nimmt die Zahl der zertifizierten Krankenhäuser erst jetzt explosionsartig zu.

Bei der Selbstbewertung nach dem EFQM-Modell (European Foun- dation of Quality Management) wird ein Kriterienkatalog vorgegeben, mit dem man als Krankenhaus selber das Qualitätsmanagement intern bewer- ten kann. Hierbei ist eine maxi- male Punktezahl von 1 000 möglich.

Eine Mitarbeiterbefragung nach dem EFQM-Modell gibt dem Kranken- haus in einem besonderen Maß die Möglichkeit, auch die Mitarbeiter in das System zu integrieren und Schwächen zu entdecken, die durch die ISO-Norm nicht abgedeckt wer- den. Während die ISO-Norm und die Selbstbewertung nach dem EFQM- Modell schon lange routinemäßig in der Industrie und immer häufiger im Gesundheitswesen angewendet wer- den, steckt das Projekt „Zertifizierung von Krankenhäusern“ der „Koopera- tion für Transparenz und Qualität“

(KTQ) noch in den Kinderschuhen (Dt Ärztebl 1999, 96; A-3286).

Die Erfahrungen im Herzzen- trum Lahr/Baden haben gezeigt, dass die Entscheidung, die Vorteile der Zertifizierung nach der ISO-Norm und der Bewertung nach dem EFQM- Modell zu nutzen, sehr gut waren.

Durch jährliche Mitarbeiterbefragun- gen und jährliche Überwachungs- audits durch den Zertifizierer wird auch zukünftig überprüft werden, ob sich das Herzzentrum Lahr/Baden weiter verbessert.

Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Schröder Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Ennker

Qualitätsmanagement in der Herzchirurgie

Interne und

externe Bewertung

Die DIN EN ISO 9001 und das Selbstbewertungs-Modell werden immer populärer.

B

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