oder eher um den Faktor 2, wie es das Framingham-Modell andeutet.
Laut Assmann stellen die nun vor- liegenden Daten den praktischen Nut- zen der Begriffe „Primärprävention“
und „Sekundärprävention“ infrage, da das Herzinfarktrisiko von zunächst be- schwerdefreien Hochrisiko-Personen nicht selten höher ist als bei Patienten mit bestehender koronarer Herzkrank- heit. Untersuchungen mittels Compu- tertomographie bei solchen Hochrisi- ko-Personen hätten gezeigt, dass bei mehr als 80 Prozent der Fälle trotz völ- liger Beschwerdefreiheit verkalkte und nichtverkalkte Veränderungen der Herzkranzgefäße vorlagen.
„Diese neuen Zusammenhänge ei- ner risikoabhängigen Prävention soll- ten unbedingt bei den zurzeit von der Bundesregierung geplanten Disease- Management-Programmen berücksich- tigt werden“, empfiehlt Assmann. zyl Ein Computerprogramm zur Ermittlung des Herzinfarkt- risikos wird kostenlos auf der Internet-Seite www.chd taskforce.de angeboten.
P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 4½½½½25. Januar 2002 AA167
´ Tabelle 2CC´
✜20 . . . <1,0 21 . . . 1,1 22 . . . 1,2 23 . . . 1,3 24 . . . 1,4 25 . . . 1,6 26 . . . 1,7 27 . . . 1,8 28 . . . 1,9 29 . . . 2,3 30 . . . 2,4 31 . . . 2,8 32 . . . 2,9 33 . . . 3,3 34 . . . 3,5 35 . . . 4,0 36 . . . 4,2 37 . . . 4,8 38 . . . 5,1 39 . . . 5,7 40 . . . 6,1
41 . . . 7,0 42 . . . 7,4 43 . . . 8,0 44 . . . 8,8 45 . . . 10,2 46 . . . 10,5 47 . . . 10,7 48 . . . 12,8 49 . . . 13,2 50 . . . 15,5 51 . . . 16,8 52 . . . 17,5 53 . . . 19,6 54 . . . 21,7 55 . . . 22,2 56 . . . 23,8 57 . . . 25,1 58 . . . 28,0 59 . . . 29,4
✞60 . . . ✞30,0 Risiko eines akuten Koronarereignisses mit jedem PROCAM-Score
Summe Zehnjahresrisiko eines akuten Summe Zehnjahresrisiko eines akuten
der Punkte Koronarereignisses (in %) der Punkte Koronarereignisses (in %)
Quelle: Circulation 2002; 3: 310–315
Adenoviren sind in Gentherapiestudi- en häufig eingesetzte Transportmittel, um therapeutische Gene in Körperzel- len einzuschleusen. Vor zwei Jahren verstarb der achtzehnjährige Jesse Gel- singer in den USA an plötzlichem Or- ganversagen, nachdem ihm gentech- nisch abgeschwächte Adenoviren als Gentaxi in die Blutbahn gespritzt wor- den waren. Die molekularische Ursa- che seines Todes ist bisher ungeklärt.
Einen Hinweis auf eine unbeachtete Immunreaktion gegen Adenoviren lie- fert die Arbeit eines Berliner For- scherteams (Gene Therapy 2001; 23:
1794–1800). Hierbei lösten hohe Men- gen an Adenoviren im Labor eine un- erwartet starke Aktivierung des Kom- plementsystems aus. Derart fatale Attacken des Komplementsystems sind von Traumapatienten, nach Verbren- nungen oder nach Transfusion von Blut mit der falschen Blutgruppe bekannt.
Dabei treten massive Entzündungser- scheinungen in den Gefäßwänden von Leber, Lunge und Niere auf, die im Multiorganversagen enden können.
Die Autoren haben bei ihren Labor- untersuchungen steigende Konzentra- tionen verschiedener Adenoviren (unter anderem Serotyp Ad5) mit dem Blut- plasma von 18 freiwilligen Spendern ver- mischt. Anschließend analysierten sie die Konzentration eines Indikators der Komplementaktivierung (C3a-desArg), eines der so genannten Anaphylatoxine.
Zu ihrer Überraschung beobachteten die Forscher bei Viruskonzentrationen, die auch im Blut von Gentherapie-Pati- enten während einer Gentherapie auf- treten können, eine massive Aktivierung des Komplementsystems. Diese trat bei all jenen Probanden auf, die in ihrem Le- ben schon mit natürlichen Adenoviren Kontakt hatten und Antikörper gegen den Erreger aufwiesen.
Bei der Gentherapiestudie waren Gelsinger 300 Milliarden (3 x 1011) Vi- ruspartikel pro Kilogramm Körperge- wicht in die Leberarterie infundiert worden. Dies entspricht einer Virendo- sis von 7,5 Milliarden (7,5 x 109) Parti- keln pro Milliliter Blutpasma. Bei einer entsprechenden, in isoliertem Plasma im Reagenzglas eingesetzten Virusdo- sis fanden die Wissenschaftler als Re- aktion des Komplementsystems 3 000 Nanogramm (ng) des Proteins C3a-des- Arg pro Milliliter Blutplasma – der Normalwert liegt unter 150 Nano- gramm pro Milliliter. Aus klinischen Studien mit schwer verletzten Patienten ist bekannt, dass eine starke Komple- mentaktivierung auftreten kann.
Erreicht deren Wert im Blut eine Schwelle von 1 000 ng C3a-desArg/ml Plasma, besteht ein stark erhöhtes Risi- ko für die Entwicklung unkontrollierter Entzündungsreaktionen, in deren Fol- ge Leber- und Nierenversagen auftre- ten können. Die im Labor nach Adeno- virusgabe induzierte Komplementakti- vierung liegt mit einem Wert von 3 000 ng C3a-desArg/ml Plasma um das Drei- fache über dem klinisch ermittelten
Schwellenwert. EB