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Glaubenszeugnis bei der Dankfeier zum Missionsmonat „Getauft und gesandt“ im Linzer Mariendom. 

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Du bist eine Mission

Glaubenszeugnis bei der Dankfeier zum Missionsmonat „Getauft und gesandt“

26. Oktober 2019, Mariendom Linz

Ich teile mit dir

Jesu Sehen führt in menschliche Nähe, in die Solidarität, in das Teilen der Zeit, das Teilen der Begabungen und auch der materiellen Güter. „Für alle, die in den karitativen Organisationen der Kirche tätig sind, muss kennzeichnend sein, dass sie nicht bloß auf gekonnte Weise das jetzt Anstehende tun, sondern sich dem anderen mit dem Herzen zuwenden. Ein sehendes Herz sieht, wo Liebe Not tut, und handelt danach.“1 „Ich muss ein Liebender werden, einer, dessen Herz der Erschütterung durch die Not des anderen offen steht. Dann finde ich meinen Nächsten, oder besser: dann werde ich von ihm gefunden.“2

Manche haben Angst, dass ihr Leben ärmer wird, wenn sie es mit anderen teilen, mit einem Ehepartner und mit Kindern. Aber Teilen ist nicht Ausdruck eines Defizits oder eines Mangels, sondern von Stärke. Das Teilen von Geld und Gaben, von Möglichkeiten und Chancen wird in einer Welt noch so perfekter Fürsorge notwendig bleiben. Ebenso gewinnt die alte Spruch- weisheit gerade angesichts wachsender gesellschaftlicher Anonymität neues Gewicht:

„Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude!“

Kostbar ist mir jeder Tropfen Zeit

Am 28. Mai 2019 war ich bei einem Philosophenkreis der besonderen Art. Als Thema hatte ich vorgeschlagen: „Was ist Zeit?“ auf der Grundlage des 11. Buches der Confessiones des Augustinus. Es gibt drei Arten von Zeit: die Gegenwart des Vergangenen, die Gegenwart und die Gegenwart der Zukunft. Ist die Vergangenheit nicht abgeschlossen, perfekt. Oder prägt sie die Gegenwart? Das war dann dem Philosophenkreis klar und deutlich. Die Vergangenheit wirkt massiv in die Gegenwart: Ich wäre nicht hier in der JVA in Garsten, wenn ich nicht dieses Delikt begangen hätte.

Und noch ein Wort des Augustinus führte zu intensiven Auseinandersetzungen: „Kostbar ist mir jeder Tropfen Zeit.“ (Conf. 11,2,2) Meine Zeit hier ist verloren. Ich schlage die Zeit tot. Einer ist auf Entzug, um nicht zu viel von den Sauereien mitzubekommen. „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ (Theodor W. Adorno) Und doch: Einer meditiert und vergisst alles rund- herum. „Du bist ein richtiger guter Kumpel. Die Intimität mit meiner Frau ersetzt du mir nicht, aber mit so einem Freund ist es besser auszuhalten.“ „Ich freue mich auf den Besuch meiner Tochter.“ Kostbar ist mir jeder Tropfen Zeit. Es gibt ein richtiges Leben im falschen!? – Am 11.

Juni 2019 habe ich hier im Garten des Bischofshauses Wohnungslose eingeladen: gemeinsam Essen, das gemeinsame Gespräch, aufeinander hören und das Schöne genießen. Die Gabe des Lächelns und der Freude stammt vom Heiligen Geist – und die Freude ist kein Privileg derer, denen es gut geht. Ich erlebe immer wieder: Freuen können sich oft gerade die, die

1 Benedikt XVI., Deus Caritas est 31.

2 Joseph Ratzinger / Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Erster Teil: Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Freiburg iB. 2007, 237.

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wenig haben, aber intensiv leben. Ich bin überzeugt, dass diese Dimension der Freude in ir- gendeiner Form in jedem lebt.

Zeugen – zeigen – ziehen

Ich kann zum Glauben anstiften, ich kann mich verschenken, ich kann im guten Sinne zeigen, zeugen und ziehen. In der Etymologie des Wortes „zeugen“ stecken diese drei Worte: Erstens zeigen, im Sinne des Zeigefingers und der Wegweisung. Wenn zum Beispiel Eltern ihren Kin- dern den Weg zum Leben und auch zum Glauben weisen, dann ist das missionarisch. Zwei- tens ziehen, im Sinne von mitnehmen. Die meisten von uns sind zum Glauben und zur Kirche gekommen, weil andere sie mitgenommen haben – seien es Eltern, Großeltern, Freunde oder auch Ehepartner, was ich inzwischen häufiger erlebe. Und drittens zeugen, im Sinne eines schöpferischen Tuns. Aber nicht im Sinne des Machens! Den Glauben oder eine echte Gemeinschaft kann ich nicht „machen“, ich kann lediglich schöpferisch mittun. Darum geht es bei der Mission: Mitwirken am Werk der Erlösung.

Mission ist einmal so verstanden worden, dass man das Evangelium vor allem räumlich ver- breitet. Das stimmt auch, aber das Predigen allein macht noch keinen Christen. Da ist von innen her noch nichts gewachsen. Nicht umsonst ist Thérèse von Lisieux die Patronin der Mission – eine Frau, die weder weit gereist ist noch Menschen getauft hat. Aber sie ist an die spirituellen und existenziellen Abgründe gegangen, damit auch dort Jesus geliebt werde, wie sie sagt, auch am Tisch der Sünder also. Das heißt, dass wir nicht nur an die geografischen Ränder gehen sollen, sondern auch an die existenziellen Ränder, ein Gedanke, der Papst Franziskus ganz wichtig ist: An die Ränder auch im eigenen Inneren zu gehen.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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