Ein Blick ins Glas – Eigenschaften, Herstellung und Wirkung von Ethanol
Ein Beitrag von Alexander Krätzig, Siegen Mit Illustrationen von Katja Rau, Berglen
D
ie ersten Erfahrungen mit Alkohol spielen bei Jugendlichen eine große Rolle. Vielleicht hat sogar einer der Schüler bereits seinen ersten Rausch durchlebt.
Hier setzt der Beitrag an: Nach dem Sam
meln von Vorwissen und Vorerfahrungen lernen die Schüler im Stationenlernen die Auswirkungen von Trinkalkohol auf un
seren Körper, den Vorgang der alkoholi
schen Gärung sowie die Eigenschaften von Ethanol kennen und führen verschie
dene Versuche zum Thema durch.
Das Wichtigste auf einen Blick
Klasse: 9/10
Dauer: 7 Stunden (Minimalplan: 5) Kompetenzen: Die Schüler …
Versuche:
• Mach den Test – die Promillebrille (SV)
• Aus Trauben wird Wein – wir stellen Viele Jugendliche haben bereits Erfahrungen mit Alkohol gesammelt.
Mit einem Schülerversuch zur alkoholischen Gärung!
Foto: Colourbox
VORSC
HAU
Was Sie zum Thema wissen müssen
Eigenschaften von Ethanol (Trinkalkohol)
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Alkohol als eine trinkbare Flüssigkeit, die Rauschzustände hervorruft, verstanden. Im chemischen Sinn bilden Alkohole jedoch eine ganze Stoffklasse. In alkoholischen Getränken ist lediglich der Trinkalkohol Ethanol enthalten.
Ethanol ist ein einwertiger Alkohol (C2H5OH), der in der homologen Reihe der Alkanole (Alko
hole) mit einer Siedetemperatur von 78 °C an zweiter Stelle steht. Die Tatsache, dass sich Ethanol unbegrenzt in Wasser löst, ist auf die polare Hydroxygruppe –OH zurückzuführen, da sich zwischen Ethanol und Wassermolekülen Wasserstoffbrückenbindungen aufbauen können.
Herstellen von Ethanol
Die Herstellung von Bier und Wein durch alkoholische Gärung spielt bereits seit Jahrtausen
den eine Rolle für den Menschen. Bei der alkoholischen Gärung handelt es sich um einen mehrschrittigen biochemischen Prozess, bei dem Kohlenhydrate, insbesondere Glucose, unter anaeroben Bedingungen durch Hefepilze zerlegt werden. Dabei entstehen die Produkte Ethanol und Kohlenstoffdioxid.
Ethanol wirkt bei höheren Konzentrationen als Zellgift auf die Hefepilze, wodurch die alkoho
lische Gärung zum Erliegen kommt. Höherprozentigen Alkohol erhält man durch Destillation.
Ethanol und seine Wirkung auf den Menschen
Unmittelbar nach der Aufnahme von Ethanol in unseren Körper beginnt sein Abbauprozess.
Dabei trägt insbesondere die Leber die Hauptlast, da in ihr über verschiedene Stoffwechsel
schritte Ethanol enzymatisch über Acetaldehyd in Acetat (Essigsäure) und schlussendlich in Kohlenstoffdioxid und Wasser umgewandelt wird. Letztere werden dann über den Urin bzw.
Schweiß und Atem ausgeschieden.
Die Blutalkoholkonzentration hängt nicht von der aufgenommenen Flüssigkeitsmenge, sondern von der aufgenommenen Ethanolmenge, dem Körpergewicht und dem Geschlecht ab.
Vorschläge für Ihre Unterrichtsgestaltung
Voraussetzungen der Lerngruppe
Zum Verständnis der Polarität der Hydroxygruppe sollten die Schülerinnen und Schüler* die chemischen Bindungstypen und die Tendenz mancher Elemente, Elektronen stärker anzuziehen und polare Strukturen auszubilden, kennengelernt haben.
Die Lernenden sollten außerdem darin geübt sein, selbstständig und eigenverantwortlich in Einzel oder Gruppenarbeit zu arbeiten.
* Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur „Schüler“ verwendet.
VORSC
HAU
Aufbau der Unterrichtseinheit
Der Einstieg in die Unterrichtseinheit erfolgt mithilfe eines Brainstormings zu Farbfolie M 1, die Fotos verschiedener Alltagssituationen bzw. Objekte zeigt, die mit Trinkalkohol in Verbindung stehen. Die Schüleräußerungen werden an der Tafel geclustert und dienen als Sensibilisierung und gleichzeitig als Überleitung zu den thematischen Schwerpunkten des Stationenlernens M 3–M 10.
In der 2. Stunde werden das Lerntagebuch ( ) und der Laufzettel M 2 präsentiert. Darüber hinaus stellen die Schüler im Placemat Überlegungen zu Arbeits und Verhaltensregeln auf, die es im Rahmen des Stationenlaufs einzuhalten gilt, und inden sich in ihren Arbeitsgruppen ein.
Die 3.–6. Stunde sind geprägt vom selbstständigen Lernen an den Stationen. Zu Beginn erfolgt ein Stationenrundgang, in welchem organisatorische und sicherheitsrelevante Aspekte geklärt werden. Sind alle Fragen beantwortet, beginnt die Arbeit an Stationen in Gruppenarbeit aus drei Schülern, wobei die Stationen auf dem Laufzettel M 2 abgehakt werden. Die Ergebnisse kontrollieren die Lernenden selbstständig mithilfe von Lösungskarten welche am Lehrerpult ausliegen.
Station 1 (M 3) setzt sich mit der Wirkung des Alkohols auf die Koordinationsfähigkeit bzw.
Fahrtüchtigkeit unter Verwendung der Promillebrille auseinander, während Station 2 (M 4) die Blutalkoholkonzentration thematisiert. Die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf unsere Organe werden in Station 3 (M 5) fundiert betrachtet. In Station 4 (M 6–M 8) thematisieren die Lernenden den Prozess der Bier und Weinherstellung (alkoholische Gärung). Das Ethanolmo
lekül mit seiner funktionellen Gruppe wird in Station 5 (M 9) betrachtet, während die Schüler in Station 6 (M 10) selbstständig eine alkoholische Gärung ansetzen.
Als Zeitpuffer steht als Zusatzmaterial auf CD ( ) eine Zusatzstation zur Geschichte des Alkohols zur Verfügung.
Neben dem Erlernen neuen Wissens wird in der Einheit in vielfältiger Art und Wei
se geübt. Exemplarisch sei hier die Station 2 (M 4) genannt, in der u. a. der Umgang mit mathematischen Formeln trainiert wird oder der Umgang mit dem Molekülbaukasten in Station 5 (M 9). Ferner üben die Lernenden, Texte zu strukturieren, und festigen ihr Wissen im Methodentraining (vgl. Station 4 (M 6).
In der 7. Stunde wird ein Wissenscheck (M 11) durchgeführt. Darüber hinaus bietet es sich an, dass an dieser Stelle ebenso die individuellen Schwerpunktsetzungen, die von den Ler
nenden mittels Referaten o. Ä. erarbeitet werden können, vorzustellen. Hierdurch können ebenso Ideen für die Arbeit im Unterricht resultieren.
Üben
Angebote zur Differenzierung
An Station 2 (M 4) steht Ihnen als Zusatzmaterial auf CD ( ) eine Variante auf höherem Niveau zur Verfügung. Die Zusatzstation ( ) liegt ebenfalls auf zwei Niveaustufen vor. Zudem sind für die Stationen 3 (M 5) und 5 (M 9) Differenzierungshinweise angegeben (siehe Hinweise zu M 3–M 10). Auf Laufzettel M 2 können die Lernenden individuell entscheiden, ob sie eine
VORSC
HAU
Diese Kompetenzen trainieren Ihre Schüler
Die Schüler …
• erläutern die Auswirkungen von Trinkalkohol auf den menschlichen Körper.
• erläutern den Vorgang der alkoholischen Gärung.
• nennen die wichtigsten Schritte zur Bier und Weinherstellung.
• berechnen die Blutkonzentration einer Person in Abhängigkeit von Alkoholmenge, Körper
gewicht und Geschlecht.
• beschreiben den Aufbau des Ethanolmoleküls und stellen es mithilfe des Molekülbaukas
tens dar.
• beschreiben die Eigenschaften der Hydroxygruppe als funktionelle Gruppe.
• führen Experimente eigenverantwortlich durch und protokollieren ihre Beobachtungen und Ergebnisse.
• entnehmen Texten relevante Informationen.
• arbeiten selbstständig und eigenverantwortlich an Stationen, indem sie sich an die jeweili
gen Arbeitsvorgaben halten und auf unterschiedliche Sichtweisen achten.
Medientipps
Literatur
Zeeck, Axel u. a.: Chemie für Mediziner. Urban & Fischer/Elsevier. München 2005. S. 203–215.
Das Buch setzt sich mit den chemischen Grundlagen der Alkanole, insbesondere im Hin
blick auf medizinische Aspekte, auseinander. Durch rote Kästen (Äskulapzeichen) wird auf besondere Gefahren für den menschlichen Organismus hingewiesen.
Internetadressen
www.chemieunterricht.de/dc2/ Suche im Serverinhalt Suchbegriff: Alkohol
Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie bietet eine umfangreiche Sammlung zu fachlichen und überfachlichen Aspekten des Themas. Er erläutert sachlich und fachlich fundiert Fragen wie „Ist alkoholfreies Bier wirklich alkoholfrei?“ und „Was hat es mit dem Maurertrick auf sich?“.
www.kenn-dein-limit.info/
Diese speziell an Jugendliche gerichtete Website dient der Alkoholprävention und bietet neben allerlei Fakten unter anderem einen Wissenstest mit direktem Feedback.
www.brauer-bund.de
Auf der Seite des Deutschen BrauerBunds e. V. erhalten Sie interessante Fakten, Zahlen und Hintergrundinformationen zur Bierherstellung.
VORSC
HAU
Die Einheit im Überblick
· V = Vorbereitung FO = Folie AB = Arbeitsblatt
· D = Durchführung SV = Schülerversuch LEK = Lernerfolgskontrolle = Zusatzmaterial auf CD
Stunden 1–2: Einstieg
M 1 (FO) Was weißt du über Alkohol?
(AB) Mein Lerntagebuch
M 2 (AB) Stationenlernen: Alkohol – ein Blick ins Glas
Stunden 3–6: Einstieg M 3 (AB/SV)
· V: 5 min
· D: 20 min
Station 1: Mach den Test – die Promillebrille 1 Rauschbrille (0,8 ‰)
1 Rauschbrille (1,3 ‰)
2 Schwämme 1 Kreppband
2 Tische als Start und Ziel
M 4 (AB) Station 2: Hände weg vom Lenkrad – der Promillewert
(AB) Station 2: Hände weg vom Lenkrad – der Promillewert (höheres Niveau) M 5 (AB) Station 3: Auswirkungen des Alkoholkonsums auf unseren Körper M 6 (AB) Station 4: Bier und Wein – so werden sie hergestellt
M 7 (AB) Die Bierherstellung Schritt für Schritt – Info-Text M 8 (AB) Die Weinherstellung Schritt für Schritt – Info-Text M 9 (AB) Station 5: Ethanol – der Alkohol im Alkohol
1 Molekülbaukasten Filzstifte (rot, schwarz, orange) M 10 (AB/SV) Station 6: Aus Trauben wird Wein – wir stellen Wein her
· V: 5 min
· D: 20 min
1 Schutzbrille pro Schüler
1 Paar Schutzhand
schuhe
Calciumhydroxid Lö
sung (Kalkwasser) 200 g Weintrauben 4 g Trockenhefe 30 g Zucker
1 Mörser und 1 Pistill
1 Erlenmeyer
kolben (250 ml) 1 Stopfen (ein
fach durchbohrt) 1 Gärröhrchen 1 Schüssel 1 Sieb
1 Spatel 1 Trichter 1 Löffel 1 Rührstab 1 Waage 1 Pipette 2 Petrischalen 1 wasserfester Stift
(AB) Zusatzstation: Die Geschichte des Alkohols (auf zwei Niveaus)
VORSC
HAU
M 1 Was weißt du über Alkohol?
Thinkstock/iStock; 1, 2, 3, 7: www.colourbox.com
1 2
3 4
5 6
7 8
VORSC
HAU
M 5
he Bilder: Thinkstock/iStock
Station 3: Auswirkungen des Alkoholkonsums auf unseren Körper
Alkohol (Ethanol) ist kein harmloses Genussmittel, sondern gleichzeitig auch Gift für den Körper. Leider kommt es vor, dass bereits Kinder und Jugendliche Alkohol in großen Mengen konsumieren und dann ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Erfahrt hier, welche fatalen Auswirkungen starker Alkoholkonsum auf euren Körper hat.
Aufgabe 1
Lest euch den folgenden Info-Text durch.
Haut: Ethanol erweitert deine Blutgefäße und fördert die Durchblutung der Haut, weshalb es vorkommen kann, dass man nach wenigen Schlucken al- koholischer Getränke bereits ein Gefühl der Wärme oder ein rotes Gesicht bekommt. Dieses Empfinden ist jedoch trügerisch, da nach kurzer Zeit das Gegenteil eintritt. Durch die erweiterten Blutgefäße kann der Körper bei Kälte die Wärme im Körper nicht halten und kühlt schnell aus. Durch den Alkohol hat man aber trotzdem das Gefühl, dass einem warm ist, und man merkt das Auskühlen nicht. Verrückt, oder?
Gehirn: Ethanol vermindert deine Konzentrationsfähigkeit und führt zur Ver- schlechterung deiner Gedächtnisleistung. So verlängert sich beispielsweise deine Reaktionszeit, also die Zeit zwischen einem wahrnehmbaren Ereignis und deiner Reaktion (Beispiel: Du fährst mit deinem Roller und vor dir läuft ein Wildschwein auf die Straße. Wie schnell bremst du?). Regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum führen dazu, dass dein Gehirn schrumpft. Bei Kindern und Jugendlichen ist das besonders schlimm, da sich die Organe und somit auch das Gehirn noch in der Entwicklung befinden und deshalb leichter für das Zellgift angreifbar sind.
Leber: Ethanol wird insbesondere in der Leber abgebaut und deshalb ist es auch verständlich, dass diese besonders stark unter hohem und häufigem Konsum leidet. Wer zum Beispiel über eine längere Zeit zu viel Alkohol trinkt, riskiert eine dauerhafte Schädigung der Leber, die im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
Magen-Darm-Trakt: Ethanol belastet den Magen. Bei großen Mengen reagiert der Körper mit Übelkeit und Erbrechen, um das Zellgift auszu- scheiden. Die Funktion des gesamten Magen-Darm-Trakts wird sozusagen durcheinandergebracht. Häufig bekommt man Sodbrennen (unangeneh-
5
10
15
20
25
VORSC
HAU
M 6 Station 4: Bier und Wein – so werden sie hergestellt
Auch heute noch werden diese beiden beliebten Alkohol- sorten nach alter Tradition hergestellt. Lernt hier die ein- zelnen Herstellungsschritte kennen.
Aufgabe 1
a) Teilt euch den Text zur Herstellung von Bier in eurer Gruppe so auf, dass jeder ungefähr die gleiche Menge an Text zu lesen hat.
b) Lest euch euren Textabschnitt konzentriert durch und notiert euch die wichtigsten Dinge (Tabelle), sodass ihr den anderen Gruppenmitgliedern euren Teil erklären könnt.
c) Tauscht euch gegenseitig über den Inhalt der jeweiligen Texte aus und ergänzt eure Tabellen, sodass alle Gruppenmitglieder auf demselben Wissensstand sind.
d) Verfahrt nun in gleicher Weise mit dem Text zur Herstellung von Rotwein.
Herstellen von Bier Herstellen von Rotwein
Schroten: Maischen:
Maischen: Gären:
Würzen und kochen: Abstich:
Kühlen: Reifen:
Gären:
Reifen: Filtrieren, klären und abfüllen:
Filtrieren und abfüllen:
Foto: Thinkstock/iStock
Bier und Wein
VORSC
HAU
M 8 Die Weinherstellung Schritt für Schritt – Info-Text
Maischen
Nach der Traubenlese werden die zuckerhaltigen Trauben ge- maischt, d. h., die Beeren werden zerrissen und aufgebrochen, sodass der Traubensaft freigesetzt wird und die festen und flüs- sigen Bestandteile der Trauben vermischt werden. Gibt man die Maische in eine Weinpresse, unter Winzern auch Kelter genannt, erhält man den Fruchtsaft (Most).
Gären
Der Most wird in Holzfässer gefüllt, welche luftdicht verschlossen werden, da die Gärung ohne Sauerstoff abläuft. Um den Gärungsprozess zu beschleunigen, gibt der Winzer Hefe hinzu. Dadurch wird der im Most enthaltene Traubenzucker schneller zu Ethanol (Alkohol) und dem Nebenprodukt Kohlenstoffdioxid abgebaut. Diesen Vorgang nennt man alkoholische Gärung. Wie lange der Rotwein gärt, hängt vor allem von der Gärtem- peratur ab. Je niedriger sie ist, desto langsamer gärt er. Umgekehrt gilt: Je höher die Temperatur, desto schneller geht die Gärung vonstatten. Die optimale Gärtemperatur beträgt 25–35 °C.
Abstich
Die Hauptgärung ist nach 6–8 Tagen abgeschlossen. Nun wird abgestochen, das bedeu- tet, dass die am Boden des Fasses abgelagerte Hefe entfernt und der Wein in andere Stahltanks oder Holzfässer umgelagert wird.
Reifen
Der Jungwein ruht nun die nächsten 3–6 Monate oder auch viele Jahre. In dieser Zeit gärt die Feinhefe, also Schwebeteilchen der Hefe, die nicht abgesunken sind. Der fertige Wein erreicht einen maximalen Wert von 15–18 Vol. % Alkohol.
Filtrieren, klären und abfüllen
Im letzten Schritt wird der Wein filtriert, geklärt und anschließend in Flaschen abgefüllt.
k/iStock, Vision, k/Stockbyte
Foto: Thinkstock/iStock