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Entwicklung eines Tiermodells zur Untersuchung eines Biofilms und einer assoziierten Entzündungsreaktion bei chirurgischen Implantaten

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Entwicklung eines Tiermodells zur Untersuchung eines Biofilms und einer assoziierten

Entzündungsreaktion bei chirurgischen Implantaten

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von Silke Paret

aus Berlin

Hannover 2015

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: 1. Prof. André Bleich, PhD

Medizinische Hochschule Hannover

Institut für Versuchstierkunde und Zentrales Tierlaboratorium

2. Prof. Kerstin Schwabe, PhD

Medizinische Hochschule Hannover

Experimentelle Neurochirurgie der Klinik für Neurochirurgie

1. Gutachter: Prof. André Bleich, PhD

Medizinische Hochschule Hannover

Institut für Versuchstierkunde und Zentrales Tierlaboratorium

2. Gutachter: Prof. Peter Valentin - Weigand Tierärztliche Hochschule Hannover

Institut für Mikrobiologie, Zentrum für Infektionsmedizin

Tag der mündlichen Prüfung: 20.11.2015

(3)

Für Frederic

(4)
(5)

I

NHALTSVERZEICHNIS

I. EINLEITUNG... 1

II. LITERATURÜBERSICHT... 2

1. Implantatinfektionen... 2

1.1. Übersicht über Implantatinfektionen... 2

1.2. Implantatinfektionen in der Neurochirurgie... 4

1.3. Implantatinfektionen in der Tiermedizin... 5

2. Ablauf von bakteriellen Infektionen am Implantat... 6

2.1. Entzündungsreaktionen am Implantat... 6

2.2. Die Immunantwort auf eine bakterielle Infektion... 8

2.3. Biofilme... 9

2.3.1. Biofilmbildung... 9

2.3.2. Nachweismethoden für Biofilme auf Implantaten... 11

2.4. Staphylococcus aureus... 13

3. Tiermodelle für die Untersuchung von Implantatinfektionen... 15

4. Fragestellung... 19

III. MATERIAL UND METHODEN... 20

1. Versuchstiere... 20

2. Ablauf des Tierversuches... 20

2.1. Versuchsgruppen... 20

2.2. Anzüchtung und Konzentration der Bakterien... 21

2.3. Operativer Eingriff... 22

2.4. Postoperative Behandlung... 24

2.5. Entnahme der Blutproben und weitere Bearbeitung... 25

2.6. Entnahme der Implantate und Schädelkalotten und deren weitere Bearbeitung... 26

3. Auswertung der Proben... 26

3.1. Konfokale Laser-Scanning Mikroskopie der Implantate... 26

(6)

Inhaltsverzeichnis VI

3.2. Histologie der Schädelkalotten... 29

3.2.1. Einbettung in Technovit... 29

3.2.2. Erstellung der histologischen Schnitte... 30

3.2.3. Histologische Beurteilung der Knochenschnitte... 32

4. Statistik... 36

IV. ERGEBNISSE... 37

1. Biofilmbildung an den Implantaten... 38

2. Histologische Auswertung der Schädelkalotten... 40

V. DISKUSSION... 46

1. Biofilmbildung... 46

2. Entzündungsreaktion... 50

3. Beurteilung des Tiermodells... 56

4. Fazit und Ausblick... 58

VI. ZUSAMMENFASSUNG... 60

VII. SUMMARY... 62

VIII. LITERATURVERZEICHNIS... 64

DANKSAGUNG... 84

(7)

A

BKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ANOVA Varianzanalyse (analysis of variance) CLSM Konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie CSA Ciclosporin A

DNS Desoxyribonukleinsäure EPS extrazelluläre Polysaccharide

°C Grad Celsius

g Gramm

h Stunde

HE Hämalaun-Eosin

IL Interleukin i.p. intra-peritoneal

KBE Kolonie-bildende Einheiten

kg Kilogramm

KGW Körpergewicht

MEA 2-Methoxyethylacetat MMA Methylmethacrylat µl Mikroliter

µm Mikrometer

mg Milligramm

min Minute

NaCl Natrium-Chlorid

ng Nanogramm

nm Nanometer

OD optische Dichte

PBS Phosphatgepufferte Salzlösung (phosphate buffered saline) PCR Polymerase Kettenreaktion (polymerase chain reaction) PMMA Polymethylmethacrylat

% Prozent

(8)

Abkürzungsverzeichnis VIII

qPCR quantitative PCR rt-PCR real-time PCR

S.E.M. Standardfehler (standard error of mean) TSB Tryptic Soya Broth

VE vollentsalzt

(9)

I. E

INLEITUNG

Implantate werden in vielen Bereichen der Medizin eingesetzt, wobei Katheter, künstliche Gelenke, Herzschrittmacher oder Zahnimplantate hier nur einige wenige Beispiele sind (SCHALDACH 1975; TRINDADE ET AL. 2014). Im Bereich der Neurochirurgie werden beispielsweise ventrikuläre Shunt-Systeme zum Ausgleich eines erhöhten Liquordruckes oder nach einem Trauma Implantate für Kranioplastiken mit Schrauben befestigt (EL GHOUL ET AL. 2014; HUTTNER ET AL. 2008). Im Bereich der Tiermedizin wird inzwischen ebenfalls häufig mit Implantaten gearbeitet, vor allem im orthopädischen Bereich (STIFFLER 2004;WETSCHER 2012).

Die wichtigsten Ursachen von Implantatversagen sind Infektionen und Knochenabbau in Umgebung der Implantate (BERENDT UND BYREN 2004; BØE ET AL. 2011; SAKKA UND COULTHARD 2011). In diesem Zusammenhang ist bekannt, dass eine Biofilmbildung, also der organisierte Zusammenschluss von Bakterien, die bevorzugt auf inerten Oberflächen oder totem Gewebe wachsen, am Implantat mit einer sehr hohen Komplikationsrate einhergeht. Mehr als 65% aller Infektionen des Menschen sind mit Biofilmen assoziiert sind, wobei Staphylococcus aureus der am häufigsten für Implantatversagen verantwortliche Keim ist (ARCHER ET AL. 2011;

CAMPOCCIA ET AL.2006; GBEJUADE ET AL.2015; HANKE UND KIELIAN 2012;RAMÍREZ ET AL.2013;SNOWDEN ET AL.2012). Der Bedarf an Implantaten ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, so dass inzwischen pro Jahr über eine halbe Milliarde Implantate weltweit verwendet werden (CAMPOCCIA ET AL.2013;HALLAK 2014;YUE ET AL.2015). Diese Entwicklung zeigt, dass in diesem Bereich und vor allem im Gebiet der Implantatinfektionen weitere Forschung und Entwicklung nötig und sinnvoll ist.

Das hier beschriebene Vorhaben hat das Ziel, ein Rattenmodell zu entwickeln und zu charakterisieren, bei dem mit Staphylococcus aureus reproduzierbar ein Biofilm auf einem Implantat mit begleitender Entzündungsreaktion hervorgerufen werden kann und mit dem später neue Implantatmaterialien oder -oberflächen evaluiert werden können.

(10)

II. Literaturübersicht 2

II. L

ITERATURÜBERSICHT

1. Implantatinfektionen

1.1. Übersicht über Implantatinfektionen

Innerhalb der letzten Jahre wurden zunehmend mehr Implantate eingesetzt, was an der Entwicklung in der medizinischen Forschung und an dem demographischen Wandel liegt (HALLAK 2014;YUE ET AL.2015). Im Jahr 2007 wurden etwa eine halbe Milliarde Implantate weltweit verwendet und der Bedarf ist seitdem noch gestiegen (CAMPOCCIA ET AL. 2013). Infektionen an Implantaten sind eine der häufigsten Ursachen für Implantatversagen, wobei in der Regel das infizierte Implantat mit dem umgebenden Gewebe entfernt werden muss, da bei einer Biofilmbildung auf der Implantatoberfläche gewöhnlich keine andere Behandlung erfolgreich ist (DAROUICHE

2004; HALLAK 2014; KASLIWAL ET AL. 2013; YUE ET AL. 2015). Es besteht unter anderem die Problematik, dass kaum wirksame antibakterielle Medikamente gegen das zunehmend resistente Erregerspektrum im Bereich der Implantatinfektionen eingesetzt werden können, was vor allem der schwer zugänglichen Verbindung zwischen Implantat, Knochen und umgebendem Weichgewebe geschuldet ist (HALLAK 2014). Es kann in der Folge einer Implantatinfektion zur Besiedlung von anderen Organen durch die Verbreitung der vorhandenen Bakterien oder zu einer systemischen Infektion mit entsprechenden Symptomen kommen, was im schlimmsten Fall zu einer Sepsis mit Todesfolge führen kann (CRAMTON ET AL.1999;

WODTKE UND LÖHR 2008). Im Falle einer Infektion tritt diese in der Regel akut oder subakut nach einer Implantation auf, jedoch ist diese bei Verbleiben der Implantate durch eine hämatogene Absiedlung von Bakterien noch Jahre später möglich (CAMPOCCIA ET AL.2013).

Neben den weitreichenden Folgen für die Patienten entstehen durch Implantatinfektionen hohe volkswirtschaftliche Kosten, da Revisionsoperationen, also die Entfernung eines bereits infizierten Implantates um ein neues einzubringen, mit einem erhöhten Operationsrisiko, einer höheren Komplikationsrate und einem

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dadurch bedingten längeren Krankenhausaufenthalt einhergehen (DAROUICHE 2004;

STEIN 2011). Allein die Kosten für orthopädische Revisionsoperationen im Bereich des Gelenkersatzes belaufen sich in Deutschland pro Jahr auf etwa 180 Millionen Euro (OTTO 2008).

Nach Einbringung eines Implantates genügt im Vergleich zu Situationen, in denen kein Fremdmaterial beteiligt ist, bereits eine millionenfach geringere Keimlast um eine Infektion hervorzurufen (ZIMMERLI ET AL. 1982). Dies ist einer der Hauptgründe dafür, dass 60 - 70% aller nosokomialen Infektionen auf Implantate zurückzuführen sind (VEERACHAMY ET AL.2014).

In der Orthopädie infizieren sich etwa 0,5 - 2% der Gelenkprothesen, wobei sehr oft Staphylococcus aureus (S. aureus) nachgewiesen wird (GEIPEL UND HERRMANN

2004). Bei transkutanen Fixateuren, die bei einigen Frakturen verwendet werden, zeigen sich Infektionsraten von 5% bis zu 50%, wobei diese Angaben, abhängig von den Lokalisationen am Körper, stark schwanken (CAMPOCCIA ET AL.2013;KRAEMER ET

AL.2010). Zahnimplantate zeigen in bis zu 8% der Fälle eine Periimplantitis, die mit einer Entzündungsreaktion und Knochenverlust in der Umgebung des Implantates einhergeht (SINGH 2011; YUE ET AL. 2015). In der Neurochirurgie liegen die Infektionsraten nach Verwendung von Implantaten in der Regel zwischen 3,4 - 8,5%

(CAMPOCCIA ET AL.2013;STAVRAKIS ET AL.2015). Bei Risikofaktoren wie hohem Alter, Diabetes mellitus, Adipositas, Rauchen oder einer Immunsuppression des Patienten kommt es zu einer deutlichen Erhöhung der Infektionsraten (BJERKNES ET AL. 2014;

HALLAK 2014;POELSTRA ET AL.2000;STAVRAKIS ET AL.2015). Diese werden zusätzlich verstärkt, wenn im Operationsbereich bereits eine Infektion vorliegt oder es sich um eine Revisionsoperation handelt (GOH ET AL.2010).

Es gibt bis jetzt einige Ansätze zur Verminderung von Implantatinfektionen. So wird in der Regel bei den Operationen neben der allgemeinen Asepsis eine systemische prophylaktische antimikrobielle und antiinflammatorische Therapie durchgeführt (YUE ET AL. 2015). Zusätzlich gibt es Versuche, bei denen Implantate mit Nanopartikeln aus Silber beschichtet wurden, wodurch eine antibakterielle Wirkung erzielt werden soll. Diese Art der Beschichtung zeigte erste Erfolge beim orthopädischen Einsatz.

Eine langfristige geringere Infektionsrate und Reduzierung der Biofilmvorkommen

(12)

II. Literaturübersicht 4

müssen allerdings erst noch gezeigt werden (BRENNAN ET AL.2015). Weitere Ansätze sind die Verwendung von Kupfer in Implantaten, welches die Biofilmbildung stört, indem es die Anheftung der Bakterien an der Oberfläche des Implantates verhindert, die Beschichtung mit Peroxiden, die eine bakterizide Wirkung haben sollen, oder antibakteriell wirkenden Phagen, also Viren, die spezifisch Bakterien infizieren und zerstören (CONNAUGHTON ET AL. 2014). Bei diesen und anderen Beschichtungen besteht leider häufig das Problem, dass sich zwar keine Bakterien mehr an die Implantate anheften können, gleichzeitig jedoch die Anlagerung von körpereigenen Zellen und somit eine mögliche medizinische Funktion oder die Einheilung gestört sind (BRENNAN ET AL. 2015). Demzufolge ist durch bereits eingesetzte Substanzen oder Implantatveränderungen zwar eine Reduktion der Infektionsraten ermöglicht worden, letztendlich können Implantatinfektionen jedoch nicht vollständig verhindert werden (ARCHER ET AL. 2011; CAMPOCCIA ET AL. 2013; CONNAUGHTON ET AL. 2014;

HALLAK 2014).

1.2. Implantatinfektionen in der Neurochirurgie

Die Verwendung von Implantaten in der Neurochirurgie ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen und hat für unterschiedliche Zwecke eine große Bedeutung erlangt (BRAXTON ET AL. 2005; CAMPOCCIA ET AL. 2013). Am Schädel werden unter anderem verschiedene Platten in Kombination mit Schrauben zur Rekonstruktion bei Frakturen, einer Osteomyelitis der Schädelknochen oder bei Kraniostenosen zur Translokation der Schädelplatten verwendet (BÜCHELER ET AL. 2002; HOSEIN ET AL. 1999;SCHMIDT 2003). Operationen, bei denen ein zunächst entferntes Knochenstück später wieder als Implantat eingesetzt wird, werden am Schädel unter anderem zum Verschluss nach einem intracraniellen Eingriff aufgrund von Blutungen oder Tumoren durchgeführt (HOSEIN ET AL. 1999). An der Wirbelsäule werden Implantate beispielsweise bei einer Fusion von Wirbelkörpern zur Stabilisierung bei einer Spondylolisthese oder einer Osteomyelitis der Wirbelkörper verwendet (SANSUR ET AL.2010;SHAD ET AL.2003).

Osseointegrative Implantate werden in der Neurochirurgie vielseitig eingesetzt und bergen ebenso wie an anderen Stellen des Körpers immer das Risiko einer Infektion

(13)

mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen, unter anderem durch die häufig assoziierte Biofilmbildung und den damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Behandlung (BRAXTON ET AL. 2005). Bei Implantatinfektionen am Schädel und der Wirbelsäule können die Infektion und die Entzündung auf das zentrale Nervensystem übergehen. Ebenso sind unspezifische Kopfschmerzen und Ausfälle der psychomotorischen Funktionen möglich (BJERKNES ET AL. 2014; CAMPOCCIA ET AL. 2013; HOSEIN ET AL. 1999). Letztendlich kann sich infolge einer Infektion eine lebensbedrohliche Sepsis entwickeln, welche in etwa 14% der Infektionsfälle eintritt (BRAXTON ET AL. 2005; HOSEIN ET AL. 1999). Die durchschnittliche Infektionsrate bei neurochirurgischen Eingriffen mit Implantaten ist mit 3,4 - 8,5% etwa doppelt so hoch wie bei Operationen, bei denen kein Implantat eingebracht wird. Ebenso wie im orthopädischen Bereich, ist in der Neurochirurgie der am häufigsten gefundene Keim S. aureus (BRAXTON ET AL. 2005; LIETARD ET AL. 2008; POELSTRA ET AL. 2000;

STAVRAKIS ET AL.2015).

1.3. Implantatinfektionen in der Tiermedizin

Implantate werden auch in der Veterinärmedizin zunehmend verwendet, hauptsächlich für orthopädische Zwecke, aber auch bei neurochirurgischen Eingriffen (STIFFLER 2004; WETSCHER 2012). Beispiele für orthopädische Erkrankungen bei Tieren, bei denen operativ mit osseointegrativen Implantaten gearbeitet wird, sind Kreuzbandrisse bei Hunden, Frakturen beim Klein- und beim Großtier oder Arthrosen der Zehengelenke beim Pferd (AIKEN ET AL.2015;KNOX UND WATKINS 2006;NICOLL ET AL. 2014; WETSCHER 2012). Im neurochirurgischen Bereich werden Implantate zum Beispiel bei der Diskospondylitis beim Hund oder bei Schädelknochenverletzungen durch Trauma sowohl beim Kleintier, als auch beim Großtier eingesetzt (AUGER ET AL. 2000;CHEN ET AL.2014;GERDING ET AL.2014;HUSKA ET AL.2014).

Infektionsraten von Implantaten im Knochen beim Tier liegen zwischen 4 - 12% und können in der Folge zu einer Osteomyelitis und bei Kontakt zu Gelenken gleichzeitig zu einer septischen Arthritis führen. Ebenso wie beim Menschen sind systemische Infektionen und eine Sepsis mit Todesfolge möglich (AIKEN ET AL. 2015; GALLAGHER

UND MERTENS 2012). Staphylokokken sind auch in der Veterinärmedizin die am

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II. Literaturübersicht 6

häufigsten an Implantatinfektionen beteiligten Keime (GALLAGHER UND MERTENS

2012). Risikofaktoren, die zu einer schlechteren Heilung nach der Operation oder zu höheren Infektionsraten führen, sind ähnlich wie beim Menschen vor allem das Alter des Tieres, die Dauer der Operation sowie Diabetes mellitus und Adipositas (AIKEN ET AL.2015).

Auch im tierexperimentellen Bereich sind Infektionen infolge von Implantaten problematisch. In den Neurowissenschaften werden häufig Elektroden für die elektrophysiologische Ableitung oder Stimulation von bestimmten Gehirnregionen implantiert. Für die chronische Anwendung werden diese Implantate mit Hilfe von kleinen Schräubchen und Knochenzement an der Schädeloberfläche befestigt. Nach mehreren Wochen können sich ohne prophylaktische Antibiose Entzündungen entwickeln und es kann teilweise zur Bildung von Abszessen im Gehirn kommen (LEBLANC ET AL. 2013). Ebenso können Osteomyelitiden auftreten, die zu Implantatverlusten führen. Diese Probleme werden in der Literatur meist als

„Tierverluste während eines Versuches“ gekennzeichent und selten als Implantatverluste aufgrund von Infektionen benannt. Dementsprechend könnte eine Verhinderung solcher Infektionen die Zahl der für einen Versuch verwendeten Tiere deutlich verringern.

2. Ablauf von bakteriellen Infektionen am Implantat

2.1. Entzündungsreaktionen am Implantat

Eine lokale Entzündung im Gewebe ist eine normale Reaktion des Körpers auf das Einbringen eines Fremdkörpers. Gleichzeitig ist eine persistierende Entzündung in der Umgebung von Implantaten, die über diese normale Reaktion hinausgeht, eine der Hauptursachen von Implantatversagen. Eine Entzündungsreaktion ist nicht an eine Beteiligung von Bakterien gebunden (ANDERSON 1993; ANDERSON ET AL. 2008;

REFAI ET AL.2004;TRINDADE ET AL.2014).

Entzündungsprozesse lassen sich in drei Phasen unterteilen. Während der akuten Entzündung, die maximal einige Tage dauert, kommt es infolge einer Verletzung

(15)

zunächst zu Blutgerinnung und Gewebekontraktion. Gleichzeitig findet eine zelluläre Reaktion statt, die durch eine ausgeprägte Einwanderung von Leukozyten, hauptsächlich neutrophiler Granulozyten und Monozyten gekennzeichnet ist.

Gleichzeitig zeigt sich eine Ödembildung durch Exsudation von Gewebeflüssigkeit (ANDERSON 1988, 1993; KOCHANOWSKI 2012; REFAI ET AL. 2004). In dieser Phase kommt es bereits zur Phagozytose von zerstörten Zellen (PAJARINEN ET AL. 2013;

TONETTI UND SCHMID 1994).

Es folgt eine chronische Entzündung, die durch die Anwesenheit von Makrophagen und Lymphozyten geprägt ist. Die chronische Entzündung wird durch einen persistierenden Stimulus erhalten, wobei es sich im Falle eines Implantates zum Beispiel um die Materialbeschaffenheit oder eine permanente leichte Bewegung des Implantates handeln kann (ANDERSON 1993;SUSKA ET AL.2005). Auf zellulärer Ebene findet Kollagensynthese, die Bildung extrazellulärer Matrix und die Proliferation neuer Blutgefäße statt (ANDERSON 1993; PRIBILA ET AL. 2004). Die wichtigsten Zellen in dieser Phase sind Makrophagen, unter anderem aufgrund ihrer Fähigkeit eine Vielzahl an Mediatoren zu sezernieren (zum Beispiel Proteasen, Zytokine und chemotaktische Faktoren) (ANDERSON 1993; ANDERSON ET AL. 2008; REFAI ET AL. 2004). Zusätzlich haben sie eine deutlich längere Überlebensdauer (Tage bis Wochen) als neutrophile Granulozyten (24 - 48 Stunden) (ANDERSON 1988; SILVA

2011). Im weiteren Verlauf der Entzündungsreaktion kommt es zur Bildung von Granulationsgewebe und teilweise einer Bindegewebskapsel (ANDERSON ET AL. 2008). Granulationsgewebe besteht aus neu gebildeten kleinen Blutgefäßen und Fibroblasten und bildet sich etwa drei bis fünf Tage nach einer Implantation (ANDERSON 1993).

Die letzte Phase der Entzündung ist durch eine Fibrose und die Bildung von Narbengewebe gekennzeichnet (TRINDADE ET AL. 2014). Grundsätzlich sollten die Phasen der Entzündung nicht als ein streng chronologischer Prozess betrachtet werden, da sich die Ereignisse überlappen und ineinander übergehen (SILVA 2011).

Bei Implantaten wird die sogenannte Fremdkörper-Reaktion von einer chronischen Entzündung differenziert (ANDERSON 1993; ANDERSON ET AL. 2008). Eine normale Fremdkörper-Reaktion auf das Einbringen von Implantaten besteht aus der

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II. Literaturübersicht 8

Ansammlung von Makrophagen, Fremdkörper-Riesenzellen und den typischen Komponenten des Granulationsgewebes, zu denen Makrophagen, Fibroblasten und Kapillaren gehören (ANDERSON 1993; ANDERSON ET AL. 2008). Aufgrund der Größe und der hauptsächlich nicht resorbierbaren Implantatmaterialien können nur die ersten Schritte der Phagozytose, also die Anheftung an das Implantat und die Erkennung als Fremdkörper, erfolgen (ANDERSON 1993). Die Folge davon ist die sogenannte frustrierte Phagozytose, welche unter anderem zu einer Verschmelzung von Makrophagen zu mehrkernigen Riesenzellen, auch Fremdkörper-Riesenzellen genannt, führt (HENSON 1971; MORENO ET AL. 2007). Diese Fusion ist einer der wichtigsten Vorgänge der Fremdkörper-Reaktion (ANDERSON 1993; ANDERSON ET AL. 2008; TRINDADE ET AL.2014). Makrophagen und Fremdkörper-Riesenzellen, die sich an der Implantatoberfläche angesammelt haben, setzen unterschiedliche Mediatoren und Enzyme frei, mit dem Ziel der Phagozytose und der Zersetzung des Implantates.

Durch diesen Vorgang werden weitere Entzündungszellen angelockt und es kann zu einem deutlichen Knochenabbau kommen, was in der Folge zu einer Lockerung und dem Verlust des Implantates führen kann (HENSON 1971; MORENO ET AL. 2007;

TRINDADE ET AL.2014).

Eine lokale zelluläre Fremdkörper-Reaktion kann dauerhaft bestehen bleiben, jedoch durch eine fibröse Einkapselung vom umgebenden Gewebe abgeschirmt werden (ANDERSON 1993; TRINDADE ET AL. 2014). Durch die Bildung von Narbengewebe um das Implantat sollte es möglichst zur vollständigen Einheilung des Implantates kommen. Eine unvollständige Einheilung von Implantaten begünstigt immer eine Infektion mit Bakterien (ANDERSON 1993;TRINDADE ET AL.2014).

2.2. Die Immunantwort auf eine bakterielle Infektion

Pathogene Bakterien führen in der Regel zu einer Reaktion des Immunsystems mit dem Ziel der Eliminierung der eingedrungenen Mikroorganismen (GONZALEZ ET AL. 2015). Die erste Reaktion des Körpers auf Bakterien ist eine massive Infiltration des entsprechenden Gewebes durch neutrophile Granulozyten und Makrophagen (FRANK

1980). In nahezu jedem Gewebe des Körpers gibt es ortsständige Makrophagen, die eine direkte und sofortige Abwehr von Bakterien gewährleisten können und eine Vielzahl proinflammatorischer Mediatoren produzieren, die wichtig für die

(17)

Rekrutierung und Aktivierung anderer Immunzellen sind (FOSTER 2005). Neutrophile Granulozyten sezernieren als erste Antwort auf eine bakterielle Infektion zahlreiche bakterizide Substanzen, wie Defensine, Lysozyme und Sauerstoffradikale (HANKE UND KIELIAN 2012). Sie gelten daher als die wichtigsten Zellen der Immunreaktion auf eine bakterielle Infektion (SILVA 2011).

2.3. Biofilme

2.3.1. Biofilmbildung

Bei Biofilmen handelt es sich um organisierte Zusammenschlüsse von Bakterien, die bevorzugt auf inerten Oberflächen oder totem Gewebe wachsen (COSTERTON 1999;

DONLAN UND COSTERTON 2002; SHIRTLIFF ET AL. 2002). Durch die Vermehrung von Bakterien entstehen dichte Verbände, sogenannte Plaques, die in eine extrazelluläre Matrix aus Polysacchariden, Nukleinsäuren und verschiedenen Proteinen eingebettet sind. Diese Matrix wird als extrazelluläre Polysaccharide (EPS) bezeichnet (BRAXTON

ET AL. 2005; DAVIES ET AL. 1998; STOODLEY ET AL. 2002). Solche mehrzelligen Verbände stehen planktonischen Einzelzellen gegenüber (MAH UND O’TOOLE 2001).

Biofilme werden in mehreren Schritten gebildet. Dabei unterscheidet man die drei Phasen der Anheftung, Reifung und Ablösung zur weiteren Verbreitung (ARCIOLA ET AL.2011;O’TOOLE ET AL.2000;OTTO 2008).

Die Bildung von Biofilmen beginnt durch die Aggregation von Bakterien an einer Oberfläche. Dieser Vorgang führt zu einer veränderten Genexpression der Bakterien, wodurch die nachfolgenden Schritte der Biofilmbildung erst ermöglicht werden (DONLAN UND COSTERTON 2002; HALL-STOODLEY ET AL. 2004). Anschließend beginnt die Sezernierung der EPS, wodurch die Anheftung der Bakterien an der Oberfläche verstärkt wird und in einen nahezu irreversiblen Zustand übergeht. Diese Vorgänge sind, abhängig von der Bakterienspezies, bei optimalen Umgebungsbedingungen meist nach wenigen Stunden abgeschlossen (STOODLEY ET AL.2002).

In der Phase der Reifung kommt es zu einer spezifischen Ausbildung der Architektur und der Anheftung von weiteren planktonischen, frei flotierenden Bakterien an den bereits bestehenden Biofilm (DAVIES ET AL. 1998; STOODLEY ET AL. 2002). Während

(18)

II. Literaturübersicht 10

der Reifung eines Biofilmes wird dieser hauptsächlich stabiler gegenüber äußeren Einflüssen, was nicht immer mit einer Verdickung des Biofilms oder Vermehrung der Bakterien einhergeht (GÜNTHER ET AL. 2009). Nach der Ausreifung können planktonische Einzelzellen freigesetzt oder ganze Mikrokolonien abgelöst und abgeschwemmt werden, die sich an anderen Orten im Körper ansiedeln und Infektionen von weiteren Organen verursachen können (SHIRTLIFF ET AL. 2002;

STOODLEY ET AL.2002).

Innerhalb eines Biofilmes bewirken unterschiedliche Mediatoren eine komplexe Kommunikation zwischen den Zellen, welche „Quorum-sensing“ genannt wird. Dies führt zu einer Veränderung der Stoffwechselaktivität und einem veränderten Verhalten im Vergleich zu planktonischen Bakterien (BRAXTON ET AL. 2005; HALL- STOODLEY ET AL. 2004; O’GARA 2007). Bakterien haben in einem Biofilm mehrere Vorteile gegenüber planktonischen Bakterien. Durch verschiedene Mechanismen können zum Beispiel die Umgebungsbedingungen den Bedürfnissen der Bakterien angepasst werden. Weiterhin steigt die Überlebensrate der Mikroorganismen durch Schutz vor der körpereigenen Abwehr sowie vor antibakteriell wirksamen Medikamenten (ARCHER ET AL. 2011; BRAXTON ET AL. 2005; YARWOOD UND BARTELS

2004). Beispiele für solche Vorteile innerhalb von Biofilmen sind:

1. Nährstoffspeicherung in der umgebenden Matrix, vor allem von Stickstoff und Phosphat. Die entsprechenden Moleküle können durch Biofilm-eigene kleine Kanäle transportiert werden (BRAXTON ET AL.2005).

2. Schutz vor Scherkräften durch die extrazelluläre Matrix (SHIRTLIFF ET AL.2002).

3. Die Matrix als Diffusionsbarriere, die die Bakterien in einem Biofilm vor antimikrobiellen Substanzen oder Abwehrzellen schützt (AKIYAMA ET AL. 1993;

COSTERTON 1999).

4. Absinken der Stoffwechselrate der Bakterien in einen sogenannten Persister- Zustand. Dadurch sind die Mikroorganismen deutlich weniger durch viele antibakteriell wirksamen Medikamente angreifbar, da diese in den Stoffwechsel der Bakterien eingreifen (XU ET AL.2000).

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Da die Eliminierung des Biofilms durch das Immunsystem häufig nicht möglich ist, kommt es zu einer fibrösen Einkapselung. Man geht davon aus, dass durch diesen Vorgang der Biofilm möglichst vollständig abgegrenzt werden soll. Allerdings wird hierdurch auch das Überleben der Bakterien gefördert, da weder weitere Immunzellen noch antimikrobielle Wirkstoffe den infizierten Bereich erreichen können (HANKE UND KIELIAN 2012).

Grundsätzlich wird die Anheftung von Bakterien an eine Implantatoberfläche nur dadurch ermöglicht, dass keine gute Einheilung in das Gewebe stattgefunden hat.

Bei ausreichender Einheilung wird die Implantatoberfläche von Gewebezellen belegt, sodass weniger Fläche für eine Biofilmbildung zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu ist keine ausreichende Einheilung in das umgebende Gewebe mehr möglich, sobald sich ein Biofilm auf der Implantatoberfläche gebildet hat (ANDERSON 1993).

2.3.2. Nachweismethoden für Biofilme auf Implantaten

Es gibt mehrere Methoden zum Nachweis von Bakterien und Biofilmen auf Implantaten, die verschiedene Vor- und Nachteile haben. Für eine aussagekräftige Beurteilung sollte die gewählte Methode eine Unterscheidung zwischen planktonischen Bakterien und Biofilmen ermöglichen und eine Quantifizierung erlauben. Interessant ist zudem die Darstellung, ob die Bakterien noch lebensfähig sind.

Ein häufig gewähltes Instrument zum Bakteriennachweis ist die Polymerase- Kettenreaktion (PCR, polymerase chain reaction) (FREIRE 2011;LI ET AL.2008;VERMA ET AL. 2010). Die PCR ist sehr sensitiv zur Detektierung vorhandener Desoxyribonukleinsäure (DNS) der nachzuweisenden Keime. Nachteilig ist jedoch, dass es sich bei einer normalen PCR um einen rein qualitativen Nachweis handelt (AMMANN ET AL.2013;TAVERNIER UND COENYE 2015). Eine genau Quantifizierung des Biofilmes ist durch eine sogenannte real-time PCR (rt-PCR), oder auch quantitative PCR (qPCR), möglich. Dabei wird mit Hilfe einer Fluoreszenz-Reaktion dargestellt, wie viel genetisches Ausgangsmaterial vervielfältigt wurde. Somit erlaubt diese Methode eine sehr genaue Quantifizierung vorhandener Bakterien beziehungsweise eines Biofilmes (AMMANN ET AL.2013).

(20)

II. Literaturübersicht 12

Als weitere Möglichkeit zum Nachweis von Bakterien werden Abstriche vom Implantat genommen, die anschließend mit Hilfe eines Ausstrichs auf einem entsprechenden Nährmediums angezüchtet werden. Alternativ wird das Implantat direkt auf einem Nährboden ausgerollt um anhaftende Bakterien nachzuweisen.

Danach können die Kolonie-bildenden Einheiten (KBE) als Maß für die Menge der vorhandenen Bakterien bestimmt werden (LUCKE ET AL. 2003). Diese Methode ist kritisch zu betrachten, da dadurch eher ein qualitativer Nachweis von Bakterien erfolgt, da mit einem solchen Vorgehen nicht alle vorhandenen Keime, insbesondere nicht fest angehefteter Biofilm, vom Implantat abgelöst werden können. Gleichzeitig ist zu beachten, dass ein Biofilm aus Bakterien besteht, die sich in verschiedenen Stoffwechsel-Zuständen befinden. So sind zum Beispiel inaktive Persister-Bakterien nahezu nicht kultivierbar, obwohl sie lebendig, vermehrungsfähig und in der Lage sind, den Wirt zu schädigen. Des Weiteren ist bei einer Anzüchtung zu beachten, dass je nach verwendetem Medium und gewählten Umgebungsbedingungen bestimmte Keime selektiert werden (BJERKNES ET AL. 2014; TAVERNIER UND COENYE 2015).

Eine andere Art der mikrobiologischen Kultivierung ist die Homogenisierung und Lösung von dem das Implantat umgebenden Gewebe, um damit ebenfalls eine Anzüchtung zum Nachweis von Bakterien durchzuführen. Mittels der KBE wird so eine Quantifizierung erreicht und anhand der Koloniemorphologie werden die Bakterien identifiziert (CHEN ET AL. 2005, 2009; POELSTRA ET AL. 2000). Der Nachteil dieses Vorgehens ist jedoch, dass nicht ersichtlich ist, ob die Keime sich direkt auf dem Implantat oder im umgebenden Gewebe befanden. Es ist wahrscheinlich, dass im Falle einer maturen Biofilmbildung auf dem Implantat diese Bakterien mit dem Implantat entfernt werden und nicht im untersuchten Gewebematerial nachweisbar sind. Außerdem ist nicht erkennbar, ob die Keime in einem Biofilm organisiert waren (KERSTENS ET AL.2015).

Eine Ablösung der Bakterien von Implantaten wurde zudem mittels Zentrifugation des Implantates in phosphatgepufferter Salzlösung (PBS) beschrieben (CUCARELLA ET AL.2001;HAENLE ET AL.2013;RUPP ET AL.1999). Die entstandene Flüssigkeit wird anschließend auf ein Nährmedium gegeben und mit der KBE eine Quantifizierung

(21)

erreicht. Bei diesem Vorgehen ist es wahrscheinlich, dass anhaftender maturer Biofilm nicht abgelöst wird, sondern hauptsächlich planktonische Bakterien und unreifer, nicht fest etablierter Biofilm nachgewiesen wird (KERSTENS ET AL.2015). Eine weitere Möglichkeit zur Ablösung eines Biofilms vom Implantat zur nachfolgenden Anzüchtung und Untersuchung ist die Inkubation in einem Ultraschall-Bad, was sich bereits in verschiedenen Untersuchungen als zuverlässig erwiesen hat (BEENKEN UND

DUNMAN 2004;KERSTENS ET AL.2015;SNOWDEN ET AL.2012;VAN WIJNGAERDEN ET AL. 1999).

Alle beschriebenen Verfahren haben jedoch den Nachteil, dass nicht erkennbar ist, ob es sich bei den nachgewiesenen Keimen um planktonische Keime oder um Bakterien handelt, die in einem Biofilm organisiert waren. Zusätzlich ist keine zuverlässige Quantifizierung mittels einer Anzüchtung zu erreichen, da ein Biofilm aus Bakterien besteht, die sich in sehr unterschiedlichen Stoffwechsel-Zuständen befinden und nicht kultivierbar sein können, obwohl sie noch lebensfähig sind (BJERKNES ET AL.2014;TAVERNIER UND COENYE 2015). Außerdem ist eine Anzüchtung in der Regel sehr arbeits- und zeitintensiv (HANNIG ET AL.2010).

Eine weitere Methode ist die direkte Darstellung von Bakterien auf einem Implantat mit Hilfe der Mikroskopie, wobei die Elektronen-Scanning-Mikroskopie oder die konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM) verwendet werden kann (ALT ET AL. 2011;ARAD ET AL.2013;SNOWDEN ET AL.2012;WINDOLF ET AL.2013). Insgesamt ist zu sagen, dass sowohl die Qualifizierung als auch Quantifizierung von Bakterien auf Implantaten sehr schwierig ist (FREIRE 2011;LI ET AL.2008;VERMA ET AL.2010).

2.4. Staphylococcus aureus

Der am häufigsten bei Implantat-assoziierten Infektionen nachgewiesene Keim ist S. aureus, welcher in diesem Zusammenhang für eine hohe Morbidität und Mortalität verantwortlich gemacht wird (GREENSPON ET AL.2008;SCHROEDER ET AL.2009;SMITH ET AL. 2008). Bei S. aureus handelt es sich um aerobe, grampositive Kokken mit saprophytärem Vorkommen. Sie sind bei Menschen und Tieren hauptsächlich auf der Haut und den Nasenschleimhäuten zu finden und führen erst durch bestimmte Voraussetzungen, wie zum Beispiel ein hohes Alter oder eine Immundefizienz des

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II. Literaturübersicht 14

Patienten oder dem Verbringen einer hohen Keimlast in eine Operationswunde, zu schweren Erkrankungen (ARCHER ET AL.2011;GALLAGHER UND MERTENS 2012;KLOOS UND BANNERMAN 1994). S. aureus ist unbeweglich, gehört zu den Koagulase- positiven Staphylokokken und ist ein häufiger Erreger nosokomialer Infektionen (DASCHNER ET AL.2006;KLOOS UND BANNERMAN 1994;PFANZELT 2006;SHIRTLIFF ET AL. 2002). Die pathogenen Eigenschaften Koagulase-positiver Staphylokokken sind abhängig von Virulenzfaktoren, welches in der Regel Zellwand-assoziierte Proteine sind und wozu zum Beispiel das Protein A, Staphylokinase, DNasen, Lipasen, Hyaluronidasen, Hämolysine und Leukozidine gehören (FOURNIER UND PHILPOTT

2005;HARRO ET AL.2010;LINDE UND LEHN 2002). Die Expression der Virulenzfaktoren ist unter anderem von Quorum-sensing-Mechanismen abhängig (ARCIOLA ET AL. 2011). Um eine manifeste Infektion zu verursachen, müssen in der Regel mehrere Virulenzfaktoren in koordinierter Form vorhanden sein (FOURNIER UND PHILPOTT 2005). S. aureus induziert unter anderem am Knochen eine Entzündungsreaktion, an der Mediatoren beteiligt sind, die die Aktion von Osteoblasten und Osteoklasten beeinflussen können. S. aureus ist in der Lage in Osteoblasten eindringen und über verschiedene Signalwege eine Apoptose induzieren (ALEXANDER ET AL. 2003;

ELLINGTON ET AL.1999;WRIGHT UND NAIR 2010).

S. aureus kann einen mehrlagigen Biofilm bilden, der unter anderem aus Blut und Gewebeflüssigkeit besteht (ARCHER ET AL. 2011; SHIRTLIFF ET AL. 2002). Außerdem enthält dieser viel Fibrin, wodurch er widerstandsfähig gegen physikalische und immunologische Einflüsse ist (NEMOTO ET AL. 2000). Zur Biofilmbildung durch S. aureus sind unterschiedliche bakterieneigene Oberflächenproteine notwendig, um die einzelnen Schritte der Biofilmbildung zu vollziehen (ABRAHAM UND JEFFERSON

2010; AKIYAMA ET AL. 1993; ARCIOLA ET AL. 2011; CAIAZZA UND O’TOOLE 2003;

HERRMANN ET AL.1988; SCHROEDER ET AL.2009). S. aureus kann über verschiedene Signalwege eine Phagozytose durch neutrophile Granulozyten verhindern (ARCHER ET AL. 2011; FOSTER 2005; GÜNTHER ET AL. 2009; THURLOW ET AL. 2011). Zudem kommt es zu einer Thrombus-Bildung aus Thrombozyten und Fibrin, in denen die Bakterien wachsen, aber nicht von den neutrophilen Granulozyten eliminiert werden können (FOSTER 2005).

(23)

Die Behandlung einer Infektion mit einem S. aureus-Biofilm ist schwierig und langwierig, da der Biofilm vor allem im ausgereiften Zustand weitestgehend resistent gegen die körpereigene Abwehr und gegen antimikrobielle Therapien ist (ARCHER ET AL.2011;THURLOW ET AL.2011).

3. Tiermodelle für die Untersuchung von Implantatinfektionen

Tiermodelle werden in der Forschung für unterschiedliche Zwecke verwendet. Dazu gehören unter anderem die Erprobung neuer Materialien in der Implantologie oder die präklinische Testung von Behandlungsmöglichkeiten, bevor diese Ansätze am Patienten untersucht werden (AMORENA UND GRACIA 1999; HAENLE ET AL. 2013;

NORDEN 1988; STAVRAKIS ET AL. 2015). Ebenso ist es möglich, pathophysiologische Vorgänge mit Hilfe von Tiermodellen besser zu verstehen (ARAD ET AL.2013;FOSTER 2005). Für die Untersuchung von Implantatinfektionen gibt es bereits einige Tiermodelle, wobei der Großteil dieser Modelle mit orthopädischen oder dentalen Implantaten durchgeführt wurde (ALT ET AL.2011;AN UND FRIEDMAN 1998;CHEN ET AL. 2005;FREIRE 2011;VERMA ET AL.2010).

In der Regel werden Nager für solche Modelle verwendet, wie zum Beispiel Mäuse oder Ratten. Die Haltung dieser Tiere ist einfacher und in höherer Zahl möglich als bei größeren Tieren, wie Hund, Schwein oder Schaf. Ratten eignen sich sehr gut als Modelltier, da sie nach der Maus das am zweitbesten untersuchte Versuchstier sind und aufgrund ihrer Größe erlauben, komplexere Implantate als bei Mäusen zu untersuchen. Das Genom der Ratte ist inzwischen vollständig sequenziert worden, wobei bei vielen Genen, die für die Entstehung von Krankheiten verantwortlich sind, Parallelen zum Menschen gefunden wurden (GIBBS ET AL.2004). Ein weiterer Vorteil von Nagern ist eine große kontrollierte genetische Variabilität, die im zukünftigen Verlauf eines Modells verwendet werden könnte. So zeigen zum Beispiel einige Stämme eine sehr hohe Inzidenz an Diabetes mellitus, welches unter anderem ein Faktor ist, der die Infektionsraten von Implantaten deutlich erhöht. Durch die Verwendung solcher Tiere können zusätzlich die Einflüsse verschiedener Risikofaktoren evaluiert werden (HALLAK 2014; HEINONEN ET AL. 2015; STAVRAKIS ET

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II. Literaturübersicht 16

AL. 2015). Die Verwendung von Ratten als Modelltier birgt jedoch neben den genannten Vorteilen vor allem für Infektionsversuche auch einige Nachteile. Ratten haben ein sehr effektives Immunsystem, was dazu führt, dass Bakterien, die aufgrund der angestrebten prädiktiven Validität häufig humanen Ursprungs sind, sehr schnell eliminiert werden und es schwierig ist, chronische Infektionen insbesondere unter Beteiligung von Biofilmen hervorzurufen, wie sie beim Menschen vorkommen (OFLUOGLU ET AL.2007).

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Immunsystem der Tiere zu beeinflussen, um eine entsprechende Infektion durch humanpathogene Bakterien auszulösen. Ein häufig gewählter Ansatz ist die Verwendung genveränderter, immundefizienter Nacktratten zur Untersuchung solcher Infektionen (DRAKE ET AL.2011; OHASHI ET AL. 1999). Die Kosten für die Anschaffung sind jedoch verhältnismäßig hoch. Zudem sind die Haltung und das Handling der Ratten insbesondere bei chirurgischen Eingriffen vergleichsweise schwierig (JÄCKEL 2012).

Ein weiterer Ansatz wäre eine pharmakologische Immunsuppression der Tiere. Für diesen Zweck ist oft die Behandlung mit Ciclosporin A (CSA) das Mittel der Wahl und wurde schon in mehreren Tiermodellen erfolgreich verwendet (HANDRECK ET AL. 2015; DA SILVA PERALTA ET AL. 2015; ZIJLSTRA ET AL. 2009). Das Einsatzgebiet liegt hauptsächlich in der Transplantationsmedizin, wo es zur Verhinderung von Transplantatabstoßungen eingesetzt wird (SCHRAMM 2005). CSA beeinflusst durch die spezifische Hemmung der T-Zellen die zelluläre Immunantwort und wird als Calcineurin-Inhibitor eingestuft (SCHRAMM 2005;STUCKER UND ACKERMANN 2011). Die Calcineurin-Hemmung wird durch eine Komplexbildung von CSA und Cyclophilin erreicht, welches ein immunkompetentes Protein in den T-Helferzellen ist (LADENBURGER 2003; LIU ET AL. 1991). Es erfolgt eine Blockade von aktivierten T- Lymphozyten und zusätzlich wird die Antigen-Erkennung durch T-Zellen über mehrere Signalwege gehemmt (ALLISON 2000; SCHRAMM 2005). CSA zeigt jedoch relativ starke Nebenwirkungen und eine geringe therapeutische Breite (CURTIS ET AL. 1986;PADOVAN ET AL.2002;STUCKER UND ACKERMANN 2011).

Eine Alternative zur Immunsuppression der Tiere stellt die Verwendung von

(25)

rattenpathogenen Keimen dar, um die schnelle Eliminierung von Bakterien durch das Immunsystem zu erschweren und eine der humanen chronischen Erkrankung ähnliche Infektion zu simulieren (MEISSNER 1959). Auch bei Ratten kommen normale S. aureus - Stämme auf der Haut vor, sodass vor allem durch spezifisch pathogene Keime eine erkennbare Entzündung hervorgerufen werden kann.

Es gibt bereits zahlreiche Implantatmodelle, die allerdings in manchen Aspekten optimierbar sind. Man findet zum Beispiel häufig eine Vorbesiedlung der Implantate mit Bakterien in vitro, was jedoch nicht der tatsächlichen Ursache einer Implantatinfektion, nämlich der intraoperativen Kontamination oder der postoperativen, hämatogenen Absiedlung von Bakterien an dem Fremdmaterial, entspricht (BRAXTON ET AL. 2005; CAMPOCCIA ET AL. 2013; KLOOS UND BANNERMAN 1994). Zum Beispiel inkubierte FREIRE (2011) Implantate für die Maulhöhle bis zu drei Tage in einer Aggregatibacter actinomycetemcomitans-Lösung, sodass zum Zeitpunkt der Implantation bereits ein maturer Biofilm vorhanden war. Die Gruppe um INZANA ET AL. (2015) inkubierte Implantate zur Auslösung einer Osteomyelitis mindestens zwei Stunden vor der Operation in einer S. aureus-Lösung, sodass die Bakterien zum Zeitpunkt der Implantation bereits am Implantat angeheftet sein konnten. Ebenfalls wurden Zeiten von vier Stunden oder 20 Minuten bei den Versuchen von SNOWDEN ET AL. (2012) oder LI ET AL. (2008) verwendet, um eine solche Anheftung zu realisieren.

Zusätzlich findet man häufig lange Standzeiten der Tiere nach der Implantation. So nutzen VERMA ET AL. (2010) in einem Infektionsmodell in der Mundhöhle von Ratten Standzeiten von sieben bis zu zwölf Wochen. Ebenfalls findet man häufiger Standzeiten von vier bis sechs Wochen in der Literatur (HAENLE ET AL.2013;LUCKE ET AL.2003). Diese langen Zeiträume führen sowohl zu einer hohen Belastung der Tiere und gleichzeitig zu einer geringen Praktikabilität für die Experimentatoren, um das Modell regulär für Testungen neuer Materialien oder Oberflächen zu nutzen.

Zusätzlich sind solche langen Zeiten teuer aufgrund der langen Tierhaltung und des sehr hohen Arbeitsaufwandes.

(26)

II. Literaturübersicht 18

Gleichzeitig ist es bei der Entwicklung eines Modells wichtig, geeignete Methoden zur Auswertung zu wählen. Diese sollten die Bakterien auf der Implantatoberfläche nachweisen, eine Unterscheidung von planktonischen Bakterien und einem Biofilm zulassen und gleichzeitig zumindest eine Semiquantifizierung der Keime ermöglichen. Zusätzlich sollte die Entzündungsreaktion im umgebenden Gewebe beurteilt werden, da diese eine sehr große Rolle bei Implantatversagen spielt.

Häufig werden die PCR oder eine mikrobielle Kultivierung zum Bakteriennachweis verwendet. Beide Methoden wurden bereits in Kapitel 2.3.2. erörtert. Ebenfalls ist bei bisherigen Modellen häufig zu finden, dass die Experimentatoren das Hauptaugenmerk ausschließlich auf den Bakteriennachweis gelegt haben und die umgebende Entzündungsreaktion vollständig vernachlässigt wurde. Ein Modell, bei dem beides ausführlich ausgewertet wird, ist selten zu finden. Zum Beispiel haben POELSTRA ET AL.(2000) und HAENLE ET AL.(2013) bei der Auswertung ausschließlich Bakterien nachgewiesen. CHEN ET AL.(2014) haben eine Kombination aus einer PCR und einer Kultivierung von Bakterien durchgeführt, die Entzündung wurde nur durch eine makroskopische Beurteilung evaluiert. Ebenso haben ARAD ET AL. (2013) nur vorhandene Bakterien nachgewiesen, welche einerseits mit Hilfe einer Ultraschallbehandlung vom Implantat abgelöst und anschließend angezüchtet wurden. Außerdem wurde noch mit einem Elektronenmikroskop die Implantatoberfläche untersucht und somit Bakterien direkt auf dem Implantat nachgewiesen. Die wahrscheinlich vorhandene Entzündung im umgebenden Gewebe wurde nicht evaluiert. Neben einer Anzüchtung und einer PCR wurde ein direkter Nachweis von Bakterien auf dem Implantat von FREIRE (2011) mit einem konfokalen Laser-Scanning-Mikroskop (CLSM) durchgeführt. Vorteil dieser Methode war die Unterscheidung zwischen lebenden und toten Bakterien, sowie der gleichzeitige direkte Nachweis der Bakterien auf dem Implantat. Die Entzündungsreaktion wurde jedoch nicht beurteilt. Eine Kombination aus Bakterien- Anzüchtung und histologischer Auswertung der umgebenden Entzündung infolge einer Osteomyelitis zeigten JOHANSEN ET AL. (2012), OFLUOGLU ET AL. (2007) und LUCKE ET AL. (2003), wobei der Bakteriennachweis nur mittels Anzüchtung erfolgte und somit die bereits genannten Nachteile aufwies. Eine sehr umfassende

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Auswertung zeigten SNOWDEN ET AL. (2012). Hier wurde nach Infektion eines cerebroventriculären Katheters neben dem Nachweis von Bakterien mittels Elektronen-Mikroskop, CLSM, Enzyme linked Immunosorbent Assay (ELISA) und einer Anzüchtung aus einer Lösung von Bakterien, die mit Ultraschall vom Implantat gelöst worden waren, auch das Gehirngewebe auf Entzündungsanzeichen untersucht.

All diese Beispiele zeigen, dass ein praktikables Modell notwendig ist, mit dem direkt eine Biofilmbildung am Implantat nachgewiesen werden kann und gleichzeitig auch die Entzündungsreaktion des umgebenden Gewebes beurteilt wird.

4. Fragestellung

In dieser Arbeit soll ein Rattenmodell zur Untersuchung der Biofilmbildung und der begleitenden Entzündungsreaktion an chirurgischen Titan-Implantaten entwickelt und charakterisiert werden. Hierbei wird eine intraoperative Besiedlung der Implantate zur Simulierung einer Kontamination während eines operativen Eingriffes gewählt. Die Nutzung eines rattenpathogenen S. aureus-Stammes und die Verwendung immunsupprimierter Ratten mit CSA im Vergleich zu unbehandelten immunkompetenten Ratten soll eine chronische Reaktion und Biofilmbildung ermöglichen. Außerdem sollen unterschiedliche Standzeiten getestet werden, um den zeitlichen Verlauf der Bakterienentwicklung und der assoziierten Entzündung zu evaluieren.

Die Bakterien sollen durch eine CLSM-Untersuchung direkt auf dem Implantat nachgewiesen werden, wobei eine semiquantitative Auswertung angestrebt wird.

Gleichzeitig erfolgt eine Beurteilung der Entzündung des umliegenden Gewebes durch eine histologische Auswertung des Knochens mit angrenzendem Weichgewebe.

(28)

III. Material und Methoden 20

III. M

ATERIAL UND

M

ETHODEN

1. Versuchstiere

Es wurden für den Versuch weibliche Sprague-Dawley Ratten (Stammcode: Crl:CD (SD)) mit einem Gewicht von 210 - 260 g verwendet (Charles River, Sulzfeld). Die Tiere wurden für den Versuchszeitraum im Tierhaltungsbereich des CrossBIT Forschungszentrums, Hannover gehalten.

Die Ratten wurden in einem klimatisierten Raum (Temperatur 22 °C ± 2 °C; relative Luftfeuchte 55% ± 10%) mit einem Tag-/Nacht-Rhythmus (14 h/ 10 h) mittels Kunstlicht in Typ IV-Käfigen mit hohem Deckel (1800 cm2; Makrolon®-Käfige, Tecniplast Deutschland, Hohenpeißenberg) in Gruppengrößen bis zu fünf Tieren pro Käfig gehalten. Leitungswasser und ein pelletiertes Haltungsfutter (Altromin 1324 TPF, Altromin Spezialfutter, Lage) stand den Tieren ad libitum zur Verfügung. Nach einer Akklimatisierungsphase von sieben Tagen wurde mit den Experimenten begonnen.

Die Durchführung des Tierversuches wurde genehmigt vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Der genehmigte Tierversuchsantrag trägt das Aktenzeichen 14/1526.

2.

Ablauf des Tierversuches

2.1. Versuchsgruppen

Allen Tieren wurden zwei Titan-Schrauben (Gebr. Brasseler, Lemgo) unter Vollnarkose in die Schädelkalotte implantiert. Bei der Hälfte der Tiere wurden diese Implantate intraoperativ mit S. aureus besiedelt. In der Kontrollgruppe wurde anstelle der Bakterienlösung PBS (Biochrom, Berlin) verwendet. Die Tiere wurden abhängig von der Immunkompetenz in zwei Gruppen eingeteilt, es wurden immunkompetente Ratten (naiv) und pharmakologisch immunsupprimierte Tiere (CSA); Sandimmun®,

(29)

Novartis Pharma, Nürnberg) verwendet. Sowohl die infizierte Versuchsgruppe, als auch die Kontrollgruppe bestand aus naiven und pharmakologisch immunsupprimierten Tieren. Postoperativ wurden die Tiere zwei, zehn und 21 Tage nach der Operation zur Probenentnahme euthanasiert, um den Einfluss der Zeit auf das Bakterienwachstum und die Entzündungsreaktion zu evaluieren. Eine Übersicht über die Versuchsgruppen mit jeweils n = 7 Ratten gibt Tabelle 1.

Tabelle 1: Übersicht über die Versuchsgruppen.

Behandlung intraoperativ Immunstatus Standzeit 2 Tage 10 Tage Naiv

21 Tage 2 Tage 10 Tage PBS, 5 µl

Immunsupprimiert (CSA)

21 Tage 2 Tage 10 Tage Naiv

21 Tage 2 Tage 10 Tage Staphylococcus aureus,

5x107 KBE in 5 µl

Immunsupprimiert (CSA)

21 Tage

2.2. Anzüchtung und Konzentration der Bakterien

Bei den verwendeten Bakterien handelte sich um einen rattenpathogenen S. aureus- Stamm (36/07), der vom Institut für Versuchstierkunde und Zentrales Tierlaboratorium der Medizinischen Hochschule Hannover isoliert und uns zur Verfügung gestellt wurde. Die Bakterien wurden in der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde der Medizinischen Hochschule Hannover angezüchtet und für die intraoperative Besiedlung der Implantate vorbereitet.

Es wurde eine aerobe Vorkultur der Bakterien in 5 ml Tryptic Soya Broth (TSB) (Oxoid, ThermoFisher Scientific, Wesel) hergestellt, welchem 15 mg Yeast extract (Carl Roth, Karlsruhe) zugegeben wurden. Diese wurde 18 Stunden bei 37 °C im Schüttelinkubator inkubiert. Zur Herstellung der Keimsuspension wurde mit Hilfe

(30)

III. Material und Methoden 22

eines Photometers (BioPhotometer, Eppendorf, Hamburg; Wellenlänge 600 nm) eine optische Dichte (OD) von 0,794 in der Vorkultur eingestellt. Im Anschluss wurden davon 10 ml für 15 min mit 4000 Umdrehungen pro Minute (U/min) zentrifugiert (Multifuge 1S-R, Thermo40Scientific, Waltham, USA) und der Überstand anschließend abgegossen. Das entstandene Pellet wurde in 50 ml PBS resuspendiert und erneut 15 min mit 4000 U/min zentrifugiert. Das zuletzt entstandene Pellet wurde in 200 µl PBS resuspendiert, wodurch diese Suspension eine Bakterienkonzentration von 1010 KBE/ml enthielt.

2.3. Operativer Eingriff

Vor der Operation wurde jedem Tier Metamizol (Novalgin® Tropfen 500 mg/ml;

WDT, Garbsen) in der Dosierung von 200 mg/kg Körpergewicht (KGW) oral verabreicht um eine Analgesie während und nach der Operation zu gewährleisten.

Die Anästhesie wurde mit einer intra-peritonealen Injektion (i.p.) (1 ml Spritzen:

Injekt-F, Tuberkulin; B.Braun, Melsungen) von Xylazin (Sedaxylan® 20 mg/ml Injektionslösung für Tiere; WDT, Garbsen; Dosierung 4 mg/kg KGW) und Ketamin (Ketamin 10%; WDT, Garbsen; Dosierung 75 mg/kg KGW) eingeleitet. Sobald die Ratten nach der Injektion keine Reflexe mehr zeigten, wurde das Operationsfeld geschoren (Aesculap Exacta; B. Braun, Melsungen). Anschließend wurden die Ratten in einem stereotaktischen Rahmen (Stoelting Co., Wood Dale, USA) mittels abgerundeter Ohrenstifte (45° Spitze) in den äußeren Gehörgängen und einem Gebisshalter zum Einhaken der Schneidezähne fixiert. Auf beide Augen wurde Bepanthen Augen- und Nasensalbe (Bayer, Leverkusen) aufgetragen um ein Austrocknen während der Operation zu verhindern. Das rasierte Operationsfeld wurde mit 70-prozentigem Ethanol (Th. Geyer, Hamburg) desinfiziert und es wurde das Lokalanästhetikum Prilocain (Xylonest® 2%, AstraZeneca, Wedel) im Operationsfeld aufgetragen. Daraufhin wurde ein etwa 2 cm langer Hautschnitt in der Medianen über dem Schädelkalotte gemacht (Skalpell Nr. 10; pfm medical ag, Köln) und die Haut seitlich mittels Klemmen (Bulldog Serrefine, 35 mm Länge, gerade;

Fine Science Tools, Heidelberg) fixiert, sodass das Operationsfeld frei lag. Mit Hilfe des Skalpells wurde das Periost im Bereich der geplanten Implantation entfernt.

(31)

Nun wurde mit einer Handbohrmaschine (Minimot 40/E; PROXXON Micromot Systems, Föhren) mit dem passenden Mikrobohrer (0,5 mm; PROXXON Micromot Systems, Föhren) die Schädelkalotte rechts und links der Medianen angebohrt zum späteren Einschrauben der Implantate (Abbildung 1a). Zur Besiedlung der Implantate wurde in jedes Bohrloch 5 µl Bakteriensuspension mit der Konzentration von 1010 Keime/ml gegeben, es wurden also jeweils 5 x 107 Keime eingebracht.

Vorangegangene Studien zeigten, dass dies eine adäquate Bakterienkonzentration zur Auslösung einer Implantat-assoziierten Infektion darstellt (AN UND FRIEDMAN 1998;

CHEN ET AL.2009;RUPP ET AL.1999). In der Kontrollgruppe wurden je 5 µl PBS in die Bohrlöcher eingegeben. Anschließend wurde mit einem passenden Applikator (Gebr.

Brasseler, Lemgo) jeweils eine Titan-Schraube (Gewinde: 1,0 mm Durchmesser;

2,3 mm Länge; Gebr. Brasseler, Lemgo; Abbildung 1b) rechts und links der Medianen in die Schädelkalotte in die vorgebohrten Löcher geschraubt.

Nach Platzierung der Schrauben wurde die Haut mit einer Nadel-Faden-Kombination (4/0 USP, Polyamid; Resorba®, Nürnberg) vernäht. Dafür wurde als Nahtmuster ein einfaches U-Heft verwendet um eine gute Adaptation und eine breite Berührungsfläche der Wundränder zu gewährleisten. Nach der Operation wurde den Tieren Kochsalzlösung (5 ml i.p., Natrium-Chlorid 0,9%; B. Braun, Melsungen) appliziert (Spritze: 5 ml, B. Braun, Melsungen; Kanüle: 100 Sterican, 23 Gx1“; B.

Braun, Melsungen) um einer Dehydratation vorzubeugen.

Abbildung 1: Zeichnung der knöchernen Schädeloberfläche (verändert nach Paxinos and Watson 1998) zur Darstellung der Implantationsstellen beidseits zwischen Bregma und Lambda (Pfeile; a).

Abbildung der verwendeten Schrauben auf Millimeterpapier (b).

(32)

III. Material und Methoden 24

2.4. Postoperative Behandlung

Nach der Operation wurden die Tiere einzeln in Typ III-Käfige mit hohem Deckel (810 cm2, 18 cm Höhe, Makrolon®-Käfige, Tecniplast Deutschland, Hohenpeißenberg) und Filterdeckel gesetzt um ein ungestörtes Erwachen zu gewährleisten. Wenn die Tiere am folgenden Tag ein gutes Allgemeinbefinden zeigten und die Naht trocken und gut adaptiert war, wurden die Tiere mit infizierten Implantaten in Gruppen zu zwei Tieren in einen Typ III-Käfig mit Filterdeckel gesetzt.

Die Kontrolltiere wurden wie bereits vor der Operation zu fünf Tieren in einem Typ IV- Käfig gehalten.

Anschließend wurde täglich das Allgemeinbefinden der Tiere kontrolliert. Zur Bewertung wurde das Schema nach GRIENSVEN UND DAHLWEID (2002) verwendet, wie in Tabelle 2 beschrieben.

Tabelle 2: Bewertungsschema zur Beurteilung des Allgemeinbefindens nach GRIENSVEN UND DAHLWEID (2002)

Punkte Bewertung Kriterien

1 sehr aktiv kräftig, neugierig, schnelle Bewegungen, normale Futteraufnahme

2 aktiv kräftig, neugierig, gelegentliche Unterbrechungen in der Aktivität, normale Futteraufnahme

3 weniger aktiv adäquate Antworten auf exogene Reize, häufige Unterbrechungen in der Aktivität, ggf. verminderte Futteraufnahme

4 ruhig schläfrig, langsame Bewegungen, stark verminderte Futteraufnahme

5 apathisch keine Aktivität, bewegungsarm, keine Futteraufnahme

Bei einer Bewertung von > 2 wurde den Tieren einmal täglich Metamizol (200 mg/kg oral; Novalgin® Tropfen 500 mg/ml; WDT, Garbsen) verabreicht. Außerdem wurde am Tag nach der Operation und nachfolgend mindestens dreimal pro Woche das Gewicht der Tiere bestimmt.

Die Abbruchkriterien für den Versuch waren so definiert, dass während des gesamten Versuchsverlaufes im Falle eines Gewichtsverlustes von über 20% oder einem Allgemeinbefindens mit einem Score von 4 oder schlechter das

(33)

entsprechende Tier sofort euthanasiert wurde.

Den Tieren, die pharmakologisch immunsupprimiert wurden, wurde ab einem Tag vor der Operation täglich zur gleichen Tageszeit CSA in einer Dosierung von 10 mg/kg KGW i.p. injiziert (2 ml Spritze, B. Braun, Melsungen). Bei den behandelten Tieren wurde täglich das Gewicht bestimmt, da die therapeutische Breite von CSA gering ist und somit eine möglichst genaue Dosierung erforderlich ist. Es wurde eine 1:25 Verdünnungslösung hergestellt (1 ml Ciclosporin A 50 mg/ml (Sandimmun®, Novartis Pharma, Nürnberg) und 24 ml Natrium-Chlorid 0,9% (B. Braun, Melsungen)), wovon den Tieren einmal täglich 0,5 ml/100 g KGW appliziert wurde.

Dieses Vorgehen zur Immunsuppression mit CSA wurde bereits mehrfach beschrieben und ist mit einem Blutspiegel im therapeutischen Bereich von über 200 ng/ ml verbunden (HANDRECK ET AL.2015;REIS ET AL.1998; DA SILVA PERALTA ET

AL.2015). Im Rahmen dieser Arbeit wurde dieser Wert stichprobenartig überprüft.

2.5. Entnahme der Blutproben und weitere Bearbeitung

Die Tiere wurden an Tag zwei, zehn oder 21 nach der Implantation der Schrauben mittels einer Überdosis Ketamin und Xylazin euthanasiert. Sobald die Tiere keine Reflexe mehr zeigten, wurde bei zwei zufällig ausgewählten Tieren pro immunsupprimierter Gruppe Blut abgenommen. Dies erfolgte mittels retrobulbärer Punktion mit Kapillaren (Natrium-Heparin Mikro-Hämatokrit Kapillaren; Brand, Wertheim), wobei das Blut in EDTA-beschichteten Eppendorf-Gefäßen (Probengefäß K3E; Sarstedt, Nümbrecht) aufgefangen wurde. Diese Stichproben sollten sicherstellen, dass die Tiere einen Blutspiegel von CSA im therapeutischen Bereich oberhalb von 200 ng/ ml aufwiesen.

Die Blutproben wurden bis zur Untersuchung bei -80 °C eingefroren. Die Analyse des Blutes wurde im Labor für Klinische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover mittels Flüssigkeitschromatographie und Massenspektometrie durchgeführt (LC-MS/MS).

(34)

III. Material und Methoden 26

2.6. Entnahme der Implantate und Schädelkalotten und deren weitere Bearbeitung

Nach Aussetzen der Atmung wurden die Tiere dekapitiert und anschließend wurde die Haut über der Schädelkalotte eröffnet (Skalpell Nr. 10; pfm medical ag, Köln).

Nach der Freilegung der Schraubenköpfe wurden diese mittels des Applikators (Gebr. Brasseler, Lemgo) aus der Schädelkalotte gedreht. Die Schrauben wurden jeweils einzeln in ein Eppendorf-Gefäß (Reagiergefäß 1,5 ml easy cap; Sarstedt, Nümbrecht) mit 1 ml PBS gegeben, damit das anhaftende Gewebe und der gegebenenfalls vorhandene Biofilm nicht austrockneten. Eventuell vorhandene planktonische Bakterien am Implantat wurden so schon teilweise abgelöst, während fest anhaftender Biofilm sich nicht vom Implantat löst. Im Anschluss wurden die Schädelkalotten der Ratten mit einer Knochenzange (Bone Pliers; Fine Science Tools, Heidelberg) abgetragen und zur Fixierung in 4-prozentiges Formalin (10%

gepufferte Formalin-Lösung, Sigma Aldrich, Seelze; verdünnt auf 4% mit PBS) gegeben. Von den beiden Schrauben wurde jeweils eine Schraube pro Tier unter dem CLSM (Leica DM LFSA; Leica Mikrosysteme, Wetzlar) untersucht. Das zweite Implantat wurde für etwaige spätere Analysen bei -80 °C eingefroren. Die Schädelkalotten wurden für eine ausreichende Fixierung mindestens einen Tag in Formalin gelagert. Danach wurden sie zur histologischen Untersuchung vorbereitet.

3. Auswertung der Proben

3.1. Konfokale Laser-Scanning Mikroskopie der Implantate

Zur Untersuchung der Implantate mittels des CLSM wurden die Schrauben zur weitgehenden Entfernung planktonischer Bakterien zunächst mit 4 ml PBS gespült.

Danach erfolgte eine Lebend-Tot-Färbung (Life Technologies, ThermoFisher Scientific, Wesel) mit anschließender Fixierung (siehe Tabelle 3). Hierzu wurden die Farbstoffe Propidiumjodid und Syto 9 1:1000 mit PBS (je 1 µl Farbstoff + 1 ml PBS) gemischt. Syto 9 kann alle Membranen durchdringen und färbt daher alle Zellen an, während Propidiumjodid nur bereits beschädigte Membranen durchdringt und somit

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