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Archiv "Zur beabsichtigten Aufhebung des Pockenimpfgesetzes von 1976: Schlußwort der Bundesärztekammer" (23.07.1982)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Pockenimpfgesetz

von Einrichtungen zur Absonderung von Pockenkranken sowie der Be-

reitstellung des hierfür benötigten Personals (einschl. der Pocken- schutzimpfung dieser Personen) wird auf § 37 Abs. 5 BSeuchG hinge- wiesen. Das Gesetz über die Pok- kenschutzimpfung vom 18. Mai 1976 ergibt keine rechtliche Grundlage zur Durchführung derartiger Maß- nah men.

Die Forderung in der Stellung- nahme der Bundesärztekammer nach einer „. . Weiterentwicklung risikoarmer Impfstoffe und Impf- techniken. . . " ist im Hinblick auf die oben angegebene Impfstoffreserve unbegründet. Zu einer Förderung freiwilliger Pockenimpfungen durch öffentliche Empfehlung gern. § 14, 3 BSeuchG (nicht nach §§ 51, 52 BSeuchG!) besteht keine Veranlas- sung; im Gegenteil sollten die Ge- sundheitsbehörden vor überflüssi- gen Pockenimpfungen warnen. Die von der Bundesärztekammer in ihrer Stellungnahme vorgebrachten Argu- mente, die eine Aufrechterhaltung des Impfgesetzes vom 18. 5. 1976 stützen würden, sind nicht stichhal- tig. Alle vorliegenden Informationen zu den einzelnen angeschnittenen Themen können vielmehr dahinge- hend gewertet werden, daß die Pok- ken getilgt sind und keine konkrete Gefahr im Hinblick auf ein mögli- ches Entweichen von Pockenviren aus den letzten vier Pocken-Labora- torien besteht. Aus diesen Gründen kann nach unserer Ansicht das Pok- kenimpfgesetz vom 18. 5. 1976 er- satzlos gestrichen werden.

Professor Dr. med. F. Deinhardt, Präsident der Deutschen Vereini- gung zur Bekämpfung der Virus- krankheiten e. V.

Vorstand des Max von Pettenkofer- Instituts für Hygiene und Medizini- sche Mikrobiologie der Universität, München

Professor Dr. med. H. D. Brede, Präsident des Bundesamtes für Sera und Impfstoffe

(Paul-Ehrlich-Institut), Frankfurt/Main

Professor Dr. med. H. J. Eggers, Direktor des Instituts . für Virologie der Universität,

Köln

Professor Dr. G. Enders, Stuttgart

Professor Dr. med. Dr. h. c.

R. Haas*),

ehem. Direktor des Hygiene-Instituts der Universität Freiburg und des staatlichen Medizinaluntersu- chungsamtes für den Regierungsbe- zirk Südbaden, jetzt Kempten

Professor Dr. med. G. Joppich, ehem. Direktor der Universitäts-Kin- derklinik,

Göttingen

Professor Dr. med. M. Koch, Bundesgesundheitsamt, Berlin

Professor Dr. med. K. Knörr, ehem. Ärztlicher Direktor der Univer- sitäts-Frauenklinik,

Ulm

Professor Dr. med. Dr. med. vet. E.

Kuwert,

Direktor des Instituts für Medizini- sche Virologie und Immunologie der Universität,

Essen

Professor Dr. med. G. Maass, Leiter d. Instituts für Virusdiagnostik am Hygienisch-bakteriologischen Landesuntersuchungsamt „West- falen",

Münster

Ministerialrat a. 0. Dr. W. Schuma- cher,

Vertreter des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, Bonn

*) Professor Dr. med. Dr. h. c. R. Haas konnte aus äußeren Gründen weder an den Beratungen des Arbeitskreises der Sachverständigen der Bundes- ärztekammer noch an der Sitzung des Wissenschaftlichen Beirates der Bun- desärztekammer am 4. 12. 1981 teil- nehmen. Er hat durch einen Brief an den Geschäftsführer der Bundesärzte- kammer der Stellungnahme der Bun- desärztekammer nicht zugestimmt.

Professor Dr. med. R. Siegert, Geschäftsführender Direktor des Medizinischen Zentrums für Hygie- ne und Medizinische Mikrobiologie, Marburg/Lahn

Professor Dr, med. H. Spiess, Direktor der Kinder-Poliklinik der Universität,

München

Professor Dr. med. V. ter Meuten, Vorstand des Instituts für Virologie und Immunologie der Universität, Würzburg

Professor Dr. med. H.-J. Weise, Bundesgesundheitsamt, Berlin

Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V.

Pettenkoferstraße 9a 8000 München 2

Schlußwort der

Bundesärztekammer

Stellungnahme zur „Erwiderung der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankhei- ten e. V. auf die Stellungnahme der Bundesärztekammer zur er- satzlosen Aufhebung des Geset- zes über die Pockenschutzimp- fung"

Die Stellungnahme der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Vi- ruskrankheiten e. V. entspricht dem aktuellen Wissensstand der Virolo- gie und steht insoweit in keinem Ge- gensatz zu der Stellungnahme der Bundesärztekammer.

Unterschiedlich ist jedoch die Beur- teilung der Frage, ob schon jetzt festgestellt werden kann, daß die derzeitige Situation risikolos stabil bleiben wird oder nicht.

Während die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankhei- ten e. V. davon ausgeht, daß die Er-

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klärung der Weltgesundheitsorgani- sation (WHO), wonach die Weit nun- mehr pockenfrei wäre, künftige Risi- ken praktisch ausschließt, geht die Stellungnahme der Bundesärzte- kammer davon aus, daß in der Ge- schichte der Medizin bisher keine seuchenartig auftretenden Krank- heiten innerhalb einer Fünf-Jahres- frist amtlich als definitiv ausgerottet bezeichnet werden konnten.

Für eine vorsichtige Einschätzung sprechen im konkreten Fall:

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Die gemeldete Aufhebung der all- gemeinen Impfpflicht ist für die Risi- koeinschätzung weniger relevant als die Tatsache, daß sowohl in Ländern der Dritten Weit als auch in osteuro- päischen Staaten nach wie vor gro- ße Bevölkerungsgruppen schutzge- impft werden.

f) Die von der Bundesärztekammer nicht bestrittene Tatsache, wonach in den letzten 4, 5 Jahren der WHO keine Pockenfälle mehr bekannt ge- worden sind, schließt nicht aus, daß Pockenfälle undiagnostiziert geblie- ben sind oder nicht gemeldet wur- den. Es kann daher auch nicht aus- geschlossen werden, daß in Ländern der Dritten Weit Pockenfälle wieder auftreten und angesichts der welt- weiten Verkehrsvernetzung zu einer Gefahr für die Bevölkerungen aller Länder werden.

f) Noch immer sind wesentliche Tei- le der Weltbevölkerung künstlich oder natürlich immun; etwaige la- tente Seuchengefährdungen kön- nen daher noch immer eher verbor- gen bleiben als dies in wenigen Jah- ren der Fall sein wird.

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Von namhaften Wissenschaftlern wird die Möglichkeit größerer künfti- ger Gefährdung der Menschen durch Tierpocken, insbesondere Af- fenpockenviren, angesichts einer von Jahr zu Jahr abnehmenden Im- munität in der menschlichen Popu- lation nicht ausgeschlossen.

Die Stellungnahme der Bundesärz- tekammer, die für den Bundestags- ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit bestimmt war, konnte

die Risiken subversiven oder kriege- rischen Mißbrauchs von B-Kampf- stoffen unerwähnt lassen, weil be- kannt war, daß diese Gesichtspunk- te von anderer Seite vorgetragen werden würden.

Die Kenntnis dieser Risiken hat gleichwohl die Stellungnahme der Bundesärztekammer mitbestimmt.

Dabei ist zu berücksichtigen,

Anmerkung zur Veröffentli- chung der Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Er- widerung der deutschen Ver- einigung zur Bekämpfung der Viruserkrankungen e. V.

Die in Heft 6 vom 12. Februar 1982 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLAT- TES, Seite 24, wiedergegebene Zusammensetzung des Arbeits- kreises, der die Bundesärztekam- mer bei ihrer Stellungnahme bera- ten hat, ist bedauerlicherweise in- soweit mißverständlich formuliert worden, als aus der Aufzählung der Persönlichkeiten geschlossen werden konnte, daß diese alle sich mit dem Inhalt der Stellungnahme identifizieren.

Dies ist nicht der Fall; vielmehr hat die Bundesärztekammer auch Persönlichkeiten zu Rate gezo- gen, die sich für eine ersatzlose Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung vom 18.

Mai 1976 einsetzen und im Zuge der Beratungen auch unverändert eingesetzt haben.

Angesichts der Tatsache, daß die wissenschaftlichen Grundlagen nicht strittig sind, sondern Unter- schiede lediglich in der Bewer- tung der Risiken bestehen, ist es jedoch auch verständlich, daß im Laufe des Prozesses der Mei- nungsbildung einige an der ge- sundheitspolitischen Diskussion beteiligte Wissenschaftler ihre Einschätzung der Risiken und da- mit ihre Stellungnahme zur Frage der ersatzlosen Aufhebung des Gesetzes nach der einen oder der anderen Seite hin korrigiert haben.

Zm Fortbildung Aktuelle Medizin Pockenimpfgesetz

~ daß nach Angaben der WHO, wie in der "Erwiderung der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Vi- ruskrankheiten e. V." bestätigt wird, in Großbritannien, USA, UdSSR und in Südafrika noch Variola-Virus vor- rätig gehalten wird,

~ daß künftig die gesamte Popula- tion der westlichen Weit nicht mehr immun sein wird, während in der östlichen Weit nach wie vor ausge- wählte und größere Bevölkerungs- gruppen routinemäßig schutzge- impft werden.

Die Bundesärztekammer hat in ihrer Stellungnahme deutlich gemacht, daß auch nach ihrer Auffassung das Gesetz über die Pockenschutzimp- fung vom 18. Mai 1976 den veränder- ten Verhältnissen nicht mehr ent- spricht. Sie hat eine Neufassung als dringlich geboten bezeichnet: Im Falle einer Effektuierung des nicht auszuschließenden Risikos neuerlicher Pockenerkrankungen reichen die Bestimmungen des Bun- desseuchengesetzes nicht aus, in der dann gebotenen Unverzüglich- keit und dem dann gebotenen Um- fang die notwendigen Schutzmaß- nahmen durchzuführen. Dies gilt insbesondere

~ für die permanente Aktualisie- rung der lmpfstoffreserven,

~ für die Gewähr des Einsatzes schutzgeimpfter Angehöriger der Gesundheitsberufe,

~ für die Vorhaltung von Isoliersta- tionen.

Ohne eine Neufassung des Gesetzes mit der Pflicht für die Gebietskörper- schaften zu planarischen und orga- nisatorischen Vorbereitungen auf Risikofälle werden in näherer Zu- kunft die jetzt noch vorhandenen Impfstoffreserven und personellen Voraussetzungen für einen wir- kungsvollen Einsatz zum Schutz der Bevölkerung nicht mehr zur Verfü- gung stehen.

Bundesärztekammer Haedenkampstraße 1 5000 Köln 41

Ausgabe B

DEUTSCHES ARZTEBLATT

79. JahrQang Heft 29 vom 23. Juli 1982 43

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