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Archiv "Die SPD steckt zurück: Keine allgemeine Pflichtversicherung" (20.03.1980)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Die SPD steckt zurück:

Keine allgemeine Pflichtversicherung

Der Parteivorstand der SPD hat sei- nen Vorschlag für die Rentenreform des Jahres 1984 vorgelegt; er ba- siert auf einem Papier der soge- nannten Wehner-Kommission. Will die Sozialdemokratische Partei auch die Freien Berufe in die Soli- dargemeinschaft einbeziehen? Aus den bisherigen Vorschlägen werden die Absichten nicht deutlich. Die Entscheidung fällt vermutlich erst auf dem Wahlparteitag im Juni.

Die Sozialdemokraten wollen die Selbständigen und die Freien Berufe stärker in die Solidargemeinschaft einbinden. Dies ist eines der Ziele der SPD für die für 1984 angestrebte Rentenreform. Der Programm-Entwurf der Wehner-Kommission ist mit einigen Abstri- chen und Korrekturen vom Parteivorstand gebilligt worden. Jetzt soll die Partei diskutieren. Die Entscheidung fällt Anfang Juni auf dem Wahlparteitag in Essen. Mit grundsätzlichen Änderungen dürfte nicht mehr zu rechnen sein.

Was die Sozialdemokraten wirklich mit den Selbständigen und Frei- beruflern im Bereich der Alterssicherung vorhaben, wird nicht recht klar. In dem Vorschlagspaket der Wehner-Kommission, die seit letz- tem Mai über das Rentenprogramm berät, hieß es: „Wir Sozialdemo- kraten wollen . . . die Pflichtversicherung für alle Selbständigen und Freiberufler, das heißt mit gleichen Rechten und Pflichten wie Arbeitnehmer." In der vom Parteivorstand abgeänderten Fassung heißt es nun: „Wir Sozialdemokraten wollen . . ., daß alle Selbständi- gen und Freiberufler auf ihren Antrag hin in die Pflichtversicherung aufgenommen werden. Dabei muß sichergestellt werden, daß die Kosten der Einbeziehung der Selbständigen in die Rentenversiche- rung nicht die Solidargemeinschaft belasten." Die programmatische Forderung heißt also: Pflichtversicherung auf Antrag, während zuvor die gesetzliche Zwangsversicherung für alle als Ziel genannt worden war.

Die Möglichkeit, der Rentenversicherung als Pflichtmitglied beizu- treten, gibt es für die Selbständigen und Freiberufler freilich schon seit 1972. Sollte das bei den Beratungen im Vorstand nicht bekannt gewesen sein? Klar ist jedenfalls, daß die SPD nicht mehr mit der Forderung in den Wahlkampf ziehen will, alle Bürger der Versiche- rungspflicht zu unterwerfen. Staatssekretärin Anke Fuchs vom Bun- desarbeitsministerium sagte nach den Beratungen des Vorstandes, daß über die Form der Versicherungspflicht auf Antrag noch einmal nachgedacht werden solle. Hier seien Änderungen geplant.

In dem ursprünglichen Papier der Wehner-Kommission war eine Beziehung zwischen der Versicherungspflicht für die Selbständigen und den Plänen zur Umstellung des Arbeitgeberbeitrags zur Sozial-

Heft 12 vom 20. März 1980 725

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Bericht und Meinung Rentenreform

versicherung hergestellt worden.

Auch Frau Fuchs wies in diese Richtung. Es wird also daran ge- dacht, den pflichtversicherten Selbständigen wie den Arbeitneh- mern die Hälfte des Beitrags gut- zuschreiben, sobald die Arbeitge- berbeiträge nicht mehr nach der Lohnsumme erhoben, sondern nach der Wertschöpfung oder dem Ertrag bemessen werden.

Diesen Arbeitgeberbeitrag hätten auch die Selbständigen und Frei- berufler zu entrichten, und zwar selbst dann, wenn sie die Wert- schöpfung allein und ohne Mitar- beiter erarbeiten. Eine solche Ab- gabe wäre jedoch zumindest dann verfassungswidrig, wenn die Ab- gabepflichtigen nicht auch zum Kreis der Begünstigten zählen.

Ein Köder, um auch die Freiberufler

für die „Maschinensteuer"

zu gewinnen

An diese Zusammenhänge dürfte bei der Formulierung dieses Pro- grammpunkts gedacht worden sein. Zugleich liegt darin natürlich auch ein politischer Köder für die Selbständigen und Freiberufler.

Wer wird denn schon auf den hal- ben Beitrag aus dem Arbeitgeber- topf verzichten wollen? Hier wird also auch versucht, politische Wi- derstände gegen die Einführung des sogenannten „Maschinenbei- trags" abzubauen. Für die FDP hat sich allerdings der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Misch- nick, gegen die Umstellung des Arbeitgeberbeitrags und auch ge- gen jede Zwangsversicherung für Selbständige und Freiberufler ausgesprochen. Die CDU/CSU sieht die SPD auf dem Weg zur Einheitsversicherung und zur Ein- heitsrente.

Bemerkenswert ist eine zweite Korrektur im Renten-Programm der SPD: die Forderung, die Bun- deszuschüsse künftig an die Ren- tenausgaben und nicht mehr an die allgemeine Einkommensent- wicklung zu koppeln, ist fallenge- lassen worden. Außerdem ist der

Satz gestrichen worden, daß die Bundesgarantie für die Rentenver- sicherung „konkretisiert" werden müsse. Wie bekanntgeworden ist, hat sich insbesondere Bundesfi- nanzminister Matthöfer gegen zu- sätzliche Belastungen für den Bundeshaushalt gewandt.

Die auf lange Sicht teuerste Forde- rung hat der Minister freilich nicht abwenden können: Künftig soll die Erziehung von Kindern bei der Rentenbemessung berücksichtigt werden. Die SPD fängt jedoch be- scheiden mit der Anrechnung ei- nes „Baby-Jahres" an. Kosten- punkt: jährlich 3,5 Milliarden Mark.

Der Verzicht auf die Forderung, die Bundeszuschüsse an die Ren- tenausgaben zu binden, ist von prinzipieller Bedeutung. Wenn die Leistungen des Bundes an die Rentenversicherung einem festen Prozentsatz von den Rentenaus- gaben entsprechen, dann hätte der Bund künftig nicht nur jede Leistungsverbesserung mitzufi- nanzieren, er hätte auch Ausga- bänsteigerungen bei einer Ver- schlechterung der Altersstruktur mitzufinanzieren. Der Bund würde also am demographischen Risiko beteiligt, was auf längere Sicht die Rentenversicherung stabilisieren könnte. Bleibt es beim heutigen Recht, so können solche Bela- stungen allein durch Beitragssatz- erhöhungen oder durch Abstriche von den Leistungen ausgeglichen werden.

Die Sozialdemokraten wollen die sogenannte „Rente nach Mindest- einkommen" ausbauen. Jeder soll danach so gestellt werden, als wenn er wenigstens 75 Prozent des Durchschnittseinkommens al- ler Versicherten verdient hätte.

Bislang galt das nur für die Jahre bis 1972. Künftig soll das immer gelten. Diese Regelung war einge- führt worden, um insbesondere Landarbeitern, Hausgehilfinnen und Krankenschwestern zu helfen, deren Arbeitsentgelt früher zum Teil mit Naturalien abgegolten wurde, deren Gegenwert nicht bei-

tragspflichtig war. Das war eine vernünftige und in das System passende soziale Leistung. Künf- tig soll es eine Art Mindestgarantie für die Rente geben, und zwar un- abhängig von der Leistung des Versicherten. Der Manipulation wird Tür und Tor geöffnet. Die dar- über hinausgehenden Pläne für ei- ne Mindestrente sind zwar im SPD-Programm geblieben, sie sind aber auf den Sankt-Nimmer- leins-Tag verschoben.

Langfristig hat die SPD bisher kein

Programm zur Stabilisierung der Rentenversicherung

Die SPD hält daran fest, daß die Renten von 1982 an wieder der Entwicklung der Brutto-Arbeits- verdienste folgen. Der Beitrags- satz soll trotz der Verbesserung der Rentenfinanzen zum 1. Januar 1981 von 18 auf 18,5 Prozent ange- hoben werden. Die FDP wendet sich dagegen. Die SPD behauptet, mit diesem Beitragssatz die Mehr- belastungen aus der Reform der Hinterbliebenenversorgung und der Rente nach Mindesteinkom- men finanzieren zu können. Wenn es bei den heutigen Lohnraten bleibt, mag dies stimmen; freilich nur bis Ende der achtziger Jahre.

Langfristig hat die SPD kein Pro- gramm zur finanziellen Stabilisie- rung der Rentenversicherung vor- gelegt. Wenn sich von 1990 an die Altersstruktur verschlechtert, soll offensichtlich durch die Umstel- lung des Arbeitgeberbeitrags zur Sozialversicherung zusätzlich Geld mobilisiert werden. An der gesamtwirtschaftlichen Belastung ändert sich dadurch freilich nichts.

An die Einführung eines den Rent- ner belastenden Krankenversiche- rungsbeitrags wird allenfalls für die Zeit nach 1985 gedacht. Vor- aussetzung hierfür sei, daß die verfügbaren Einkommen der Rent- ner schneller anstiegen als die der Arbeitnehmer, heißt es im Renten- plan der SPD. wst

726 Heft 12 vom 20. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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