Zu Lebzeiten wird die Diagnose Ostitis deformans Paget nur selten gestellt, da es viele oligo- oder asympto- matische Fälle gibt. Die schleichend beginnende Er- krankung manifestiert sich mono- oder polyostotisch.
Dann verdicken und ver- krümmen sich Becken-, Wir- belsäulen-, Schädel- sowie Ober- und Unterschenkel- knochen, manchmal begleitet von heftigen rheumatischen Schmerzen, die bei Kälte und Belastung zunehmen.
Als Komplikationen kön- nen Gonarthrose, Coxopa- thie, Taubheit infolge Ner- venkompression und Radi- kulopathie auftreten. In fünf bis zehn Prozent der Fälle entwickelt sich ein Osteosar- kom. Im histologischen Kno- chenpräparat ist ein gestei- gerter Knochenabbau auffäl- lig, der durch eine überstürz- te Neubildung von mecha- nisch minderwertigem Kno- chengewebe kompensiert werden soll.
Die Ursache der Erkran- kung ist noch unbekannt. Es gibt jedoch Befunde, die eine Slow-virus-Infektion als Aus- löser der Hyperaktivität der Osteoklasten und des da- durch induzierten Knochen- abbaues wahrscheinlich ma- chen. Die Paget-Krankheit ist leicht zu diagnostizieren, erklärte Prof. Johann D. Rin- ge (Leverkusen) auf einem Symposium der Sanofi Win- throp GmbH in München.
Die klinischen Symptome zu- sammen mit der Bestimmung der erhöhten alkalischen Phosphatase im Serum oder im Knochengewebe und von Hydroxyprolin und Pyridino- lin im Urin verdichten zumin- dest den Verdacht.
Klärung bringt dann die Skelettszintigraphie mit 99m-Technetium-markierten Phosphaten, wodurch die so-
genannten Paget-Herde auf- gedeckt werden. Eine geziel- te Röntgenaufnahme verifi- ziert dann diese Speicher- herde.
Die seit den achtziger Jah- ren verfügbaren Therapie- möglichkeiten konnten die Progression der Knochen- erkrankung nicht verhin- dern. Anfangs verabreichte man Calcitonin und Etidro- nat, später Clodronat und/
oder Pamidronat. Schmerzen konnten durch diese Medika- mente weitgehend verhindert werden.
Hemmung der Osteoklasten
Heute lassen sich mit wirksameren und besser ver- träglichen Bisphosphonaten weitaus günstigere Langzeit- ergebnisse erzielen. Auch die Laborparameter des Paget- typischen Knochenumbaues werden weitgehend normali- siert. Verfügbar ist Tiludro- nat (Skelid®, Sanofi Win- throp), das „aggressiv“ ein- gesetzt werden sollte. Die Tabletten supprimieren die Krankheitsaktivität und füh- ren zu Remissionen. Schmer- zen und Komplikationen können verhindert oder mini- miert werden.
Tiludronat hemmt spezi- fisch die außer Kontrolle ge- ratenen hyperaktiven Osteo- klasten und bewirkt dadurch eine annähernde Normalisie- rung des Knochenstoffwech- sels mit Aufbau von gesun- dem, mechanisch belastba- rem Knochengewebe, erläu- terte Dr. Hans Joachim Hutt (München). Die primäre Be- handlungsdauer beträgt drei Monate. Ein weiterer Zyklus ist im Mittel erst nach weite- ren achtzehn Monaten erfor- derlich. Siegfried Hoc
A-2961 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 45, 8. November 1996 (71)
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