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Academic year: 2022

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Im Fachbereich Musikpädagogik der Staatli- chen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart hat ein Forschungslernseminar im Sommersemester 2013 die Frage gestellt:

Wie klingt Stuttgart?

Um das herauszufinden, kartographierten Stu- dierende des Studiengangs Schulmusik/Lehramt an Gymnasien und des Masters Musikpädago- gische Forschung einen kleinen Innenstadtbe- reich akustisch und ergänzten die auf diese Weise gewonnenen „Tonbilder“ durch Inter- views, mit deren Hilfe sie erforschen wollten, welche akustischen Ereignisse in Stuttgarts Innenstadt nicht nur vorhanden sind, sondern auch wahrgenommen werden.

Forschendes Lernen perturbiert

Forschendes Lernen – und um dieses handelte es sich bei diesem Seminarprojekt – ist eine in- nerhalb der Musikpädagogik noch relativ wenig diskutierte Möglichkeit, um Methoden kennen zu lernen und sie gleich an einem Fallbeispiel zu erproben. Für Schulmusiker_innen bietet sich damit eine seltene und gute Gelegenheit, echte Forschung über den Zeitraum eines gan- zen Semesters hinweg begleitet durchzuführen.

Studierende im Master können ihre Methoden- kenntnis erweitern, aber auch erste Erfahrun- gen in der (Hochschul-)Lehre gewinnen, indem sie Anregungen für Forschungsmethoden ge- ben, die Leitung kleiner Arbeitsgruppen eigen- verantwortlich übernehmen oder deren ange- messene Dokumentation überwachen.

Für zwölf Stuttgarter Schulmusiker_innen be- gann das Projekt mit einem für sie völlig unge- wohnten und als quälend langwierig empfun- denen Prozess der Suche und der möglichst präzisen Formulierung ihrer gemeinsamen For- schungsfrage. Parallel dazu arbeiteten wir uns gemeinsam in die ethnographische Methode

der „dichten Beschreibung“ ein und nahmen aus der Soziologie die Idee des „Mapping“ auf.

Mit Videogerät und Block ausgestattet erkun- deten wir das mögliche Areal und stellten fest, dass wir unser Vorhaben noch stärker eingren- zen und in einzelne Forschungsbereiche auftei- len mussten.

Wenn wir untersuchen wollten, wie Laien und Profis die Geräusche unserer alltäglichen Um- gebung, die „Muzak“ in Bars und Geschäften und Musik auf den Straßen Stuttgarts, im Kar- ree zwischen Arnulf-Klett-Platz und der Planie, Friedrichstraße und Konrad-Adenauer-Straße wahrnehmen, wenn wir also wirklich fragen wollten: Wie klingt Stuttgart?, dann kamen wir um Befragung nicht herum und mussten uns wiederum in Methoden einarbeiten: Interview- techniken wurden in praktischen Sequenzen vorgestellt, der Umgang mit der Fragebogen- software „GrafStat“ referiert, bevor eigene Fra- gebögen im Plenum zur Diskussion standen.

Erste Erfahrungen in Probeinterviews wurden ausgetauscht, die Rolle des Wissenschaftlers hinterfragt, weil in der Praxis deutlich wurde, wie rasch man unbewusst manipuliert. Es folg- te die Phase der Interviews, begleitet im Semi- nar durch Texte, die schon die Auswertung des Materials in den Blick nahmen. Wo gibt es Stu- dien, die in eine ähnliche Richtung zielen? Was davon ist für unser Projekt relevant? Zielgerich- tete Recherche brachte an den Tag, dass wir die meisten Anregungen nicht innerhalb der Mu- sikpädagogik oder Musikpsychologie finden, sondern in der Architektur und vor allem in der Soziologie. Interdisziplinäres Denken bedeutet auch interdisziplinäre Recherche.

Interdisziplinarität fördert Teilhabe an Kulturen

Interdisziplinarität ist nicht nur inhaltlich, son- dern auch methodologisch im Studiengang

Schulmusik unbedingt förderlich, um eine ak- tive Kulturteilhabe sowohl bei den Studieren- den als auch perspektivisch bei deren späteren Schüler_innen zu gewährleisten.

Zwar ist der/die Schulmusikstudierende des Jahres 2013 längst nicht mehr nur in der Übe- zelle und im Ensemble anzutreffen, aber gera- de die Musikhochschulen sind doch noch im- mer Hüter vornehmlich des klassischen Grals, der die Lehramtsstudierenden recht unvorbe- reitet in Klassen sendet, deren Schülerpopula- tion sich aus vielen Kulturen zusammensetzt, die alle gleichermaßen durch den Musikunter- richt angesprochen werden möchten. Die Stu- dierenden erfahren die Diskrepanz in ihren Praktika, aber zurück in der Hochschule fehlt ihnen das Angebot, um auf spürbares Defizit angemessen reagieren zu können – nicht durch eine völlig andere, aber doch durch ergänzen- de musikalische Bildung.

Forschendes Lernen muss Hochschullehre verändern

Am Ende des Semesters beschließt eine ge- meinsame Präsentation das Experiment, doch sind zahlreiche Fragen, die während der Arbeit am Projekt aufkamen, längst nicht beantwortet.

In einer Mischung aus Unbehagen und Erleich- terung erkennen die Studierenden, dass For- schung beständig ein „work in progress“ ist.

Die Zusammenführung der einzelnen For- schungsergebnisse fördert die Reflexion über das Projekt und dessen Verlauf. Es gibt tat- sächlich Forschungsergebnisse, die nicht zu erwarten waren. Alle haben methodologisch dazu gelernt, alle hätten gern noch mehr He- rangehensweisen ausprobiert, alle sind sich im Klaren darüber, dass sie nun, wenn sie die- selbe Frage wieder stellen wollten, gezielter vorgehen würden. Alle berichten, sie hätten

Wie klingt Stuttgart?

Forschendes Lernen in einem Projekt der Musikpädagogik Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart

sich zwischendurch einmal gewünscht, dass die Kursleitung eingegriffen und ihnen Entschei- dungen abgenommen hätte, für alle war die große Freiheit ungewohnt, niemand hätte die Erfahrungen missen wollen.

Forschendes Lernen kann Veränderungen in- nerhalb der Hochschullehre einleiten, denn Forschung zu lehren bedeutet auch, eine neu- gierige Haltung vorzuleben und das meint, sich selbst beständig innerhalb und zwischen den Disziplinen denkend und handelnd zu bewe- gen. Wenn ein Merkmal des Studiums das För- dern einer in die Zukunft gerichteten Neugier ist und ein anderes darin besteht, Unsicherheit auszuhalten, dann muss das Studium auch für beide Haltungen Trainingsmöglichkeiten an- bieten, denn Lehramtsstudierende des 21. Jahr- hunderts bringen oft regelrecht verschultes Denken mit, das selbstbewusste eigenständige Denken, das Vertrauen in die eigene gedankli- che Leistung ist häufig unterentwickelt.

PROJEKTPRÄSEnTATIOn — 23

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Prof. Dr. SoINTu SCHArENBErg

— Studiendekanin Musikpädagogik

Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart

MAIL: sointu.scharenberg@

mh-stuttgart.de

SArAH SINNEr

— Studentin Master, Musikpädagogische Forschung

Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart MAIL: sarah.sinner.doz@

gmail.com

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