Bericht und Meinung NACHRICHTEN
Checkliste
für den Personalbedarf
Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) hat im Dezember 1979 in Stuttgart eine „Checkliste für die Personalbedarfsermittlung in Krankenhäusern" vorgelegt. An- hand dieser Liste soll es den Ver- antwortlichen möglich sein, den individuellen Personalbedarf der Krankenhäuser zu ermitteln, die Praxis der Personalermittlung transparenter zu gestalten und
„die Bedürfnisse der Patienten und Interessen der Beschäftigten gleichermaßen" zu berücksichti- gen.
Die Gewerkschaft postuliert: „Der Personalbedarf eines Kranken- hauses muß sich nach den Bedürf- nissen der Patienten richten, nicht nach dem Handbuch für Refa-ln- genieure". Die amtliche Kosten- dämpfungspolitik und der Druck auf die Pflegesätze hätten die Hos- pitäler gezwungen, alle erdenkli- chen Einsparungsmöglichkeiten — meist zu Lasten des Personals und der Patienten — zu nutzen.
An die Politiker und Verbände ap- pelliert die Gewerkschaft, die längst überholten, undifferenzier- ten Anhaltszahlen (Personalricht- werte) von 1969 durch neue Stel- lenschlüssel zu ersetzen. Eine fle- xible Handhabung der Personal- bemessung ist nach Ansicht der ÖTV deshalb erforderlich, weil es bisher keine bundeseinheitlichen Kriterien für die Bedarfsplanung, Aufgabenstellung, Versorgungs- stufen und Ausstattung von Kran- kenhäusern gebe. Zudem seien sie methodisch umstritten, eine zeit- gemäße Personalbedarfsplanung ließe sich damit nicht betreiben.
Die ÖTV widerspricht Absichten, Krankenpflegehelfer und Auszu- bildende auf die Stellenpläne an- zurechnen. Die Gewerkschaft wendet sich vor allem dagegen, Auszubildende eigenverantwort- lich im Nachtdienst einzusetzen.
(Gegen die Städtischen Kliniken Dortmund ist auf Betreiben der
ÖTV eine einstweilige Verfügung erwirkt worden.)
Weitere Kernpunkte des ÖTV-Pa- piers: Statt eine zergliederte
„Funktionspflege" zu betreiben, sollten die Pflegepersonen zu Gruppen zusammengefaßt wer- den, um in der sogenannten Ganz- heitspflege auch die „psychoso- zialen Bedürfnisse der Patienten"
zu berücksichtigen. Qualifizierte Mitarbeiter sollten freigestellt wer- den, um Krankenpflegehelfer und Auszubildende zu beaufsichtigen und anzuleiten. Die Privatisierung und Ausgliederung von einzelnen Dienstleistungsfunktionen des Krankenhauses (beispielsweise Wäscherei und Reinigung) werden von der ÖTV strikt abgelehnt.
Frühschichten seien personell so auszustatten, daß morgendliche Arbeitsspitzen bewältigt werden können. Für alle dienstlichen und krankheitsbedingten Abwesenhei- ten sollen jederzeit abrufbare Ver- tretungen im Dienstplan einge- plant werden. Die Personalbemes- sung müsse in jedem Falle die ta- riflich vereinbarte 40-Stunden-Wo- che berücksichtigen und den Per- sonalmehrbedarf infolge eines hö- heren Technisierungsgrades und der jeweiligen baulichen Gege- benheiten und Ausstattungen des Hauses einkalkulieren. HC
In einem Satz
Beitragssätze — Der Durch- schnittsbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (nur RVO- Krankenkassen) lag am 1. August 1979 bei 11,26 Prozent, der nied- rigste Beitragssatz bei 7 Prozent (Betriebskrankenkasse), der höch- ste bei 13,9 Prozent (Ortskranken- kasse). EB Gesundheitspaß — Die Bundesre- gierung hat es erneut abgelehnt, einen sogenannten Gesundheits- paß auch im Hinblick auf Arbeit- nehmer, die in gesundheitsgefähr- denden Bereichen tätig sind, ver- bindlich einzuführen. DÄ
Forschungsauftrag über Sozialdatenschutz
Die datenschutzrechtlichen Zu- sammenhänge von Gewinnung, Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Informatio- nen, die aus dem Arzt-Patienten- Verhältnis stammen, stehen im Mittelpunkt eines Forschungsvor- habens, das jetzt von der Stiftung Volkswagenwerk, Hannover, an ein Wissenschaftlerteam der Uni- versität Hannover vergeben wor- den ist. Das Team des Fachbe- reichs Rechtswissenschaften un- ter Leitung von Prof. Dr. jur. Wolf- gang Kilian will unter Daten- schutzgesichtspunkten empirisch ermitteln, wie Daten in den öffent- lichen und privaten Krankenversi- cherungssystemen „behandelt"
werden, zugleich sollen die hierfür geltenden Rechtsvorschriften sy- stematisch dargestellt und bewer- tet werden. Die Stiftung Volkswa- genwerk fördert dieses Projekt mit insgesamt 286 000 DM.
In einem Problemaufriß bezeich- nen die Wissenschaftler medizini- sche Informationen über Patien- ten, Versicherte und deren Ange- hörige als die „sensitivsten" über- haupt; diese Daten begleiteten die Betroffenen ein Leben lang. Des- halb soll in dem jetzt in Angriff genommenen Forschungsvorha- ben die „Verfügungsbefugnis über die zentralisierten Datenbestän- de" kritisch analysiert werden.
Nach Ansicht der Projektbearbei- ter habe das Bundesdatenschutz- gesetz (und die entsprechenden Ländergesetze) hinsichtlich des Schutzes der Persönlichkeit vor Fehlgebrauch solcher Informatio- nen zunächst eher zusätzliche Verwirrung als Klarheit in das schwer überschaubare Geflecht von Datenströmen und deren weit verstreute rechtliche Regelungen gebracht. Es stelle sich daher die Frage, ob speziellere bundes- rechtliche Vorschriften notwendig seien und ob und inwieweit Daten aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis zu Forschungszwecken herange- zogen werden dürfen. EB
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 6 vom 7. Februar 1980 303