A-1818 (10) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 30, 24. Juli 1998
S P E K T R U M LESERBRIEFE/BÜCHER
bestätigt sich auch die oben angesprochene Relation nach Krisenzeiten. Damals kamen 107,4 Knabengeburten auf 100 Mädchen, so als ob die Kriegsverluste der Männer ausgeglichen werden sollten.
Vielleicht wäre es bei dem ge- gebenen Sachstand angemes- sen, sich der Erklärung von Prinzing anzuschließen.
Prof. Dr. med. Manfred Fran- ke, Friedrichstraße 47, 53111 Bonn
AIDS
Zu dem Beitrag „Hintergründe der AIDS- Epidemie: Ndiri kutsvaga sauti – Ich su- che nach Salz“ von Bernard Bauschert in Heft 22/1998:
Andere Gewichtung
. . . Die Gewichtung der Gründe für HIV/AIDS ist nicht ganz richtig. Nach wie vor ist der ungeschützte Ver- kehr zumindest in Zimbabwe und Tanzania der mit Abstand wichtigste Grund für eine HIV-Infektion. Wenn die ab- scheuliche weibliche Be- schneidung als ernstzuneh- mendes HIV-Infektionsrisiko beschrieben wird, sollte man auch die rapide zunehmende Zahl von Vergewaltigungen erwähnen. In Tanzania und Zimbabwe vergewaltigen Männer ganz bewußt junge und jüngste Mädchen, um sich nicht mit HIV zu infizieren beziehungsweise die Möglich- keit einer Infektion gering zu halten. Des weiteren empfeh- len einige zimbabwische und tanzanische traditionelle Hei- ler ihren männlichen AIDS- Patienten als Heilmittel den ungeschützten Geschlechts- verkehr mit einer Jungfrau.
Bei den Zielen der Sex- Touristen ist vergessen wor- den, Senegal, Gambia, Süd- afrika und Marokko zu er- wähnen. Sextourismus gibt es nicht nur in Ostafrika. Es mag sein, daß weiße Touristen den Begriff „sugar daddy/mum- my“ mitgeprägt haben. Tatsa- che jedoch ist, daß eindeutig der größte Teil der „sugar daddies“ afrikanischer Her- kunft ist . . .
Wenn man Beispiele für mögliche HIV-Infektionswe- ge in afrikanischen Ländern bringt, sollte sich das auch in den Zahlen widerspiegeln. So tauchen Kenia und Tanzania bei den Zahlen gar nicht mehr auf.
Außerdem wurde bei allen Horrormeldungen über im- mense HIV-Infektionsraten ein kleiner Artikel in „The Lancet“ vom 15. November 1997 wohl übersehen. Darin heißt es, daß im Durchschnitt der Anteil der HIV-positiven Patienten unter allen in ugan- dischen Kliniken gesehenen Patienten von 27 Prozent (1994) auf 12 Prozent gefallen ist. Es wurde auch beobachtet, daß in Kampala der Anteil der HIV-positiven Schwange- ren von 30 Prozent (1992) auf 14 Prozent (1997) gefallen ist.
Andreas Lütgen, Reckenber- ger Straße 19, 33332 Güters- loh
Heilkunde
Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Mit Cha- risma“ von Rolf Combach in Heft 19/1998:
Kurios
Zur Tatsache, sich als ap- probierter Arzt als Heilprak- tiker niederzulassen, gibt es ein gerichtliches Grundsatz- urteil. Hier wird dem be- reits kraft seiner Approba- tion zur Ausübung der Heil- kunde umfassend ermächtig- ten Arzt mangels „Antragsbe- fähigung“ der Antrag auf Aus- übung der Heilkunde als Heil- praktiker verwehrt. Der Arzt müßte die Approbation (und damit seine berufsständische Versorgung etc.) zurückge- ben, um sich dann in das An- tragsverfahren zum Heilprak- tiker begeben zu können.
Kurioserweise – und nur am Rande erwähnt – geht es umgekehrt: der Heilpraktiker, der „nachträglich“ Medizin studiert, kann sich nach ab- geschlossener ärztlicher Aus- bildung als Arzt und Heil- praktiker betätigen . . .
Oliver Amling, Wenden- straße 26, 99734 Nordhausen
Arztrecht
Guter Einstieg
Friedhelm Gabriel, Wolf- gang Huckenbeck: Grundlagen des Arztrechts. Ein praxisorien- tierter Leitfaden unter besonde- rer Berücksichtigung der ärztli- chen Leichenschau, Verlag Dr.
Köster, Berlin, 1998, 132 Seiten, kartoniert, 29,80 DM
Die Autoren, die über Arztrecht dozieren, haben ihre Vorlesungsunterlagen gesichtet, aufeinander abge- stimmt und zu dem Leitfa- den zusammengestellt. Ziel ist es, dem Arzt eine Hilfe für die Praxis und dem Stu- denten einen Einstieg in das Gebiet des Arztrechts zu ge- ben. Besonderen Wert ha- ben die Autoren dabei auf die Problematik der ärztli- chen Leichenschau gelegt, für die es keine bundesein- heitliche Regelung gibt. Das Thema wird daher anhand der nordrhein-westfälischen Todesbescheinigung, die seit 1. Januar 1997 Gültigkeit hat, erörtert. Auf länderspe- zifische Unterschiede wird hingewiesen. Folgende Be- reiche des Arztrechts wer- den unter anderem abgehan- delt: Der Arzt als Mitglied der Rechtsordnung, der ärzt- liche Heileingriff und seine Rechtfertigung, Dokumen- tation und Einsicht in Kran- kenunterlagen, Verschwie- genheitspflicht, Arzt und Tod, zum Schluß die standes- rechtlichen Bestimmungen.
Im Anhang findet sich die Muster-Berufsordnung in der Fassung der Beschlüsse des 100. Deutschen Ärzteta- ges. Wünschenswert wären an mancher Stelle Bezugs- quellenhinweise, damit eine Vertiefung ermöglicht wird.
Dies schmälert aber nicht das Verdienst des Buches, dem Arzt einen guten Ein- stieg in das Arztrecht zu ge- ben. Insbesondere das Kapi- tel zur Leichenschau ist durch die eingehende Dar- stellung für die Praxis gut ge- eignet.
Barbara Berner, Köln