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175 Teile und Volkskunde.

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Walter Pöl-21, Lebensbilder zu Bildern aus dem Leben. Biogra·

phien von bedeutenden Persönlichkeiten und einfachen Leu·

~n aus fünf Jahrhunderten. Augsburg: Heimatverein für den ( •~dkreis Augsburg, 1991. 272 S. mit zahlr. Abb., z.T. farbig.

1988 BCltr . . z. Heirnatkunde d. Lkr. Augsburg, Bd. 11).

erschien das erste Heft der „Zeitschrift für Biographiefor·

schung und Oral History" BIOS, die ein Forum sein will für Fra·

gestellungen und methodische Wege all jener Disziplinen, die sich mit biographischen Dokumenten befassen: der Geschichts·

wissenschaft, der Soziologie, der Literaturwissenschaft, der Er·

ziehungswissenschaft, der Psychologie und der Volkskunde. Die Begründung eines solchen Periodikums ist Indiz für den Indivi- dualisierungs- und Biographisierungsschub, der seit rund zwei Jahrzehnten zu beobachten ist. Den Anfang haben die französi·

sehen Mentalitätsforscher gemacht, indem sie der strukturorien·

tierten Makrogeschichte durch die Erforschung von Ernäh·

rungs-, Wohn„ Kleidungs· und Erziehungsgewohnheiten, Denk·

und GeselJigkeitsformen der Menschen früherer Epochen die von Individuen erlebte, ertragene oder gestaltete Mikrogeschich·

te des Alltagslebens hinzugefügt haben.

Sie suchten wie etwa Philippe Aries und Georges Duby in ihrem großangelegten fünfbändigen Werk „Geschichte des privaten Le·

bens" nach kulturellen, religiösen, sozialen, moralischen und sym·

bolischen Ausdrucksformen breiter Bevölkerungsschichten.

Auch in der deutschsprachigen Volkskunde beschäftigen sich in·

zwischen zahlreiche Wissenschaftler mit der „Geschichte von unten" (vgl. z.B. „Biographieforschung. Gesammelte Aufsätze der Tagung des Fränkischen Freilandmuseums am 12./13. Okto·

ber 1990", ng.

V.

Hermann Heidrich. Bad Windsheim 1991). Das Quellenmaterial ist naturgemäß heterogen; schriftliche Zeugnisse aus dem privaten (Tagebücher, Briefe) und öffentlichen Bereich (Steuerbücher, Urkundenbestände) zählen ebenso zum Hand·

werkszeug des Biographieforschors wie Bildquellen (Votivtafeln, Fotografien) und für die jüngste Vergangenheit das Oral-History·

Interview.

Walter Pötzl, Professor für Volkskunde an der Katholischen Uni·

versität Eichstätt und Kreisheimatpfleger in Augsburg, hat mit den „Lebensbildern" bereits den vierten Band zur Alltagsge·

schichte vorgelegt. 1985 stellte er das Leben der Bewohner einer Sölde in Döpshofen in der Zeit von 1542 bis in die 1970er Jahre vor („Das Staudenhaus von Döpshofen"). Unter dem Titel „So lebten unsere Urgroßeltern" publizierte und kommentierte er aus den von König Max II. in Auftrag gegebenen Physikatsbe·

richten der bayerischen Amtsärzte diejenigen von Göggingen, Schwabmünchen, Zusmarshausen und Wertingen. Und schließ·

lieh wertete er die Umfrageergebnisse des „Bayerischen Vereins für Volkskunst und Volkskunde" aus dem Jahr 1908 in dem Band „Brauchtum um die Jahrhundertwende" im Hinblick auf Sitte und Brauch, Nahrung und Kleidung, Wohnung und Geräte, Glaube und Sage, Volksdichtung und Mundart für Augsburg und Umgebung aus.

In seiner neuesten Veröffentlichung geht er den Spuren von rund fünfzig Personen des Augsburger Umlandes nach, die in der Zeit von 1480 bis 1990 gelebt haben. Ausgangspunkt all dieser Lebens- geschichten ist jeweils ein Portrait des Protagonisten. Hier zeigt der Autor fast detektivischen Spürsinn: Als Bildquellen dienen ihm Epitaphien, Deckenfresken, Denkmünzen, Einblattdrucke, Künstlerzeichnungen, Votivtafeln und Fotografien. Von den Brüdern Leonhard und Peter Wagner, die als Mönche im Reichs·

stift St. Ulrich und Afra Karriere machten und von Hans Hol·

bein d.Ä. gezeichnet worden sind, bis zum 1987 verstorbenen Landrat und Senator Dr. Franz Xaver Frey spannt sich der Bo- gen. Es ist beeindruckend, wie es Pötzl und seinen neun Mitauto·

ren - letztere haben die Lebensgeschichten des 19./20. Jahrhun- derts bearbeitet - gelingt, die Bilder mit Hilfe dürrer Fakten aus Steuerlisten, Mirakelbüchern, Verlassenschaftsinvencaren, Matri·

kein, klösterlichen Akten, Konventskatalogen, Bücherverzeich- nissen, Stiftungsurkunden, Konzessionsgesuchen und Firmenar·

chiven zum Sprechen zu bringen. Die Lebensgeschichten der ein·

ze!nen Menschen sind Teile der „großen Geschichte", die ohne 175

https://doi.org/10.20378/irbo-51943

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diese „Innenansichten" nur Skelett blieben. So erfahren wir et- was über das private Schicksal von Häuslern und Bauern, Hand- werkern und Unternehmern, Baumeistern und Malern, Lehrern und Bürgermeistern, Mönchen und Pfarrern, Äbten und Äbtis- sinnen, Müttern und Mägden und lernen dadurch die Lebensbe- dingungen der verschiedenen Stände kennen.

Der Erzählaufhänger Bildnis führt dazu, daß die Angehörigen höherer Schichten stärker vertreten sind. Namentlich bekannte Leute aus dem Volk tauchen bis ins 20. Jahrhundert hinein meist nur auf Votivtafeln auf. Eine große Ausnahme bildet der Brot- händler Hans Altwecker, der 1589 in Langerringen seine schwan- gere Ehefrau und vier Kinder erschlagen und sich anschließend erhängt hat. Über seine Geschichte informiert der ausführliche Text auf einem Einblattdruck. Er wird ergänzt durch ein Simul- tanbild, das Nachbarn bei der Entdeckung der Ermordeten und zugleich die Abnahme des Erhängten zeigt.

Votivtafel werfen allerdings nur Schlaglichter auf das Leben. So erfahren wir, daß Franziska Meitinger (1721-1774) aus Haberts- weiler nach acht Jahren von einer Nadelspitze, die sich in ihren Fuß gebohrt hatte, befreit worden ist, daß Kreszenz Holland aus Altenmünster einen Verkehrsunfall im Jahre 1884 glücklich überlebt hat, und wie der Sohn eines Hafnermeisters am 13. Juli 1831 beim Lehmgraben von herabrutschenden Erdmassen ver- schilttet und wunderbar gerettet worden ist. Über die Geschichte hinter der Geschichte geben erst die Archivalien Auskunft, die der Autor akribisch ausgewertet hat.

Dank ihrer Informationsdichte stellen die spannend zu lesenden Biographien einen wichtigen Beitrag zur Regionalgeschichte Schwabens dar. Darüber hinaus eröffnet Pötz.I dem Leser die Möglichkeit, Wesentliches über Mentalitäten und Strukturen verschiedener Epochen zu erfahren, da er nicht willkürlich Material-Funde herausgegriffen, sondern nach einem Bündel hi- storisch vergleichbarer Dokumente Ausschau gehalten hat.

Michael Mitterauer hat mit seinem Wiener Dokumentationspro- jekt lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen seit 1982 über 700 Biographien von Zeitgenossen gesammelt und zahlreiche ähnli- che Arbeiten angeregt. Sein Forschungsinteresse zielt auf eine ge- genwartsbezogene Geschichtswissenschaft. Es wäre wünschens- wert, daß auch der historische Ansatz. Pötz.ls zur „Verpersönli- chung" des abstrakten Begriffes „Volk" Modellcharakter anneh- men und in anderen Regionen Bayerns aufgegriffen würde.

Heidrun Alzheimer·Haller, Würzburg

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