• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Freizeit kreativ: Klavierkurs mit Computerflügel" (07.03.1991)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Freizeit kreativ: Klavierkurs mit Computerflügel" (07.03.1991)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

gleich keine Übersetzung vor- lag. Sie waren auf bannende Bildfiktionen angewiesen, die ohne die Macht der Wörter auskamen. Eines der vielen, das sie berührte, war das Bild der Veronika Bayer im wei- ßen Kleid einer Braut, die, nach ihrer Schändung hinter dem roten Vorhang, vor Kraftlosigkeit mit verzerrtem, auch verletztem Mund ins Wasser stürzt, nur noch stam- melnd. Ein schauriges Bild, das wie eine ätzende Säure das Gedächtnis angreift, an- dere Bilder ausradiert, weil es zeigt, wie jemand noch ein- mal durch die irdische Hölle gejagt wird, Kunst hier als wahre Katharsis im aristoteli- schen Sinne erlebbar, und das an drei Abenden im ausver- kauften Haus.

Für die türkischen Zu- schauer, darunter viele junge, war das eine Ausnahme. Ihre Erwartung, mit dem konfron- triert zu werden, vor dem an- dere ausweichen, wurde bei weitem übertroffen, ihre Ru- he gestört. Zur Abendord- nung überzugehen, schien un- denkbar. Was sie da gesehen hätten, erzählten sie, sei mehr, als Zeitungsberichte leisteten, und ginge in seiner Drastik weit über das hinaus, was bisher im türkischen Theater zu sehen gewesen sei, ein Lob an die Glaubwür- digkeit der Leistungen. Zu- dem ein Beleg dafür, daß ein über Bilder rezipierbares Theater über Sprachbarrie- ren hinweg den Nerv eines Landes zu treffen vermag.

Daß sich diese schlüssige Bildversion, die sich radika- len Textstreichungen ver- dankt, nicht als arrogante Einmischung in die inneren Angelegenheiten mißverste- hen ließ, ist sicherlich auf die überall an den Tag gelegte Haltung des Theater-Teams Roberto Ciulli und Drama- turg Helmut Schäfer zurück- zuführen. Aber auch die In- szenierung, die das Pathos existentialistischer Freiheit wie aktuelle Anspielungen ausklammert, ließ derartige Eindrücke erst gar nicht zu.

Helmut Schäfer in einer Dis- kussion zum Thema falscher

Veronika Bayer als Lucie in Jean-Paul Sartres Stück „Tote ohne Begräbnis", inszeniert von Roberto Ciulli Foto:

Werner Groneck

Anmaßung: „Unmöglich, als deutscher Theatermacher so arrogant zu sein, in der Tür- kei bestimmen zu wollen, was sich dort etablieren soll.

Richtiger ist, daß man in ei- nem Land gastiert, um etwas an Regisseure und Schauspie- ler zu vermitteln, die damit etwas anfangen können, und ihnen die Kraft gibt, ihren Weg zu einer progressiven Ästhetik zu gehen."

Erleichtert schien Bizkurt Kuruc, als er erlebte, wie be- geistert Journalisten und Zu- schauer den Abend aufnah- men. Daß er womöglich sei- nen Intendantensessel aufs Spiel setzte, das mochte er, der sympathische Diplomat, nicht zugeben. Nein, riskiert habe er nichts. Er verstehe sich als passionierter „Exi- stentialist", der zu seiner Ver- antwortung stehe, bereit, mit jenen in Verbindung zu tre- ten, die politisch offen seien.

Doktrinen aller Art begegne er mit Skepsis. Wenn es galt, den aktuellen Stand der Din- ge zu verteidigen, entwarf er ein rundes Gesamtbild von ei- ner verkannten, durch Vorur- teile blockierten Kulturnati- on, eine Rhetorik des Wün- schens. Zu befürchten sei, daß das Image seines Landes zu sehr von jenen in Deutsch- land arbeitenden Türken ge- prägt sei, „die nicht unsere Kultur repräsentieren". Wert legte er darauf, sich nach Eu- ropa zu orientieren, wobei er betonte, auch mit Franzosen und Engländern im Kontakt zu stehen.

Daß es dem unermüdli- chen, sich in auffälliger Di-

stanz zum üblichen Stadt- theaterbetrieb profilierenden Ensemble, das so viele Stra- pazen auf sich nimmt, nicht um hybrides Vorzeigen zu be- wundernder Produkte geht, sondern um freundschaftliche Kontakte mit anderen Län- dern, mit anderen Kulturen, das wurde unterwegs, auf allen Stationen dieser ungewöhnli- chen Reise, offenkundig.

Dahinter steht die von skeptischen Blicken begleite- te Hoffnung, daß die Kultur irgendwann einmal über die Barbarei siege, daß die zu- nehmenden Eskalationen der widerlichsten Art, wie sie sich auf jüdischen Friedhöfen er- eignen, doch noch abnehmen und in ein friedliches Neben- einander sich unterscheiden- der Völker übergehen. Als wenn Roberto Ciulli sich da- vor hütete, im Fahrwasser einseitiger Kritik zu schwim- men, führte er, der Italiener aus Mailand, die jüngsten Horrorereignisse aus seiner Heimat als eklatante Beispie- le rassistischen Größenwahns an, von der Erschießung schwarzer Afrikaner in Flo- renz erzählend. Und er wurde nicht müde, vom konkreten Sinn zu rettender Kunst zu reden, und er sprach vom schlechten Umgang der Deut- schen mit der Erbschaft ihrer Zeit: „Wenn die Deutschen ihren Kleist, ihren Hölderlin im Herzen trügen, wäre Auschwitz unmöglich, wobei das Theater sich als die Kunst erweist, der die Möglichkeit gegeben ist, die Autoren zu vermitteln."

Heinz-Norbert Jocks

Freizeit kreativ:

Klavierkurs mit Computerflügel

Vom 14. Juni (Anreise) bis zum 21. Juni 1991 (Abreise) bietet der Arzt und Konzert- pianist Wolfgang Ellenberger einen Spezial-Klavierkurs für Ärzte im Maritim-Staatsbad- hotel Bad Salzuflen an. Er rechnet sowohl mit aktiven als auch mit rezeptiven Teil- nehmern, die diesen Kurs im Ganzen oder auch tageweise besuchen können.

Erörtert werden die phy- sikalischen, physiologischen und psychischen Grundlagen des Klavierspiels, die dann im Einzelunterricht praktisch er- arbeitet werden. Auf drei elementaren Grundübungen wird die gesamte Klaviertech- nik vom Bewegungsablauf her aufgebaut, wobei einige „Re- gelkreis-Lernexperimente"

versuchen, die meist unterfor- derte rechte Gehirnhälfte an- zuregen. Der Clou wird die Arbeit mit einem Bösendor- fer-Computerflügel sein, der mit seinen mehr als tausend dynamischen Schattierungen auch das „Unausgesproche- ne" der Musik zu reproduzie- ren vermag.

Der Präsident der Ham- burger Musikhochschule, Prof. Dr. Herrmann Rauhe, mit dem Ellenberger seit der Einführung des Studiengan- ges Musiktherapie bekannt ist, referiert über „musikthe- rapeutische Forschung", mu- sikpsychologische Themen behandelt Stefan Casalino, Absolvent der Folkwang- hochschule für Musik und Tanz in Essen.

Im Maritim Bad Salzuflen kostet Halbpension zum Se- minar-Sonderpreis EZ 157 DM, DZ 128 DM pro Person und Tag; Kursgebühr für die ersten drei Tage 100 DM, dann jeder weitere Tag 50 DM, für nur rezeptive Hörer 40 DM pro Tag (Auskünfte und Anmeldungen: Wolfgang Ellenberger, Pleicherkirch- platz 17, W-8700 Würzburg, Telefon 09 31/5 28 95, Fax 09 31/5 75 14). EB Dt. Ärztebl. 88, Heft 10, 7. März 1991 (83) A-777

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ingenieur: Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart Größe/Material: 46.000 m 2 ; PTFE-Glas.. Ort:

Werke von Camille Saint-Saëns; Sinfonieorchester Wuppertal WU Historische Stadthalle 13 KIND Miss Fairytale „Märchen von Feuer und Eis“ mit Sonja Fischer, für Kinder ab 6

5 WU K4 | Theater für Menschlichkeit 20 THE Extrawurst Komödie von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob; Stößels Komödie (Tickets: wuppertal-live.de) WU Wuppertaler

Das zweigeschossige Gebäude von 1612, das heute noch die Schweif- werkgiebel der späten Renaissance aufweist, wurde für Herzogin Augusta erbaut, die das Husumer Schloss mit

15 KIND Lachen ist die beste Medizin Bilderbuchkino für Kinder ab 4 Jahren (Eintritt frei) VE Stadtteilbibliothek Langenberg 19 VOR Oberitalien mit dem Wohnmobil Reisevortrag

BETREUERIN Sophie Hess PUBLIKUMS- BETREUERIN Daniela Graf. PUBLIKUMS- BETREUERIN

Der Gemeinderat beantragt dem Einwohnerrat, für den Politikbereich Kultur, Freizeit und Sport (Produktgruppe 5) für die Jahre 2011 - 2013 den nachstehenden Leistungsauftrag zu

Über den Umgang der Bibliothek mit ihren Trägern 20. Kooperationen als