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Deutsche Aksum-Expedition herausgegeben von der General- verwaltung der königl

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Deutsche Aksum-Expedition herausgegeben von der General-

verwaltung der königl. Museen zu Berlin. Bd. I: Reise¬

bericht der Expedition. Topographie und Geschichte

Aksums von Enno Lütmann unter Mitwirkung von

Th. vm Lüpke. Mit 3 Tafeln und 44 Textabbild. 5

V + 64 S. M. 11. — Bd II: Ältere Denkmäler Nard-

abessiniens von Dan. Krencker mit Beiträgen von Th. von

Lüpke und einem Anhang von R. Zahn. Text mit

439 Abbildungen. IX -j- 240 S. 31 Tafeln. M. 48. —

Bd. III: Profan- und Kultbauten Nordabessiniens aus lo

älterer und neuerer Zeit von Th. von L üp k e unter Mit¬

wirkung von E. Littmann und D. Krencker. Mit

11 Tafeln und 281 Textabbild. I + 112 S. M. 24. —

Bd. IV*): Sabäische, griechische und altabessinische In¬

schriften von Enno Littmann. Mit 6 Tafeln, 1 Karte i6

und 109 Textabbild. IX + 96 S. M. 17. — Verlag von

Georg Reimer, Berlin 1913. Polio. Gesamtpreis M. 90.

•) S. unten 8. 707, Z. 13.

Was man schon viele Jahre für Südarabien vergeblich gehofft

hat, ist nun für Abessinien zur Wirklichkeit geworden. Eine to

wissenschaftliche Expedition hat die Denkmäler Aksums, des uralten

Kulturzentrums Abessiniens, ,der Mutter der Städte Äthiopiens',

genau untersucht und beschrieben.

Die Verhältnisse in Abessinien waren für diese Expedition

außerordentlich günstig. Kaiser M e n i 1 e k II. von Äthiopien be- 25

zeugte nämlich, wie Littmann im Vorwort mitteilt, dem deutschen

Gesandten, Herrn Dr. Fr. Rosen ein lebhaftes Interesse für die

deutschen Ausgrabungen in Babylon und bat den Deutschen Kaiser

Fachleute zur üntersuchung der Ruinen von Aksum zu entsenden ;

zugleich versprach er den zu erwartenden Widerstand der abessinischen 30

Geistlichkeit niederzuhalten. „Darauf geruhte Se. Majestät der

Deutsche Kaiser im Herbst 1905 zu befehlen, daß eine wissen¬

schaftliche Expedition zur Erforschung der aksumitischen Altertümer

ausgesandt werde, und die dafür erforderlichen Mittel aus dem

allerhöchsten Dispositionsfonds gnädigst zu bewilligen". Mitglieder 33

der Expedition wurden Professor Enno Littmann als wissen¬

schaftlicher Leiter, Regierungsbaumeister Daniel Krencker als

46*

(2)

technischer Leiter, Regierungsbaumeister Theodor v. Lüpke als

Assistent des technischen Leiters und als Photograph, Stabsarzt

Dr. Erich Kaschke (fim März 1910) als ärztlicher Berater.

Die Expedition hielt sich in Aksum vom 13. Januar bis 6. Apiil

6 1906 auf und wurde in allen ihren Unternehmungen von Kaiser

Mene 1 ik IL durch seinen Statthalter Gabra-Selläsö fort¬

während unterstützt.

Die Situation war also günstig , aber das muß man den Ver¬

tretern der deutschen Wissenschaft lassen, daß sie diese günstigen

10 Verhältnisse auch bis zum äußersten ausgenutzt baben. Alle Über¬

reste der alten aksumitischen Kultur wurden an Ort und Stelle

photographiert und genau untersucht, und die jetzt vorliegenden

vier stattlichen Aksum-Bände in Polio, mit reichem Bilderschmuck

und prächtigen Tafeln , werden voraussichtlich für lange Zeit das

16 Monumentalwerk in diesem wichtigen aber früher wenig beachteten

Zweig der semitischen Altertumskunde verbleiben. In der Aksum-

Publikation sind nämlich nicht allein die neuen Entdeckungen,

sondern auch die früheren Punde und Porschungen verwertet , so

daß man hier in der Hauptsache alles beisammen bat, was man

«0 vorläufig vom alten Abessinien weiß.

Im 1. Bande berichtet Littmann — um zunächst ein

knappes Referat vom Inhalt der vier Bände zu geben — über die

Reise vön Massaua nach Aksum, über den Aufenthalt dort, und

über die Rückkehr, S. 1 — 25. Th. v. Lüpke gibt eine topo-

25 graphische Skizze von Aksum S. 27—32, und als Anhang hierzu

teilt Littmann nach dem Liber Axumae eine Beschreibung der

Altertümer von Aksum nach der einheimischen Überlieferung mit,

S. 32—33. Der wichtigste Teil dieses Bandes ist aber der letzte

Abschnitt ,Zur Geschichte Aksums" S. 37—60, wo Littmann

80 in gründlicher und übersichtlicher Weise auf Grundlage der In¬

schriften , Baudenkmäler und Münzen sowie der Berichte der

lateinischen und griechischen Schriftsteller die Geschichte des

äthiopischen Reiches rekonstruiert. Diese zerfällt nach ihm in

folgende Perioden : a) Die Zeit des Heidentums in Aksum, b) Die

36 Zeit des Königs 'Ezänä, c) Die Zeit des Christentums vom 4.—6. Jahr¬

hundert, d) Die spätere Geschichte Aksums.

Im 2. Bande beschreibt D. Krencker die großen Monolithen

Aksums S. 1—43, den Sockel einer Kolossalstatue S. 44—45 und

die eigenartigen steinernen Stühle S. 45—69, Th. v. Lüpke aus

40 der Umgegend Aksums eine im Felsen ausgehauene Nische, wahr¬

scheinlich eine Grabanlage , eine große Pelszisterne , die schon von

Bent ausführlich erwähnte Relief- oder Umrißzeichnung einer Löwin

auf einem großen Felsklotz und einige Fruchtkeltern S. 69 — 77.

Ferner schildert D. Krencker die hochinteressanten sicher ur-

45 alten Ruinen in Jeha S. 78—89, Ruinen von Kult- und Palastbauten

in Aksum S. 90—140, Ruinen in der italienischen Colonia Eritrea

S. 141 —164, aus Berichten bekannte (nichtbesuchte) Ruinen

(3)

Nielsen: Littmann, Deutsche Aksum-Expedition. Bd. I—IV. 707

S. 166—167 und die Klosterkirche von Bebra Damo S. 168—194.

Endlich wird die alte Kirche zu Asmara von Th. v. Lüpke vor¬

geführt S. 198—198, während R. Zahn in einem Anhang die

Kleinfunde registriert S. 199—231.

Band 3 von Th. v. Lüpke unter Mitwirkung von Littmann 6

und Krencker handelt hauptsächlich von neueren Bauten Nord¬

abessiniens. Er erörtert bautechnische Einzelheiten S.5— 24, Ge¬

samtanlage der Ortschaften S. 25—26, Anordnung der Wohngehöfte

und ihrer Baulichkeiten S. 27—44, Bauanlagen für kirchliche Zwecke

S. 45—85, die Entwicklung der nordabessinischen Gebäudeformen, lo

S. 86—92, und schließlich die religiösen Abzeichen und kirchlichen Gerätschaften S. 93—106.

Der 4. Band ist schon von Nöldeke in dieser Zeitscbrift

Bd. 67, S. 694—706 besprochen. Hier behandelt Littmann

sämtliche aus Abessinien bekannten sabäischen , griechischen und is

altäthiopischen Inschriften. Das inschriftliche Material imponiert

allerdings nicht durch die Menge der Texte. Gegenüber etwa 2000

südarabischen Inschriften erreicht das neue Corpus inscriptionum

abessinicarum nur 100 Nummern und von diesen sind etwa 75

ziemlich belanglose Graffiti, aber die übrigen Texte sind — obwohl 20

etwa 10 von diesen wiederum hoffnungslose kleine Fragmente sind

— für die Sprachgeschichte Kultur- und Religionsgeschichte gleich

wichtig. Sie umspannen nämlich einen Zeitraum von über 1500 Jahren,

indem die ältesten nach dem Schrifttypus schon vor 500 v. Chr.

anzusetzen sind, und werfen sehr interessante Streiflichter auf ver- 26 schiedene Entwicklungsstadien in Sprache, Schrift und Religion.

Eine kritische Würdigung dieser Publikation gestaltet sich

naturgemäß als ein kurzer Überblick über die abessinische Kultur¬

geschichte d. h. über die Perioden der abessinischen Kulturgeschichte,

die durch die neuen und früheren Punde greifbar geworden sind, so

Wir können vorläufig drei solche Perioden unterscheiden.

I. Die sabäische Zeit.

Monumente aus dieser Periode sind bisher in Kaskase, Toconda,

Jeha und Äksum gefunden. In Kaskase war der Aufenthalt

leider zu einer genaueren Untersuchung des Trümmerfeldes zu kurz S5

bemessen. Reste von Bauten wurden nicht beobachtet. Eine Stele

trug eine kurze sabäische Bustropbedon-lnschrift, deren Sinn leider

nicht klar ist (Bd. II, S 143—144, Bd. IV, Nr. 35). Am Dorfe

Toconda hat die Expedition ein paar sabäische Graffiti kopiert,

Bd. IV, Nr. 36—39; hier waren alte Bauten vorhanden. In den 40

drei dortigen Schutthügeln hatten die Italiener Grabungen begonnen,

die Freilegung der Ruinen war aber nicht genügend um von den

Bauten ein klares Bild geben zu können, Bd. II, S. 144—148. In

Kohaito scheint ein altes Staubecken aus der Sabäerzeit herzu¬

rühren, Bd. II, S. 148—152; die Mauern gleichen dem Marib- «

(4)

Damm, da aber Inschriften hier fehlen, kommen wir über Ver¬

mutungen nicht hinaus.

Eine deutlichere Sprache reden die Ruinen in Jeha. Hier

haben schon Bent und andere Reisende die Mauerreste beschrieben

6 und einige sabäische Textfragmente abgeklatscht. Die deutsche

Expedition konnte hier Grabungen vornehmen Bd. I, S. 20—21, die

Ruinen genauer aufnehmen Bd. II, S. 78—89, und einige neue

Architektur- und Inschriftbruchstücke entdecken Bd. IV, S. 57—61,

No. 27—32. Dadurch sind diese Ruinen in ein helleres Licht gerückt.

10 Vor allem ist bestätigt worden, was man schon früher ge¬

schlossen hatte : daß hier ehemals eine sabäische Niederlassung war

und daß wohl auch seiner Zeit ein alter sabäischer Tempel hier

prangte. Archittktur- und Inschriftfragmente zeigen nämlich be¬

kannte sabäische lOrnamentmotive (Rillen, Zahnscbnitt usw.), Bd. II,

15 S. 85—86. Ein kleiner jetzt verstümmelter Altar hat die gleiche

Form und Größe wie die südarabischen Altäre, er trägt auth eine

südarabische Aufschrift und die bekannten südarabischen Götter¬

symbole, Bd. IV, No. 32, S. 60—61. Das Vorhandensein von Weih¬

gegenständen deutet daraufhin, daß wir auf heiligem Boden, d. h. auf

«0 Tempelgrund uns befinden, und das Fragment ©<D | J|©h I ®YX?[n

bait-hu AUM, Sein Haus (Tempel) Aum {Awam), Bent: Jeha 5,

Aksum-Exped. Bd. IV, S. 60, sowie der Gottesname ^<fi Sin auf

dem erwähnten Altar zeigt, daß dieser Tempel ein Mond-Tempel

war, denn Sin ist ja ein bekannter Name des semitischen Mondgottes

86 und Aum oder Awam war bei den Sabäern der gewöhnliche Name

des Mondheiligtums. Dieser Tempel kann aber kaum mit dem

Gebäude identisch sein, das man nach Bent's Beschreibung für ein

altes sabäisches Heiligtum ansehen muß und das Krencker auch

nach Bent's Vorgang^) für einen alten heidnischen Tempel hält.

so Nach der jetzt vorliegenden genaueren Beschreibung der deutschen

Expedition, nach den Plänen und Photographien zu urteilen, baben

wir hier eher eine altchristliche Kirche oder, wie die einheimische Tradition behauptet, ein Mönchskloster, vielleicht beides, vor uns.

Der alte sabäische Jeha-Tempel muß in dem Gebäude stecken, von

S6 dem Bent schreibt 1. c. , S. 141, daß hier nur wenige Steine in

ursprünglicher Lage sich befinden ; „diese aber sind von kolossalem

Umfange und wetteifern mit den umfangreichsten Quadern irgend

eines griechischen oder etruskischen Baues. Dieses Gebäude ist

jetzt fast von der Erde bedeckt und wäre ein äußerst interessantes

40 Objekt für Ausgrabungen'. Die deutsche Expedition konnte leider

hier keine Grabungen vornehmen. Krencker bezeichnet diesen

Bau als Ruine II und schreibt Bd. II, S. 89, „Eine Vermutung

über die Bestimmung des Baues auszusprechen, ist nicht möglich.

1) J. Th. Beut schreibt: „Auf mich machte der Bau durchaus den Ein¬

druck, dafi er früher ein Tempel war, gewidmet dem altsabäischen Kultus der Sonnen- und Sterneverebrung". The Sacred City of the Ethiopians, S. 141.

(5)

Nielsen: Littmann, Deutsche Aksum Expedition. Bd. I—IV. 709

und doch scheint mir gerade dieser Bau von großer Wichtigkeit

zu sein. Einmal überragt er alle in Abessinien angetroffenen Bauten

durch die Größe seiner Quadern'. »Hier könnte eine Grabung

voraussichtlich einen wirklich sabäischen Bau aufdecken". In der

Tat hat alles was von diesem Gebäude noch sichtbar ist, so z. B. 5

die kolossale Ausdehnung, die Größe der Quadern und die eigen¬

artigen Pfeiler , starke Ähnlichkeit mit dem von Glaser (Alt¬

arabische Mondreligion S. 100) beschriebenen eigentümlichen Mond¬

tempel bei Marib. Gewißheit kann natürlich nur eine Grabung

verschaffen. 10

Auch auf dem Berge Abbä Pantaleon bei Aksum deuten

sabäische Inschriftfragmente und Mauerreste auf die ehemalige

Existenz eines heidnischen Heiligtums, das nach einer griechischen

Inschrift dem Mahrem-Ares geweiht war, dagegen ti-itt die Be¬

stimmung des Baues mit der großen Steinplatte am östlichen Aus- 15

gang der Stadt nicht so deutlich zu Tage, vielleicht war sie, wie

Krencker vermutet, eine monumentale Grabanlage. Bd. II, S. 90—96.

Wie die bedeutendsten Bauten aus dieser Zeit sakralen Zwecken dienten, so sind die meisten Inschriften aus dieser Periode offenbar

Weihinschriften. Sie sind allerdings jetzt arg verstümmelt , nur 20

traurige Reste von anscheinend größeren Texten sind bisher zu

Tage gekommen. Sie geben selten einen zusammenhängenden Sinn,

aber enthalten dennoch so viele Göttemamen, daß die enge Ver¬

wandtscbaft mit der alten südarabischen Religion dadurch feststeht.

Ich habe früher in dieser Zeitschrift die Vermutung ausgesprochen 25

„daß diese afrikanischen Sabäer, deren Schrift, Sprache und Tempel¬

einrichtungen genau mit dem Siruah- und Marib-Typus überein¬

stimmen, aucb (wie ihre Volk.sgenossen in Arabien) Venusstern, Mond

und Sonne verehrten *)', und diese Vermutung scheint durch das

neue Material bestätigt zu werden. 30

'Attar der arabische Venusgott kommt nämlich in seiner

arabischen Porm im echt südarabischen Namen XX^TY'l Li-

hai-'att vor 2). Als 'Astar ist er ferner belegt in der Weihinschrift Littm. 27 und in einer unpublizierten Inschrift aus dem nördlichen

Abessinien, deren Photographie Littmann durch die Güte des Herrn 35

Pastor Ivarson in Asmara erhielt. Daß 'Attar {'Astar) hier wie

bei den Semiten in Asien ein Name des Venussternes ist , geht

unter anderem auch daraus hervor, daß im Amharischen noch heute

dieser Stern Astar-bösäs heißt. Bd. IV, S. 58—59. Die arabische

Sonnengöttin kommt unter ihrem sabäischen Namen SH^fllXH«

Dät-Ba'dan in einer Bustrophedon aus Abbä Pantaleon bei Aksum

1) Siehe: Die äthiopischen Götter. ZDMG. 66, 1912, S. 589—600.

2) Bd. IV, No. 30, S. 60. Das ^ gehört zum Namen (Hal. 377, 399 u. ö.) und ist wahrscheinlich wie im Namen ^0^^*^ fo' zu lesen „Beim Loben 'Attars', „Beim Leben 'Arams'; vgl. D. H. Müller in dieser Zeitschr. Bd. 30, S. 676.

(6)

vor, Bd. IV", No. 1, vielleicht steckt sie auch in No. 27, falls ©)S

Naru hier, wie Lidzbarski (Ephemeris II, S. 398) meint, für süd¬

arabisches )H'A Sahar steht, denn Sahar ist ein Beiname der

äama , der Sonnengöttin , und bedeutet in der Mythologie nicbt

5 „Morgenröte' sondern „Morgensonne'.

Die Verehrung des Mondes in dieser Periode konnte man früher

nur aus dem S. 708 erwähnten Fragment „Sein Haus (Tempel)

Aum oder Awam'' erschließen; sie ist jetzt endgültig bestätigt,

nachdem die - Aksumexpedition bei den Grabungen in Jeha einen

10 kleinen Altar gefunden hat „dem Sin" HA*1 geweiht. Bei den

Südsemiten war Sin früher nur aus l)a(Jramautischen Inschriften

bekannt, und wurde dort gewöhnlich als „babylonische Entlehnung' aufgefaßt; diese Erklärung, die nie einen einleuchtend Grund gehabt

hat, muß wohl jetzt wegfallen, da dieser Gottesname nicht allein

15 in abessinischen sondem auch in thamudenischen und safathenischen Inschriften vorkommt^).

Wir finden also in den ältesten Spuren semitischer Kultur in

Abessinien dieselbe einfache Naturreligion wie bei den Südarabern.

Nur die drei größten Himmelskörper werden als Götter verehrt,

«0 außer 'Attar {'Astar) sind keine von den Planeten, die in Babylonien eine so große Rolle spielen, und keine Pixsterne in den Götterkreis

aufgenommen. Wie bei den Sabäern im Heimatlande , so waren

wohl auch bei den Sabäern in Abessinien ursprünglich die beiden

größten Himmelskörper Mond und Sonne wichtiger als der kleinere

»5 Venusstern. Jedenfalls scheint das heilige Emblem mit Sichel und

Scheibe, das nach südarabischer Art den Altar, Bd. IV, No. 32,

vielleicht auch No. 27, schmückt, aus Mondsichel und Sonnenscheibe zusammengesetzt zu sein*).

n. Das heidnisobe Aksum-Beich.

so Ungefähr um die Zeit Christi muß in Abessinien ein großes

Reich entstanden sein, dessen Könige nach der griechischen Inschrift

von Adulis ihre Macht bis Ägypten und über die ganze arabische

Küste, von der nabatäischen „Leukekome bis zum Lande der

Sabäer" ausdehnten. Die Glanzperiode dieses Reiches darf man

85 wohl vom 1. bis 5. Jahrhundert n. Chr. ansetzen. Die Ruinen und

Denkmäler die von dieser alten Herrlichkeit noch erhalten sind,

gruppieren sich hauptsächlich um Aksum, die Hauptstadt des Reiches, 1) Vgl. die Namen ip-i'SS 'Abd-Sin, Huber, Journal, S. 518, No. 29,

Sin-'äe, Littmann, Semitic Inscriptions, No. 57 und Sin, Vog. 70, 823, 326.

2) Der Durchmesser der Scheibe, nach Littmann hier 4^/, cm, wSre fiir den Venusstem ziemlich groß. Dasselbe gilt von del- Scheibe auf südarabischen Denkmälern, man betrachte nur CIS. IV. Tome I, No. 362, Tafel 42. Schon Ham däni hat die Sichel und Scheibe auf südarabischen Denkmälern als Mond¬

sichel und Sonnenscheibe aufgefaßt (vgl. J. H. Mordtmann und D. H. Müller, Sabäische Denkmäler; S. 59—60, D. H. Müller, Südarabbche Aiterthümer, S. 93—94).

(7)

Nielsen: Littmann, Deutsche Aksum-Expediton. Bd. I—IV. 711

und es ist sehi- interessant zu beobachten, wie man hier in allen

Punkten, in Kunst, Steinmetztechnik, Architektur, Schrift, Sprache, Religion usw., die eben geschilderte sabäische Kultur als Grundlage

findet. Premde, ägyptisch-griechische Einflüsse sind aber auch be¬

merkbar , und da es daneben an selbständigen , einheimischen An- 5

regungen auch nicht gefehlt hat, so ist das Ergebnis eine höchst

eigenartige Kultur geworden, die in vielen Hinsichten der alten süd¬

arabischen Kultur würdig zur Seite steht, in einigen sie sogar überragt.

Spärliche Reste aksumitischer Paläste aus dieser Periode

schildert Krencker, Bd. II, S. 107—121. Zusammenhang mit lo

der turmähnlicher vielgeschossigen südarabischen Bauweise läßt sich

hier wohl vermuten , aber nicht nachweisen , da die Ruinen der

alten südarabischen Häuser und Schlösser noch nicht genügend

bekannt sind. In Einzelheiten treten aber oft überraschende

Ähnlichkeiten nicht allein mit südarabischen sondem auch mit vor- 15

islamischen nordarabischen Architekturformen zu Tage, und an

solchen Beispielen ersieht man, daß einst in Abessinien, in Nord¬

arabien und in Südarabien eine gemeinsame südsemitische Kunst¬

richtung geherrscht hat. Bd. II, S. 97—106.

Die gewöhnliche primitive Begräbnisart der Südsemiten , ein 20

Steinhaufen über dem Grab oder ein roher unbehauener Stein am

Kopfende, wird in den südsemitischen Kulturstaaten in verschiedener

Weise abgeändert. Bei den Nabatäern und Südarabern wird dieser

Grabstein, nafä, künstlich verarbeitet, bekommt in der Regel eine

kurze Aufschrift — bei den Sabäern wird zuweilen auch das Büd 25

des Verstorbenen darauf erhaben eingehauen —, überschreitet aber

selten die Größe , die auf unseren modernen Priedhöfen die ge¬

wöhnliche ist. Bei den Aksumiten wachsen diese Totensteine, wahr¬

scheinlich nach ägyptischem Einflüsse, ins Riesenhafte. In einem

ausführlichen Abschnitt mit prächtigen Bildern und Tafeln „Die so

Stelen', Bd. II, S. 1—43, führt Krencker in sehr anschaulicher

Weise die mannigfachen Pormen dieser himmelanstrebenden Stein¬

kolosse vor. Es gibt schön behauene Monolithe, die sogenannten

Stockwerk-Stelen , die 19—24 Meter hoch sind, der größte, die

sogenannte Riesenstele, ist sogar über 33 Meter hoch, d. h. höher S6

als der höchste ägyptische Obelisk. Dieser Stein ist wohl der

größte aufgerichtete Monolith der Welt, und Aksum hält also hier

einen Weltrekord. Die Herstellung und die Aufrichtung, eines

solchen Steines ist eine derartige technische Glanzleistung, daß man

sie einfach nicht versteht. *o

Eine andere aksumitische Eigentümlichkeit bieten die zwei

Gruppen steinerner Sitze oder Stühle, von welchen in Aksum noch

viele Reste vorhanden sind. Bd. II, S. 49—69, Taf. 13—14. Die

Stelen sind reich ornamentiert, aber leider ohne Inschriften ; dagegen

rühren die meisten Inschriften, die wir aus dieser Zeit besitzen, 46

aus solchen Stühlen her, indem die Könige, wenn sie einen solchen

Stuhl oder Thron errichteten, auf die Seiten- oder Rücklehnen lange

(8)

Inschriften einmeißeln ließen. Wie die aksumitischen Riesenstelen

offenhar aus einfachen Grabsteinen hervorgewachsen sind, so haben

die dortigen „Königs- und Richterstühle" sich wahrscheinlich aus

den einfachen , in der Regel unbehauenen , Dingsteinen entwickelt,

6 die wohl in den meisten Ländern , in Dänemark jedenfalls sehr

häufig, an alten heidnischen Ding- und Gerichtstätten als Ehrenplatz

für den König und die Richter dienten. Der einfache Steinsitz

^oder Steinbank) ist im Lande der vollendeten Steinmetztechnik zu

einem schön ausgehauenen Steinstuhl geworden. Diese Stühle als

10 Götterthrone aufzufassen, wie Rbodokanakis in WZKM., Bd. 28,

S. 110 unter Hinweisung auf das dunkle sabäische XA®V tüt,

widerspricht allem, was wir vom alten südarabischen und äthiopischen

Kultus wissen. Die Götter dieser alten Völker wurden nicht als

Menschen gedacht, sie waren Himmelsgötter, die am Firmament

16 wohnten und für solche Steinstühle keinen Gebrauch hatten. Daß

diese steinernen Sitze den Göttern geweiht werden, kommt daher,

daß alles , was überhaupt gebaut oder angefertigt wird , wie wir

zur Genüge aus Südarabien wissen, den Göttern geweiht wird.

Die einheimische Tradition mag wohl Recht behalten , wenn

«0 sie die Stühle vor der Zionskirche nicht als „Götterthrone" sondern als „Stühle der Richter", einen als „Königsstuhl' und dadurch den

Platz als alte Gerichts- und Dingstätte bezeichnet. Als Zentral -

punkt des Reiches und der Hauptstadt wäre diese Stelle für eine

Dingstätte sehr passend. Die äthiopische Tradition erzählt auch,

26 daß die Könige hier gekrönt wurden. Der König kommt nach

Aksum, steigt von seinem Pferde und setzt sich auf seinen Thron

aus Stein, und zu seinen Füßen sitzen die obersten Richter,

rechts und links ^).

Als eine Parallele zu diesen alten Steinsitzen auf dein Kirch-

30 platz in Aksum könnte man drei große Dingsteine anführen , die

seit ein- O'ler zweitausend Jahren auf dem Markte in Ringsted, der

alten Hauptdingstelle in der Mitte der Insel Seeland liegen. Man

weiß, daß hier in alter Zeit die Könige gekoren wurden, daß Ding

und Gericht hier bis zum 17. Jahrh. noch im Freien gehalten wurden

36 (wie auf dem Kirchplatz in Aksum noch heute Gerichtssitzungen

unter freiem Himmel stattfinden, Bd. II, S. 67, Abb. 149), und die

städtische Tradition in Ringsted weiß noch zu erzählen , daß diese

Steine, die jedem Fremden gezeigt werden, die Stühle der Richter waren.

Eine andere Gruppe von Steinstühlen südöstlich von Aksum,

40 wozu die großen Königsinschriften gehört haben müssen, „in erhöhter

Lage, geeignet für den Zweck großer Versammlungen, einst wohl

von großen Bäumen überschattet" (Bd. II, S. 47) erinnert mich an

die weniger bekannten aber sicher uralten großen Dingsteine bei

Sömod südöstlich von Maribo , der ehemaligen Hauptstadt der

1) Aus der „Reichsordnung"; vgl. Littmann, Bd. I, S. 38. Anm. 3 und die ausführliche Schilderung der Königsweihe daselbst S. 37—38.

(9)

Nielsen: Littmann, Deutsche Aksum-Expedition. Bd. I — IV. 713

Insel Lolland. Sie liegen auf einem Hügel unter großen Bäumen

ungefähr in der Mitte der Insel an der Westseite des Maribo-Sees.

Die Ruinen von Bauten , Stelen und steinernen Stühlen sind

in Aksum die wichtigsten Reste der alten Kultur; ebenso wichtig

wie eine kulturhistorische Würdigung dieser Altertümer, ist aber 5

ein Hinweis auf das, was in Äksum bisher nicht gefunden wurde.

Mehrmals hat der Referent darauf aufmerksam gemacht, daß unter

den vielen südarabischen Denkmälern keine Götterstatuen oder über¬

haupt keine bildliche Darstellungen von Göttern in Menschengestalt

gefunden werden. Wenn man bedenkt, welche große Rolle Götter- 10

Statuen sonst in den antiken Kulturstaaten spielten, so ist es sehr

auffällig, daß in Südarabien bisher keine einzige solche Statue auf¬

getaucht ist, und daß in den vielen Weihinschriften nirgends eine

solche erwähnt wird. Dieselbe Tatsache kann aber jetzt für die

altabessinische und für die alte nordarabische Kultur, soweit sie 16

von nordsemitischem Einfluß unberührt ist, festgestellt werden. Die

Erklärung liegt im primitiven Charakter der südsemitischen Religion.

Als Götter wurden ursprünglich nur die drei größten Himmels¬

körper verehrt , und diese wurden nur in der Gestalt, in der sie

am Himmel erscheinen, dargestellt i). Aus diesem einfachen Natur- so

kultus folgt, daß die Heiligtümer bei den Südsemiten oflFene Plätze

im Preien waren, wo man die Naturgötter walten sehen konnte;

wenn der Gott nicht ein Statue oder irgend ein künstlich gemachtes Bild oder Idol geworden ist, so braucht er auch kein geschlossenes,

überdachtes Haus. 25

Nach den erhaltenen Denkmälern und Inschriften zu urteilen,

baben nun die alten Athiopen einen solchen bildlosen Kultus ge¬

habt, den man z. B. auch bei den ältesten Germanen, Griechen und

Indem annimmt und den Herodot auch den alten Persern zu¬

schreibt Daß König 'Ezänä am Schlüsse seiner bekannten großen so

dreifachen Inschrift seinem Erzeuger Mahrem-Ares ein Standbild

{Mgtag, ^fi^, <n»AA mesel) aus Gold, eines aus Silber und drei aus

Erz darbringt, spricht nicht gegen diese Annahme. Diese Bilder

waren nämlich nicht, wie die Ausleger gewöhnlich meinen, Bilder des

Gottes Mahrem — dann wären ja auch nicht fünf, sondern nur S5

eine Statue zu erwarten —, sondern sie sind ebenso zu beurteilen

wie die Bilderweihungen in südarabischen Inschriften. Wenn z. B.

in 0. M. 1 ein Sabäer dem Gott eine Statue salam) und

2 Kamele aus Gold darbringt zum Gedeihen (f 0®i li-wufi) seiner

1) Die aus den Himmelsijörpern ausgeliende astrale Symbolik neigt eher zur Darstellung der Götter in Tiergestalt. Der Mondgott wird z. B. zuweilen als Stier, die Sonnengöttin als Pferd (Stute), der Venusgott als Gazelle oder Antilope abgebildet.

2) Herodot I, 131: ,Sie machen keine Götterbilder, Tempel oder Altäre, ja halten es für Torheit, wenn jemand es tut; dies kommt, so viel ich sehe, daher, daß sie die Götter nicht, wie die Griechen tun, für Wesen dergleichen Art wie die Menschen halten".

5 1

(10)

selbst und der Kamele, wenn in W. M. 1—2 30 Statuen aus Gold

dem Gott geweiht werden für das Heil einer ganzen Gesellschaft,

oder wenn in Derenb., Etud. No. 11 ein Ehepaar für das Heil seiner

vier Kinder vier Statuen weiht, so sind diese Weihgeschenke kleine

5 vergoldete Statuetten — Glaser hat etliche in Südarabien er¬

worben —, die als Abbildungen der betreffenden Personen dem Gott

als stellvertretende Opfer dargebracht werden (Altarab. Mondreligion

S:_116 —121). Ähnlich sollen offenbar die 5 Bilder, die König

'Ezänä dem obersten Gott der Aksumiten darbringt, ihn selbst

10 und seine Pamilie darstellen : das Bild aus Gold stellt wahrscheinlich den König selbst dar, das silberne die Königin, die drei aus minder¬

wertigem Metall vielleicht ihre drei Kinder i). Jedenfalls werden

die 5 Bilder für das Heil von 5 Personen geweiht, denn der Ausdruck

in aya&ä entspricht wie Rhodokanakis richtig gesehen (I.e.

15 S. 110), dem t^©*l ,für das Wohl, Heil" der südarab. Inschriften.

Von Götterstatuen oder anderen Darstellungen von Göttern in

Menschengestalt sind bisher in Aksum keine Spuren gefunden. Der

Statuensockel mit den Fußstandspuren einer Kolossalstatue, Bd. II,

S. 44—45, mag wohl das Standbild eines Menschen getragen haben *),

«0 und die Köpfe auf den aksumitischen Münzen stellen keine Götter,

sondern die Könige dar; sie kommen auch auf Münzen aus christ¬

licher Zeit vor.

Die Inschriften aus dieser Zeit berichten wie die assyrischen

Königsannalen in umständlicher Weise von den Feldzügen und Kriegs-

«6 taten der Könige, religiöse Formeln und Titulaturen sowie Opfer an

die Götter spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Der heidnische Götterkreis kommt so vor im Adulitanum :_.2'eiAS,

Ares und Poseidon in den zwei semitischen Versionen der 'Ezänä-

Inschrift, Littm. 6: 'Astar, Beher und Makrem, Littm. 7: 'Astar,

so Medr und Mahrem und in Littm. 10 (= Rüppell 1, Bent 3):

'Astar, Beher, Medr und Mahrem. Dabei föllt sofort auf, daß

die Zahl der Gottheiten wie in den südarabischen Götteranrufungen

stets 3 ist , denn Beher und Medr sind zwei Namen , oder wenn

man will , zwei Erscheinungsformen derselben Gottheit , wie man

S5 aus Littm. 6 und 7 ersehen kann , wo Beher mit Medr übei'setzt

wird in ähnlicher Weise wie Ares in Littm. 4 mit Mahrem in

Littm. 6—7. Daß zwei oder mehrere Götternamen in einem Text

für Einen Gott verwendet werden, wie Beher und Medr in Littm. 10,

ist ja eine ganz gewöhnliche Erscheinung.

40 Über die Natur dieser Götter habe ich früher in dieser Zeit¬

schrift gehandelt (Bd. 66, S. 589—600). Die ursprüngliche Trias

1) Wenn nicht umgeliehrt die drei aus Erz drei Frauen, und das Bild aus Silber den (ältesten) Sohn.

2) Die großen steinernen Statuen aus SUdarabien sind jedenfalls, wie die Aufschriften beweisen, keine Götterstatuen sondern Portraits von Menschen.

Vgl. J. H. Mordtmann in dieser Zeitschrift Bd. 35, 8.437, Taf. II und in WZKM., Bd. 10: Sabäische Miscellen S. 1—2 des Separatabzuges.

5 1

(11)

Niehen: Littmann, Deutsche Aksum-Expedition. Bd. I — IV. 715

Mond, Sonne und Venus hat sich in einer Weise entwickelt, die

bei den Semiten und anderen Völkern nicht ohne Parallelen ist.

Der Mondgott ist unter einem speziellen Namen der Nationalgott,

der Schutz- und Stammgott des Königs geworden, als solcher heißt

er bei den Aksumiten Mahrem, wie bei den Minäern Wadd, bei 6

den Sabäern Ilmukah, bei den Katabanern 'Amm, bei den Hebräern

Jahu (Jahwe) , bei den Moabiten KemöS usw. Wie Kemöi wird

er auf griechisch dem Ares gleichgesetzt. Der Venusgott 'Astar

hat sich, wie es scheint, zum Himmelsgott entwickelt, und die Sonnen¬

göttin zur Erdegottheit Beher, Medr (1. c. S. 590 —596) i). lo

Am wichtigsten in der aksumitischen Götterlehre sind die

Vorstellungen, die man mit dem Namen „Königsmythologie'

bezeichnen könnte. Schon längst hat man bei den alten Südsemiten

eine Art Königskultus vermutet (siebe Bd. 66 dieser Zeitschrift

S. 594), aber erst neuere Punde fangen allmählich an über diesen i5

Punkt Klarheit zu verbreiten. So heißt der König von Ausan in

einer sehr interessanten Inschrift aus Jemen , deren richtiges Ver¬

ständnis wir Lidzbarski verdanken, „Sohn des Wadd von Sablan' ;

als Gottessohn hat er sein Heiligtum und nimmt Weihungen an*).

Auch die vielbesprochen Mar'ulkais-Inschrift aus dem hohen Norden to

belegt diese Vorstellung, denn, wie Halevy richtig gesehen hat, kann

der Schlußsatz bi-al-Sa'd du walad-hu, nur bedeuten „bei dem

Gott ISa'd, der ihn gezeugt hat' und Mar'ulkais, „der König aller

Araber' ist also auch ein Sohn des lunaren Hauptgottes 8).

Nirgends in südsemitischen Inschriften tritt nun diese Königs- «5

1) Unklar bleibt nur das Gescblecbt dieser Erdegottbeit. Icb habe friiher Beher oder Medr als Göttin aufgefaßt, da die Erde — „Mutter Erde' — in der Mythologie fast immer, bei den Semiten stets, weiblich ist. Außerdem kennen ja die Athiopen eine weibliche Erde, die 'emma hejäw „Mutter des Lebenden' ist. Sollte aber, wie Littmann Bd. IV, S 13,42 meint, in den aksumitischen Königsinschriften Medr oder Belter dennoch männlich sein, dann wäre wohl hier wie bei den großen Monolithen ägyptischer Einfluß anzunehmen-, denn bei den Ägyptern ist die Erde Keb ausnahmsweise männlich, und es wäre dann verständlich , warum diese Gottheit in der Inschrift aus Adulis auf griechisch mit Poseidon wiedergegeben wird. Man konnte nämlich für eine männliche Erdegottheit die griechische Göttin Ge oder Gaia nicht brauchen und es bliebe so Tür einen Erdegott nur Poseidon übrig. Dieser Gott ist ja nicht allein Meeresgott sondern auch der Gott der Unterwelt, der unterirdische Gott, der die Erde trägt (yairjoioi) und erschüttert (atla^%9^(av). An den ägyptischen Erdgott Ä'efi könnte aucb der Ausdruck Littm. 11 49-60 erinnern, wo dor Thron in den Schutz des Medr (Erdegottheit), „welcher ihn trägt' za-jefawrö, gestellt wird. Nach ägyptischen Anschauungen und Redenarten trägt ja Keb, der Erdegott alles auf seinem Rücken.

2) Lidzbarski: Ephemeris für semit. Epigraphik Bd. II, S. 382—386.

3) J. HalÄvy, Revue Semitique (1903) XI, S. 58—62. Der Einwand Lidzbarski's, Ephemeris II, S. 378, daß er nicht Sohn des Gottes Sa'd sein kann , weil iu demselben Texte 'Amr als sein Vater genannt wird , ist nicht stichhaltig, denn die abessinische Könige nennen wiederholt neben dem göttlichen Vater auch den menschlichen. So sicher in Littm. 10, wahrscheinlich auch in Littm. 9 und 8.

(12)

mythologie so stark hervor wie bei den Aksumiten. Immer wieder

heißt es im Königstitel: ,Sohn des Mahrem", „der mich erzeugt

hat". Die göttliche Mutter des Königs wird wohl dann die große

südsemitische Göttin sein, die überall ursprünglich Sonnengöttin

6 war; denn sie ist in der Mythologie die Gattin des Mondgottes und

„Mutter des 'Attar', Umm 'attar. Der Ursprung der ganzen Königs¬

mythologie , die bei den Nordsemiten von der ältesten historischen Zeit ab eine so große Rolle spielt, und noch auf Jesus übertragen wird, liegt nämlich, wie es scheint, in der Tatsache, daß der König

10 als der irdische Stellvertreter des himmlischen Gottessohnes , bei

den Südsemiten des Venusgottes, betrachtet wird und so als der

fleischgewordene Gottessohn neben seinen menschlichen Eltern noch

einen göttlichen Vater und eine göttliche Mutter hat. Der König

ist also auf diese Weise in die Göttertrias aufgenommen, als Sohn

15 der beiden großen Göttern.

in. Die Zeit des Christentums.

Im 4. Jahrhundert ist das Christentum im aksumitischen Reiche

Staatsreligion geworden. Nach Littmann's schönen Entdeckungen

kann man wohl nicht mehr daran zweifeln , daß die InscHriften

20 Nr. 4, 6, 7, 8, 10, 11 vielleicht auch No. 9, von einem und demselben

König herrühren, daß dieser ('Ezänä, Sohn des 'Ella-'Amidä) das

Christentum eingeführt hat und nach seiner Bekehrung die große

Inschrift No. 11 gesetzt hat^). -Freilich findet man in diesem

interessanten Denkmal neben den neuen Götternamen, worin schon

25 Dillmann christlichen Einfluß erkannte , auch starke heidnische

Reminiszensen , und es ist sehr lehrreich zu beobachten , wie man

hier durch geringe Änderungen die alten heidnischen Formeln und

Götternamen in christlichem Sinne umdeutet und umformt.

Dieses Kompromiß zwischen heidnischen und christlichen An-

80 schauungen, das für die älteste christliche Inschrift so charakteristisch ist, daß man darüber gestritten hat, ob sie christlich oder heidnisch sei, ist nun in der Tat typisch für das ganze äthiopische Christentum.

Das Kompromiß kam um so leichter zustande , als die christliche

Religion selbst weit mehr als der Islam vom altsemitischen Heidentum 85 stark beeinflußt ist. Da z. B. die christliche Göttertrias, Vater,

Sohn und heiliger Geist, wie man historisch nachweisen kann, sich aus

der eben erwähnten altsemitischen Göttertrias entwickelt hat und

noch vielfach mit dieser übereinstimmt*), so hatten die Aksumiten

keine große theologische Kunst nötig um diese drei Götter mit

40 ihren drei alten heidnischen Göttern in Einklang zu bringen.

1) Aksum-Expedition, Bd. I, S. 48—50, 60, Bd. IV, S. 35-36 und Naciitrag.

2) Der Heilige Geist war ursprünglich, wie noch in den erhaltenen Bruch¬

stücken des Hebräerevangeliums weiblich und Mutter des Sohnes. Der Maria- Kultus, der im praktischen Leben die Madonna als „Mutter" des Gottessohnes an die Stelle des heiligen Geistes setzt, ist daher nur eine Renaissance uralter heidnischer Anschauujigen.

(13)

Nielsen: Littmann, Deutsche Aksum-Expediton. Bd. I — IV. 717

Die von der Aksum-Expedition neu entdeckten Inschriften aus

altchristlicher Zeit, Littm. 12, 13 — Littmann datiert sie etwa

7—12. Jahrhundert nach Chr. — haben allerdings die gewöhnlichen

christlichen Götternamen, Vater, Sohn und heiliger Geist; aber in

anderen christlichen Inschriften, sowie in der äthiopischen Bibel- 5

Übersetzung, werden oft heidnische Götternamen für die christlichen

Götter verwendet, wie umgekehrt unzweifelhaft altabessinische

heidnische Gottheiten im heutigen Kultus unter christlichen Namen

weiterleben.

In einem Punkte bietet aber die neue Religion für das alte lo

nationale Heidentum keinen Ersatz. Die rühmliche Vorzeit des

äthiopischen Volkes und die mächtigen Kriegstaten der alten Könige

waren mit den einheimischen Göttergestalten und mit der Königs¬

mythologie innig verbunden. Die altäthiopische Geschichte und die

nationale Mythologie wird in der biblischen Lehre mit ihrem ganz 15

fremden jüdisch-christlichen Traditionsstoff gar nicht berücksichtigt.

So schlägt die äthiopische Tradition denselben Weg ein, den wir

zur Genüge aus der nordarabischen Überlieferung kennen. Wie die

alten Götter neue christliche Namen bekommen , so werden die

alten einheimischen Sagen und Mythen auf biblische Figuren zu- so

geschnitten i).

Die alte Königsmythologie taucht z. B. in solcher neuer ge¬

änderter Form in der späteren literarischen Überlieferung wieder

auf, ja hat noch im Volke heutzutage StoflF zu einer sehr beliebten

Sage geliefert*). Der älteste äthiopische König — so heißt es 25

schon im Buche der „Herrlichkeit der Könige", Kebra-nagast, das

im 13. Jahrh. n. Chr. niedergeschrieben sein soll — ist ein Sohn

des Salomo und der Königin von Saba, die ja nach 1 Kön. lOi-io

einmal den jüdischen König besuchte. Wenn man nun bedenkt,

daß der altäthiopische Großkönig ein Sohn des Mondgottes war, so

und seine Mutter höchst wahrscheinlich die große semitische Sonnen¬

göttin , so versteht man , warum die Tradition gerade diese beiden

biblischen Personen als Königseltern auswählt.

In der Tat konnte sie für die beiden großen heidnischen Götter

kaum bessere biblische Entsprechungen finden. Salomo ist nämlich 35

in der Bibel, wie auch sonst im orientalischen Sagenkreis, besonders

durch seine Weisheit als Mondheros dargestellt und wird als

solcher von der „Königin des Südens", Matth. 12 42, Luc. 11 si

besucht d. h. von der großen südsemitischen Sonnengöttin. Daß

diese Figur keine historische Person ist , sondern der Mythenwelt 40

angehört , hat man schon längst gesehen — es ergibt sich schon

1) Littmann bringt im Bd. I, S. 37—40 aus einer ätbiopischen Hand¬

schrift, die in der Kirche von Altsum aufbewaiirt wird, sowie aus dem Mundo eines alten Priester in Aksum, Gabra Wähed, einige neue Beispiele von diesen Vorgängen.

2) E. Littmann , Bd. I, S. 40. The Legend of the Queen of Saba in the Tradition of Axura. Bibliotheca Abessinica I, Loyden 1904.

5 1 *

(14)

daraus, daß die Sabäer, wie wir jetzt aus den Inscbriften wissen,

nicht von Königinnen , sondern von Königen beherrscht wurden.

Rösch und andere Gelehrten betrachten sie aber mit Unrecbt als

Venusgöttin ^), denn der nordsemitischen Venusgöttin entspricht bei

6 den Südsemiten die Sonnengöttin, und sie ist im jüdischen Sagen¬

kreis schon durch ihre Herkunft aus Saba oder „Süden" als Sonnen¬

göttin charakterisiert, denn bei den alten Arabern gab es nur Eine Göttin, nämlich die Sonnengöttin.

Noch deutlicher tritt sie in den südsemitischen Varianten der

10 Legende als Sonnengöttin hervor. Die Prau, die nach dem Koran

(Sure 27, 23 ff.), über Saba herrscht, muß die Sonnenfrau sein; aus

den Inschriften kennen wir keine andere sabäische Herrscherin als

die Sams, die Dot- Hamim, die Dat-Ba'dan oder wie sie sonst heißt,

die ja auch in Abessinien bezeugt ist. Ihr „herrlicher Thron" und 15 die Burg „getäfelt mit Glas wie ein See" sind wohl ursprünglich nur

poetische Ausdrücke für den Sonnenthron und das Himmelsgewölbe ;

daß sie und ihr Volk die Sonne anbetet, ist wohl auch eine

Reminiszenz an den solaren Charakter dieser Prau.

Die spätere islamische Sage steuert zu dieser Beschreibung

20 noch mehrere Züge hinzu, die das ursprüngliche solare Wesen der

Heldin zeigen ; sie bekommt bier — Gott weiß warum — den

sonderbaren dunklen Namen Bükts (nach Rösch = nccXXuKig), während

ihre Doppelgängerin in der südarabischen Sage einfach Sams d. h.

„Sonne" heißt*).

25 Bei den Athiopen residiert die Königin des Südens natürlich

nicht in Marib sondern in Aksum, und bier im Lande der alten

Königsmythologie ist die Hauptfigur in der alten Sage weder Salomo

noch die Königin des Südens — Mäkedä heißt sie im Kebra

Nagast —, sondern der Sohn dieser beiden. Dieser Sohn war

30 nämlich der erste äthiopische König, und sein Name Ebna Haklm

„Sohn des Hakim" erinnert lebhaft an den mythischen Königstitel

„Sohn des Mahrem" in den alten heidnischen Inschriften. Mahrem bedeutet nämlich „der Heilige", wie Hakim „der Weise", und beide

sind in der heidnischen Mythologie bekannte Epitheta des Mond-

35 gottes. In der katabanischen -Inschrift NTJ. No. 2 kommen z. B.

die beiden Appellative Hukm „der Weise" und Hartman „der

Heilige" als Namen des Mondgottes vor. Ditlef Nielsen

1) G. Rösch, Die Königin von Saba als Königin Bilkis, Jahrbücher für protestantische Theologie, Jahrgang 6, 1880. S. 524—572. Ch. Mücke, Vom Euphrat zum Tiber, Leipzig 1899, S. 74. H. Winckler, Geschichte Israels II Leipzig 1900, S. 267 , Die Keilinschr. und das alte Testament, 3. Aufl. 1903, S. 237.

2) Alfr. V. Kremer, Die südarabische Sage, S. 67.

5 1 *

(15)

719

Kleine Mitteilungen.

On the Origin of 'Mlechch ha'. — In considering the

origin of the term 'Mlechchha' we may dismiss the fanciful ety¬

mology given to it by Hindu grammarians. Its alleged derivation

from mlai (^), 'to fade', is as fanciful as the stories devised to

explain the origins of foreign tribes in Hindu India. Like Yavana, b

Mlechchha is a foreign word, and like Yavana it originally meant

a specific foreign people.

The oldest mention of the word occurs in the Satapatha

Brähmana, III, 2, 1 (Br.), 23—24, where a specimen of the

Mlechchha language is given and it is laid down that 'he (who lo

speaks thus) is a mlechchha':

^ ^TTrm^t ?[f7T TCnr^: ii it

fl^ fll «fil ^r^^i: *?JMf«llIl*äTs: ?r .... ll

"The Asuras being deprived of speech, were undone, crying

"'he'lavahl he'lavahU' Such was the unintelligible speech which 16

"they then uttered, and he (who speaks thus) is a .äfifecÄcAAa"^).

The passage makes it clear that a specific language of a specific

people is intended by 'the unintelligible speech' quoted and by

the designation Mlechchha. I offer here an explanation as to who

the people intended were. «o

Mlechchha is a Samskrita representation of the Semitic

melekh (Hebrew 'ijbM), 'king'. The form kh is better preserved

in the Präkjita Milakkhu^) and Malikkho (Malikkhako)^). The

cry cited (he'lavah) seems to represent the Hebrew elöäh (plural

elöhim , sib« , Q-'tibN). The foreign nation intended by the term 25

Mlechchha was thus anyhow connected with the Hebrew.

My explanation gets historical support by the discovery of

the Boghazköi inscription*) which establishes the fact of contact

between the Hindu and Semitic civilizations cir. 1400. The remi¬

niscence of the acquaintance as surviving in the Öatapatha may so

go back to an earlier period, probably earlier than the colonization 1) SBE., XXVI, 31. Var. lect. (KSnva): hailo haüah instead of he'lavo

he'lavalf. 2) Jaina Sutras, SBE., XLV, 414, n.

3) Childers, Pali Dictionary. 4) Dr. Jacohi, JRAS., 1909, 723.

Zeitaohrift der D. M. G. Bd. 68 (1914). 47

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