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Eine Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie

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Eine Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie

Inauguraldissertation zur

Erlangung des Doktorgrades der

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der

Universität zu Köln

2011

vorgelegt von

M.A. Tillmann Höntzsch

aus

Pforzheim

(2)

Referent: Prof. Dr. Thomas Jäger

Korreferent: Prof. Dr. Wolfgang Wessels

Tag der Promotion: 14. Mai 2013

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Eine Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie

Inauguraldissertation zur

Erlangung des Doktorgrades der

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der

Universität zu Köln

2011

vorgelegt von

M.A. Tillmann Höntzsch aus

Pforzheim

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis...5

1. Einleitung und Forschungsfrage...7

2. Clausewitz, das Chamäleon Krieg und Strategien staatlicher Akteure bei Statebuilding-Interventionen...10

2.1 Clausewitz` Kriegstheorie und ein Modell strategischen Handelns ...13

2.1.1 Der Begriff des Krieges bei Carl von Clausewitz ...15

2.1.2 Clausewitz` Kriegsplan und das Beckmannsche Modell strategischen Handelns ...22

2.2 Krieg und Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert ...29

2.2.1 Neue Kriege und die daraus entstehenden globalen (Sicherheits-)Bedrohungen...32

2.2.1.1 Ursache des Aufkommens neuer Kriege ...33

2.2.1.2 Charakteristika der neuen Kriege ...36

2.2.1.3 Neue Kriege und die durch sie entstehenden Bedrohungen der westlichen Sicherheitsinteressen...44

2.2.2 Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert: Ein erweitertes Verständnis von Sicherheit und multilaterale Kriseninterventionen in fragilen Staaten...48

2.2.2.1 Ein erweitertes Sicherheitsverständnis und die verteidigungs- und sicherheitspolitischen Konsequenzen ...49

2.2.2.2 Das "sicherheitspolitische Instrument" multilaterale Krisenintervention ...51

2.2.2.3 Von der humanitären zur (Sicherheits-)Interessen geleiteten Intervention ...56

2.3 Strategien staatlicher Akteure bei (Statebuilding-)Interventionen wie derjenigen in Afghanistan ...60

2.3.1 Zusammenführung der Ergebnisse, ein erweitertes Strategieverständnis und ein dementsprechend modifiziertes Modell strategischen Handelns...62

2.3.1.1 Gültigkeit und Grenzen von Clausewitz...62

2.3.1.2 Neue Kriege, gescheiterte Staaten und Statebuilding

sowie der spezielle neue Krieg in Afghanistan...66

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3

2.3.1.3 Ein erweitertes zivil-militärisches Verständnis von Strategie

– ein modifiziertes Modell (zur Analyse) strategischen Handelns...74 2.3.2 Strategische Anforderungen an multilaterale Statebuilding-Interventionen

wie im vorliegenden afghanischen Fall...76 2.3.2.1 Allgemeine Anforderungen an Statebuilding-Strategien

im Umfeld neuer Kriege und gescheiterter Staatlichkeit ...78 2.3.2.2 Eine (integrierte) Security-First-Statebuilding-Strategie:

(Handlungs-)Ziele sowie benötigte Mittel und zu unternehmende Maßnahmen ...87 2.3.2.3 Notwendige strategische Grundausrichtung der Statebuilding-Intervention

in Afghanistan...93 2.3.2.4 Taktische Implikationen ...101 2.3.3 Kritik an der internationalen (und deutschen) Afghanistan-/Statebuilding-Strategie

und Thesen bezüglich der deutschen Strategie...110 3. Die Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie...126

3.1 Restriktionen und Rahmenbedingungen deutscher (Außen-) und Sicherheitspolitik

und des deutschen Afghanistan-Engagements...128 3.1.1 Die internationalen Rahmenbedingungen ...129 3.1.2 Die innenpolitischen Rahmenbedingungen...135 3.1.2.1 Verfassungsrechtliche Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland ....136 3.1.2.2 Kompetenzverteilung bei der Gestaltung deutscher Sicherheitspolitik und

beim Einsatz der Bundeswehr zwischen Exekutive und Legislative (Bundestag) ....137 3.1.2.3 Einfluss der strategischen Kultur und der Öffentlichkeit

auf sicherheitspolitische Entscheidungen ...141 3.1.2.4 (Entscheidungs-)Strukturen und Verfahren der Exekutive bei der Koordination

des deutschen Beitrags an einer multilateralen (Statebuilding-)Intervention...143 3.1.2.5 Konzeptionen und (Gesamt-)Strategien im Bereich Konfliktbearbeitung

und Statebuilding ...147 3.1.2.6 Für einen konkreten (Krisen-/Statebuilding-)Einsatz zur Verfügung stehende

(Entscheidungs-)Strukturen, Fähigkeiten und Mittel ...149 3.1.3 Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik im Spannungsfeld zwischen

internationalen und innenpolitischen Restriktionen und die deutsche

Afghanistan-Strategie ...153

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4

3.2 Die Analyse der von Deutschland im Rahmen der internationalen Statebuilding-

Intervention (ISAF/UNAMA) verfolgten Afghanistan-Strategie...160

3.2.1 Die afghanischen Rahmenbedingungen im Jahr 2001 ...161

3.2.1.1 Naturraum Afghanistan ...162

3.2.1.2 Lebenswelt Afghanistan ...164

3.2.1.3 Herrschaft in Afghanistan, die "Afghanischen Kriege", die Entstehung der Taliban-Bewegung und das Al Qaida-Netzwerk...169

3.2.1.4 Der 11. September, die militärische Reaktion der USA sowie die macht- und sicherheitspolitischen Ausgangsbedingungen und sicherheitsrelevanten Herausforderungen am Vorabend der internationalen Statebuilding-Intervention ...180

3.2.2 Die internationale Statebuilding-Strategie in den Jahren 2001 bis 2005 ...188

3.2.3 Die deutsche Afghanistan-Strategie in den Jahren 2001 bis 2005 ...197

3.2.4 Entwicklungen in Afghanistan in den Jahren 2001 bis 2005 ...204

3.2.5 Die internationale Statebuilding-Strategie in den Jahren 2006 bis 2010 ...211

3.2.6 Die deutsche Afghanistan-Strategie in den Jahren 2006 bis 2010 ...218

3.2.7 Entwicklungen in Afghanistan in den Jahren 2006 bis 2010 ...223

3.2.8 Bilanz der internationalen Statebuilding-Bemühungen...229

3.2.9 Bilanz der deutschen Statebuilding-Bemühungen...236

3.3 Schlussbetrachtung: Das deutsche Afghanistan-Engagement – Eine Bewertung und Einordnung mit Blick auf die Grand Strategy ...244

4. Literaturverzeichnis...253

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5

Abkürzungsverzeichnis

AA Auswärtiges Amt

AKUF Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung

ANA Afghan National Army

ANDS Afghanistan National Developement Strategy ANP Afghan National Police

AWACS Airborne Warning and Control System BMI Bundesministerium des Inneren

BMVg Bundesministerium der Verteidigung

BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

BND Bundesnachrichtendienst BSR Bundessicherheitsrat CENTCOM Central Command

CIA Central Intelligence Agency CIMIC Civil-Military-Cooperation

COIN Counterinsurgency

COMISAF Commander International Security Assistance Force DDR Demilitarisierung, Demobilisierung und Reintegration DED Deutscher Entwicklungsdienst

DSB Defense Science Board

DSO Division Spezielle Operationen ESS Europäische Sicherheitsstrategie

ESVP Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

EU Europäische Union

EUPOL AFG European Union Police Mission in Afghanistan FATA`s Federal Administered Tribal Areas

FDD Focused District Developement

FOSK Kommando Führung Operation Spezialkräfte GASP Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

GTZ Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit

ICISS International Commission on Intervention and State Sovereignty

IFOR Implementation Force in Bosnien und Herzegowina

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6

ISAF International Security Assistance Force ISI Inter-Services Intelligence

IWF Internationaler Währungsfond IO Internationale Organisation JUI Jamiat-e-Ulema Islam

KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau

KFOR Kosovo Force

KSK Kommando Spezialkräfte

NATO North Atlantic Treaty Organization NRO Nichtregierungsorganisation NSC National Security Council OEF Operation Enduring Freedom OMF Opposing Militant Forces

OMLT Operational Mentoring and Liaison Team

OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa PAT Provincial Advisory Team

PBG Parlamentsbeteiligungsgesetz

PMT Police Mentoring Team

PRFT Peace and Reintegration Trust Fond PRT Provincial Reconstruction Team

QRF Quick Reaction Force

RAC Regional Area Coordinator RC North Regional Commander North

SFOR Stabilisation Force in Bosnien und Herzegowina SHAPE Supreme Headquarters Allied Powers Europe SSR Sicherheitssektorenreform

UNAMA United Nations Assistance Mission in Afghanistan UNDOC United Nations Office on Drugs and Crime

UNDP United Nations Development Programme

UNMIK United Nations Interim Administration Mission in Kosovo UNOSOM United Nations Operation in Somalia

VN Vereinte Nationen

VPR Verteidigungspolitische Richtlinien

ZIF Zentrum für Internationale Friedenseinsätze

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7 1. Einleitung und Forschungsfrage

Betrachtet man die derzeitige (Sicherheits-)Lage in Afghanistan, so wird deutlich, dass, ob- wohl sich die internationale Gemeinschaft und in diesem Rahmen auch Deutschland seit bei- nahe 10 Jahren umfassend zivil und militärisch in dem Land engagieren, dem politischen Zweck des internationalen und deutschen Engagements, die Bedrohungen der (westlichen) Sicherheitsinteressen, die von dem gescheiterten bzw. erneut vom Scheitern bedrohten Staat Afghanistan, dem aus ihm heraus agierenden terroristischen Al Qaida-Netzwerk und den is- lamistischen Taliban ausgehen, zu beseitigen, nicht gedient werden konnte. Zwar konnte der für die internationalen Al Qaida Terroristen "sichere Hafen" Afghanistan trockengelegt wer- den und die Taliban zunächst von der Macht in Afghanistan vertrieben werden, nachhaltig gelöst wurde aber weder das Al Qaida- noch das Taliban-Problem: Vielmehr konnten die Ta- liban im Verlauf der internationalen Intervention und parallel zu den Statebuilding- Bemühungen der Staatengemeinschaft ihren Einfluss nicht nur in Afghanistan stetig vergrö- ßern, sondern auch in den benachbarten pakistanischen Grenzregionen, die nach der Interven- tion der Staatengemeinschaft in Afghanistan zum Rückzugsgebiet der Taliban und zum Aus- gangspunkt des von ihnen geführten Aufstandes in Afghanistan sowie zur neuen Basis für islamistische Terroristen aus aller Welt wurden. Es lässt sich daher behaupten, dass von den Taliban und der "islamistischen Internationalen" heute angesichts ihres destabilisierenden Einflusses auf die entstandenen afghanischen staatlichen Strukturen, die ohne die militärische Präsenz der Staatengemeinschaft nicht überlebensfähig wären, und auf die ganze Region, ins- besondere auf Pakistan mit seinen Atomwaffen, sogar eine noch größere Bedrohung für die Sicherheitsinteressen der (westlichen) Staatenwelt ausgeht als zu Beginn der Intervention. Die von der Staatengemeinschaft verfolgte (Statebuilding-)Strategie zur Beseitigung der Bedro- hungen durch die Taliban und Al Qaida ist, obwohl beim Wiederaufbau des gescheiterten Staates Afghanistan durchaus Erfolge erzielt wurden, daher insgesamt als strategisch nicht kohärent zu bewerten.

Dementsprechend ist es ein Ziel dieser Arbeit, die Frage zu erörtern, warum es der Staa-

tengemeinschaft und Deutschland nicht gelungen ist, das in Ableitung von dem politischen

Zweck zu Beginn der Intervention ausgerufene und verfolgte Statebuilding-Ziel zu verwirkli-

chen, d.h. die internationale Strategie soll auf ihre strategische Kohärenz hin analysiert wer-

den. Auf der Grundlage der Beantwortung dieser Frage kann dem eigentlichen Forschungsin-

teresse der Arbeit nachgegangen werden: Wie ist die von Deutschland im Rahmen der inter-

nationalen Statebuilding-Intervention im Afghanistankrieg verfolgte Strategie im Hinblick auf

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ihre strategische Kohärenz zu bewerten. Neben der Frage nach der strategischen Kohärenz des deutschen Engagements in Bezug auf das auch von Deutschland offiziell verfolgte Statebuil- ding-Ziel bzw. auf den zugrunde liegenden Zweck der "Verteidigung am Hindukusch" steht im Mittelpunkt des Interesses, wie die deutsche Afghanistan-Strategie in Bezug auf die au- ßen- und sicherheitspolitische Grand Strategy, d.h. in Bezug auf ihren Nutzen für die von Deutschland verfolgten bzw. unter Berücksichtigung der Restriktionen deutscher (Außen- und) Sicherheitspolitik in der Welt des 21. Jahrhunderts zu verfolgenden gesamtstrategischen Ziele zu bewerten ist.

Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert: Im ersten Teil (Kapitel 2) sollen die theoretischen und methodischen Grundlagen geschaffen werden, die es im zweiten Teil (Kapitel 3) ermög- lichen, das internationale und insbesondere das deutsche Afghanistan-Engagement auf seine strategische Kohärenz hin kritisch zu analysieren und zu überprüfen. In Kapitel 2 wird, da das internationale Engagement von Anfang an in einem kriegerischen Umfeld stattfand, zunächst auf den Kriegstheoretiker der Neuzeit, Carl von Clausewitz, eingegangen: Denn in seinem Werk Vom Kriege setzt er sich nicht nur mit dem Wesen des Krieges auseinander, sondern er entwirft auch eine Handlungstheorie, die die Grundlage für das zur Analyse der internationa- len und deutschen Afghanistan-Strategie herangezogene und vorzustellende "Beckmannsche Modell (zur Analyse) strategischen Handelns" liefert (2.1). In einem zweiten Schritt soll, da sich, wie der Afghanistan-Krieg exemplarisch verdeutlicht, das Wesen des Krieges im Ver- gleich zum zwischenstaatlichen Krieg, den Clausewitz analysierte, geändert hat, auf die seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neu aufgetauchten Erscheinungsformen des Krieges eingegangen und die daraus resultierenden Anforderungen an staatliche Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert aufgezeigt werden (2.2). Auf der Grundlage der in Punkt (2.1) und (2.2) ge- wonnenen Erkenntnisse lässt sich erstens das auf Clausewitz aufbauende Modell (zur Analy- se) strategischen Handelns entsprechend dem vorliegenden Kriegstyp (Statebuilding- Intervention in kriegerischem Umfeld) bzw. dem dieser Arbeit zugrunde liegenden zivil- militärischen Strategieverständnis dahingehend modifizieren, dass eine logische Analyse der internationalen und deutschen Strategie möglich wird; außerdem kann zweitens unter Anwen- dung des modifizierten Modells eine idealtypische (Statebuilding-)Strategie skizziert werden, die in einem Kriegstyp wie in Afghanistan von der Staatengemeinschaft verfolgt werden muss, um den zugrunde liegenden Zweck bzw. das verfolgte Statebuilding-Ziel zu verwirkli- chen, und die in ihrer idealtypischen Form als Vergleichsgröße für die Analyse, Einordnung und Bewertung der internationalen und deutschen Strategie herangezogen werden kann (2.3).

In Kapitel 2 soll also ein geeignetes Instrument (modifiziertes Modell) bzw. Kriterien (ideal-

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typische Strategie) geschaffen werden, um im Analyseteil der Arbeit das internationale Enga- gement und das von Deutschland im Rahmen der internationalen Statebuilding-Intervention unternommene Afghanistan-Engagement auf seine strategische Kohärenz hin zu überprüfen.

Das zweite Kapitel abschließend sollen die internationale und deutsche Strategie kritisch be- trachtet werden und die Thesen bezüglich der internationalen und deutschen Strategie aufge- stellt werden, die im analytischen Teil überprüft werden sollen.

Zu Beginn der Analyse (Kapitel 3), in der anhand des vorzustellenden modifizierten Beckmannschen Modell (zur Analyse) strategischen Handelns die von Deutschland im Rah- men des internationalen Statebuilding-Engagements in Afghanistan in den Jahren 2001 bis 2010 verfolgte Strategie in Bezug auf ihre strategische Kohärenz kritisch überprüft und be- wertet werden soll, werden im Geiste von Clausewitz bzw. der Logik des Modells folgend zunächst die Restriktionen und Rahmenbedingungen deutscher (Außen-) und Sicherheitspoli- tik bzw. des deutschen Afghanistan-Engagements analysiert. Anhand dieser Analyse und un- ter Anwendung des Modells strategischen Handelns lassen sich so die in Ableitung von der Grand Strategy dem deutschen Afghanistan-Engagement "eigentlich" zugrunde liegenden politischen Zwecke und strategischen Ziele benennen (3.1). Bei der anschließenden Analyse anhand des Modells strategischen Handelns soll folgendermaßen vorgegangen werden: Be- trachtet wird das strategische Handeln Deutschlands im Zeitraum 2001 bis 2010. Da das deut- sche Engagement in das internationale Gesamtengagement eingebettet ist bzw. die deutsche Strategie in Abhängigkeit der internationalen Gesamtstrategie steht, muss sowohl die interna- tionale als auch die deutsche Strategie auf ihre strategische Kohärenz im Hinblick auf das verfolgte Statebuilding-Ziel hin überprüft werden. In einem ersten Schritt wird das deutsche Handeln also im Hinblick auf den geäußerten Zweck der Verteidigung am Hindukusch bzw.

dem offiziell verfolgten Statebuilding-Ziel analysiert (3.2). Die Ergebnisse dieser Analyse

und damit die Einordnung und Bewertung des deutschen Beitrags zum internationalen Ge-

samtengagement ermöglichen abschließend eine kritische Bewertung und Einordnung des

deutschen Afghanistan-Engagements im Hinblick auf die "eigentlich" zugrunde liegenden

Ziele und Zwecke des deutschen Afghanistan-Strategie bzw. die strategische Kohärenz in

Bezug auf die Grand Strategy Deutschlands (3.3).

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2. Clausewitz, das Chamäleon Krieg und Strategien staatlicher Akteure bei Statebuil- ding-Interventionen

Deutschland ist in Afghanistan in einen Krieg involviert – seit Beginn seines Engagements.

Dieser Ansicht liegt keine völkerrechtliche Definition von Krieg zugrunde, nach der Krieg einen Konflikt zwischen Staaten darstellt, sondern eine kriegstheoretische Definition. Für das Vorhaben dieser Arbeit, die von Deutschland im Rahmen der internationalen Statebuilding- Intervention verfolgte Strategie zu analysieren und zu bewerten, erscheint es daher sinnvoll, sich zunächst mit dem Klassiker der Kriegstheorie – dem Werk Vom Kriege von Carl von Clausewitz (1780 bis 1831) – auseinanderzusetzen, denn in diesem Werk ergründet Clause- witz das Wesen des Krieges und entwickelt auf der Grundlage der so gewonnenen Erkennt- nisse eine Handlungstheorie, aus der sich ein Modell zur strategischen Planung eines Krieges sowie zur kritischen Analyse und Bewertung vergangenen strategischen Handelns in einem Krieg ableiten lässt. Ein Modell, das sich in modifizierter Form auch zur Planung und Analy- se heutiger kriegerischer Konflikte nutzen lässt; denn obwohl die allgemeinen Verhältnisse und speziell die Erscheinungsformen des Krieges sowie die Strategien der Kriegsführung und die in ihnen eingesetzten Mittel während der letzten 200 Jahre einem ständigen Wandel un- terworfen waren, besitzen viele seiner Erkenntnisse – zumindest für staatliche Akteure, die in Kriege involviert sind – nach wie vor Gültigkeit und mit Hilfe der von Clausewitz in Vom Kriege angewandten Denkmethode und der gewonnenen Begrifflichkeiten lassen sich auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts sicherheitspolitisch relevante Fragen erörtern. 1

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts unterliegt das Phänomen Krieg einem tief greifenden Wan- del, der nicht nur durch eine Veränderung seiner (zwischenstaatlichen) Erscheinungsform, sondern durch die Wandlung seines Wesens an sich charakterisiert zu sein scheint. Ersteres zeigt sich darin, dass lediglich ein Drittel der seit dem Jahr 1945 geführten Kriege zwischen- staatlicher Natur waren und dass der typische Krieg seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- derts innerhalb von Staaten (bzw. transnational) geführt wird. 2 Diese innerstaatliche Erschei- nungsform des Krieges impliziert, dass in den heutigen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Mehrzahl der zukünftigen Kriege neben Staaten immer auch nichtstaatliche Ak- teure mit unterschiedlichen Motiven und Absichten involviert sein können. Wie das Beispiel

1 Vgl.: Hahlweg, Werner: Das Clausewitzbild einst und jetzt, in: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege: Hinterlas- senes Werk des Generals Carl von Clausewitz: Vollständige Ausgabe im Urtext, drei Teile in einem Band, 19.

Auflage, Bonn 1980, S. 1 ff.

2 Vgl.: Schreiber, Wolfgang: Die Kriege in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und danach, in: Rabehl,

Thomas/Schreiber, Wolfgang (Hrsg.) - Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF): Das Kriegsge-

schehen 2000. Daten und Tendenzen der Kriege und bewaffneten Konflikte, Opladen 2001, S. 11 ff.

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des (Bürger-)Krieges im gescheiterten Staat Afghanistan während der Taliban-Herrschaft in den Jahren 1996 bis 2001 zeigt, scheint es das Phänomen Krieg sogar ganz ohne Beteiligung staatlicher Akteure zu geben, was zu einer weiteren Diversifizierung des herkömmlichen Kriegsbegriffs und der darauf basierenden Definitionen führen muss. 3 Die Herauslösung des Phänomens Krieg aus seiner rein zwischenstaatlichen Erscheinungsform und das damit ver- bundene Auftauchen verschiedenster nichtstaatlicher Akteure auf der Kriegsbühne legen die Vermutung nahe, dass sich das Wesen des Krieges im Vergleich zum klassischen Staaten- krieg nach Clausewitz gewandelt hat. Clausewitz' Aussage, nach der der Krieg „ein wahres Chamäleon“ 4 sei, gewinnt unter diesem Gesichtspunkt eine ganz neue Bedeutung. Daher muss, um das Phänomen Krieg zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Allgemeinen zu verstehen sowie das strategische Handeln Deutschlands im Afghanistankrieg im Speziellen zu analysie- ren, ergänzend zu Clausewitz' theoretischer Auseinandersetzung mit dem Phänomen des (zwi- schenstaatlichen) Krieges auf die neuen Erscheinungsformen der Kriege, auf die daraus ab- leitbaren Veränderungen bezüglich ihres Wesens und auf die sich daraus ergebenden Anfor- derungen an ein erfolgreiches strategisches Handeln seitens staatlicher Akteure in ihnen ein- gegangen werden. Wie zu zeigen sein wird, offenbart sich dieser Wesenswandel des Krieges im Kern darin, dass das kriegerische Handeln, d.h. die Kriegsführung nichtstaatlicher Akteure einer anderen Logik folgt als die der staatlichen Akteure, für die nach wie vor Clausewitz' berühmte Formel, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei, Gültig- keit besitzt. Die Anwendung der von Clausewitz entwickelten Handlungstheorie bzw. der auf dieser Theorie basierenden Konzepte und Modelle zur Planung oder Analyse strategischen Handelns in einem bestimmten Krieg kann in Bezug auf die heutigen Kriege daher nur erfolg- reich sein, wenn man sich erstens der Handlungslogik in Bezug auf die Zwecke, Ziele und

3 So definiert die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) in Anlehnung an den ungarischen Friedensforscher Istvan Kende Krieg „als einen gewaltsamen Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale aufweist: (a) an den Kämpfen sind mindestens zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt; (b) auf beiden Seiten muss eine Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation der Kriegfüh- renden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Vertei- digung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.); (c) die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuierlichkeit und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig, ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.“ Wenn diese Kriterien nicht in vollem Um- fang erfüllt sind, spricht die AKUF von bewaffneten Konflikten, die sich laut AKUF meistens in Bezug auf die Kontinuität der Kampfhandlungen von Kriegen unterscheiden. Im Krieg im gescheiterten Staat Afghanistan in den Jahren 1996 bis 2001 traf, wenn man von der Annahme ausgeht, dass die Taliban keine Regierung im her- kömmlichen Sinn gestellt haben, Punkt (a) der AKUF-Kriegsdefinition nicht zu, trotzdem handelte es sich die anderen Punkte der Kriegsdefinition betreffend eindeutig um einen Krieg. Online unter: http://www.sozialwiss.

uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/index.htm [Stand: August 2011].

4 Clausewitz, Carl von: Vom Kriege: Hinterlassenes Werk des Generals Carl von Clausewitz: Vollständige Aus-

gabe im Urtext, drei Teile in einem Band, Bonn 1980, S. 212.

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Mittel der ausgeübten kriegerischen Gewalt durch nichtstaatliche Akteure und damit der inne- ren Logik der nicht zwischenstaatlichen Kriege bewusst wird und wenn man zweitens eine Anpassung der strategischen Konzepte und Modelle, die auf Clausewitz' Handlungstheorie basieren, entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse vornimmt; denn wenn es in einem Krieg zur Konfrontation zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren kommt, dann treffen, anders als im Clausewitzschen Krieg, zwei Akteure aufeinander, die neben ihrem grundsätz- lich ungleichen Kräfteverhältnis auch in Bezug auf ihre Legitimation und den daraus resultie- renden Restriktionen ihres Handelns sowie schließlich daraus resultierend in Bezug auf ihre Kriegsführung und ihre verfolgten Strategien in einer asymmetrischen Beziehung zueinander stehen. Das bedeutet, dass zum einen die auf Clausewitz' Kriegstheorie beruhenden Erkennt- nisse, insbesondere die Logik der Zweck-Ziel-Mittel-Korrelation in Bezug auf ein Erfolg ver- sprechendes strategisches Handeln, für die Kriegsführung von Staaten in ihrer Grundsätzlich- keit nach wie vor Gültigkeit besitzen und daher als Grundlage für Modelle zur strategischen Planungen bzw. Analyse kriegerischen Handelns dienen können, gleichzeitig aber die Model- le, die auf Clausewitzens Handlungstheorie basieren, entsprechend der Erkenntnis, dass die Kriegsführung privater Gewaltakteure einer anderen Logik folgt bzw. die Anforderungen an das strategische Handeln von Staaten im Kampf gegen private Gewaltakteure andere sind als bei einem zwischenstaatlichen Krieg, modifiziert werden müssen. Ziel dieses Kapitels ist es daher, erstens ein solches modifiziertes Modell (zur Analyse) strategischen Handelns, auf dessen Grundlage im analytischen Teil dieser Arbeit die im Rahmen der internationalen Sta- tebuilding-Intervention von Deutschland verfolgte Afghanistan-Strategie untersucht werden kann, zu entwickeln, und zweitens die notwendige Grundausrichtung der von staatlichen Ak- teuren verfolgten Strategien bei einem Krieg wie in Afghanistan zu beschreiben, um so die deutsche (und die internationale) Afghanistan-Strategie in Bezug auf ihre strategische Kohä- renz besser einordnen und bewerten zu können.

In einem ersten Schritt (2.1) soll Clausewitz' Suche nach einem universal gültigen Kriegs-

begriff sowie seine Thesen zum Verhältnis von Krieg und Politik anhand der von ihm ver-

wendeten Denkmethode dargelegt werden. Neben dem Erkenntnisgewinn über die Natur des

Krieges verfolgte Clausewitz mit seinen kriegstheoretischen Reflexionen auch das praktische

Ziel, an strategische Fragen wissenschaftstheoretisch richtig heranzugehen und so dem strate-

gischen Handeln in der Praxis eine Orientierungshilfe zu liefern. Hierin liegt der zentrale

Wert von Clausewitzens Kriegstheorie, die er in Vom Kriege entwickelt hat, für das Vorhaben

dieser Promotionsarbeit, die im Rahmen des multilateralen Statebuilding-Engagements von

Deutschland verfolgte Afghanistan-Strategie zu analysieren und zu bewerten: Mit Hilfe der in

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der Kriegstheorie von Clausewitz gewonnenen Begrifflichkeiten lässt sich ein Modell strate- gischen Handelns, das sowohl zur Planung künftigen Kriegshandelns als auch zur kritischen Analyse und Bewertung vergangenen strategischen Handelns genutzt werden kann, entwer- fen. Den Punkt 2.1 abschließend soll das Modell (zur Analyse) strategischen Handelns, wie es von Rasmus Beckmann in Anlehnung an Clausewitzens Handlungstheorie sowie der daraus abgeleiteten Begriffe und Zusammenhänge entwickelt wurde und das die Grundlage des in dieser Arbeit angewandten Modells liefert, vorgestellt werden. 5 Um dieses Modell für eine analytische Untersuchung der deutschen Afghanistan-Strategie nutzen zu können, muss in einem zweiten Schritt zunächst auf die veränderten Formen des Krieges, auf die neu aufge- tauchten Bedrohungen der westlichen Sicherheitsinteressen sowie auf das neue Verständnis von Sicherheit bzw. auf die Anforderungen an staatliche Sicherheitspolitik zu Beginn des 21.

Jahrhunderts eingegangen werden (2.2). Erst vor dem Hintergrund dieser Beschreibung kann in einem dritten Schritt (2.3) das dieser Arbeit zugrunde liegende (erweiterte) Verständnis von Strategie erfasst werden sowie eine Modifikation des Beckmannschen Modells (zur Analyse) strategischen Handelns entsprechend dieses Strategieverständnisses vorgenommen werden.

Außerdem können auf Grundlage der in Punkt 2.2 gewonnenen Erkenntnisse bzw. auf Grund- lage einer näheren Beschreibung des speziellen in Afghanistan stattfindenden Krieges sowie unter Anwendung des Modells strategischen Handelns die Anforderungen an das strategische Handeln staatlicher Akteure bei Interventionen wie in dem vorliegenden und zu untersuchen- den Fall Afghanistan beleuchtet werden; das zweite Kapitel abschließend soll ein kritischer Blick auf die internationale und deutsche Afghanistan-Strategie geworfen werden und die Thesen bezüglich der deutschen Strategie aufgestellt werden, die im anschließenden Analyse- teil (Kapitel 3) der Arbeit überprüft werden sollen.

2.1 Clausewitz` Kriegstheorie und ein Modell strategischen Handelns

Bevor im Folgenden Clausewitz' theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Krieges nachgezeichnet (2.1.1) sowie seine Handlungstheorie bzw. das darauf aufbauende Beckmannsche Modell strategischen Handelns vorgestellt wird (2.1.2), erscheint es sinnvoll,

5 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008): Clausewitz, Terrorismus und die NATO-Antiterrorstrategie: Ein Modell

strategischen Handelns, in: Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Außenpolitik (AIPA 3/2008), S. 19 ff,

online unter: www.jaeger.uni-koeln.de/fileadmin/templates/publikationen/aipa/AIPA03_2008_Beckmann.pdf

[Stand: August 2011]; und vgl.: Beckmann, Rasmus (2011): Clausewitz trifft Luhmann, Wiesbaden 2011, S. 107

ff.

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einen kurzen Blick auf die Entstehung des Werkes zu werfen, um Clausewitz` Gedanken und geistige Entwicklung besser zu verstehen.

Mit der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen begann ein neues Zeitalter nicht nur im gesellschaftspolitischen Sinn, sondern auch in Bezug auf die Kriegsfüh- rung: Krieg wurde nicht mehr von vorsichtig handelnden Fürsten, ihren Kabinetten und Hee- ren quasi als „verstärkte Diplomatie“ 6 geführt, sondern er war plötzlich Sache des ganzen (französischen) Volkes, wodurch den angestrebten Zielen, eingesetzten Mitteln und unter- nommenen Anstrengungen keine Grenzen mehr gesetzt waren und somit erhöhte sich die ganze Energie der Kriegsführung ungemein. Seit Bonaparte, so Clausewitz, „hat der Krieg […] eine ganz andere Natur angenommen, oder vielmehr, er hat sich seiner wahren Natur, seiner absoluten Vollkommenheit sehr genähert“. 7 Clausewitz war von dieser absoluten Form des Krieges so beeindruckt, dass er in seinem gesamten ersten Entwurf von Vom Kriege, den er ab dem Jahr 1818 schrieb, nur über den "absoluten Krieg", wie er von Napoleon geführt wurde, d.h. vom Krieg ohne Beschränkungen schrieb. Politik als begrenzender Faktor des Absoluten spielte in seinen Überlegungen zunächst keine Rolle, auch wenn er schon früher die Verbindungen zwischen Politik und Krieg erkannt hatte. Wie die Clausewitz-Forschung nachweisen konnte, erkannte Clausewitz erst im Jahr 1827, dass seine Analyse zu sehr auf diese absolute Erscheinungsform des Krieges ausgerichtet war, um daraus allgemeingültige theoretische Schlussfolgerungen über den Krieg abzuleiten. Clausewitz wurde klar, dass er seine Kriegstheorie gemäß den Konsequenzen, die aus der Verbindung zwischen Politik und Krieg ableitbar sind, überarbeiten muss. 8 Nun begann Clausewitz den Gedanken, dass der Krieg ein Instrument der Politik ist, in Vom Kriege einzuarbeiten, wodurch das Phänomen des begrenzten Krieges, das wie Clausewitz erkannte, in vergangenen und wahrscheinlich auch in zukünftigen Kriegen häufiger vorkommt als die absolute Form des Krieges, erklärbar wurde:

Denn begrenzte politische Ziele führen zu begrenzten Kriegszielen. Diese Einsicht erlangte Clausewitz, während er das siebte und achte Buch von Vom Kriege schrieb, und, nachdem er diese beendet hatte, begann er, die ersten sechs Bücher von Vom Kriege gemäß der neuen Erkenntnisse zu überarbeiten. Allerdings konnte er die Überarbeitung nicht abschließen.

Nachdem er im Jahr 1830 wieder in den aktiven Militärdienst eingetreten war, erlag er im November des Jahres 1831 in Breslau der Cholera. 9 Clausewitz konnte lediglich das erste und zweite Buch teilweise überarbeiten, wobei er selbst nur mit dem ersten Kapitel des ersten Bu-

6 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 968.

7 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 972.

8 Vgl.: Aron, Raymond: Clausewitz – Den Krieg denken, Frankfurt am Main 1980, S. 92 ff.

9 Vgl.: Heuser, Beatrice: Clausewitz lesen!, München 2005, S. 34 ff.

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ches zufrieden war; auch im achten Buch sind seine neuen Erkenntnisse über den begrenzen- den Faktor der Politik schon enthalten. Nach Kondylis bilden das erste Kapitel des ersten Bu- ches und das achte Buch eine gedankliche Einheit, wobei Clausewitz das erste Buch entspre- chend den im achten gewonnenen Erkenntnissen überarbeitet habe. 10

Im Folgenden wird daher, dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Interesse entsprechend, nur auf das erste Kapitel des ersten Buches sowie auf das achte Buch des Werkes Vom Kriege eingegangen, aus deren Inhalt sich das von Beckmann entwickelte und in dieser Arbeit ange- wendete Modell (zur Analyse) strategischen Handelns ableitet.

2.1.1 Der Begriff des Krieges bei Carl von Clausewitz

Carl von Clausewitz verfolgt in seinem Werk Vom Kriege im Gegensatz zu vielen anderen von ihm kritisierten Kriegstheoretiker seiner Epoche nicht das Ziel, Grundsätze und Metho- den der Kriegsführung, d.h. eine anwendbare Lehre zu entwickeln. Mit Hilfe der Logik und seiner philosophisch dialektischen Methode, die Theorie und Praxis in Einklang bringt, analy- siert er das Phänomen des (zwischenstaatlichen) Krieges, um so das Wesen des Krieges selbst zu erfassen. 11 Vom abstrakten Begriff des Krieges ausgehend beleuchtet er zunächst dessen innere Zusammenhänge ohne die komplexen Umweltbedingungen einzubeziehen und erwei- tert die Analyse schließlich Schritt für Schritt um realistische Annahmen, d.h. er überprüft die Theorie anhand der Praxis und leitet daraus neue Erkenntnisse ab. 12 Ausgehend von der An- nahme, dass das Phänomen Krieg eine zwischenstaatliche Angelegenheit sei, analysiert er die jüngere Kriegsgeschichte (er studierte mehr als 130 Feldzüge der neueren Kriegsgeschichte) sowie die politischen und militärischen Entwicklungen und tief greifenden Veränderungen der napoleonischen Zeit. Clausewitz' theoretisches Werk Vom Kriege wurde so zur umfassendsten Untersuchung über die Grundprinzipien des Krieges, die den Geist des Lesers schult, d.h. ihm eine Analysemethode bereitstellt und ihm Maßstäbe liefert, um das Phänomen Krieg zu ver- stehen und zu beurteilen. Darin liegt neben der andauernden Gültigkeit bestimmter Grundthe- sen über das Wesen des Krieges der zeitlose Wert seines Werkes und darum ist Vom Kriege auch heute noch dem Zweck der Kriegsführung und der Analyse strategischen Handelns eines vergangenen Krieges dienlich. 13

10 Vgl.: Kondylis, Panajotis: Theorie des Krieges, Stuttgart 1988, S. 62 ff.

11 Vgl.: Hahlweg, Werner, a.a.O. (FN 1), S. 4 ff.

12 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O.(FN 5), S. 3.

13 Vgl.: Hahlweg, Werner, a.a.O. (FN 1), S. 8 ff.

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Gemäß der oben skizzierten Methode der Theoriebildung beginnt Clausewitz in Vom Krie- ge „mit einem Blick auf das Wesen des Ganzen“ 14 : Demnach ist der Krieg „also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“ 15 , der als erweiterter Zweikampf zur Machtausübung zu verstehen ist, d.h. dass also im Krieg beide Seiten physi- sche Gewalt anwenden, um den Gegner zur Erfüllung des jeweils eigenen Willens zu zwin- gen. Physische Gewalt ist das Mittel, um den (politischen) Zweck, nämlich dem Gegner sei- nen Willen aufzuzwingen, zu erreichen. Um diesen Zweck sicher zu erreichen, muss der Geg- ner wehrlos gemacht werden, d.h. das Ziel der kriegerischen Handlung ist die Wehrlosigkeit des Feindes. Damit ist der Krieg in seiner Grundform erfasst und die wichtigen Grundbegriffe sind benannt: Mit dem Mittel der physischen Gewalt soll das Ziel erreicht werden, den Gegner wehrlos zu machen, um den Zweck, dem Gegner den eigenen Willen aufzuzwingen, zu erfül- len. Das Ziel, so Clausewitz, „vertritt den [politischen] Zweck und verdrängt ihn gewisserma- ßen als etwas nicht zum Kriege selbst gehöriges“ 16 .

Anknüpfend an diese Grunddefinition vom Wesen des Krieges beginnt Clausewitz, sich in den folgenden Punkten dem Phänomen des Krieges zu nähern, indem er „vom Einfachen zum Zusammengesetzten fortschreitet“ 17 : Er betrachtet den Krieg daher zunächst als abstraktes Modell in seiner idealen Form, um daraus die Erkenntnisse abzuleiten, die dem Krieg selbst angehören. In diesem Modell des Krieges gibt es nur zwei Kriegsparteien, die jeweils als ein- heitliche Akteure zu sehen sind; die kriegerische Handlung, die kein Vorher und Nachher kennt, umfasst eine einzige oder eine Reihe gleichzeitiger Handlungen. Clausewitz lässt den Krieg quasi in einem "Reagenzglas" ablaufen. 18 Unter diesen Bedingungen wird, so Clause- witz, von der Feindschaft und dem Hass angetrieben immer diejenige Partei an Übergewicht gewinnen, die die Gewalt schonungsloser einsetzt, woraus folgt, dass beide Parteien ihren Gewalteinsatz bis zum Äußersten steigern. 19 Das gilt zunächst für die Ziele, welche von den Gegnern jeweils angestrebt werden: Solange eine Partei die andere nicht vollständig nieder- geworfen hat, besteht die Gefahr, dass man selbst durch den Gegner wehrlos gemacht wird.

Im "Reagenzglaskrieg" herrscht also bezüglich der angestrebten Kriegsziele das Gesetz des Äußersten. 20 Daraus folgt, dass auch die jeweilige Anstrengung zur Erreichung der Ziele wie- der in Richtung des Äußersten tendiert: Die Anstrengung einer Partei bemisst sich aus der

14 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 191.

15 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 191ff.

16 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 192.

17 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 191.

18 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 6.

19 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S.192 ff.

20 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 194 ff.

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Abschätzung der feindlichen Widerstandskraft, die das Produkt aus den vorhandenen Mitteln und der Stärke der Willenskraft ist. Clausewitz merkt hier an, dass sich die Größe der Mittel zwar noch einigermaßen bestimmen lässt, die Stärke der Willenskraft sich aber nur in Anleh- nung an die Stärke des vermuteten gegnerischen Motivs abschätzen lässt. Die eigene An- strengung beruht daher auf einem Wahrscheinlichkeitskalkül. Im "Reagenzglaskrieg" führt dies dazu, dass sich beide Seiten in ihren Anstrengungen wechselseitig bis zum Äußersten überbieten. 21 Clausewitz stellt in Bezug auf den Krieg, der losgelöst von realen Bedingungen gedacht wird, zusammenfassend fest:

„So findet in dem abstrakten Gebiet des bloßen Begriffs der überlegende Verstand nirgends Ruhe, bis er an dem Äußersten angelangt ist, weil er es mit einem Äußersten zu tun hat, mit einem Konflikt von Kräften, die sich selbst überlassen sind, und die keinen anderen Gesetzen folgen als ihren Inneren“. 22

Obwohl ein solcher bis zum äußersten eskalierender Krieg keine Entsprechung in der Wirk- lichkeit haben kann, so zeigen diese grundsätzlichen Überlegungen zum Wesen des Krieges doch die Tendenzen auf, die potentiell in jedem wirklichen Krieg vorhanden sind: Krieg ist demnach immer ein Mittel zur Ausübung von Macht und wird zu einem zu bestimmenden Zweck geführt. Um diesen Zweck zu erfüllen, müssen bestimmte militärische Ziele erreicht werden, die wiederum die Wahl der Mittel bestimmen. Außerdem lauert in ihm immer die Gefahr der Eskalation, da der Krieg von zwei Parteien geführt wird, die von Emotionen wie Feindschaft und Hass gelenkt werden und die unsicher in Bezug auf die Stärke und die Ab- sichten des Gegners sind. Schon die Erkenntnisse, die Clausewitz bei seinen Überlegungen zum Wesen des Krieges gewinnt, wenn er diesen in seiner abstrakten Form unter Ausschluss realer Bedingungen in einem "Reagenzglas" ablaufen lässt, legen nahe, dass der Krieg kein sehr präzises Instrument zur Erreichung von Machtzwecken darstellt. 23

In den folgenden Abschnitten des ersten Kapitels von Vom Kriege geht Clausewitz nun da- zu über, den abstrakten "Reagenzglaskrieg" um realistische Annahmen und Voraussetzungen zu erweitern. Der "Reagenzglaskrieg" wird so zum realen bzw. "politischen Krieg": 24 Zu- nächst, so stellt Clausewitz klar, ist der Krieg kein isolierter Akt, der urplötzlich entsteht, son- dern er geht aus einem politischen Zustand hervor. Daher kennen die Gegner sich und ihre Absichten, wenn auch nicht vollkommen, so doch zumindest ungefähr. Außerdem, so Clau- sewitz weiter, unterliegt der Mensch grundsätzlich seiner unvollkommenen Organisation, was sich zusätzlich mäßigend auf die Konfliktparteien, ihre Absichten und somit den Krieg aus-

21 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 195.

22 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 195.

23 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 7 ff.

24 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 10 ff.

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wirkt. 25 Die Prämisse des "Reagenzglaskrieges", dass der Krieg aus nur einer einzigen oder mehreren gleichzeitigen Handlungen besteht und somit alle Vorbereitungen auf die endgültige Entscheidung des Krieges zum Äußersten tendieren, wird im realen Krieg ebenfalls abge- schwächt; denn es liegt, so gibt Clausewitz zu bedenken, an der Natur der einsetzbaren Kräfte – diese Kräfte umfassen die Streitkräfte, das Staatsgebiet samt Bevölkerung sowie die Bun- desgenossen –, dass sie nicht alle gleichzeitig und wirksam verwendet werden können. Da die Entscheidung über den Ausgang des Krieges in mehreren, zeitlich getrennten Handlungen fällt, mäßigt dies die Gegner grundsätzlich in ihrem Handeln. 26 Und schließlich, so merkt Clausewitz an, ist das Resultat einer kriegerischen Auseinandersetzung nie etwas Absolutes, was ebenfalls zu einer Mäßigung führt, da beide Seiten wissen, dass sie die politischen Ver- hältnisse auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zu ihren Gunsten ändern können. 27 Allein dadurch, dass der "politische Krieg" im Gegensatz zum "Reagenzglaskrieg" in Raum und Zeit verortet ist, wandelt er sich grundlegend: 28 Denn obwohl auch im "politischen Krieg" eine zum Äußersten tendierende Anstrengung nur von Vorteil wäre, scheut sich der Mensch, im Wissen um die gezügelte Anstrengung des Gegners und um die Möglichkeit einer späteren Entscheidung, vor allzu großen Anstrengungen. 29 Hier wird das von Clausewitz zugrunde gelegte Menschenbild, das in seinen theoretischen Überlegungen zum Krieg eine wichtige Rolle einnimmt, deutlich erkennbar: Der Mensch als zwiespältiges Wesen, das sich von Ge- fühlen leiten und lenken lässt. Daher ist auch das kriegerische Handeln des Menschen einem unaufhebbaren Zwiespalt unterworfen: Einerseits treibt ihn durch Gefühle wie Feindschaft und Hass angestachelt die Kampfeslust an, andererseits wird diese durch seine geistige Be- schränktheit und Furcht gezügelt. 30

Zusammenfassend stellt Clausewitz fest: Durch die Erweiterung des "Reagenzglaskrieges"

um realistische Annahmen

„[…] wird dem ganzen kriegerischen Akte das strenge Gesetz der nach dem Äußersten getriebenen Kräfte genommen. Wird das Äußerste nicht mehr gefürchtet und nicht mehr gesucht, so bleibt dem Urteil überlas- sen, statt seiner die Grenzen für die Anstrengungen festzustellen, und dies kann nur aus den Daten, welche die Erscheinungen der wirklichen Welt darbieten, nach Wahrscheinlichkeitsgesetzen geschehen.“ 31

Der abstrakte "Reagenzglaskrieg" wird zum wirklichen, zum "politischen Krieg", in dem Staaten und Regierungen, die in das ihr Handeln limitierende internationale System eingebet-

25 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 196 ff.

26 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 197 ff.

27 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 199.

28 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 11.

29 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 198 ff.

30 Vgl.: Kondylis, Panajotis, a.a.O. (FN 10), S. 19 ff.

31 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 199.

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tet sind, die entscheidenden Akteure sind. 32 Deren Handeln wird erstens, wie oben beschrie- ben, grundsätzlich durch das schwache menschliche Naturell beschränkt und beruht zweitens auf einer Abschätzung der Fähigkeiten und Absichten des Gegners und einer Anpassung der eigenen Anstrengungen an diese Beurteilung. 33 Ein "politischer Krieg" entsteht also aus den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen heraus (zu denen auch die internationale Politik ge- hört), wobei das tatsächliche politische Handeln nur in dem durch die gesamtgesellschaftli- chen Verhältnisse vorgegebenen Möglichkeitsraum erfolgen kann und dabei einer gewissen Zweckrationalität folgt. 34

Deshalb führt Clausewitz im Folgenden bei seiner Untersuchung des Phänomens Krieg un- ter Berücksichtigung realistischer Annahmen den politischen Zweck des Krieges, den er bei den Überlegungen zum Wesen des Krieges zunächst beiseite geschoben hat, als Variable wie- der ein; denn sobald das Gesetz des Äußersten, das „diesen Zweck bisher gewissermaßen ver- schlungen hat“, durch die realistischen Annahmen relativiert wird, tritt „der politische Zweck als das ursprüngliche Motiv des Krieges“ wieder hervor, der „das Maß [ist], sowohl für das Ziel, welches durch den kriegerischen Akt erreicht werden muss, als für die Anstrengungen, die erforderlich sind“ 35 . Ganz allgemein und vereinfacht bedeutet dies: Je unbedeutender der politische Zweck ist, desto geringer werden auch die Anstrengungen sein, um das dem Zweck entsprechend festgesetzte Ziel zu erreichen. Allerdings, so fährt er fort, kann man aus einem bestimmten Zweck nicht automatisch das Ziel und die Anstrengungen ableiten, das erreicht und die unternommen werden müssen, um diesen Zweck zu erfüllen. Vielmehr muss zunächst auf die spezifischen Umstände im Verhältnis der betroffenen Staaten und Völker geschaut werden: Denn für das Erreichen eines bestimmten politischen Zwecks können von verschie- denen Staaten oder sogar vom selben Staat zu unterschiedlichen Zeiten im Verhältnis zum gegnerischen Staat ganz verschiedene Ziele, die erreicht, und Anstrengungen, die unternom- men werden müssen, definiert werden. Außerdem kann ein politisches Motiv je nach dem Verhältnis der Staaten zueinander zu unterschiedlichen Wirkungen in Bezug auf die Festset- zung der Ziele und die zu unternehmenden Anstrengungen führen. Wenn also beispielsweise die Feindschaft zwischen zwei Staaten groß ist, kann trotz eines unbedeutenden politischen Motivs der Krieg förmlich explodieren. 36 Mit Blick auf die Bedeutung des politischen Zwecks als Variable in seiner Theorie des Krieges bemerkt Clausewitz abschließend: „und so erklärt

32 Zum speziellen "doppelten Politikbegriff" bei Clausewitz vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S.

12 ff; und vgl.: Beckmann Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 105 und 108.

33 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 199 ff.

34 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 13 ff.

35 Clausewitz, Carl von, a.a.0: (FN 4), S. 200.

36 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 200 ff.

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es sich, wie ohne inneren Widerspruch es Kriege mit allen Graden von Wichtigkeit und Ener- gie geben kann, von dem Vernichtungskriege hinab bis zur bloßen bewaffneten Beobach- tung.“ 37 Aus diesen gewonnenen Einsichten und Erkenntnissen über den realen "politischen Krieg", der in mehrere zeitlich und räumlich getrennte Kampfhandlungen zerfällt und von politisch organisierten Kollektivakteuren geführt wird, sowie den daraus entstehenden Anfor- derungen zur Führung eines solch komplexen Krieges, leitet Clausewitz auch die Begriffe Taktik und Strategie ab: 38 „Es ist also […] die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräf- te im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krie- ges“. 39 Taktik beschreibt also das Handeln innerhalb der Gefechte, Strategie die Koordination der Gefechte in Raum und Zeit. 40

Am Ende des ersten Kapitels des ersten Buches fasst Clausewitz die gewonnenen Erkennt- nisse über den Krieg der wirklichen (Staaten-)Welt und sein Verhältnis zur Politik zusammen.

Zunächst hält er fest: „Der Krieg einer Gemeinheit – ganzer Völker – und namentlich gebilde- ter Völker geht immer von einem politischen Zustande aus und wird nur durch ein politisches Motiv hervorgerufen. Er ist also ein politischer Akt“ 41 . Damit widerspricht Clausewitz der damals vorherrschenden Meinung, dass der Krieg, sobald er von der Politik hervorgerufen wird, an ihre Stelle tritt und unabhängig von ihr den eigenen Gesetzen folgt. Dies wäre nach Clausewitz nur dann der Fall, wenn er die absolute Äußerung der Gewalt wie beim "Reagenz- glaskrieg" annehmen würde. Der Krieg der wirklichen Welt, bei dem der absolute Charakter des "Reagenzglaskrieges" durch die Trägheit und die Friktion 42 abgeschwächt ist, ist vielmehr nur das Mittel, um den (variablen) politischen Zweck umzusetzen und kann niemals ohne diesen gedacht werden; d.h. der Krieg und die militärischen Ziele sind von Anfang an als eine Modifikation des politischen Zwecks, der von der politischen Führung definiert wird, zu ver- stehen. Der politische Zweck ruft den Krieg erst ins Leben, übt während dessen Verlauf Ein- fluss auf ihn aus und ist somit der oberste Bezugspunkt für die ganze kriegerische Leistung. 43 Clausewitz begreift den Krieg daher nicht nur als politische Handlung, sondern auch als poli- tisches Mittel der Machtausübung: „So sehen wir also, daß der Krieg nicht bloß ein politi- scher Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen

37 Clausewitz, Carl von, a.a.O (FN 4), S. 201.

38 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 15.

39 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 271.

40 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 116 ff.

41 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 209.

42 Durch den Begriff der Friktion lässt sich nach Clausewitz das beschreiben, was den wirklichen Krieg von dem theoretischen Kriegsplan unterscheidet. Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 261 ff.

43 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 209 ff.

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Verkehrs, eine Durchführung desselben mit anderen Mitteln“ 44 . Clausewitz merkt an, dass die politische Führung erstens grundsätzlich auf die Natur des Mittels Krieg und ihre Eigenheiten Rücksicht nehmen und darauf achten muss, dass die politischen Absichten nicht mit den Mit- teln in Widerspruch treten, z.B. indem die Politik an den Krieg Forderungen stellt, die dieser gar nicht erfüllen kann; gegebenenfalls ist es die Aufgabe und das Recht der militärischen Führung, die politische Führung auf Fehleinschätzungen hinzuweisen, was unter Umständen zu einer Änderung des ursprünglichen politischen Zweckes führen kann. Zweitens muss die politische Führung sich im Klaren darüber sein, dass ihr Einfluss auf die kriegerische Hand- lung durch die Natur der im Krieg wirkenden Kräfte beschränkt ist. 45 Aus der Erkenntnis, dass der Krieg als ein politisches Instrument zu denken ist, leitet sich, so Clausewitz, ab, dass Kriege je nach der Natur ihres Motivs und dem Verhältnis, aus dem sie hervorgehen, ganz verschieden sind. 46 Das erste Kapitel des ersten Buches abschließend verweist Clausewitz auf die Ursache der variierenden Erscheinungsformen des Krieges: Diese beruhen nach Clause- witz auf dem Verhältnis der in ihm wirkenden Tendenzen. Der Krieg ist seiner Gesamter- scheinung nach

„[…] eine wunderliche Dreifaltigkeit, zusammengesetzt aus der ursprünglichen Gewaltsamkeit seines Ele- mentes, dem Haß und der Feindschaft, die wie ein blinder Naturtrieb anzusehen sind, aus dem Spiel der Wahrscheinlichkeiten und des Zufalls, die ihn zu einer freien Seelentätigkeit machen, und aus der unterge- ordneten Natur eines politischen Werkzeugs, wodurch er dem bloßen Verstande anheimfällt.

Die erste dieser drei Seiten ist mehr dem Volke, die zweite mehr dem Feldherrn und seinem Heer, die dritte mehr der Regierung zugewendet“ 47 .

Mit dem Begriff der "Dreifaltigkeit" fasst Clausewitz die Ergebnisse seiner bisherigen Analy- se zusammen und liefert die theoretischen Grundlagen, aufgrund derer man die Gestalt eines Krieges anhand des Verhältnisses der drei in ihm herrschenden Tendenzen (erste Dreifaltig- keit) – ursprüngliche Gewaltsamkeit, Hass und Feindschaft; Wahrscheinlichkeit und Zufall;

Unterordnung des Krieges als Instrument der Politik – sowie der Größe des Einflusses und des Zusammenspiels der drei involvierten Kräfte der Kriegsparteien (zweite Dreifaltigkeit) – Volk, Militär und politische Führung – erkennen kann. 48

Nur vor diesem Hintergrund – nämlich, dass die Politik die Natur des Krieges richtig er- kennt und somit einen realistischen politischen Zweck bestimmt – lässt sich schließlich ein logischer und realistischer Kriegsplan entwerfen:

„Der erste, der großartigste, der entscheidende Akt des Urteils nun, welchen der Staatsmann und Feldherr ausübt, ist der, dass er den Krieg, welchen er unternimmt, in dieser Beziehung richtig erkenne, ihn nicht für

44 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 210.

45 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 210.

46 Vgl.: Clausewitz, Carl von (FN 4), S.211 ff.

47 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 213.

48 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 212 ff.; vgl.: Heuser, Beatrice, a.a.O. (FN 9), S. 66.; vgl.: Beck-

mann Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 18 ff.

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etwas nehme oder zu etwas machen wolle, was er der Natur der Verhältnisse nach nicht sein kann. Dies ist also die erste, umfassendste aller strategischen Fragen; wir werden sie in der Folge beim Kriegsplan näher in Betracht ziehen.“ 49

Wie gesehen, hat Carl von Clausewitz im ersten Kapitel des ersten Buches von Vom Kriege seine grundsätzlichen theoretischen Überlegungen zum Wesen und Zweck des (zwischen- staatlichen) Krieges angestellt, auf deren Grundlage er im achten Buch seine Gedanken zum Kriegs- und Feldzugplan aufbaut, wobei er insbesondere die Frage nach dem richtigen Vor- gehen im Krieg, d.h. nach der Strategie, im Blick hat: 50

„Der Kriegsplan faßt den ganzen kriegerischen Akt zusammen, durch ihn wird er zur einzelnen Handlung, die einen letzten endlichen Zweck haben muß, in welchem sich alle besonderen Zwecke ausgeglichen haben.

Man fängt keinen Krieg an, oder man sollte vernünftigerweise keinen anfangen, ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will, das erstere ist der Zweck, das andere das Ziel. Durch diesen Hauptgedanken werden alle Richtungen gegeben, der Umfang der Mittel, das Maß der Energie bestimmt, und er äußert seinen Einfluß bis in die kleinsten Glieder der Handlung hinab.“ 51

Aufbauend auf diesem Clausewitzschen Grundgedanken und seinen im achten Buch ange- stellten Überlegungen zum richtigen Vorgehen in einem Krieg (Kriegsplan) entwickelt Beckmann ein im folgenden Punkt näher vorgestelltes Modell (zur Analyse) strategischen Handelns, das in modifizierter Form wiederum die Grundlage der in dieser Arbeit vorge- nommenen Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie darstellt.

2.1.2 Clausewitz` Kriegsplan und das Beckmannsche Modell strategischen Handelns

Der Kriegsplan bzw. das sich daraus ableitbare (Grund-)Modell strategischen Handelns, das auf den Begriffen Zweck, Ziel und Mittel basiert, ist als der eigentliche Kern von Clausewitz' Kriegstheorie zu sehen: 52 Um eine erfolgreiche Nutzung des politischen Instruments Krieg zur Machtausübung zu erreichen, muss sich der Stratege über die Relation zwischen politi- schem Zweck, militärischen Zielen und den zur Erreichung dieser Ziele benötigten Mitteln im Klaren sein. Als erstes muss der Stratege, so Clausewitz, festlegen, welcher politische Zweck mit dem Krieg überhaupt erreicht werden soll. Das schließt auch die Antwort auf die Frage, welcher politische Zustand dem Krieg folgen soll, ein. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse können im zweiten Gedankenschritt die konkreten Kriegsziele, die zur Erreichung des politi- schen Zwecks angestrebt werden müssen, definiert werden. Anhand des Umfangs dieser Ziele

49 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 212.

50 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 949 ff.

51 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 952.

52 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 19.

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lassen sich abschließend die Mittel bestimmen, die benötigt werden, um diese möglichst si- cher zu erreichen. 53

Diese grundlegenden Gedanken über die Planung strategischen Handelns, die in Vom Kriege als Handlungstheorie angelegt sind, bilden die Basis für das Modell zur Planung und Analyse strategischen (Kriegs-)Handelns von Rasmus Beckmann (Schaubild S. 25), das im Folgenden vorgestellt werden soll und das in modifizierter Form die methodische Grundlage der in dieser Arbeit angestrebten Analyse der deutschen Afghanistan-Strategie im Rahmen der internationalen Statebuilding-Intervention in Afghanistan liefert. 54 Zunächst erweitert Beckmann ausgehend von einem im Vergleich zu Clausewitz umfassenderen Verständnis von Strategie bzw. von den Dimensionen strategischen Handelns das Clausewitzsche Modell stra- tegischen Handelns. Für Clausewitz ist

„[d]ie Strategie […] der Gebrauch des Gefechtes zum Zweck des Krieges; sie muß also dem ganzen kriegeri- schen Akt ein Ziel setzen, welches dem Zweck desselben entspricht, d.h. sie entwirft den Kriegsplan, und an dieses Ziel knüpft sie die Reihe der Handlungen an, welche zu demselben führen sollen, d.h. sie macht die Entwürfe zu den einzelnen Feldzügen und ordnet in diesen die einzelnen Gefechte an.“ 55

Für Clausewitz umfasst Strategie also lediglich die Definition von Kriegszielen in Abhängig- keit vom politischen Zweck und die Festlegung und Koordination der unterschiedlichen Ge- fechtsziele in Abhängigkeit von den Kriegszielen, die dann auf der taktischen Ebene umge- setzt werden. 56 Strategisches Handeln ist für Clausewitz nur das Entwerfen eines Kriegsplans in Abhängigkeit vom politischen Zweck eines Krieges, d.h. er versteht Strategie lediglich als Bindeglied zwischen der generellen (politischen) Zielplanung des Krieges (Zweck) und der operativen (militärischen) Planung der einzelnen Unternehmungen, die auf dem Schlachtfeld umgesetzt werden (Taktik). Im Gegensatz zu Clausewitz fassten später wirkende Strategen wie Basil Liddell Hart oder Edward Luttwak den Begriff der Strategie insofern weiter, als für sie strategisches Handeln schon auf einer höheren Ebene anfängt. 57 Das Clausewitzsche Ver- ständnis von Strategie wurde von ihnen um den Begriff der Grand Strategy, d.h. einer Ge- samtstrategie, erweitert, bei der "Kampfkraft" (Krieg) neben politischen, diplomatischen oder wirtschaftlichen Mitteln nur eines der einem Staat zur Verfügung stehenden außen- und si- cherheitspolitischen Mittel der Machtausübung darstellt. 58 Auf der Ebene der Grand Strategy wird die grundlegende außen- und sicherheitspolitische Ausrichtung eines Staates definiert:

53 Vgl.: Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 952 ff.

54 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 19 ff; und vgl.: Beckmann, Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 118 ff.

55 Clausewitz, Carl von, a.a.O. (FN 4), S. 345.

56 Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 28.

57 Vgl.: Liddell Hart, Basil Henry: Strategy, New York 1991; vgl.: Luttwak, Edward: Strategie – die Logik von Krieg und Frieden, Lüneburg 2003.

58 Vgl.: Heuser, Beatrice, a.a.O. (FN 9), S. 237.

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Ausgehend von einer Definition der eigenen vitalen Interessen muss zunächst eine Analyse der internationalen Konstellation, d.h. eine Verortung der eigenen (Macht-)Position im Inter- nationalen System, vorgenommen werden und es müssen die hauptsächlichen Herausforde- rungen, Probleme und Gefährdungen identifiziert werden; auf dieser Grundlage können die entsprechend dem gesamtstrategischen Zweck – Wahrung der vitalen Interessen – anzustre- benden gesamtstrategischen Ziele identifiziert werden und die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Mittel und Instrumente bestimmt bzw. Einzelstrategien (Ressortstrategien) entwickelt werden, mit deren Hilfe die gesamtstrategischen Ziele erreicht werden sollen. 59 Erst durch die auf der Ebene der Grand Strategy definierten politischen Zwecke, gesamtstra- tegischen Ziele und Mittel lässt sich eine wirkungsvolle und erfolgreiche (Kriegs-)Strategie als Teilstrategie entwerfen, denn, so merkt Liddell Hart an,

„[…] während der Horizont der Strategie durch den Krieg begrenzt wird [sich also auf die Frage beschränkt, wie der Sieg militärisch zu erringen ist], richtet die "grand strategy" ihren Blick über den Krieg hinaus auf die nachfolgende Politik [d.h. darauf wie der beste Frieden zu gewinnen ist].“ 60

Das bedeutet, dass der politische Zweck und die daraus abgeleiteten Ziele eines Krieges im- mer in Abhängigkeit vom gesamten außen- und sicherheitspolitischen Auftreten eines Staates, d.h. von dem hier definierten politischen Zweck bzw. den verfolgten gesamtstrategischen Zie- len, gesehen werden müssen und der Nutzen eines Krieges und der Erfolg einer Kriegsstrate- gie nur vor dem Hintergrund der außen- und sicherheitspolitischen Gesamtstrategie bewertet werden können. Strategisches Planen und Handeln ist nach diesem Verständnis also mehr als nur das Entwerfen und Umsetzen eines Kriegsplans in Abhängigkeit von einem bestimmten politischen Zweck. In diesem Sinn erweitert Rasmus Beckmann das Clausewitzsche Grund- modell strategischen Handelns um die Ebene der Grand Strategy.

Nach Beckmann lässt sich strategisches Handeln anhand von drei miteinander verbunde- nen Handlungsebenen, nämlich außen- und sicherheitspolitische Gesamtstrategie (Grand Strategy), Strategie und Taktik erfassen (siehe Schaubild, in dem sich zwei Parteien gegenü- berstehen).

59 Vgl.: Krause, Joachim: Auf der Suche nach einer Grand Strategy, in: Internationale Politik (08/2005), S. 16;

vgl.: Beckmann, Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 119 ff.

60 Liddell Hart, Basil Henry: Strategy. The Indirect Approach, London 1954, S. 336. Zitiert nach: Heuser, Bea-

trice, a.a.O. (FN 9), S. 237 ff.

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25 Das "Beckmannsche Modell strategischen Handelns"

Quelle: Beckmann, Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 118.

Das Handeln auf den drei Ebenen ist jeweils nach Zweck, Ziel und Mittel aufgegliedert, wo- bei ganz allgemein die Definition des Ziels in Abhängigkeit vom Zweck und die Bestimmung der Mittel in Abhängigkeit von dem zu erreichenden Ziel erfolgt; auf jeder der drei Ebene müssen die Zwecke, Ziele und Mittel den (gesamtstrategischen oder strategischen oder takti- schen) Anforderungen der Ebene entsprechend und mit Blick auf die speziellen auf den jewei- ligen Ebenen gegebenen internen (kleine Ellipse) und externen (große Ellipse) Rahmenbedin- gungen gesondert bestimmt und sinnvoll verbunden werden. 61 Der Umstand, dass sich strate- gisches Handeln auf drei Ebenen vollzieht, impliziert, dass die Ebenen miteinander verbunden sind bzw. dass bei der strategischen Planung eines Krieges diese Verbindungen berücksichtigt

61 Dabei gilt es, so Beckmann, zu beachten, dass es (in einem Krieg) nicht ein taktisches Handeln, das man unter den Gesichtspunkten von Zweck, Ziel und Mitteln planen (bzw. analysieren) kann, gibt, sondern dass es so viele taktische Handlungen wie Gefechte gibt, die jeweils separat geplant (analysiert) werden müssen. Dasselbe, so Beckmann weiter, gilt für die Ebene der Strategie, da sich jede Grand Strategy einer Vielzahl von Strategien (Ressortstrategien) bedient. Vgl.: Beckmann, Rasmus (2011), a.a.O. (FN 5), S. 119.

Mit Blick auf die Bedeutung, die die Berücksichtigung der internen und externen Rahmenbedingungen auf die Strategie-Planung hat, ist festzuhalten, dass der Stratege immer auf die je nach Ebene spezifischen Restriktionen und Rahmenbedingungen achten muss, die seine Planungen und späteren Handlungen beschränken und beein- flussen: Zunächst wird die Definition der politischen Zwecke und somit auch die der Ziele und Mittel der außen- und sicherheitspolitischen Gesamtstrategie durch die eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten (kleine Ellipse im Schaubild) sowie die Anreize und Zwänge des internationalen Systems (große Ellipse im Schaubild) determi- niert. Auf der Ebene der Strategie und Taktik wird die Planung (Zielsetzung) des eigenen Handelns von den äußeren Rahmenbedingungen (große Ellipse) beispielsweise in Gestalt einer multilateralen Gesamtstrategie, in die die eigene Strategie eingebettet ist, und daneben von den eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten und den darauf aufbauenden realistischen Handlungsmöglichkeiten sowie von der Abschätzung der gegnerischen Eigenschaften (politische und soziale Struktur der Gesellschaft, aber auch natürliche Gegebenheiten des Operationsfeldes), der gegnerischen Fähigkeiten sowie der vermuteten strategischen Ziele und Mittel des Gegners determiniert und bestimmt (kleine Ellipsen). Erst diese ganzheitliche Erfassung der Lage ermöglicht eine Erfolg versprechende strategische Planung. Vgl.: Beckmann, Rasmus (2008), a.a.O. (FN 5), S. 21 ff.

Akteur
B



 


Zweck(e)
 


Ziel(e)
 


Mittel


Grand
 Strategy



 
 



 Strategie
 



 
 



 Taktik
 



 
 


Akteur
A



 


Zweck(e)
 


Ziel(e)
 


Mittel


Grand
 Strategy



 
 



 Strategie
 



 
 



 Taktik
 



 
 


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