• Keine Ergebnisse gefunden

Früh oder nicht früh…

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Früh oder nicht früh…"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

46 getreide

Neue LaNdwirtschaft 8 | 2009 Dr. Lothar Boese, Bernburg 1

D

ie empfehlungen zu optimalen saatzeitspannen des wintergetreides und die aussaatpraxis haben sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten in Ostdeutschland deutlich geändert – vor allem für den winterweizen. Galt noch anfang der 90er Jahre für die guten weizenstandorte die zweite Oktoberhälfte als optimal, sind heut- zutage frühe aussaaten ab Mitte september bis anfang Oktober durchaus üblich – sie werden in sachsen-anhalt auch empfohlen. in

thüringen wird durch die amtliche Beratung als ergebnis mehrjähriger Versuche sogar eine sehr frühe aussaat von maximal 20 % der flä- chen ab anfang september befürwortet. für Mecklenburg-Vorpommern zeigt die auswer- tung von referenzbetrieben, dass ein Viertel der weizenschläge vor dem 10. september bestellt wird.

es wäre jedoch ein fehler, die risiken von frühsaaten außer acht zu lassen. Zu denken ist dabei weniger an die Gefahr des Überwachsens und der auswinterung, sondern vor allem an das stärkere Befallsrisiko durch Krankheiten und schädlinge. das lässt sich in den unbehan-

delten frühsaatvarianten von Versuchen häufig nachweisen. Meist sind es fußkrankheiten, Virosen oder verschiedene schädlinge, die zusätzliche aufwendungen verlangen. aber auch früheres oder stärkeres auftreten von Blattkrankheiten ist zu beobachten. Bleibt die frage, ob dieser Befall durch die in der regel ohnehin geplante fungizidapplikation ausreichend kontrolliert werden kann – oder ob zusätzliche Behandlungen oder höhere

1 Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt, Zentrum für Acker- und Pflanzenbau

Saattermine der Getreidearten im Vergleich

Früh oder nicht früh…

… das ist immer wieder die Frage. Doch es gibt keine allgemeingültige Antwort

darauf: hier spielen Getreideart, Standortbedingungen, Krankheitsaufkommen und

auch Arbeitsorganisation eine Rolle. Allerdings haben Versuche ergeben, dass manch

alte Regel zu Aussaatzeit und -reihenfolge dringend überdacht werden muss.

(2)

47 getreide

aufwandmengen nötig sind. in jedem fall muss das risiko vor Ort eingeschätzt und die möglichen Zusatzkosten für spezialbeize, Virusvektorenbekämpfung oder zusätzliche fungizidbehandlung gegen den ertragsvorteil der frühsaat aufgerechnet werden. wenn das risiko kalkulierbar scheint, sollte die frühsaat nicht gescheut werden.

Hohes Ertragspotenzial

das hohe ertragspotenzial früh gesäten win- terweizens belegen unter anderem ergebnisse vom standort Bernburg (schwarzerde, 470 mm mittlerer Jahresniederschlag) am südrand der Magdeburger Börde (abbildung 1). in drei von vier Versuchsjahren wurden im Mittel von drei sorten 8 bis 10 dt/ha mehr geerntet, wenn Mitte september statt anfang Oktober gesät wurde. die drei geprüften sorten Ludwig, Ritmo und die hybride Hybnos 1 reagierten gleich. das saatgut der frühsaat wurde gegen Virusvektoren zusätzlich mit einem insektizid gebeizt, und im frühjahr wurde zweimal fun- gizid appliziert. weitere Behandlungen waren nicht nötig. schwarzbeinigkeit oder halmbruch spielten in diesen Versuchen keine rolle.

saattermine des weizens anfang september brachten in einer früheren Versuchsserie mit zwei sorten am gleichen standort jedoch

eindeutig negative ergebnisse (abbildung 2).

trotz guter Überwinterung und ausreichender Behandlungen war hier in allen vier Versuchs- jahren ein ertragsrückgang im Vergleich zur saat Mitte september zu verzeichnen.

andere reaktionen zeigte die wintergerste in Versuchen am gleichen standort (abbildung 3). in allen drei Versuchsjahren brachte die aussaat anfang Oktober höhere erträge als der termin Mitte september. der extrem frühe saattermin anfang september fiel ertraglich

noch stärker ab. auch hier reagierten die vier geprüften sorten gleich. dieses ergebnis steht im Gegensatz zu traditionellen empfehlungen, nach denen wintergerste möglichst früh und in der reihenfolge der Getreidearten zuerst zu säen sei.

Zwar konnte Virusbefall in den Versuchen verhindert werden, die frühsaatbestände waren aber meistens schon im herbst stärker mit Blattkrankheiten befallen als die später gesäten. Zweimalige fungizidapplikation im

*Q@ESO@JDS

Abbildung 1: Kornertrag von Winterweizen in Abhängigkeit vom Saattermin in vier Versuchsjah- ren (Bernburg, Mittel drei Sorten, vier Saatstärken)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 110

100 90 80 70

60 Mitte Anfang Mitte Anfang

Sept. Okt. Okt. Nov.

Saattermin

2005 2006 2004

2003

Abbildung 3: Kornertrag von Wintergerste in Abhängigkeit vom Saattermin in drei Versuchsjah- ren (Bernburg, Mittel vier Sorten, drei Saatstärken)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 105

100 95 90 85

80 Anfang Mitte Anfang Mitte

Sept. Sept. Okt. Okt.

Saattermin 2001 2002

2000

Abbildung 2: Kornertrag von Winterweizen in Abhängigkeit vom Saattermin in vier Versuchsjah- ren (Bernburg, Mittel zwei Sorten)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 115

110 105 100 95 90 85 80

75 Anf. Mitte Anf. Mitte Anf. Mitte Sept. Sept. Okt. Okt. Nov. Nov.

Saattermin

1999

2001 2002 2000

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 110

105 100 95 90 85 80 75

70 Mitte Anf. Mitte Anf. Mitte Sept. Okt. Okt. Nov. Nov.

Saattermin 2001 2003 2000 2002

Abbildung 4: Kornertrag von Winterroggen in Abhängigkeit vom Saattermin in vier Versuchsjah- ren (Bernburg, Mittel zwei Sorten, vier Saatstärken)

,

(3)

48 getreide

Neue LaNdwirtschaft 8 | 2009

frühjahr konnte den ertragsabfall der Gerste nicht verhindern.

Roggen reagiert wie Wintergerste Über vier Jahre wurden in Bernburg auch zwei sorten winterroggen geprüft. die in allen Ver- suchsjahren übereinstimmende reaktion auf den saattermin ähnelt der der wintergerste (abbildung 4): immer brachte der saattermin anfang Oktober die höchsten erträge. die beiden sorten unterschieden sich nicht. der ertragsverlust durch zwei wochen frühere saat betrug im Mittel 5 dt/ha.

anders dagegen die ergebnisse von winterrog- genversuchen am leichten standort Gadegast (lehmiger sand, ackerzahlen zwischen 33 und 40, mittlere Jahresniederschlagssumme 574 mm): in drei von vier Jahren wurden zum frühen saattermin Mitte september 7 bis 12 dt/ha mehr geerntet als bei aussaat ende september (abbildung 5). Übereinstim- mend mit anderen Versuchsanstellern kann geschlussfolgert werden, dass die saat auf typischen roggenböden früher als auf den besseren standorten geschehen muss.

Von 1998 bis 2002 wurden in Bernburg auch zwei sorten wintertriticale getestet. in drei von fünf Versuchsjahren schnitt der erste saattermin Mitte september ertraglich deutlich schlechter ab als der termin anfang Oktober (abbildung 6). in zwei weiteren Jahren waren die erträge beider saattermine etwa gleich.

in einem Jahr brachte sogar der termin Mitte Oktober die höchsten erträge. dieses ergebnis legt nahe, dass triticale in seiner reaktion auf den saattermin zwischen weizen und roggen einzuordnen ist. er reagiert offenbar nicht ganz so empfindlich auf frühsaaten wie roggen, aber empfindlicher als weizen.

Alte Grundsätze neu überdenken!

die ergebnisse zeigen, dass manch alte regel zur reihenfolge der aussaat überdacht werden muss. winterweizen hat bei frühsaat offen- sichtlich ein hohes ertragspotenzial, so dass nichts dagegen spricht, mit ihm die herbst- aussaat zu beginnen. in Norddeutschland, vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, ist dies schon vielfach gängige Praxis. Bei Gerste und roggen auf besseren Böden sollte man früh- saaten dagegen vorsichtiger handhaben. die sorten scheinen empfindlicher zu reagieren als weizen. eine Verzögerung der saat um ein bis zwei wochen gegenüber dem weizen könnte im Zweifelsfall die richtige entscheidung sein.

triticale ist wahrscheinlich zwischen weizen einerseits und Gerste bzw. roggen andererseits einzuordnen.

in einer neuen Versuchsserie am standort Bernburg werden die vier Getreidearten (je vier ertragsstarke sorten) in ihrer saatzeitreaktion direkt verglichen. dass eindeutige und über- einstimmende ergebnisse nicht in jedem Jahr

zu erwarten sind, zeigen die abbildungen 7 und 8. das Jahr 2007 brachte auflaufprobleme der frühsaaten im herbst, extreme trockenheit und hitze im april und im ergebnis niedrige erträge vor allem bei weizen und Gerste. die reaktion der Getreidearten auf den saatter- min war in diesem Jahr allgemein schwach, relativ unbestimmt und biostatistisch in den meisten fällen nicht gesichert. Bei roggen, weizen und Gerste führten in der tendenz die späteren saattermine zu etwas höheren erträgen. die sorten einer art reagierten im wesentlichen übereinstimmend.

im darauffolgenden Jahr 2008 mit einem feuchten und kühlen april und einem ertrags- niveau um 100 dt/ha brachte dagegen der erste saattermin Mitte september – teilweise im Gegensatz zu den ergebnissen früherer Versuche – bei allen arten und sorten die höchsten erträge. Nicht erklärbar ist hier der ertragseinbruch bei roggen und triticale zum dritten saattermin. der Versuch wird weitergeführt.

Fazit: frühsaat des winterweizens ab Mitte september auf den besseren standorten kann unterm strich von Vorteil sein, wenn die risiken – vor allem stärkerer Befalls- druck durch Virosen und Pilzkrankheiten – ohne allzu große zusätzliche aufwen- dungen beherrscht werden. das scheint bei wintergerste und winterroggen eher nicht der fall zu sein. hier ist die aussaat gegen ende september ertraglich und wirtschaftlich sicherer. wintertriticale sollte zwischen weizen und Gerste bzw. roggen eingeordnet werden.

die risiken von frühsaaten und die Kosten ihrer Minimierung müssen standortspe- zifisch bewertet und daraus individuelle schlussfolgerungen für den optimalen saattermin abgeleitet werden. allgemein- gültige empfehlungen sind nicht möglich.

in die saatzeitentscheidung fließen selbst- verständlich auch betriebsorganisatorische aspekte ein.

auf schwächeren standorten sollte früher gesät werden. die aussaat des roggens Mitte september zeigte hier deutliche Vorteile gegenüber ende september. Lager muss verhindert werden.

Bei winterweizen reagieren verschiedene sorten auf früh- und spätsaat teilweise unterschiedlich. die wechselwirkung mit der saatstärke dagegen sollte nicht über- bewertet werden. Oft lässt sie sich gar nicht nachweisen. Normale saatstärken um 300 keimfähige Körner/m² sind auch bei frühsaaten ertragssicherer. Bei hybridsorten muss jedoch die saatstärke vor allem aus Kostengründen auf 100 bis 200 keimfähige Körner/m² abgesenkt werden. (ha) NL Kornertrag dt/ha NL-Grafik

90 85 80 75 70

65 15. 25. 5. 16.

Sept. Sept. Okt. Okt.

Saattermin Roggen

Triticale

Gerste Weizen

Abbildung 7: Kornertrag der Wintergetreide- arten 2007 in Abhängigkeit vom Saattermin (Bernburg, Mittel je vier Sorten)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 120

110 100 90 80

70 17. 26. 8. 15.

Sept. Sept. Okt. Okt.

Saattermin Roggen Gerste

Triticale Weizen

Abbildung 8: Kornertrag der Wintergetreide- arten 2008 in Abhängigkeit vom Saattermin (Bernburg, Mittel je vier Sorten)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 110

100 90 80 70 60 50 40

30 Mitte Ende Mitte

September September Oktober Saattermin

2004 2005 2006 2003

Abbildung 5: Kornertrag von Winterroggen in Abhängigkeit vom Saattermin in vier Versuchsjah- ren (Gadegast, Mittel zwei Sorten, drei Saatstärken)

Abbildung 6: Kornertrag von Wintertriticale in Abhängigkeit vom Saattermin in fünf Versuchsjah- ren (Bernburg, Mittel zwei Sorten, vier Saatstärken)

Kornertrag dt/ha NL-Grafik 110

105 100 95 90 85 80 75

70 Mitte Anf. Mitte Anf. Mitte Sept. Okt. Okt. Nov. Nov.

Saattermin 1999

2000 2001 1998

2002

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Le goüt des voyages lointains avait developpé chez les amateurs du siécle passé la passi0n des cufiosités. Sous Louis XIV. déjä, on Voit appara'itre des sauvages et des Türcs dans

De plus, des quantités de queue variables ont été ajoutées à la masse à distiller pour en révéler l’influence sur le goût et le rendement.. La combinaison des moments

Wie erwähnt, empfiehlt sich laut Exper- tenmeinung ein frühzeitiges Eingreifen bereits mit Entstehen einer Mukositis, um eine fortschreitende Periimplantitis mit

Daten deuten allerdings darauf hin, dass bei Patienten mit symptomatischer Divertikulitis auch eine gering ausgeprägte chronische Entzündung vorliegen kann, die keine schweren

Vor allem Ärzte in leiten- den Funktionen (nicht in leitenden FMH-Funktio- nen leider) – aber auch sie kamen zu spät und standen und stehen einer Lobby gegenüber, die sich von

«Die Ergebnisse le- gen nahe, dass die Programmierung des Stoffwechsels bereits in den ersten Le- bensjahren vorbestimmt wird und dass übermässiges Essen in jungen Jahren

Gegenanzeigen: Canephron® Uno, Canephron® N Dragees: Keine Anwen- dung bei Überempfi ndlichkeit gegen die Wirkstoffe, gegen andere Apiaceen (Umbelliferen, z. Anis, Fenchel),

Auch wenn einige Arzneimittel für Kinder zugelassen sind, gilt die Zulas- sung häufig nur für sehr eng definierte Krankheitsbilder.. So müssen Eltern von PTA und Apotheker