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vom 15.09.2021 Multilateral durchstarten Die aktuelle Kolumne Die nächste Bundesregierung und die Vereinten Nationen

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Multilateral durchstarten

Die nächste Bundesregierung und die Vereinten Nationen

von Max-Otto Baumann, Sebastian Haug & Silke Weinlich,

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Die aktuelle Kolumne

vom 15.09.2021

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Multilateral durchstarten

Die nächste Bundesregierung und die Vereinten Nationen

Diese Woche hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN) Antonio Guterres mit „Our Common Agenda“ einen am- bitionierten Plan zur Neupositionierung der VN vorgestellt.

Deutlich stärker als bislang sollen die VN drängende globale Probleme angehen sowie für globale öffentliche Güter und ei- nen neuen Gesellschaftsvertrag eintreten, der wesentlich auf der Achtung von Menschenrechten beruht. Die nächste Bun- desregierung sollte sich diesen Plan, mit dem die VN nach ih- rem 75-jährigen Jubiläum eine neue Phase globaler Gemein- wohlpolitik einleiten können, zum Anlass nehmen, um die deutsche VN-Politik strategischer und kohärenter aufzustel- len. Sie sollte in Ideen und Allianzen investieren, um die VN wirksam bei der Bewältigung globaler Herausforderungen nutzen zu können und sie zukunftsfähig zu machen.

Deutschland ist in einer guten Position, um multilateral durchzustarten. Das Engagement bei den VN wurde in den letzten Jahren umfangreich ausgebaut. 2016 ist die Bundes- republik zum zweitgrößten Beitragszahler der VN aufgestie- gen. Das gilt auch für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe, die finanziell betrachtet den Schwerpunkt der VN aus- machen. Für einzelne Organisationen wie das VN-Entwick- lungsprogramm (UNDP) oder die Weltgesundheitsorganisa- tion (WHO) ist Deutschland sogar wichtigster Geber. Anders als andere Länder, die während der COVID-19 Pandemie Kür- zungen vornahmen, hat Deutschland seine Beiträge deutlich angehoben und damit zu einer effektiveren multilateralen Kri- senreaktion beigetragen. Die deutschen WHO-Beiträge etwa haben sich während der Pandemie fast verdreifacht. Bei ande- ren Entwicklungsorganisationen wie dem Kinderhilfswerk (UNICEF) gab es einen Zuwachs an besonders wertvollen Kernmitteln, die nicht an Gebervorgaben gebunden und so von VN-Organisationen flexibel einsetzbar sind.

„Der Ausbau des VN-Engagements folgte bisher keinem strategischen Ziel. Vielmehr ist Deutschland nolens volens mit weithin unkoordiniertem Agieren zu einem schwergewichtigen Akteur aufgestiegen.“

Aber nicht nur wegen seines finanziellen Engagements wird Deutschland bei den VN geschätzt. Mit der Allianz für den Multilateralismus, einem Zusammenschluss gleichgesinnter Staaten, die für eine regelbasierte internationale Ordnung ein- treten, hat die Bundesregierung einen wichtigen Kontrapunkt zum Unilateralismus der USA unter Donald Trump gesetzt.

Beobachter*innen heben auch Deutschlands Beteiligung an

sieben von derzeit 13 VN-Friedensmissionen hervor und zie- hen insgesamt eine positive Bilanz der deutschen Sicherheits- ratspräsidentschaft 2019/2020, trotz geopolitisch widriger Umstände. Dazu beigetragen haben deutliche Worte Deutschlands im Sicherheitsrat zu Menschenrechtsverletzun- gen durch Russland oder China. Dass bald zwei hochrangige Führungspositionen von Deutschen bekleidet werden – Achim Steiner leitet das UNDP, Gerd Müller ab Januar 2022 die VN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO) – zeigt, welche Wertschätzung Deutschland bei den VN erfährt.

Dazu kommt, dass Deutschland sich zu einem wichtigen VN- Standort entwickelt hat. Allein in Bonn sind nunmehr 25 VN- Einrichtungen angesiedelt, während in Berlin unlängst der WHO Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence eingeweiht wurde.

In Summe ergibt sich daraus aktuell ein beachtliches deut- sches Engagement für die VN. Gleichzeitig sind die neue Rolle der Bundesrepublik und damit verbundene Handlungsspiel- räume noch nicht ausreichend im politischen Bewusstsein von Regierung und Gesellschaft angekommen. Der Ausbau des VN-Engagements folgte bisher keinem strategischen Ziel.

Vielmehr ist Deutschland nolens volens mit weithin unkoor- diniertem Agieren zu einem schwergewichtigen Akteur auf- gestiegen. Angesichts zentraler Herausforderungen, die Deutschland (un)mittelbar betreffen – vom sich beschleuni- genden Klimawandel zu Rückschritten in der menschlichen Entwicklung und globalen Regelungslücken –, ist es jedoch wichtiger denn je, internationale Politik strategisch zu gestal- ten. Angesichts wachsender geopolitischer Großmachtrivali- täten bedarf es einer proaktiven deutschen VN-Politik, die im Verbund mit der Europäischen Union und anderen gleichge- sinnten Staaten globale Weichenstellungen im Sinne der von Guterres vorgelegten „Common Agenda“ mitprägt.

Die nächste Bundesregierung sollte sicherstellen, dass die für VN-Organisationen und -Prozesse vorgesehenen Beiträge stabil im Bundeshaushalt verankert werden. Vor allem braucht die deutsche VN-Politik eine größere Strategiefähig- keit und mehr Kohärenz über Ministerien und Durchführungs- organisationen hinweg. Bei der Modernisierung des außen- politischen Apparats nach dem Scheitern der Intervention in Afghanistan etwa muss die Agenda 2030 ein zentraler Refe- renzpunkt werden. Generell sollte sich deutsche VN-Politik von ressortübergreifenden klaren Prinzipien anstatt von klein- teiligen Einzelerwägungen leiten lassen. Außerdem sollte die nächste Bundesregierung auf eine Stärkung der VN hinarbei- ten, um diese für globale Aufgaben fit zu machen. Das bedeu- tet vor allem, Ländern des globalen Südens und nichtstaatli- chen Akteuren effektivere Mitsprachemöglichkeiten einzu- räumen und VN-Organisationen durch eine Erhöhung der Kernbeiträge politisch und finanziell aufzuwerten.

Die aktuelle Kolumne von Max-Otto Baumann, Sebastian Haug & Silke Weinlich, 15.09.2021, ISSN 2512-9074

© German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

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