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Archiv "Wartezeiten: „Die Wissenschaft hat festgestellt . . .“" (11.04.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1511. April 2008 A765

P O L I T I K

V

or Kurzem konnten die Ärzte beruhigt die neue Allensbach- Umfrage zur Kenntnis nehmen, nach der sie unter allen Berufen das weitaus höchste Ansehen in der Be- völkerung genießen. Mit 78 Prozent stehen sie in der Wertschätzung mit großem Abstand vorne. Ganz weit hinten auf der Beliebtheitsskala ran- gieren, wie auch in den vergangenen Jahren, die Journalisten mit elf Pro- zent. Die in der vergangenen Woche in den Medien losgebrochene Er- regung über Unterschiede bei der Terminvergabe von Arztpraxen für Krankenversicherte wird daran wohl kaum etwas ändern.

Was war der Anlass für diesen Medienhype? Am 1. April machte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf der ersten Seite mit der wohl kaum überraschenden, nun aber auf dem Weg der Versorgungsforschung

„verwissenschaftlichten“ Erkenntnis auf, dass Privatversicherte bei der Terminvergabe für bestimmte elek- tive fachärztliche Leistungen bevor- zugt würden. Präsentiert wurden die Ergebnisse einer Studie („Waiting times for elective treatments accord- ing to insurance status: A random- ized empirical study in Germany“) des Instituts für Gesundheitsöko- nomie und klinische Epidemiolo- gie der Universität zu Köln. Die Studie war im Januar 2008 im briti- schen Internetjournal „International Journal for Equity in Health“ veröf- fentlicht worden. Eingereicht wurde sie dort im August 2006, die Be- fragung von Arztpraxen hatte im April/Mai 2006 stattgefunden. In die statistische Auswertung flossen die Daten aus standardisierten An- rufen in 128 Facharztpraxen ein.

Unberücksichtigt blieben etwa die- jenigen Praxen, in denen keine fes- ten Termine vergeben wurden.

Koautor der Studie ist Prof. Dr.

med. Karl Lauterbach, derzeit als

Mitglied des Deutschen Bundestags von der Leitung des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie beurlaubt.

Als Gesundheitspolitiker durfte er die Forschungsergebnisse seines eige- nen Instituts sogleich als „die Spitze eines Eisbergs“ interpretieren und dies mit der Forderung nach einheit- lichen Honoraren für gesetzlich und privat Versicherte verbinden. Damit

solle, sagt Lauterbach, der Anreiz für eine Bevorzugung ausgeschaltet werden. Allerdings dürfe dies keine Honorareinbußen insgesamt für die Ärzte nach sich ziehen.

Der mediale Coup glückte Lau- terbach. Tags darauf wird das The- ma prominent von fast jeder Tages- zeitung sowie vielfältig in Funk und Fernsehen aufgegriffen. In Hülle und Fülle äußern sich Ärzte- und Patientenverbände, Krankenkassen und das Bundesgesundheitsminis- terium. Lauterbach selbst tritt fast zeitgleich – mit farblich unterschied- lichen Fliegen – in zwei Fernseh- talkshows auf.

Dabei ist das Thema beileibe nicht neu. Bereits vor etwa einem Jahr hatte eine Studie des Wissenschaft- lichen Instituts der AOK für Aufsehen

gesorgt, derzufolge gesetzlich Kran- kenversicherte bei akuten Beschwer- den im Durchschnitt länger auf einen Arzttermin warten müssen als Privat- versicherte (DÄ, Heft 9/2007). Die Meinungen und Argumente zu die- sem Thema wurden auch vor einem Jahr schon ausgetauscht.

Die zuständige Ministerin Ulla Schmidt rügt nun erneut die Ärzte und ruft die Krankenkassen auf, sich in dieser Angelegenheit stärker für ihre Versicherten zu engagieren. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med Jörg-Dietrich Hoppe, verweist auf den ökonomischen Druck, der auf vielen Ärzten laste:

„Zu den Wartezeiten für gesetzlich Versicherte kommt es, weil oftmals die vorgegebenen Budgets vor Ende des Quartals ausgeschöpft sind.“ Da das Budget vieler Ärzte bereits lan- ge vor Ablauf eines Quartals aufge- braucht sei, versuchten sie mitunter, nicht akut notwendige Behandlun- gen auf das nächste Quartal zu ver- legen. Hoppe nennt es perfide, wenn die Ärzte für die Folgen staatlich vorgegebener Unterfinanzierung ver- antwortlich gemacht würden. Es lie- ge an der Politik, für die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten ausreichend Finanzmittel zur Ver- fügung zu stellen.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. med. Andreas Köhler, weist darauf hin, dass die Zusatzein- kommen aus der privaten Kranken- versicherung viele Ärzte erst in die Lage versetzten, in ihre Praxen zu investieren. Er betont, dass es keine Unterschiede in der Behandlung der Patienten gebe, sondern allenfalls Serviceunterschiede. Die Qualitäts- sicherung der Leistung in der ge- setzlichen Krankenversicherung sei oft sogar besser als in der privaten Krankenversicherung. I Thomas Gerst

WARTEZEITEN

„Die Wissenschaft hat festgestellt . . .“

Ärzte behandeln gesetzlich und privat Versicherte bei der Terminvergabe unterschiedlich: Eine schon ältere Studie sorgt für neuen Rummel.

Diese Unterversorgung ist staatlich verursachte Zweiklassenmedizin.

Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe

Foto:modusphoto/Jardin

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