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- Realität oder Stilmittel?

Von Reingard Neumann, Berlin

Die iranische Region war über viele Jalirhunderte hinweg eines der bedeutendsten Zentren textiler Produktion. Die ältesten materiellen Zeugnisse stammen aus achä¬

menidiseher Zeit (550-330 v.u.Z.). Erste umfangreichere Bestände besitzen wir aus der sasanidisehen Periode (229-642).

Auch nach der islamischen Erobemng wurden im iranischen Kulturraum kontinuier¬

hch hervorragende Gewebe produziert.' Besonders zahkeich sind uns Beispiele der

safawidischen Webkunst erhalten geblieben (1501-1722).^ Unter der Dynastie der

Safawiden erreichte der verschwenderische Umgang mit kostbaren Textihen seinen

späten Höhepunkt. Seide, Gold und Silber wurden in großen Mengen sowohl in

höfischen als auch in städtischen Manufakturen zu Geweben verarbeitet, und die

Möglichkeiten der vorhandenen Webtechniken wurden bis zum letzten ausgeschöpft.

Es entstand eine stihstisch eigenständige, sehr quahtätvolle Webkunst, die sich zum Teil eng an den zeitgenössischen Miniaturstil anschloß. Die bedeutendsten Herstellungs¬

zentren kostbarer Gewebe waren Esfahän, Kä§än, Yazd und Tabriz.

Der sich relativ rasch vollziehende politische und ökonomische Niedergang des

Safawiden-Reiches seit der 2. Hälfte des 17. Jh.s wirkte sich naturgemäß auch auf die künsderische Produktion im Lande aus. Für die Gewebeherstellung bedeutete dies, daß man jetzt verstärkt einfachere Webtechniken bevorzugte, der Musterrapport verkleinert wurde und schhchtere Muster dominierten. Diese Entwicklung setzte sich in nachsafa¬

widischer Zeit fort.'

' An Überblicksdarstellungen vgl. z.B. C. G. E. BUNT: Persian Fabrics. Leigh-On-Sea o.J.; A. U. PoPE/

Ph. ACKERMAN (ed.): A Survey of Persian Art. From the Prehistoric Times to the Present The Textile Art Vol. VA: Text. Vol. XI: Plates. New Ediüon. Ashiya 1981; N. A. REATH/E. B. Sachs: Persian Textiles and their Techniques from the Sixth to the Eighteenth Centuries. Including a System for General Textile Classification. New Haven 1937.

Vgl. dazu vor allem C. BlER (ed.): Woven from the Soul, Spun from the Heart Textile Arts of Safavid and Qajar Iran 16th-19th Centuries. Washington, D. C. 1987; C. BlER: The Persian Velvets at Rosenborg. Kopenhagen 1995; R. NEUMANN/ G. MURZA: Persische Seiden. Die Textillcunst der Safawiden und ihrer Nachfolger. Leipzig 1988; R. M. RIEFST AHL: Persian and Indian Textiles. From the Late Sixteenth to the Early Nineteenth Century. New York 1923; F. SPUHLER/P. MELLBYE-HaNSEN/

M. THORVILDSEN: Denmark's Coronation Carpets. Kopenhagen 1987; B. TiETZEL: "Und Blumen sing ' ich ungestört von ihrem Shawl herunter". Persische Seiden des 16. bis 18. Jahrhunderts aus dem Besitz des Deutschen Textilmuseums Krefeld. Krefeld 1988.

' Lampas-Gewebe scheinen kaum noch hergestellt worden zu sein. Demgegenüber bevorzugte man jetzt Stoffe in Taquetö-Technik und broschierte Muster. Rapporthöhen bis zu fast einem Meter bei Geweben des 16. imd frühen 17. Jh.s stehen jetzt Rapporthöhen, die zumeist 10 cm nicht überschreiten, gegenüber.

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Das 18. Jh. war fiir den Iran eine Zeit pohtischer Unruhen und ökonomischer

Unsicherheiten. Ledighch unter Näder §äh (1736-1748) und Kärim Hän Zand (1750-

1779) kam es zu vorübergehender Stabilisierung. Aus dem 18. Jh. sind daher auch

Gewebe von sehr unterschiedhcher Quahtät auf uns gekommen. Neben zum Teil noch

recht guten Beispielen mit figürhchem Dekor aus afscharischer Zeit," die allerdings nicht mehr die Qualität der Figurenstoffe des 16. und 17. Jh.s erreichen,' überwiegen

jetzt Gewebe mit einem kleinteiligen Blumendekor.' Als eine Aiu^egung aus dem

indischen Raum gewann darüber hinaus das sog. büte-Moü\, oft auch als indische

Palmette bezeichnet, zunehmend an Bedeutung.' Diese allgemeinen Entwicklungs¬

tendenzen setzten sich bis ins 19. Jh. fort. Figürlicher Gewebedekor spielte allerdings bereits seit der 2. Hälfte des 18. Jh.s kaum noch eine Rolle.'

Leider sind Gewebe aus qajarischer Zeit bisher selten Gegenstand wissenschafthcher

Untersuchungen gewesen. In den Museen erfahren derartige Stoffe zumeist wenig

Beachtung. Beispiele geringerer Quahtät erscheinen uninteressant, tmd Gewebe höherer Qualität datiert man nur allzu schnell noch ins 18. Jh. Damit werden europäische und persische Quellen des 19. Jh.s ignoriert, die auf eine vielfältige zeitgenössische

Gewebeproduktion in den Zentren Esfahän, Yazd, Käään, Raät, Tehrän, Maähad und

Kermän verweisen.' Vor allem Raät, aber auch Käään, Yazd und Esfahän scheinen noch im 19. Jh. feine Goldstoffe hergesteUt zu haben.'" Esfahän wird darüber hinaus noch besonders im Zusanmienhang mit der Kattun weberei und dem Stoff druck, qalamdän,^^

erwähnt. In Kermän webte man kostbare, gemusterte feine Wollstoffe, die sich in ihrer

" Vgl. z.B. Bier (ed.): op. cit. (Anm. 2), S. 87, Fig. 1; Kat. Nr. 4, 62; NEUMANN/ MURZA: op. cit. (Anm.

2), Abb. 45, 46; PoPE/ Ackerman (ed.): op. cit. (Anm. 1), PI. 1071 A.

' Vgl. z.B. die entsprechenden Figurenstoffe bei BlER (ed.): op. cit. (Anm. 2); BlER: op. cit. (Anm. 2);

Neumann/Murza: op. cit. (Anm. 2); Pope/Ackerman (ed.): op. cit (Anm. l).

' Vgl. vor allem TiETZEL: op. cit (Anm. 2).

' Persisch büte = "Strauch, Busch"; vgl. dazu vor allem ibid.; zu fcüre-Mustem noch aus safawidischer Zeit vgl. z.B. Neumann/ MuRZA, op. cit (Anm. 2), Abb. 235.

* Als Dekoraüonselement fiir kleinformatige Knüpfteppiche bheben Figurendarstellungen un qajarischen Iran jedoch weiterhin populär. Daneben haben sich einige wenige Beispiele figürlichen Gewebedekors erhalten, die durch eine einfache Gestalmng charakterisiert sind. Vgl. dazu BlER (ed.): op. cit (Anm. 2), Kat. Nr, 63; PoPE/ACKERMAN (ed,): op. cit (Anm. 1), PI. 1045, 1072 B.

' Vgl. dazu allgemein L. S. DiBA: Visual and Written Sourees. Dating Eighteenth-Century Silks. In: C.

Bier (ed.): op cit (Anm. 2), S. 84-96; C. ISSAWI: The Tabriz-Trabzon Trade 1830-1900: Rise and Decline ofa Route. In: Litemaüonal Joumal of Middle East 1 (1970), S. 18-27; C. IssAWl: An Economic History oflran 1800-1914. Chicago 1971; J. SCARCE: The Arts of the Eighteenth to Twentieth Centuries:

Textiles. In: P. Avery/ G. Hambly/Ch. Melville (ed.): The Cambridge History oflran. Vol, 7: From Nadir Shah to the Islamic Republic. Cambridge 1991, S. 945-958, Zu Beginn der 60er Jahre des 19, Jh,s scheinen Yazd, Käään und Kermän Zentren der Seidenweberei gewesen zu sein, Esfahän und §iräz produzierten in geringerem Umfang Seidenstoffe, Vgl, H. BRUGSCH: Reise der K. Preussischen Gesandtschaft nach Persien 1860 und 1861. Zweiter Band. Leipzig 1863, S. 90.

Vgl, J. Scarce: op cit (Anm, 9), S, 948,

"Ibid. S.950.

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Gestaltung eng an die zeitgleichen Kaschmirshawls anlehnten'^ und in Europa schnelle Nachahmung erfuhren."

Eine wictidge Quelle zur Webkunst im Iran des 19. Jh.s ist auch die Malerei. Seien es nun Wandgemälde, großformatige Ölbilder, Miniaturen oder Lackmalereien - sie alle geben uns Hinweise auf die Textilgestaltung in qajarischer Zeit. Einen Einbhck in die

Vielfalt der Gewebemuster vermitteln die Kopien eines 1813 von 'Abdalläh Hän

ausgeführten, heute nicht mehr existierenden mehrteiligen Wandgemäldes aus der

Audienzhalle des ehemaligen Negärestän-Palastes in Tehrän, Fath 'Ali Säh und sein

Gefolge darstellend. Es handelt sich dabei um die Abbildung des Herrschers, flankiert

von einigen seiner Söhne, sowie um die Wiedergabe wichtiger Hofbeamter und

ausländischer Diplomaten. Die gezeigten Personen sind zum Teil mit reich gemusterten

Gewändem bekleidet, deren Stoffe sowohl einheimischen als auch ausländischen

Ursprungs gewesen zu sein scheinen.'"

Die Tatsache, daß es sich bei den für unsere Betrachtungen besonders interessanten

großformatigen Malereien und den in diesem Zusammenhang ebenfalls bedeutsamen

qualitätvollen Lackmalereien um eine eng mit dem Hof verbundene Kunst handelte,

kommt deutlich in der Wahl der Sujets zum Ausdrack. Im Mittelpunkt des Interesses dieser Kunst stand die Darstellung des Herrschers und seiner Welt," zu der in nicht

Ibid., S. 949; vgl. weiter J. J. MORIER: Reisen durch Persien in den Jahren 1808 his 1816. Berlin 1985, S. 286 f. Noch'Mitte des Jahrhunderts wurden diese Wollstoffe außerordentlich geschätzt. Sie erzielten hohe Preise und selbst kleine Fragmente wurden gewinnbringend verkauft, da sie als Gewandbesatz begehrt waren. Vgl. Brugsch: op. cit. (Anm. 9), S. 90.

Es handelte sich hier um Produküonsstätten in Großbritannien, Frankreich, Norwegen und Österreich.

Die maschinelle Nachahmung der Kaschmirshawls in Europa wurde durch die Erfindung des Jacquard- Webstuhls möglich. Vgl. dazu auch TiETZEL: op. cit. (Anm. 2), S. 21 f Zu Abbildungen vgl. u.a.

C LUBELL (ed )■ Textile Collections of the World. Vol. 2: United Kingdom and Ireland. London 1976, S. 194-197.

'" Von diesem Wandgemälde existieren mehrere, sich nur geringfügig unterscheidende Kopien. Zu Abbildungen der 1816 von Whaünan mit Wasserfarbe auf Papier angefertigten Kopie aus dem Besitz der Indian Office Library, London, vgl. AVERY/ Hambly/ Melville (ed.): op. cit (Anm. 9), Abb. 16, 17; B. W. Robinson: Persian Paintings in the India Office Library. A Descriptive Catalogue. London 1976, Abb 1280-1283; B. W. ROBINSON (u.a.): Qajar Lapittura di corte in Persia. Mailand 1982, Abb.

43, 52, 53 Zu einer in gleicher Technik gearbeiteten weiteren Kopie aus Privatbesitz vgl. Bier (ed.):

"P- cit (Aiim 2), S. 253-255; Sotheby's, April 4, 1978. London 1978, Lot 86; A. Soudavar: Art ofthe Persian Courts. 'Selections from the Art and History Trust Collection. New York 1992, Kat. Nr. 160, S. 392-393 Hier wird auch noch auf weitere Kopien verwiesen: eine im Negärestän-Museum Tehrän, angekauft bei Sotheby's im Oktober 1978, jetzt im Sa'd-Äbäd-Museum Tehrän, und eine weitere in der Ermitage, ohne nähere Angaben. In Moskau befindet sich eine in Öl auf Leinwand gemalte Kopie. Sie gehört ziitn Besitz des Staaüichen Museums für die Kunst der Völker des Ostens. Vgl. dazu

MaslenitsYNA: Iskusstvo Irana v Sobranii Gosudarsti'ennogo Muzeja Iskusstva Narodov Vostoka.

Leningrad 1975 Abb 126. AbgebUdet sind hier die Abschnitte, die den Säh und seine Söhne sowie sechs ''Ohe Beamte darstellen. Als Maler der 1834 datierten Arbeit wird Muhammad 'All angegeben.

Demgegenüber verüitt SOUDAVAR: op. cit (Anm. 14), S. 393, Anm. 31, die Ansicht, daß alle Kopien nichüranischen Ursprungs seien.

" hl diesem Zusammenhang sei aufdie zahheich überheferten DarsteUungen des Fath 'AU Säh, in dessen Regierungszeit die höfische qajarische Malerei ihren Höhepunkt erreichte, verwiesen. Allein zu großformatigen Abbüdungen des Herrschers vgl. z.B. AverY/HaMBLY/ MELVILLE (ed.): op. cit (Anm.

9), Abb. 9, 12, 14a/b, 20, 21b, 65; S. J. FALK: Qajar Paintings. Persian Od Paintings ofthe 18th & I9th Centuries. London 1972, Fig. 12-16, Abb. 12,15,16; Maslenttsyna: op cit (Anm. 14), Abb. 126, 127;

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unerheblichem Maße auch kostbare Textilien gehörten.

In der künsderischen Gestaltung wurde auf Sdlmittel zurückgegriffen, die sich im Veriaufe des 18. Jh.s vor allem unter der Zand-Dynasüe entwickelt hatten. Die Technik der Ölmalerei sowie das in der traditionellen islamischen Malerei nicht gebräuchliche Großformat vieler Darstellungen sind Entlehnungen aus Europa. Auch die Ansätze zu einer illusionisdschen Malerei gingen oft auf europäische Anregungen zurück.

Trotz der äußeren Einflüsse, die einen nicht unerheblichen Wandel in der Bildkunst der Region zur Folge hatten, kam es im qajarischen Iran im ausgehenden 18. Jh. und im Verlaufe der ersten Hälfte des 19. Jh.s zur Entwicklung eines eigenständigen Stils, zur Herausbildung einer Kunst, die im Spannungsfeld zwischen europäischer Einflußnahme - nicht nur auf künstlerischem Gebiet - und dem Bestreben, ökonomische, politische und kulturelle Eigenständigkeit zu wahren und zu dokumentieren, entstanden ist.

Diese Rahmenbedingungen ließen die qajarische Malerei zu einer fast propagan¬

distischen Malerei werden. Die Verherrlichung und Idealisierung der Gegenwart

entwickelte sich zu einem ihrer wesentlichen Anhegen. Es wurde der Versuch

untemommen, eine "ideale Reahtät" zu kreieren. Der Herrscher ist edel, unnahbar und prächtig dargestellt, eben als ein wahrer Herrscher." Seine Söhne, von schöner Gestalt, furchtlos jeder Gefahr entgegenblickend und diese klein und unbedeutend erscheinen lassend, standen mit ihrem Abbild für die Stabilität der Macht des Hauses Qägär und den gesicherten Fortbestand der Dynastie." Bärtige, emst und wissend dem Betrachter

gegenüberstehende zuverlässige Männer aus der Umgebung des Herrschers zeugten

vom verantwortungsbewußten Umgang mit der Macht, waren Sinnbild für das

Vertrauen, das man ihnen entgegenbringen konnte und entgegenzubringen hatte.'*

F. Massoud-Ansari: Die Malerei zur Zelt der Qadjaren-Dynastie (1796-1925) im Iran. Paris 1986, Abb. 6, 7, 10; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 16, 39, 45, 63, 87, 125; Soudavar: op. cit.

(Anm. 14), Kat. Nr. 158, S. 388-389.

" Vgl. dazu vor allem auch die in Anm. 15 ziüerten Darstellungen.

" Vgl. dazu die Darstellungen, die Prinzen im Kampf mit Drachen oder wilden Tieren zeigen, z.B. Falk:

op. cit. (Anm. 15), Abb. 4, 51, 52; vgl. dazu weiter die zahlreichen Prinzendarstellungen, vor allem die Thronszenen, auf denen Faüi 'Ali Säh umgeben von Prinzen abgebildet ist. Vgl. dazu oben Amn. 14 und AVERY/ Hambly/ Melville (ed.): op. cit (Anm. 9), Abb. 21b; vgl. allgemein weiter u.a. Falk: op. cit (Anm. 15), Abb. 8, 26, 27, 48; Massoud- ANS ARI: op. cit (Anm. 15), Abb. 22. Eine namenüiche Zuordnung ist bei diesen Abbildungen die Ausnahme, vgl. dazu z.B. M. Ekhtiar: The Qajar Visual Aesthetic: Highlights from the Brooklyn Museum Collection. In: Orientations. The Monthly Magazine for Collectors and Connoisseurs of Oriental Art (July 1989), S. 46-53, Fig. 1. Bei DarsteUungen von Kronprinzen wurde sie jedoch in der Regel vorgenommen, vgl. dazu z.B. AVERY/ Hambly/ Melville (ed.): op. cit (Anm. 9), Abb. 15, 30b; Kunstmuseum der Georgischen SSR. Tbilissi. Leningrad 1985, Abb. 120; Maslenitsyna: op. cit (Anm. 14), Abb. 124; Massoud-Ansari: op. cit (Anm. 15), Abb. 21;

Soudavar: op. cit (Anm. 15), Kat. Nr. 159.

'* Generell scheinen derarüge Darstellungen bis in die 30er Jahre des 19. Jh.s im Vergleich zu Herrscher- und Prinzenabbildungen von geringerem Interesse gewesen zu sein. Zu Darstellungen aus dieser Zeit vgl.

vor allem oben Arun. 14; Falk: op. cit (Anm. 15), Abb. 29; Massoud-Ansari: op. cit (Anm. 15), Abb.

23. Im weiteren Verlauf des Jabrhunderts gewannen aber gerade PorUäts hoher Staatsbediensteter zunehmend an Bedeutung. Vgl. z.B. EkhtIAR: op. cit (Anm. 17), Fig. 2; M. EKHTIAR: The Art of Qajar Iran. The Brooklyn Museum Collection. New York 1989, Abbildung des Gouverneurs von Esfahän;

Guide to the Decorative Arts Mu.<:eum of Iran. Teheran 1984, Porträtdarstellungen von Mirzä Abülhasan Hän und Päää Hän; Kunstmuseum der Georgischen SSR ... (Anm. 17), Abb. 124; Maslenitsyna: op. cit

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Vervollständigt wurde dieses Bild durch zahllose Darstellungen von jungen Frauen und

Liebespaaren als Sinnbild für Luxus, Wohlleben und Schönheit. Es waren Lebens¬

umstände, die sich wie selbstverständhch mit dem Herrscher verbanden."

Die Überhöhung und der Anspruch, eine mit der herrschenden Dynastie verbundene ideale Reahtät widerzuspiegehi, kann bei oberflächlicher Betrachtung die Kunstwerke leicht formeUiaft und plakativ wirken lassen, war aber ein bewußt eingesetztes Stilmittel und letztlich auch die Ursache dafür, daß qualitätvolle qajarische Malereien akribisch genau Details wiedergeben. Denn es sind diese exakt gezeichneten Details, die die Reahtät des Gezeigten unzweifelhaft und für jeden sichtbar belegten. Sie konnten vom Betrachter aufgrund eigener Kenntnis auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden und standen damit als Garant für die Wahrheit der mit dem Bild verbundenen Botschaft.

Höfische qajarische Malereien können gerade aus diesem Grund als außergewöhnlich zuverlässige Quelle für die Erforschung der Webkunst im Iran des ausgehenden 18. und des 19. Jh.s gelten. Was auf den ersten Blick reine Dekoration zu sein scheint, erweist sich letztendlich als exakte und bewußte Dokumentation.

Die dargestellten Geweh)emuster zeigen deuthch, daß im 17. und 18. Jh. entwickelte Musterschemata auch im 19. Jh. noch populär waren. Dies gih vor allem

- für gestreifte Gewebe in verschiedener Ausführung,

- für Stoffe mit rautenartiger Mustergliederung in Verbindung mit floralem Dekor, - für reihenweise auf Zwischenraum geordnete, jetzt zumeist kleinteilige florale

Formen

- und für das büte-Motiv, das im 19. Jh. besonders in Mode gewesen zu sein

scheint.

Bei den Streifenstoffen dominiert zumeist eine Rot-Weiß-Farbfolge, aber auch

schwarzgrundige Streifen können mit weißgrundigen wechseln. Kleine Blüten,

manchmal zu Ranken verbunden, bilden den Schmuck der schmalen Streifen.^"

Aus solchen Geweben scheinen t)evorzugt kurze Jacken sowohl für Frauen als auch für Männer hergestellt worden zu sein,^' daneben wurden sie auch für Männerschärpen

(Anm. 14), Abb. 122; MasSOUD-ANSARI: op. cil. (Anm. 15), Abb. 24, 26, 27; B. W. ROBINSON:

Rothshild and Binney CoUections. London 1976. Abb. 68; ROBINSON (u.a.): op cit. (Anm. 14), Abb. 29;

vgl. dazu auch zahlreiche Auküonskalaloge, z.B. Sotheby's 23. November 1976. Lot 276, 277, 287;

Sotheby's 9. November 1978, hol 61, 65, 67, 171; Sotheby's 8. July 1980, Lot 235; zu einer Lackmalerei vgl. B. W. Robinson: Some Thoughts on Qajar Lacquer. In: B. W. ROBINSON: Studies in Persian Art.

Vol. 1. London 1993, Abb. 4a.

" Dargestellt sind vor allem Liebespaare, Tänzerinnen, Akrobatinnen und Musikanünnen, junge Frauen des Harems, oft in legerer Haltung, zum Teil auch mit Kind und Dienerinnen; zu zahlreichen Abbildungen vgl. vor allem FALK: op. cit (Anm. 15); ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14). Die Wiedergabe einer namentlich bekannten Frau isl dabei die absolute Ausnahme; zu einem Beispiel vgl.

Massoud-Ansari: op. cit (Anm. 15), Abb. 37.

■° Bei den entsprechenden Bildbelegen für die Darstellung von Gewebemustem wird im folgenden beispielhaft vor allem auf zwei Veröffendichungen zurückgegriffen: FALK: op. cit (Anm. 15) und Robinson (u.a.): op. cit (Anm. 14). Zu den kleinteiligen gestreiften Mustem vgl. z.B. Falk: op. cit (Anm. 15), Fig. 8, 18, Abb. 7, 27, 36, 49; Robinson (u.a.): op. cit. (Anm. 14), Abb. 141.

-' Vgl. dazu z.B. Falk: op. cit (Anm. 15), Fig. 1, 9; 18, 24, Abb. 22, 32, 49, 50; Robinson (u.a.): op.

cit (Anm. 14), Abb. 77, 145.

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und lange Männergewänder sowie am Kopf zu befestigende Schleier für Frauen verwendet.^^ Darüber hinaus dienten sie häufig als Besatz für Kleidungsstücke."

Materielle Belege dafür haben sich in verschiedenen Museen erhalten."

In dieser kleinteiligen, schhchten Variante setzten die Gewebe die lange Tradition der Streifenmuster fort und griffen dabei vor allem auf Gestaltungsschemata zurück, die sich im 17. Jh. entwickelt hatten. Allerdings wurden auch in qajarischer Zeit Stoffe mit breiteren Musterstreifen hergestellt, wie vereinzelt bildhche DarsteUungen und erhaltene

Beispiele belegen. Diese Stoffe scheinen besonders für die Herstellung weiter

Frauenhosen verwendet worden zu sein. Die Musterstreifen verlaufen diagonal über die Fläche und sind vollständig mit Blütenformen bedeckt.^'

Blütenpflanzen oder -zweige, eingebunden in eine rautenartige bzw. spitzovale Gliederung, können in der Webkunst der iranischen Region ebenfalls auf eine lange Tradition zurückbhcken. Seit dem ausgehenden 17. und dem 18. Jh. werden die jetzt oft kleinteiligen Muster zumeist diuch geschwungene, einfache Blattformen gebildet.^'

Rose und Schwertlilie waren im 18. und 19. Jh. wohl die beliebtesten floralen

Dekorformen, die sowohl in der Lack- und Ölmalerei als auch in der Buch- und in der Textilkunst oft in Erscheinung treten.

Ein außerordenthch exakt und detaillieri gezeichnetes Gewebemuster aus Blüten¬

pflanzen in einem netzartig die Fläche überziehenden Gitterwerk vor goldenem Grund sehen wir auf einer überlebensgroßen repräsentativen Darstellung des stehenden Fath 'Ah Säh (1797-1834), eine Öhnala-ei, von Mehr 'Ah im Jahre 1813 geschaffen." Das Gemälde stammt aus der Amery Collection und befindet sich heute im Sa"'d-Äbäd- Museum in Tehrän. Es gehörte zur Falastausstattung, hatte also einen höchst offiziellen Charakter und eine eindeutig propagandistische Aufgabe. Es zeigt den §äh in seiner

- Vgl. dazu z.B. FALK: op. cit. (Anm. 15), Fig. 7, 8, 10, 13, 25, Abb. 1, 7, 26, 27, 28, 33, 36, 37, 49;

Robinson (u.a.): op. cit. (Anm. 14), Abb. 23, 130, 141, 171, 209.

Vgl. dazu z.B. Falk: op. cit. (Anm. 15), Fig. 1, 19, 23, Abb. 27, 47; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 29, 130, 165, 175.

Vgl. dazu u.a. BIER (ed.): op. cit (Anm. 2), Kat. Nr. 74, 72, 76; zu mit Kat. Nr. 72 vergleichbaren Musterabbildungen s. vor allem Kunstmuseum der Georgischen SSR... (wie in Anm. 17), Abb. 108; vgl.

auch Falk: op. cit (Anm. 15), Abb. 48; zu weiteren Gewebebeispielen vgl. Neumann/ MURZA: op. cit (Anm. 2), Abb. 287, 288; POPE/ACKERMAN (ed.): op cit (Anm. 1), PI. 1049 A-C, 1071 B, 1089 B;

Riefstahl: op cit (Anm. 2), Abb. 96, 102; TIETZEL: op cit (Anm. 2), Kat. Nr. 76-80, 82, 83, Zum Teil handelt es sich dabei auch um Sückereien, Zu Bildbeispielen vgl, z,B, Falk: op. cit (Anm, 15), Fig, 1, 7, 8, 10; Abb. 5, 7; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 77, 165; zu original erhaltenen Geweben bzw, Sückereien vgl, z,B. POFE/ACKERMAN (ed.): op. cit (Anm, 1), PI. 1073 C;

BIER (ed.): op. cit (Anm, 2), Kat. Nr. 71.

-■^Zu Bildbeispielen vgl, z,B, FALK: op. cit. (Anm, 15), Abb, 25; ROBINSON (u,a,): op. cit (Anm, 14), Abb, 42,43, 52, 53; zu materiellen Zeugnissen des 18, und 19, Jh,s vgl, z,B, BlER (ed,): op. cit (Anm, 2), Kat, Nr, 3,64, 65, 69; Neumann/ Murza: op cit (Anm, 2), Kat, Nr, 39-66; Tietzel: op. cit (Anm. 2), Kat. Nr. 87-96,

Dieses Werk ist in zahheichen Pubhkationen abgebUdeL Vgl. z.B. FALK: op. cit (Anm. 15), Abb. 15;

Robinson (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 16. Es handelt sich um eine 246x125 cm große Ölmalerei auf Leinwand.

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Herrlichkeit und Pracht als "allmächtigen Herrscher und Lenker der Welt".^* Folge¬

richtig verwendete man hier auf die Wiedergabe der diese Botschaft unterstützenden, sie gleichsam sichernden äußeren Details besondere Sorgfalt.

J. J. Morier, der als Mitghed einer Delegation des englischen Königs ungefähr zur Entstehungszeit des Bildes zur Audienz beim Säh geladen war, beschrieb den Herrscher folgendermaßen: "Der König ist ungefähr fünfundvierzig Jahre alt, ein Mann von ge-

fälhgen Manieren und angenehmem Äußeren. Er hat eine Adlemase, große Augen und

kühn geschwungene Brauen. Sein Gesicht ist von einem mächtigen, tiefschwarz

gefärbten Bart um Lippen, Wangen und Kinn verdecktAnläßlich einer späteren

Audienz äußerte er sich zur Krone des Herrschers: "Auf dem Kopf trug er eine mit Perlen und Edelsteinen geschmückte, zyhnderförmige Krone, aus der eine funkelnde Diamantenfeder aufragte."'" Diese Beschreibung läßt sich anhand der erwähnten bild¬

hchen Darstellung durchaus nachvollziehen.

Rautenartige Mustergliederungen sind auf zahlreichen weiteren Malereien abge¬

bildet. Im allgemeinen handelt es sich dabei um locker gezeichnete Gittersmikturen bei relativ großem Rapport." Gewebe mit solch einer Musterung verarbeitete man bevor¬

zugt für Frauenkleidung, und hier wiederum zumeist zur Herstellung von weiten

Röcken und Beinkleidem. Generell sind diese Stoffe durch eine lockere, oft natumahe Zeichnung der floralen Elemente charakterisiert und erinnem stark an den in der 2.

Hälfte des 18. Jh.s in Europa für Seidengewebe entwickelten Blütendekor. Möglicher¬

weise wurden bevorzugt derartig gestaltete Seidenstoffe aus Europa eingeführt und auch im Lande imitiert," was nicht verwundert, wenn man bedenkt, daß im 19. Jh. euro¬

päische Stoffe in großem Umfang im Iran gehandelt wurden. Mit der Erfindung des

Jacquard-Webstuhls in Frankreich zu Beginn des 19. Jh.s ließen sich nunmehr auch

komplizierte Muster schnell und massenhaft herstellen. Dadurch entstand der ein¬

heimischen iranischen Gewebeproduktion eine Konkurrenz, der sie auf Dauer nicht

gewachsen sein konnte. In diesem Zusammenhang berichtete H. Bmgsch im Jahre 1860 bezüglich des persischen Handwerks allgemein: "Der Geschmack ist heute zu Tage

MORIER: op cit (Anm. 12), S. 221; vgl. auch H. v. Gall: Der Qadjaren-Pavillon Suleimaniyeh in Karadj. In: Archäologische Mitteilungen aus Iran, N.F. 10 (1977), S, 325-339 (S. 330 wird auf die Inschrift eines Wandgemäldes verwiesen, die den Herrscher als "Gebieter Uber Himmel und Erde"

bezeichnet).

Morier: op. cit (Anm. 12), S. 224.

S.225.

" Vgl. Z.B, Falk- op cit (Anm. 15), Fig. 5, Abb. 14, 18; MASLENrrSYNA: op cit (Anm. 14), Abb. 125, 129, 130, 131; ROBINSON (U.a.): op cit (Anm. 14), Abb. 91, 105, 107, 177.

" Solche Blütenbuketts finden sich auch ohne das sie umgebende Gitterwerk. Vielleicht ist die

"Fremdheit" dieser Muster auch der Grund dafür, daß derartige Gewebe z.T. weniger detailliert wiedergegeben wurden als die bisher vorgesteUten. Vgl. dazu Anm. 31. Zu einem frühen Beispiel der Übernahme westeuropäischer Gewebe vgl. Falk: op. cit (Anm. 15), Abb. 6; Robinson (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 75; zu möghchen westeuropäischen VorbUdern vgl. z.B. S. DURIAN-ResS: Textilien der Sammlung Bernheimer. Paramente 15.-19. Jahrhundert. München 1991, Kat. Nr. 135, 136, 143;

Kunstmuseum der Georgischen SSR... (Anm. 17), Abb. 130; B. MaRKOWSKY: Europäische Seiden¬

gewebe des 13.-18. Jahrhunderts. Köhl 1976, Kat. Nr, 572, 579, 580, 600; Museo Poldi Pezzolt. Tessuti.

Sculture. MetalU islamici. Mailand 1987, Kat, Nr, 149,

(8)

gesunken, Ermuthigung von oben her nicht vorhanden und die europäische Waare durch Eleganz und Billigkeit alles Einheimische niederdrückend.""

Der Verwendung eiu-opäischer Gewebe kam später noch größere Bedeutung zu Seit

Mitte des 19. Jh.s, verbunden vor allem mit der Regierungszeit von Näser ad-Din Säh (1848-1896), erfolgte generell eine verstärkte Eiu-opaorientierung. Als äußeres Merkmal

dieser Entwicklung kann der Wandel der offiziellen Kleidervorschriften bei Hofe

angesehen werden. Näser ad-Din §äh, der Eiu-opa dreimal bereiste, bevorzugte jetzt für sich und seine Umgebung europäisch geschnittene Kleidung, und es wurden an euro¬

päischen Vorbildem orientierte Uniformen entwickelt."

In diesem Zusammenhang sei hier nur noch kurz erwähnt, daß es infolge der

Europareisen von Näser ad-Din Säh auch zu Verändemngen in der Frauenmode, sicher nur die "besseren" Famihen betteffend, kam. Angeregt von der Kleidung europäischer Tänzerinnen wurden im Verlaufe der 2. Hälfte des 19. Jh.s kurze Röcke als häusliche

Bekleidung populär. Eine Wiedergabe dieser Mode ist auf einem Gemälde aus dem 3.

Viertel des 19. Jh.s zu sehen, das Frauen beim Picknick im Freien zeigt."

Traditionelle Muster, wie reihenweise auf Zwischenraum geordnete Blütenpflanzen oder -zweige, die seit Ende des 16. Jh.s in der iranischen Webkunst zu finden sind, verloren auch in qajarischer Zeit nicht an Beliebtheit, zumindest gilt das für das aus¬

gehende 18. Jh. und die erste Hälfte des 19. Jh.s. Neben den kleinteiligen Muster¬

varianten'' scheinen in der 1. Hälfte des 19. Jh.s auch noch sehr kostbare Gewebe dieser Gestaltung hergestellt worden zu sein, wie die Darstellungen von Goldbrokatstoffen auf zwei Miniaturen deuthch machen.'^ Erhaltene Seidengewebe mit einer vergleichbaren Mustemng wurden bislang zumeist dem 17. bis 18. Jh. zugeordnet.'" Unabhängig davon muß man wohl im 19. Jh. in der Regel doch eher mit der kleinteiligeren Variante des genannten Blütenmusters rechnen. Diese Aimahme wird durch die häufige Wiedergabe des Dekors in der zeitgenössischen Malerei unterstützt." Die Pflanzen verdichten sich oft zu ovalen Einheiten, die dann dem sog. büte-Moüv bereits sehr nahe kommen."" Für

" Brugsch: op. cit. (Anm. 9), S. 84.

" Zu einer umfassenden Studie zu den Reformbestrebungen im Iran des 19. Jh.s vgl. A. Pistor-Hatam:

Iran und die Reformbewegung im Osmanischen Reich. Persische Staatsmänner, Reisende und Oppositionelle unter dem Einfluß der Tanzimät. Berlin 1992; vgl. dazu weiter AVERY/ HaMBLY/

Melville (ed.): op. cit. (Anm. 9), S. 174-212.

" Vgl. R. W. Ferrier (ed.): The Arts of Persia. New Haven-London 1989, S. 231, Abb. 13.

" Vgl. z.B. Falk: op cit. (Anm. 15), Fig. 7, 12, 19, Abb. 1, 2, 5, 6, 7, 36, 42; ROBINSON (u.a.): op. cit.

(Anm. 14), Abb. 21, 67, 75, 77.

" Vgl. z.B. ibid., Abb. 181, 183; zu größeren Blütenstauden vgl. weiter FALK: op. cit (Anm. 15), Fig.

7,8, 10, Abb. 14, 23; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 97; Blütenstauden in einfacherer, z.T.

europäisierender Gestaltung z.B. bei Falk: op. cit (Anm. 15), Fig. 8, 10, 18, 25, Abb. 14, 34; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 127, 137.

'* Z.B. ein diesen Abbildungen sehr ähnhcher Goldbrokat mit Rosensü-auch-Muster, vgl. dazu BlER (ed.):

op. cit (Anm. 2), Kat. Nr. 19.

" Vgl. dazu Anm. 36; ROBINSON (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 42,43, 52, 53.

" Vgl. dazu u.a. ibid., Abb. 97; zu derartigen Geweben vgl. auch NEUMANN/ Murza: op. cit (Anm. 2), Abb. 232; TiETZEL: op cit (Anm. 2), Kat. Nr. 117-132.

(9)

die Beliebtheit dieses Musters spricht nicht zuletzt auch seine Nachahmung in der Stickerei."'

Abschließend sei noch ein kurzer Blick auf Darstellungen von Geweben mit büte- Motiv geworfen. Dieser Dekor gehörte wohl im gesamten 19. Jh. zu den beliebtesten Mustem im textilen Bereich. Es haben sich gewebte, gedmckte und gestickte Beispiele erhalten. Der charakteristische, tropfenartige Körper dieses Motivs wird durch die

Kombination unterschiedlicher Blüten und anderer floraler Formen gebildet. Auf

qajarischen Gemälden ist das Muster oft und meist sehr exakt wiedergegeben."" Die Detailtreue der abgebildeten Muster beweist ein Vergleich mit erhalten gebliebenen Gewebefragmenten."' Eine Variante dieses Musters besteht darin, daß die büte-Motive durch lockere Blütenformen oder Ranken gitterartig eingeschlossen werden.

WoUshawls bzw. Schärpen sind oft von großformatigen büte-Motiven gestalterisch abgeschlossen."" Die kostbarsten Schärpen wurden in Kermän aus besonders feiner Wolle hergesteUt."' An WoUtüchem und WoUshawls mit der genannten Mustemng fand man auch in Europa seit dem ausgehenden 18. Jh. großen Gefallen. Nach der Erfindung

des Jacquard-Webstuhls wurde bereits Anfang des 19. Jh.s damit begonnen, solche

Muster nachzuweben, zuerst in Paris, dann in Norwegen, Osterreich und etwas später vor allem auch in Paisley in Schottland, das der eiu-opäischen Variante dieses Musters seinen Namen gab."*

Zeitgenössische DarsteUungen des büte-Motivs als Gewebemuster haben sich jedoch nicht nur auf Malereien erhalten, auch modemere Medien legen davon Zeugnis ab, wie z.B. eine Fotografie, die gegen 1880 entstanden ist und aus dem Fotoalbum des Näser ad-Din Säh stammt. Sie zeigt einen in seinen Diensten stehenden Beamten, der einen Überrock mit dieser Mustemng trägt."'

Kommen wir zum Abschluß noch einmal auf unseren Ausgangspunkt zurück. Das

Bemühen um die Entwicklung einer eigenständigen Kunst im qajarischen Iran ist vor allem für die erste Hälfte des 19. Jh.s, und hier besonders für die Zeit des Fath 'Ali Säh,

Vgl. z.B. Neumann/Murza; op. cit. (Anm. 2), Abb. 241.

Vgl. z.B. Falk: op cit. (Anm. 15), Fig. 9, 13, Abb. 20, 21, 22, 25, 26, 28, 29, 44; Robinson (u.a.):

op. cit (Anm. 14), Abb. 23, 29.

Bier (ed.): op. cit (Anm. 2), S. 51, Fig. 7; Kat. Nr. 7, 73, 75; Neumann/ MURZA: op. cit (Anm. 2), Abb. 243-275; TiETZEL: op cit (Anm. 2), Kat. Nr. 243-274.

" Vgl. z.B. Falk: op cit (Anm. 15), Fig. 19, Abb. 18, 24, 25, 35, 38, 55; Robinson (u.a.): op. cit (Anm. 14), Abb. 95, 105, III, 115, 117, 121, 130, 175, 177, 181. Diese Art der Schärpen scheint bevorzugt von Frauen getragen worden zu sein.

"' Auch H. BRUGSCH verweist auf "...die berühmten persischen Shawls (schäl), die nur allein von den Kaschmir-Shawls (schäl-e termeh oder Keschmiri) überUoffen werden. Die vorzüglichsten werden innerhalb Persiens in der Stadt Kermän angefertigt." (BRUGSCH: op. cit [Anm. 9], S. 89). Zu erhaltenen Beispielen vgl. z.B. Maslenitsyna: op. cit (Anm. 14), Kat. Nr. 89, 90.

Vgl. J. Harris (ed.): 5000 Years of Textiles, tendon 1993, S. 109. Auf einem Frauenbildnis eines unbekannten russischen Malers aus der ersten Hälfte des 19. Jh.s isl solch ein Shawl mit hüte-Moüven ahgebildel.W^i. Kunstmuseum der Georgischen SSR... (Anm. 17), Abb. 131.

" Bier (ed.): op. cit (Anm. 2), S. 51, Fig. 7.

(10)

charakteristisch. Hauptanliegen dieser ausgesprochen höfischen Kunst war, eine mit dem Hof verbundene "ideale Realität" zu kreieren, in der Kunst eine Wirklichkeit zu

schaffen, die der Gefahr von Machtverlust und beginnender eiuopäischer Fremd¬

bestimmung bewußt gegenüberstand. In diesem Kontext kam der akribischen Wieder¬

gabe von Details eine besondere Rolle zu, was sich nicht zuletzt auch auf die Art und

Weise der Abbildung von Stoffmustern in der Malerei auswirkte. Die eingangs auf¬

geworfene Frage, ob die Gewebedarstellungen in der qajarischen Malerei Realität oder Stilmittel gewesen seien, kaim eindeutig beantwortet werden. In der Weise, wie sie als

Stilmittel eingesetzt wurden, nämhch, um die Wahrhaftigkeit von Bildaussagen zu

unterstützen, war es auch notwendig, die gezeigten Gewebe so realistisch wie möghch wiederzugel)en. Die Darstellungen waren also Stilmittel und daraus resultierend in hohem Maße auch Abbild und Dokumentation der Realität.

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