Analysis 3
Kapitel 4 Der Satz von Stokes
Vorlesungsausarbeitung zum WS 2001/02 von Prof. Dr. Klaus Fritzsche
Inhaltsverzeichnis
§1 Regul¨ are Gebiete . . . . 81
§2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten . . . . 90
§3 Die Riemannsche Metrik . . . . 98
§4 Klassische Integrals¨ atze . . . . 105
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1 Regul¨ are Gebiete 81
§ 1 Regul¨ are Gebiete
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit. Ein Gebiet in X ist eine zusammenh¨ angende offene Teilmenge von X.
Definition. Sei G ⊂ X ein Gebiet. Ein Punkt p ∈ ∂G heißt glatter oder regul¨ arer Randpunkt von G, falls es eine offene Umgebung U = U (p) ⊂ X und eine (beliebig oft) differenzierbare Funktion % : U → R gibt, so daß gilt:
1. U ∩ G = {x ∈ U : %(x) < 0}.
2. (d%)
x6= 0 f¨ ur x ∈ U.
Die Funktion % nennen wir dann eine lokale Randfunktion f¨ ur G.
Die Menge aller glatten Randpunkte von G sei mit ∂
rG bezeichnet (glatter oder regul¨ arer Rand von G). Offensichtlich ist ∂
rG relativ offen in ∂G. Die Menge ∂
sG :=
∂G \ ∂
rG heißt singul¨ arer Rand von G.
1.1 Satz. Sei G ⊂ X ein Gebiet und p ∈ ∂G ein regul¨ arer Randpunkt. Dann gibt es eine offene Umgebung U = U (p) ⊂ X und eine lokale Randfunktion % f¨ ur G auf U , so daß gilt:
1. U ∩ ∂G = {x ∈ U : %(x) = 0}.
2. U ∩
◦
G = U ∩ G.
3. ∂G ∩ U ist eine 1-codimensionale Untermannigfaltigkeit von U .
4. Sind %
1und %
2zwei lokale Randfunktionen f¨ ur G auf U , so gibt es eine (be- liebig oft) differenzierbare Funktion h auf U mit folgenden Eigenschaften:
(a) h > 0 auf U . (b) %
1= h · %
2.
(c) (d%
1)
x= h(x) · (d%
2)
xauf U ∩ ∂G.
Beweis: Wir k¨ onnen U als Koordinatenumgebung w¨ ahlen. Deshalb sei o.B.d.A.
G ⊂ R
nund p = 0.
1) Ist x ∈ U ∩ ∂G, so gibt es eine Folge (x
ν) von Punkten in U ∩ G, die gegen x konvergiert. Weil %(x
ν) < 0 f¨ ur alle ν gilt, muß %(x) ≤ 0 sein. Weil aber x nicht in G liegt, muß dann %(x) = 0 sein.
Sei umgekehrt x
0∈ U und %(x
0) = 0. Es ist (d%)
x06= 0, o.B.d.A. sei %
xn(x
0) 6= 0.
Nach dem Satz ¨ uber implizite Funktionen gibt es eine offene Umgebung V = V
0×
V
00⊂ U von x
0= (x
00, x
(0)n) ∈ R
n−1× R und eine (beliebig oft) differenzierbare
Funktion g : V
0→ V
00⊂ R , so daß gilt:
{(x
0, x
n) ∈ V
0× V
00: %(x
0, x
n) = 0} = {(x
0, x
n) ∈ V
0× V
00: x
n= g(x
0)}.
Wir k¨ onnen V
0konvex und V
00als Intervall w¨ ahlen.
Nun sei W
−:= {(x
0, x
n) ∈ V
0× V
00: x
n< g(x
0)}
r r
W
−V
0× V
00Offensichtlich ist W
−zusammenh¨ angend. Weil % auf W
−nirgends verschwindet, muß % dort entweder immer < 0 oder immer > 0 sein. Wir k¨ onnen o.B.d.A. an- nehmen, daß %|
W−< 0 ist (sonst w¨ urden wir x
ndurch −x
nersetzen, und g durch
−g). Also liegt x
0nicht in G, aber es gibt beliebig nahe bei x
0Punkte von G. Das bedeutet, daß x
0in ∂G ist.
2) Wir behalten die obige Notation bei und behaupten, daß %(x) > 0 f¨ ur x ∈ W
+:= {(x
0, x
n) ∈ V
0× V
00: x
n> g(x
0)} ist. Wie oben muß % n¨ amlich auf ganz W
+das gleiche Vorzeichen aufweisen. W¨ are %|
W+< 0, so h¨ atte die Funktion
γ(t) := %(x
0+ te
n)
bei t = 0 ein lokales Maximum. Dann m¨ ußte γ
0(0) = ∇%(x
0) • e
n= %
xn(x
0) verschwinden. Das w¨ are ein Widerspruch, also ist %|
W+> 0.
Es ist stets G ⊂
◦
G. Ist umgekehrt x
0ein Punkt von U ∩
◦
G, so gibt es eine offene Umgebung Q
0× Q
00⊂ V
0× V
00, die ganz in G liegt. Dann ist x
n≤ g(x
0) f¨ ur alle (x
0, x
n) ∈ Q
0× Q
00. W¨ are x
(0)n= g(x
00), so g¨ abe es beliebig nahe bei x
0Punkte x = (x
0, x
n) mit x
n> g(x
0). Das kann aber nicht sein. Also muß x
(0)n< g(x
00) sein.
Das bedeutet, daß x
0in G liegt.
3) folgt trivial, denn es ist U ∩ ∂G = {x ∈ U : %(x) = 0} und (d%)
x6= 0 f¨ ur alle x ∈ ∂G.
4) Die Aussage ist invariant unter Diffeomorphismen. Wir nehmen an, daß U = V
0× V
00und U ∩ G = {(x
0, x
n) ∈ V
0× V
00: x
n< g(x
0)} ist, und definieren ϕ : V
0× V
00→ R
ndurch
ϕ(x
0, x
n) := (x
n− g(x
0), x
0).
Dann ist
J
ϕ(x
0, x
n) =
−∇g(x
0) 1
E
n−10
,
also det J
ϕ(x
0, x
n) 6= 0. Damit ist ϕ ein Diffeomorphismus und
1 Regul¨ are Gebiete 83
ϕ(G ∩ U ) = ϕ(U) ∩ {(x
1, x
00) ∈ R × R
n−1: x
1< 0}.
Deshalb k¨ onnen wir annehmen, daß U ∩ G = {(x
1, x
00) ∈ U : x
1< 0} und %
2= x
1ist. Ist x = (x
1, x
00) ∈ U , so setzen wir g (t) := %
1(t, x
00). Dann ist g(0) = 0 und
%
1(x
1, x
00) = g(x
1) − g(0) = Z
x10
g
0(s) ds
= x
1· Z
10
g
0(tx
1) dt
= %
2(x
1, x
00) · h(x
1, x
00), wobei h(x
1, x
00) :=
Z
1 0∂%
1∂x
1(tx
1, x
00) dt eine (beliebig oft) differenzierbare Funktion ist. Außerhalb von ∂G ist h = %
1/%
2> 0.
F¨ ur x ∈ ∂G ist (d%
1)
x= d(h · %
2)
x= h(x) · (d%
2)
x. Weil die Differentiale von %
1und %
2jeweils 6= 0 sind, muß auch hier h(x) > 0 sein.
Es sei H
n:= {x = (x
1, . . . , x
n) ∈ R
n: x
1≤ 0} der
” linke“ Halbraum.
x
1x
2, . . . , x
nH
nIst G ⊂ X ein Gebiet und p ∈ ∂G ein regul¨ arer Randpunkt, so ergibt sich aus dem obigen Beweis, daß es eine Karte (U, ϕ) f¨ ur X mit p ∈ U und ϕ(p) = 0 gibt, so daß gilt:
ϕ(U ∩ G) = ϕ(U ) ∩ H
n. Man nennt ϕ dann eine angepaßte Karte.
In der Literatur findet sich der Begriff der Mannigfaltigkeit mit Rand. Das ist ein Hausdorffraum mit einem differenzierbaren Atlas, bei dem die Bilder der Karten offene Mengen in H
nsind. Ist G ein Gebiet in X, das nur regul¨ are Randpunkte besitzt, so ist G eine spezielle Mannigfaltigkeit mit Rand.
Definition. Ein Gebiet G ⊂ X heißt regul¨ ar, falls gilt:
1. G ist kompakt.
2. Alle Randpunkte von G sind regul¨ ar.
1.2 Satz. Sei G ⊂ X ein regul¨ ares Gebiet. Dann ist ∂G eine kompakte 1- codimensionale Untermannigfaltigkeit von X, und es gibt eine offene Umgebung U = U (∂G) ⊂ X und globale Randfunktion % : U → R , so daß gilt:
1. U ∩ G = {x ∈ U : %(x) < 0}.
2. (d%)
x6= 0 f¨ ur x ∈ U.
Beweis: Da G kompakt ist, ist auch ∂G kompakt. Und daß ∂G eine 1-codimensionale Untermannigfaltigkeit ist, haben wir oben schon gezeigt.
Da ∂G kompakt ist, man kann eine endliche offene ¨ Uberdeckung {U
1, . . . , U
N} von
∂G in X und lokale Randfunktionen %
if¨ ur G auf U
ifinden. Ist (f
i) eine dazu passende Teilung der Eins, so setzen wir
% :=
N
X
i=1
f
i%
iauf U := U
1∪ . . . ∪ U
N. Dann ist % eine globale definierende Funktion:
1. Ist x ∈ G ∩ U, so ist f
i(x) · %
i(x) ≤ 0 f¨ ur alle i und < 0 in mindestens einem Fall, also %(x) < 0. Genauso folgt, daß %(x) = 0 auf ∂G und %(x) > 0 auf X \ G ist. Also ist {x ∈ U : %(x) < 0} = U ∩ G.
2. Sei x ∈ ∂G. Dann gibt es eine Teilmenge I ⊂ {1, . . . , N }, ein i
0∈ I und positive Funktionen h
i, i ∈ I, mit x ∈ U
iund %
i(x) = h
i(x) · %
i0(x) f¨ ur i ∈ I, sowie f
j(x) = 0 f¨ ur j 6∈ I . Dann folgt:
(d%)
x= X
i∈I
f
i(x) · (d%
i)
x= X
i∈I
f
i(x) · d(h
i· %
i0)
x= X
i∈I
f
i(x) · h
i(x)
· (d%
i0)
x6= 0 , denn der Faktor in der großen Klammer ist auf jeden Fall positiv.
Aus Stetigkeitsgr¨ unden kann man die Umgebung U des Randes von G soweit schrumpfen, daß (d%)
x6= 0 auf ganz U ist.
Definition. Sei G ⊂ X ein Gebiet, a ∈ ∂G ein regul¨ arer Randpunkt und ϕ =
(x
1, . . . , x
n) eine angepaßte Karte. Ein Tangentialvektor v ∈ T
a(X) heißt (von G
aus gesehen) nach außen gerichtet, falls gilt:
1 Regul¨ are Gebiete 85
v = v
1∂
∂x
1+ · · · + v
n∂
∂x
n, mit v
1> 0.
Die Definition ist unabh¨ angig von der gew¨ ahlten (angepaßten) Karte. Dazu be- trachten wir zwei angepaßte Karten (U, ϕ) und (V, ψ) in a und setzen Φ := ϕ ◦ ψ
−1. Dann ist
Φ(x
1, x
00) = (Φ
1(x
1, x
00), Φ
2(x
1, x
00)) ∈ R × R
n−1, mit Φ
1(0, x
00) ≡ 0.
Setzt man Ψ(x
00) := Φ
2(0, x
00), so ist J
Φ(0, x
00) =
∂Φ1∂x1
(0, x
00) 0 ] J
Ψ(x
00)
.
Ist x
1< 0, so ist auch Φ
1(x
1, x
00) < 0; ist x
1> 0, so ist Φ
1(x
1, x
00) > 0. Daraus folgt:
∂ Φ
1∂x
1(0, x
00) = lim
h→0
Φ
1(h, x
00) − Φ
1(0, x
00)
h > 0.
Ist (U, ϕ) eine Karte in a, so ist der Isomorphismus θ
ϕ: R
n→ T
a(X) gegeben durch θ
ϕ(v
1, . . . , v
n) :=
n
X
ν=1
v
ν∂
∂x
ν.
Ein Tangentialvektor v ∈ T
a(X) ist also genau dann nach außen gerichtet, wenn v = (v
1, . . . , v
n) = θ
−1ϕ(v) in R
n\ H
nliegt, d.h., wenn v
1> 0 ist. Ist v = θ
ϕ−1(v) und w = θ
−1ψ(v), so ist J
Φ(0, x
00) · w
t= v
t. Aber offensichtlich ist
J
Φ(0, x
00) · (w
1, . . . , w
n)
t= ( ∂Φ
1∂x
1(0, x
00) · w
1, . . .)
t. Ist also w
1> 0, so ist auch v
1> 0.
Wir bezeichnen die Menge der nach außen gerichteten Tangentialvektoren mit T
a+(G). Jetzt k¨ onnen wir – mit den obigen Notationen – zeigen:
1.3 Satz. Ist X orientierbar und G ⊂ X ein regul¨ ares Gebiet, so ist auch ∂G ori- entierbar. Zu einer gegebenen Orientierung von X gibt es genau eine Orientierung von ∂G, so daß gilt:
Ist u ∈ T
a+(G) und {v
2, . . . , v
n} eine positiv orientierte Basis von T
a(∂G), so ist {u, v
1, . . . , v
n} eine positiv orientierte Basis von T
a(X).
Beweis: 1) Sind (U, ϕ) und (V, ψ) zwei angepaßte positiv orientierte Kar- ten und ist Φ = ϕ ◦ ψ
−1(wie oben), so ist det J
Φ(0, x
00) > 0. Aus der speziellen Gestalt von J
Φ(0, x
00), die wir oben berechnet haben, und aus der Tatsache, daß
∂Φ1
∂x1
(0, x
00) > 0 ist, folgt, daß auch det J
Ψ(x
00) > 0 ist. Damit ist Ψ ein orientierungs-
treuer Kartenwechsel f¨ ur ∂G.
2) F¨ ur die Existenz der induzierten Orientierung des Randes reicht es, folgendes zu zeigen:
Ist u ∈ R
n\ H
nund {v
002, . . . , v
00n} eine positiv orientierte Basis von R
n−1, so ist {u, (0, v
002), . . . , (0, v
n00)} eine positiv orientierte Basis des R
n.
Setzt man w
i:= (0, v
00i) f¨ ur i = 2, . . . , n, so ist sicherlich B
1= {e
1, w
2, . . . , w
n} eine positiv orientierte Basis des R
n. Da u = u
1e
1+ λ
2w
2+ · · · + λ
nw
nmit u
1> 0 und u
1die Determinante des Basiswechsels von B
1zu B
2= {u, w
2, . . . , w
n} ist, ist auch B
2positiv orientiert.
1.4 Satz. Sei G ein Gebiet im R
nund a ∈ ∂G ein regul¨ arer Randpunkt. Außer- dem sei % eine lokale Randfunktion f¨ ur G in a. Dann ist
ν = ν (a) := ∇%(a) k∇%(a)k
der eindeutig bestimmte Normaleneinheitsvektor in a, der nach außen zeigt.
Es gibt außerdem ein ε > 0, so daß gilt:
1. Ist −ε < t < 0, so liegt a + tν in G.
2. Ist 0 < t < ε, so liegt a + tν in R
n\ G.
Beweis: Da der Gradient ∇%(a) senkrecht auf der Niveaufl¨ ache {x : %(x) = 0}
steht, ist ν ein Normaleneinheitsvektor zu ∂G in a.
Wir definieren h : (−ε, ε) → R durch h(t) := %(a + tν). Dann ist h(0) = %(a) = 0 und h
0(0) = ∇%(a) • ν = k∇%(a)k > 0.
Das bedeutet, daß h in der N¨ ahe von 0 streng monoton w¨ achst. W¨ ahlt man ε klein genug, so ist %(a + tν) > 0 f¨ ur 0 < t < ε und < 0 f¨ ur −ε < t < 0.
Sei jetzt ϕ eine angepaßte Karte in a (also ein Diffeomorphismus von einer Umge- bung U = U (a) auf eine Umgebung V = V (0) ⊂ R
n, mit ϕ(a) = 0, so daß U ∩ G auf V ∩ H
nabgebildet wird). Dann verl¨ auft die Kurve γ (t) := ϕ(a + tν ) f¨ ur kleines t > 0 ganz in R
n\ H
n, und es ist γ
0(0) = Dϕ(a)(ν ). Schreiben wir γ = (γ
1, . . . , γ
n), so ist γ
1(t) > 0 f¨ ur t > 0, also γ
10(0) ≥ 0. Es kommt nicht in Frage, daß γ
10(0) = 0 ist, denn dann m¨ ußte ν tangential zu ∂G sein. Also ist γ
10(0) > 0 und damit ν nach außen gerichtet.
Bemerkung. Der gerade bewiesene Satz kann nicht so ohne weiteres auf Man- nigfaltigkeiten ¨ ubertragen werden, da dort der Begriff des Normalenvektors kei- nen Sinn macht. Wir werden allerdings sp¨ ater sogenannte
” Riemannsche Mannig-
faltigkeiten“ kennenlernen, bei denen jeder Tangentialraum mit einem Skalarpro-
dukt ausgestattet ist, so daß L¨ angen- und Winkelmessung f¨ ur Tangentialvektoren
1 Regul¨ are Gebiete 87
m¨ oglich ist. Dann kann der obige Satz ¨ ubertragen werden. Allerdings muß die Ge- rade t 7→ a + tν durch eine Kurve ersetzt werden, die ∂G senkrecht trifft.
1.5 Der Satz von Stokes. Sei X eine n-dimensionale orientierbare Mannigfal- tigkeit, G ⊂ X ein regul¨ ares Gebiet und ω eine (n − 1)-Form auf einer Umgebung U von G, so daß Tr(ω) ∩ G kompakt ist. Dann ist
Z
∂G
ω = Z
G
dω . Ist X kompakt, so ist
Z
X
dω = 0.
Beweis: Es seien Karten ϕ
i: U
i→ B
i⊂ R
ngew¨ ahlt, die G ¨ uberdecken und Teil eines positiv orientierten Atlas von X sind, so daß ϕ
i(U
i∩ G) = B
i∩ H
nist. Weiter sei (f
i) eine dazu passende Teilung der Eins. Dann ist
Z
∂G
ω = X
i
Z
∂G
f
iω
und Z
G
dω = X
i
Z
G
d(f
iω), weil dω = d P
i
(f
iω)
= P
i
d(f
iω) und Tr(d(f
iω)) ⊂ U
iist. Es gen¨ ugt also zu zeigen, daß gilt:
Z
∂G
f
iω = Z
G
d(f
iω) , f¨ ur alle i.
1. Fall: U
i∩ ∂G = ∅ , also B
i⊂ R
noffen. Dann ist Z
∂G
f
iω = 0.
In lokalen Koordinaten ist f
iω =
n
X
j=1
g
jdx
1∧ . . . ∧ dx c
j∧ . . . ∧ dx
n,
wobei Tr(g
i) kompakt und in {x ∈ R
n: x
1< 0} enthalten ist. Dann ist d(f
iω) =
n
X
j=1
(−1)
j−1∂g
j∂x
jdx
1∧ . . . ∧ dx
n, also
Z
G
d(f
iω) =
n
X
j=1
Z
Bi
(−1)
j−1∂g
j∂x
jdx
1∧ . . . ∧ dx
n=
n
X
j=1
(−1)
j−1Z
Rn
∂g
j∂x
jdx
1. . . dx
n= 0 ,
wegen des kompakten Tr¨ agers von g
j.
2. Fall: U
i∩ ∂G 6= ∅ , ϕ
i(U
i∩ G) = B
i∩ H
n. F¨ ur j 6= 1 ist
Z
Hn
∂g
j∂x
jdx
1. . . dx
n= 0, mit der gleichen Begr¨ undung wie oben.
Außerdem ist Z
Hn∩Bi
∂g
1∂x
1dx
1. . . dx
n= Z
(−∞,0]×Rn−1
∂g
1∂x
1dx
1. . . dx
n= Z
Rn−1
g
1(0, x
2, . . . , x
n) dx
2. . . dx
n. Andererseits ist
g
jdx
1∧ . . . ∧ dx c
j∧ . . . ∧ dx
n|
∂Hn= 0 f¨ ur j 6= 1,
und Z
∂Hn∩Bi
g
1dx
2∧ . . . ∧ dx
n= Z
Rn−1
g
1(0, x
2, . . . , x
n) dx
2. . . dx
n. Damit ist alles gezeigt.
Ist X kompakt und G = X, so tritt bei der Berechnung des Integrals nur der 1.
Fall auf.
Beispiele.
1. Sei G ⊂ R
2ein beschr¨ anktes Gebiet mit glattem Rand. Sind f, g differenzier- bare Funktionen auf einer Umgebung von G, so gilt der Greensche Satz:
Z
∂G
f dx + g dy = Z
G
∂g
∂x − ∂f
∂y
dx ∧ dy.
2. Sei jetzt G ⊂ R
3ein beschr¨ anktes Gebiet mit glattem Rand, F = (F
1, F
2, F
3) ein differenzierbares Vektorfeld auf einer Umgebung von G und ν = (ν
1, ν
2, ν
3) das ¨ außere Normalenfeld auf ∂G.
F¨ uhrt man formal den
” Vektor“ dO := (dx
2∧ dx
3, dx
3∧ dx
1, dx
1∧ dx
2) ein (das sogenannte
” vektorielle Oberfl¨ achenelement“), so ergibt das formale Skalarprodukt F • dO die kanonische 2-Form
Λ
F= F
1dx
2∧ dx
3+ F
2dx
3∧ dx
1+ F
3dx
1∧ dx
2zu dem Vektorfeld F. Weil d(Λ
F) = div F dV ist, folgt der Integralsatz von Gauß:
Z
G
div F dV = Z
∂G
F • dO.
Manchmal benutzt man auch das
” skalare Oberfl¨ achenelement“
1 Regul¨ are Gebiete 89
do := Λ
ν= ν
1dx
2∧ dx
3+ ν
2dx
3∧ dx
1+ ν
3dx
1∧ dx
2. Ist etwa lokal ∂G = {x : x
1= 0}, so ist ν = (1, 0, 0) und
(F • ν) · i
∗∂G(do) = (F
1dx
2∧ dx
3)|
∂G= (F • dO)|
∂G. Man kann allgemein zeigen:
Z
∂G
F • dO = Z
∂G
(F • ν)do.
Man beachte aber, daß die Integranden nur nach Einschr¨ ankung auf ∂G ¨ uber-
einstimmen. Wir werden darauf sp¨ ater noch einmal zur¨ uckkommen.
§ 2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten
Es sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit.
Definition. Eine Teilmenge M ⊂ X heißt meßbar (in M ), falls f¨ ur jede Karte (U, ϕ) von X die Menge ϕ(M ∩ U ) im R
nmeßbar ist.
Es ist klar, daß die Meßbarkeit in M wohldefiniert ist, und dieser Begriff paßt auch zum Begriff der
” Nullmenge“ in M .
Eine h¨ ochstens abz¨ ahlbare Zerlegung M = S
j
M
jsoll eine Standard-Zerlegung der meßbaren Menge M genannt werden, falls gilt:
1. Jedes M
jist meßbar und im Definitionsbereich einer Karte f¨ ur M enthalten.
2. M
i∩ M
j= ∅ f¨ ur i 6= j .
Ist X orientierbar, so gibt es eine nirgends verschwindende stetige n-Form ω auf X.
Bez¨ uglich der Karte (U, ϕ) wird ω durch eine n-Form ω
ϕ= a
ϕdx
1∧ . . . ∧ dx
nauf B = ϕ(U) ⊂ R
nbeschrieben. Legt man eine Orientierung von X fest und w¨ ahlt man dann nur positiv orientierte Karten, so kann man erreichen, daß stets a
ϕ> 0 ist. Die n-Form ω soll dann positiv genannt werden (in Zeichen: ω > 0). Ist stets a
ϕ≥ 0, so nennen wir ω semipositiv (ω ≥ 0). Gilt ω > 0 nur außerhalb einer Nullmenge, so nennen wir ω fast positiv.
Definition. Sei X orientiert, ω
0eine semipositive oder fast positive n-Form auf X, M ⊂ X eine meßbare Menge und f eine reellwertige Funktion auf M .
1. f heißt meßbar, wenn f ◦ ϕ
−1auf ϕ(M ∩ U ) meßbar ist, f¨ ur jede Karte (U, ϕ).
2. Die Menge M liege im Definitionsbereich U einer Karte ϕ, und es sei (ω
0)
ϕ= a
ϕdx
1∧ . . . ∧ dx
n. Dann heißt f integrierbar bez¨ uglich ω
0, falls gilt:
(a) f ist meßbar.
(b) Es existiert das Integral Z
M
f ω
0:=
Z
ϕ(M)
(f ◦ ϕ
−1)(x)a
ϕ(x) dx
1. . . dx
n. 3. Ist M beliebig, so heißt f integrierbar bez¨ uglich ω
0, falls f¨ ur jede Standard-
zerlegung M = S
j
M
jgilt:
(a) F¨ ur alle j ist f ¨ uber M
jbez¨ uglich ω
0integrierbar.
(b) Z
X
f ω
0:=
∞
X
j=1
Z
Mj
f ω
0ist konvergent.
Bemerkung. Ist (U
j) eine abz¨ ahlbare ¨ Uberdeckung von X durch Kartenumge- bungen, so erh¨ alt man eine Standardzerlegung von M durch
M
1:= M ∩ U
1, M
2:= (M ∩ U
2) \ M
1usw.
2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten 91
Ist P
∞ j=1R
Mj
f ω
0f¨ ur jede Zerlegung konvergent, so kommt es offensichtlich nicht auf die Summationsreihenfolge an, und die Reihen sind sogar f¨ ur jede Zerlegung ab- solut konvergent. Sind (M
j) und (N
i) zwei Zerlegungen, so bilden die Durchschnitte M
j∩ N
iebenfalls eine Zerlegung, und es ist
X
j
Z
Mj
f ω
0= X
j
X
i
Z
Mj∩Mi
f ω
0= X
i
X
j
Z
Mj∩Mi
f ω
0= X
j
Z
Mj
f ω
0,
wegen der σ-Additivit¨ at des Lebesgue-Integrals. Damit h¨ angt das Integral nicht von der Zerlegung ab.
2.1 Satz. Folgende Aussagen ¨ uber eine meßbare Funktion f sind ¨ aquivalent:
1. f ist integrierbar bez¨ uglich ω
0. 2. |f| ist integrierbar bez¨ uglich ω
0.
3. Es gibt eine Standardzerlegung (M
j) von M mit X
j
Z
Mj
|f| ω
0< ∞.
Beweis: (1) = ⇒ (2): Ist f integrierbar bez¨ uglich ω
0, so setzen wir M
+:= {x ∈ M : f(x) > 0},
und f¨ ur jedes j sei
M
j+:= M
j∩ M
+und M
j−:= M
j\ M
+.
Dann bilden die Mengen M
j+und M
j−zusammen eine Standardzerlegung von M.
Weil die Reihe X
j
Z
Mj+
f ω
0+ X
j
Z
Mj−
f ω
0absolut konvergiert, ist
X
j
Z
Mj+
|f | ω
0= X
j
Z
Mj+
f ω
0< ∞ und X
j
Z
Mj−
|f | ω
0= − X
j
Z
Mj−
f ω
0< ∞,
also X
j
Z
Mj
|f| ω
0= X
j
Z
Mj+
|f | ω
0+ Z
Mj−
|f | ω
0!
= X
j
Z
Mj+
|f| ω
0+ X
j
Z
Mj−
|f | ω
0< ∞ .
(2) = ⇒ (3): Trivial!
(3) = ⇒ (1): Es sei X
j
Z
Mj
|f | ω
0< ∞. Weiter sei (N
k) eine beliebige Standard-
zerlegung von M . Es ist
Z
Nk
|f| ω
0= X
j
Z
Nk∩Mj
|f | ω
0≤ X
j
Z
Mj
|f | ω
0< ∞,
insbesondere ist f uber ¨ N
kintegrierbar.
Weiter ist
X
k
Z
Nk
f ω
0≤ X
k
Z
Nk
|f | ω
0= X
k
X
j
Z
Mj∩Nk
|f| ω
0= X
j
X
k
Z
Mj∩Nk
|f| ω
0= X
j
Z
Mj
|f | ω
0< ∞.
Damit ist X
k
Z
Nk
f ω
0sogar absolut konvergent und f ¨ uber M integrierbar.
Bemerkung. Ist f nicht integrierbar, so setzen wir Z
M
|f | ω
0:= +∞.
2.2 Satz von Beppo Levi. Sind die Funktionen f
imeßbar und ≥ 0 auf M , so gilt:
Z
M
∞
X
i=1
f
i! ω
0=
∞
X
i=1
Z
M
f
iω
0.
Beweis: Ist ein f
inicht integrierbar, so steht auf beiden Seiten +∞. Deshalb k¨ onnen wir annehmen, daß alle f
iintegrierbar sind. Sei jetzt (M
j) eine Standard- zerlegung von M . Dann ist jedes f
i¨ uber M
jintegrierbar, und die Reihe P
j
R
Mj
f
iω
0konvergiert. Nach dem Satz von Beppo Levi im R
ngilt:
X
i
Z
Mj
f
iω
0= Z
Mj
X
i
f
i! ω
0.
Dann ist
2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten 93
Z
M
X
i
f
i!
ω
0= X
j
Z
Mj
X
i
f
i! ω
0= X
j
X
i
Z
Mj
f
iω
0= X
i
X
j
Z
Mj
f
iω
0= X
i
Z
M
f
iω
0.
2.3 Konvergenzsatz von Lebesgue. Die Funktionen f
iseien meßbar und die Funktion F sei bez¨ uglich ω
0integrierbar ¨ uber M . Fast ¨ uberall auf M sei f = lim
i→∞
f
iund |f
i| ≤ F . Dann sind auch f und die f
ibez¨ uglich ω
0integrierbar, und es gilt:
Z
M
f ω
0= lim
i→∞
Z
M
f
iω
0.
Beweis: Es sei (M
j) eine Standardzerlegung von M . Nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue im R
nsind die Funktionen f
iuber jedem ¨ M
jintegrierbar, und es ist
X
j
Z
Mj
|f
i| ω
0≤ X
j
Z
Mj
F ω
0< ∞.
Also ist jedes f
iuber ¨ M integrierbar.
Sei jetzt ε > 0. Dann gibt es, weil F integrierbar ist, ein N
0, so daß X
j≥N0
Z
Mj
F ω
0< ε 3
ist. Und weil |f
i| ≤ F ist, gilt f¨ ur alle N > N
0und alle i :
N
X
j=N0
Z
Mj
f
iω
0≤
N
X
j=N0
Z
Mj
f
iω
0≤
N
X
j=N0
Z
Mj
|f
i|ω
0≤ ε 3 . L¨ aßt man N gegen ∞ gehen, so erh¨ alt man:
Z
M
f
iω
0− X
j<N0
Z
Mj
f
iω
0=
X
j≥N0
Z
Mj
f
iω
0≤ ε
3 , f¨ ur jedes i. (∗)
Da (f
i) fast ¨ uberall gegen f konvergiert, folgt aus dem Konvergenzsatz von Lebes- gue im R
ndie Beziehung
i→∞
lim Z
Mj
f
iω
0= Z
Mj
f ω
0f¨ ur jedes feste j. Genau wie oben kann man dann schließen:
Z
M
f ω
0− X
j<N0
Z
Mj
f ω
0≤ ε
3 . (∗∗) Außerdem gibt es zu jedem j ein N (j), so daß f¨ ur i ≥ N (j) gilt:
Z
Mj
f
iω
0− Z
Mj
f ω
0≤ ε
3N
0. (∗ ∗ ∗)
Ist N
1:= max{N (j) : j = 1, . . . , N
0}, so gilt (∗ ∗ ∗) f¨ ur alle j ≤ N
0und i ≥ N
1. Damit folgt:
Z
M
f ω
0− Z
M
f
iω
0=
=
Z
M
f ω
0− X
j<N0
Z
Mj
f ω
0!
+ X
j<N0
Z
Mj
f ω
0− X
j<N0
Z
Mj
f
iω
0!
+ X
j<N0
Z
Mj
f
iω
0− Z
M
f
iω
0!
= Z
M
f ω
0− X
j<N0
Z
Mj
f ω
0+ X
j<N0
Z
Mj
f ω
0− Z
Mj
f
iω
0+
X
j<N0
Z
Mj
f
iω
0− Z
M
f
iω
0≤ ε
3 + N
0· ε 3N
0+ ε
3 = ε (wegen (∗∗), (∗ ∗ ∗) und (∗)) f¨ ur i ≥ N
1.
Hier ist eine Anwendung:
Sei (%
ν) eine abz¨ ahlbare Teilung der Eins und f eine integrierbare Funktion auf X.
Dann setzen wir
f
i:=
i
X
ν=1
%
νf . Die f
ikonvergieren punktweise gegen f, und es gilt:
|f
i| ≤
i
X
ν=1
|%
νf| = X
iν=1
%
ν· |f | ≤ |f |,
wobei auch |f | ¨ uber X integrierbar ist. Der Satz von Lebesgue liefert jetzt:
2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten 95
Z
X
f ω
0= lim
i→∞
Z
X
f
iω
0= lim
i→∞
i
X
ν=1
Z
X
%
νf ω
0=
∞
X
ν=1
Z
X
%
νf ω
0.
Wir kommen jetzt zu einer Verallgemeinerung des Satzes von Fubini. Dieses Resul- tat ist recht anspruchsvoll, denn im Beweis wird fast alles benutzt, was wir bisher behandelt haben.
Sei Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung, n = dim(X) ≥ m = dim(Y ) und Ω eine semipositive stetige m-Form auf Y . Weiter sei K := {x ∈ X : Φ kritisch in x}.
Dann ist Φ(K) eine Nullmenge in Y . F¨ ur x ∈ K ist
(Φ
∗Ω)
x(v
1, . . . , v
m) := Ω
Φ(x)(Φ
∗,xv
1, . . . , Φ
∗,xv
m) = 0, d.h., es ist Φ
∗Ω|
K= 0.
F¨ ur y ∈ Y sei i
y: Φ
−1(y) , → X die kanonische Inklusion. Ist y ein regul¨ arer Wert, also y ∈ Y \ Φ(K), so ist Φ
−1(y) eine (n − m)-dimensionale Untermannigfaltigkeit.
Dann ist es sinnvoll, f¨ ur eine (n − m)-Form ω auf X die Einschr¨ ankungen i
∗yω zu betrachten. Sind diese immer positiv, so ist ω ∧ Φ
∗Ω eine semipositive n-Form auf X.
2.4 Satz von Fubini. X und Y seien orientierte Mannigfaltigkeiten und Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung, und es sei n = dim(X) ≥ m = dim(Y ).
Weiter sei Ω eine semipositive m-Form auf Y und ω eine (n − m)-Form auf X, so daß i
∗yω f¨ ur jeden regul¨ aren Wert y positiv ist.
Ist f eine meßbare Funktion auf X, die bez¨ uglich ω ∧ Φ
∗Ω integrierbar ist, so ist F (y) :=
Z
Φ−1(y)
f ω (bzw. := 0, falls Φ
−1(y) = ∅ ist)
f¨ ur fast alle y ∈ Y definiert, meßbar und bez¨ uglich Ω integrierbar, und es gilt:
Z
X
f ω ∧ Φ
∗Ω = Z
Y
F Ω.
Beweis: Wir haben oben schon gesehen: Ist K die kritische Menge von Φ, so ist Φ
∗Ω|
K= 0. Daraus folgt:
Z
X
f ω ∧ Φ
∗Ω = Z
X\K
f ω ∧ Φ
∗Ω.
Sei nun (M
j) eine Standardzerlegung von X \ K. F¨ ur jedes j ist dann die charak-
teristische Funktion χ
jvon M
jmeßbar, und es gilt:
Z
X
f ω ∧ Φ
∗Ω = X
j
Z
X
χ
jf ω ∧ Φ
∗Ω.
Die Abbildung Φ : X \ K → Y \ Φ(K ) ist eine Submersion. Ist n > m, so k¨ onnen wir annehmen, daß wir Koordinaten (U
j, ϕ
j) f¨ ur X (mit M
j⊂ U
j) und (V
j, ψ
j) f¨ ur Y haben, so daß U
j= R
n, V
j= R
m, Φ(x
1, . . . , x
n) = (x
n−m+1, . . . , x
n) und ω = dx
1∧ . . . ∧ dx
n−mauf U
jund Ω = dy
1∧ . . . ∧ dy
mauf V
jist. Dann ist ω ∧ Φ
∗Ω = dx
1∧ . . . ∧ dx
nauf U
j, M
jeine meßbare Teilmenge von U
j, und χ
jf eine integrierbare Funktion auf U
j. Also existiert
F
j(y
1, . . . , y
m) = Z
Rn−m
(χ
jf)(x
1, . . . , x
n−m, y
1, . . . , y
m) dx
1. . . dx
n−mfast ¨ uberall auf V
j, und es ist
Z
Y
F
jΩ = Z
Vj
F
j(y
1, . . . , y
m) dy
1. . . dy
m= Z
Uj
χ
jf ω ∧ Φ
∗Ω = Z
X
χ
jf ω ∧ Φ
∗Ω, nach dem Satz von Fubini im R
n. F¨ ur y ∈ Y \ Φ(K) ist
F
j(y) = Z
Φ−1(y)
χ
jf ω :=
Z
Φ−1(y)
i
∗y(χ
jf ω).
Analog ist Z
X
χ
j|f| ω ∧ Φ
∗Ω = Z
Y
F b
jΩ, mit F b
j(y) :=
Z
Φ−1(y)
χ
j|f | ω.
Nach dem Satz von Beppo Levi ist X
j
Z
Y
F b
jΩ = Z
Y
X
j
F b
jΩ.
F¨ ur fast alle y ∈ Y bilden die Mengen N
j= M
j∩ Φ
−1(y) eine Standardzerlegung der Faser Φ
−1(y) (Cavalieri). Deshalb ist fast ¨ uberall
F b (y) = Z
Φ−1(y)
|f | ω = X
j
Z
Φ−1(y)
χ
j|f | ω = X
j
F b
j(y) (und analog F = P
j
F
j). Daraus folgt:
Z
Y
F b Ω = X
j
Z
Y
F b
jΩ = X
j
Z
X
χ
j|f | ω ∧ Φ
∗Ω = Z
X
|f | ω ∧ Φ
∗Ω.
Insbesondere ist f genau dann bez¨ uglich ω ∧ Φ
∗Ω integrierbar, wenn F b bez¨ uglich
Ω integrierbar ist.
2 Das Lebesgue-Integral auf Mannigfaltigkeiten 97
Jetzt sei H
N:=
N
X
j=1
F
jund F
y:= Φ
−1(y). Dann ist
|H
N(y)| =
N
X
j=1
Z
Fy
χ
jf ω
≤
N
X
j=1
Z
Fy
χ
j|f| ω
=
N
X
j=1
F b
j(y) ≤ F b (y).
Nach Voraussetzung ist f bez¨ uglich ω ∧ Φ
∗Ω und daher F b bez¨ uglich Ω integrierbar.
Also kann man den Konvergenzsatz von Lebesgue auf die Folge (H
N) anwenden, die punktweise gegen F = P
∞j=1
F
jkonvergiert:
Z
X
f ω ∧ Φ
∗Ω = X
j
Z
X
χ
jf ω ∧ Φ
∗Ω
= X
j
Z
Y
F
jΩ = lim
N→∞
N
X
j=1
Z
Y
F
jΩ
= lim
N→∞
Z
Y
H
NΩ = Z
Y
X
j
F
jΩ =
Z
Y
F Ω.
Im Falle n = m geht alles genauso, nur etwas einfacher. Es ist dann Φ lokal diffeo- morph, ω = 1 und
F (y) = X
x∈Φ−1(y)
ε(x)f (x), ε(x) = ±1, je nach Orientierung von Φ in x.
Die Summe ist h¨ ochstens abz¨ ahlbar.
§ 3 Die Riemannsche Metrik
Zun¨ achst etwas Lineare Algebra:
Sind a
1, . . . , a
r∈ R
nirgendwelche Vektoren, so setzen wir A := (a
1t, . . . , a
rt) ∈ M
n,r( R ).
Dann heißt
G(a
1, . . . , a
r) := det(A
t· A) = det
a
i• a
ji, j = 1, . . . , r
die Gramsche Determinante von a
1, . . . , a
r.
Das Skalarprodukt auf dem R
ninduziert ein Skalarprodukt auf dem Unterraum V =
a
1, . . . , a
r. Ist {u
1, . . . , u
r} eine ON-Basis von V , so gibt es eine Darstellung a
i=
r
X
ν=1
α
iνu
ν, i = 1, . . . , r.
Setzen wir α
i:= (α
i1, . . . , α
ir) und A e := (α
1t, . . . , α
rt), so ist a
i• a
j= X
rν=1
α
iνu
ν• X
rµ=1
α
jµu
µ=
r
X
ν=1
α
iνα
jν= α
i• α
j. Dann ist A e
t· A e = A
t· A, also
G(a
1, . . . , a
r) = det(A
t· A) = det( A e
t· A) = det( e A) e
2.
Ist V orientiert, {u
1, . . . , u
r} orientiert und {η
1, . . . , η
r} die duale Basis von V
∗, so nennt man
ω
V:= η
1∧ . . . ∧ η
r∈ A
r(V )
die zugeh¨ orige Volumenform. Sie ist durch das Skalarprodukt und die Orientierung von V eindeutig bestimmt. Es gilt:
|ω
V(a
1, . . . , a
r)| = |det( A)| e = p
G(a
1, . . . , a
r).
Ab jetzt beschr¨ anken wir uns auf den Fall r = n − 1.
Durch λ(w) := det(w
t, a
1t, . . . , a
n−1t) wird eine Linearform λ auf dem R
ndefiniert.
Daher gibt es genau einen Vektor z (der mit a
1× . . . × a
n−1bezeichnet wird), so daß λ(w) = z • w ist, also
(a
1× . . . × a
n−1) • w = det(w
t, a
1t, . . . , a
n−1t).
Der Laplacesche Entwicklungssatz besagt:
det(w
t, a
1t, . . . , a
n−1t) =
n
X
k=1