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Geschichte des Königs Stephan

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S t u d i e n

zur

Geschichte des Königs Stephan v o n P o l e n .

E r s t e r T h e i l .

Eine

mit Genehmigung der hochverordneten historisch-philologischen Facultät

der Kaiserlichen Universität Dorpat

bclmfs Erlangung des Grades eines

Doctors der allgemeinen Geschichte

zur öffentlichen V e r t e i d i g u n g b e s t i m m t e A b h a n d l u n g

von

Richard Hausmann.

Dorpat 1880.

P R U C K . V O N ji J^AAKMANN'S j Ü U C H - U N D j i T E I N D R U C K E R E I .

(3)

D o r p a t , den 2 3 . Mai 1 8 8 0 .

Decan : A . B r ü c k n e iNr. 1 8 5 .

(4)

S t u d i e n

zur

ßeseliielife des Königs Sfeptan

VON P O L E N .

E r s t e r T l i e i l .

V o n

Dorpat, 1880.

D r u c k von H. L a a k m a n n ' s Buch- &. S t e i n d r u c k e r e i .

(5)

B a n d IX.

(6)
(7)

zur

Geschichte des Königs Stephan von Polen.

i.

V o n

R i c l i . H a u s m a n n .

Eine der merkwürdigsten und wichtigsten deutschen Geschichtsquellen für das 16. Jahrhundert sind die mit dem Beginn desselben auftauchenden „Neuen Zeitungen". Ihre Entstehung und E n t w i c k l u n g hängt aufs engste mit dem histo­

rischen Volksliede zusammen. D i e s e s , das bereits seit. Jahr­

hunderten existirte, hatte in der Reformationszeit seine höchste Ausbildung erhalten. In Sprüchen, die gelesen, in Liedern, die gesungen wurden, ging es durch die Lande. D a s Sehnen und Trachten, das Fürchten und Hoffen, die Freude und das Leid des Volkes tönte hier voll aus.

Dann trat ein jäher Verfall ein. Die hohe Erregung der vorhergehenden Jahrzehnte machte, als mit dem augsburger Religionsfrieden ein Ausgleich der Gegensätze gefunden war, einer allgemeinen Abspannung Platz. F'ragen, die die. Masse des Volkes packten, wurden auf deutschem Boden zunächst nicht mehr gelöst, für dieses fiel damit der Anlass fort, seiner persönlichen Theilnahme an den politischen Vorgängen Ausdruck zu geben.

D a s historische Volkslied erschallte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lange n i c h1 mehr so oft, hatte nicht ent-

1

(8)

rakter *).

Da man einmal an gereimte Erzählungen gewöhnt war, diese gesucht blieben, so griff man jetzt, wo würdigere Stoffe mangelten, zu Schilderungen von allerhand wunderbaren Natur­

ereignissen, U e b e r s c h w e m m u n g e n , Missgeburten, Kometen etc., oder aber zu geschichtlichen Ereignissen der Fremde. D i e histo­

rischen Volkslieder sanken zu blossen Neuigkeitsberichten herab.

Nur äusserlich wurde das frühere Gewand beibehalten, der Geist aber ist ein anderer g e w o r d e n , diese Volkslieder sind nicht mehr der Ausdruck der allgemeinen S t i m m u n g , sie wollen nicht mehr erheben, ü b e r z e u g e n , sondern nur noch belehren, unterhalten 2) . Meist wurde ein Erzähler fingirt, der unter der Maske eines B o t e n , Postreiters etc. auftritt, und Kunde aus der Ferne bringt.

Griff man zu ausserdeutschen Stollen, so bot sich freilich des Interessanten die F ü l l e : in Frankreich brachen die endlosen Hugenottenkriege a u s , in den Niederlanden w o g t e der blutige Befreiungskampf gegen die spanisch katholische Uebermacht, das waren F r a g e n , die jüngst auch Deutschland durch Jahr­

zehnte bewegt hatten, und deren Lösung voraussichtlich auch hier von Einfluss werden m u s s t e ; die Ttirkennoth war die e w i g e Plage des Reichs, die Türkensteuer die stete Forderung

1 ) U e b e r d i e s e p o l i t i s c h e n D i c h t u n g e n , s i e h e d i e trefflichen B e m e r ­ k u n g e n L i l i e n c r o n s in den E i n l e i t u n g e n zu s e i n e n h i s t o r i s c h e n V o l k s l i e ­ dern d e r D e u t s c h e n , b e s o n d e r s B d . 3 . u n d 4. Im letzteren p a g . VII führt er a u s , w i e nach 1 5 5 4 e i g e n t l i c h nur die H ä n d e l G r u m b a c h s und d e s E B . Gebhart v. Cöln D i c h t u n g e n alten W e r t h e s entstehen Hessen, cfr. auch G o e d e k e G r u n d r i s s zur Gesch. d. d e u t c h . Liter. I. §. 1 4 1 .

2) E i n e e i g e n t h ü r n l i c h e G a t t u n g s i n d die nicht s e l t e n e n S p o l t l i e d e r , für die es a l l e r d i n g s h i n r e i c h e n d e n StoiVin den k l e i n l i c h e n H ä n d e l n j e n e r Zeit g a b . Mehrfach t a u c h e n s i e d a m a l s auch i n Livland auf, sie s i n d vor a l l e m das P r o d u c t der Muse d e u t s c h e r L a n d s k n e c h t e , d i e d a m a l s z a h l r e i c h nach L i v l a n d k a m e n . M a n c h e s i n d erhalten cfr. W i n k e l m a n n B i b l . Livon. 5218, a n d e r e v e r l o r e n , cfr. R e n n e r , Livl. H i s t o r i e n 2 3 4 , w o z w e i s e h r boshafte auf den A d e l e r w ä h n t w e r d e n . E s kam darüber in R e v a l z u S t r a s s e n t u m u l t e n .

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des Kaisers, was daher von den Kämpfen gegen die Ungläu­

bigen erzählt wurde, fand stets Zuhörer; endlich kamen die immer drohenderen Berichte, die immer dringenderen Klagen ob der heranrückenden Russengefahr.

Deutschland, das j a von diesen Vorgängen nah berührt w u r d e , wo man Verbindungen nach allen Seiten leicht an­

knüpfen k o n n t e , wo Berichte über politische Vorgänge einmal hergebracht waren 3) , wurde das Gebiet, wo solche Flugschriften, namentlich Nachrichten über die östliche Welt am meisten auftauchten. Vielfach tragen sie noch die alte gereimte Form, w i e etwa Lieder über die Eroberung Polozks durch die Russen 1563, von der „grausamen tyranney" der Moscowiter zu Reval 1571 u. a. Thatsächlich sind sie aber meist nur versificirte Prosa. Und bald wird denn auch die passende Form die herrschende: immer zahlreicher tauchen Erzählungen in Prosa auf, bis sie endlich die gereimten verdrängt haben. Aus den Volks­

liedern sind „Zeitungen" geworden. Inhaltlich durchaus jenen ähnlich, haben sienurein anderes, einfacheres Kleid a n g e n o m m e n . W i e bei ihren Vorläufern ist auch bei ihnen Anonymität die Regel.

Die ältesten bisher nachgewiesenen deutschen prosaischen Neuigkeitsberichte erschienen in den Jahren 1 4 9 9 , 1500 im Druck. Bald traten sie in grösserer Menge auf und erhielten den Namen Z e i t u n g , Neue Z e i t u n g4) . Aus dem Jahre 1505 ist zuerst dieser Name belegt. Fast ausschliesslich wurde er für prosaische Erzählungen gebraucht. Zur grösseren Eut-

3 ) Es m a g gestattet s e i n , h i e r e i n e n i n t e r e s s a n t e n B e l e g für d i e V e r b r e i t u n g s o l c h e r B e r i c h t e a n z u f ü h r e n a u s e i n e m Brief d e s B. J o h a n n v. D o r p a t an den b e k a n n t e n F ü r s t e n Mich. G l i n s k i i n Moskau 1534 Marz 1 0 : d e r B i s c h o f d a n k t für G e s c h e n k e d e s F ü r s t e n , n a m e n t l i c h für ein K a m e e l , u n d bittet „ w ä r e s e i n e Liebe a u c h e t z l i c h e Bücher, darin k u r z w e i l i g e l u s t i g e teutsche G e s c h i c h t e n u n d H i s t o r i e n v e r f a s s e t , zu l e s e n b e g i e r i g , u n d son­

d e r l i c h E p h e m e r i d e n , " i h m das n u r zu m e l d e n . I l i l d e b r a n d , A r b e i t e n für das l i v l . U r k u n d e n b u c h i m Jahre 1875/70. pg. 45.

4 ) cfr. W e i g a n d , D e u t s c h e s W ö r t e r b u c h II. 11:52: Z e i t u n g f ü r „Bericht von B e g e b e n h e i t e n der G e g e n w a r t zur öffentlichen K u n d e . " — E i n treffliches b i b l i o g r a p h i s c h e s V e r z e i c h n i s s liefert W e l l e r , die ersten d e u t s c h e n Zei­

t u n g e n . B i b l . d e s litterarischen V e r e i n s B d . CXI. T ü b i n g e n ( 8 7 2 . 1*

(10)

wickelutig kamen diese Zeitungen aber erst seit dem Verfall des historischen Volksliedes, besonders seit 1566 wuchs mit der Türkengefahr auch ihre Zahl.

Wenn gleich nicht in dem Umfange wie die mehr aus der Tiefe des Volksgemüthes hervorquellenden historischen Lieder, so sind doch auch sie ein Spiegel der Zeit. Ausser der Schilderung der Ereignisse enthalten sie häufig den unver­

holenen Ausdruck der Furcht oder Freude über dasselbe, u n d j e m e h r sie darin die Stimmung der Zeit trafen, auf desto grössere Verbreitung, rascheren Absatz durften sie rechnen.

Oft sind sie in eine erbauliche Form gebracht, beginnen mit Klagen über das Elend der Zeit und enden mit Aufforderungen zu Busse und Besserung. Nicht selten tragen sie Holzschnitte als Vignetten oder Illustrationen, die irgend eine drastische Scene der Erzählung darstellen.

Was sie durch den Verlust der gereimten Form einge- büsst, dürfte meist ausgeglichen sein durch die grössere Fülle und oft auch grössere Präcision der Nachrichten. Dadurch werden sie zu wichtigen historischen Quellen. Denn obgleich oft auch in ihnen, ähnlich wie in den spätem historischen Lie­

dern, Mirakelgeschichten erzählt wurden, das Hauptthema waren doch politische N e u i g k e i t e n , besonders Kriegszüge, Schlachten u. dgl. Für uns heute kommt alles darauf an, woher diese Nachlichten stammten.

In seinem Aufsatz: Venedig im sechszehnten Jahrhundert und im Anfang des siebzehnten, hat jüngst R a n k e5) auf den Werth dieser Flugschriften für wichtige Fragen der südeuro­

päischen Geschichte hingewiesen. Er zeigt dass diese Zeitungen einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die venetianische Ver­

fassung geübt haben, namentlich auf die Entstehung der be­

rüchtigten venetianischen Staatsinquisition. Er sagt vom Beginn der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: „In dieser

5) R a n k e , zur V e n e z i a n i s c h e n G e s c h i c h t e . 1878. S a m m t l i c h e W e r k e B d . 42. p a g . 9 1 .

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Epoche fingen geschriebene Zeitungen a n , die Runde durch die W e l t zu machen. Für diese Art von Mittheilung gab es keinen geeigneteren Platz als V e n e d i g , wo so viele Fäden der Politik und des Handels zusammenliefen. Es waren besondere Schreibstuben oder Bureaux dafür errichtet; die Verfasser wurden wohl bezahlt."

Eine ähnliche Organisation kann ich für die deutschen Zeitungen über den Nordosten Europas nach dem mir zugäng­

lichen Material nicht nachweisen. Wie hier Zeitungen ent­

standen, mögen ein paar concrete Beispiele erläutern.

Unter den vielen Mächten die in dem grossen livländisch- russischen Kriege vermitteln wollten, versuchte dies kaum eine mit mehr Ernst als Dänemark. Von den dänischen Boten, die nach Moskau gingen, kehrte einer im December 1560 Uber Reval zurück. Im Rath befragte man ihn über die russischen Ver­

hältnisse, die Gesinnung des Zaren etc. D a s Protocoll, das über seine Aussagen aufgenommen ward , und das sich noch heute im revaler Stadtarchiv befindet, sollte aber Doch mehr thun, als nur den ehrbaren Rath von Reval über die Gefahr von Osten belehren, es sollte dieselbe der ganzen Christenheit verkünden.

Unter Mitwirkung des Stadtsecretairs, wie sich an dem revaler Protocoll erkennen lässt , ging es daher in nur wenig veränderter Form im folgenden Jahr 1561 als „ N e w e Zeytung"

in Nürnberg in den D r u c k6) , und für das Interesse, das diese fand, spricht, dass sie noch in demselben Jahre 1561 eine zweite Auflage erlebte.

Ein anderer Druckort, aus dem mehrfach Zeitungen ver­

sandt wurden war D a n z i g , besonders polnische Nachrichten

6) N e w e Z e y t u n g . S o ein erbarer rath der Stadt R e v e l , v o n d e r bot- schaft des k ö n i g s aus D e n n e m a r k t , m ü n d l i c h g e f r a g t u n d a n g e h ö r e t , w i e a l l e Sachen ietzt z w i s c h e n d e m u n c h r i s t l i c h e n u n d b l u t d ü r s t i g e n t y r a n n e n , d e m groszfüi'sten in Moscaw u n d den Tartern etc. ein g e s t a l t o d e r g e l e g e n - heit h a b . N ü r n b e r g . G e o r g K r e y d l e i n . 1561. z w e i A u s g a b e n . W e l l e r 2 4 6 . W i n k e l m a n n 5241. H ö h l b a n m Beiträge zur K u n d e E h s t - , Liv- und K u r l a n d s . II, 115. D a s Concept von der Hand d e s r e v a l s c h e n Stadtschreibers-Laur. S c h m i d t bei B i e n e m a n n , Briefe u n d U r k u n d e n 704.

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waren bei der politischen Zugehörigkeit der Stadt zu Polen dort leicht zu haben. So erschien hier eine „Wahrhaftige Zeitung wie und wasserley gestalt die königliche mayestät zu Polen etc. unser allergnedigster herr die vestimg Polotzko durch göttliche hülf erobert und eingenommen hat den 30. Augusti dieses l a u f e n d e n 1579 iares. Gedruckt zu Dantzigk bei Jacobo Rhodo." Der Inhalt dieser Zeitung könnte für historisch werthvoll g e l t e n , — allein ihr fehlt die Originalität, sie ist nichts anders als die Ueberset- zung des vom König am 31. August aus dem Lager vor dem eben eroberten Polozk erlassenen Edictum regium de supplicationibus ob rem bene adversus Moscum g e s t a m ; in Folge dieses königlichen Befehls fanden Dankgebete statt, denen, w i e wir hier sehen, der officielle Bericht eingefügt wurde. Ein solches, warscheinlich in Danzig selbst jedenfalls in einer protestantischen Kirche, da keine Heiligen erwähnt werden, gehaltenes Dankgebet, in seinem vollen Umfange bis auf das Amen am Schluss, wird als „Zeitung" in die Welt gesandt.

Der erbauliche Z w e c k , den hier der Inhalt verfolgt, wird bei anderen Zeitungen bereits auf dem Titelblatt aus­

gesprochen, so z. B. in der auch auf Livland bezüglichen, 1561 e r s c h i e n e n e n , w o zugleich eine Titelvignette die Greul des Inhalts zu illustriren sucht: „Sehr grewliche, erschröckliche, vor unerhörte, wahrhaftige n e w e Zeytung, was für grausame tyranney der Moscoviter an den gefangenen hinweggefürten Christen aus Lyfland, beides an mannen und frawen, junck- frawen und kleinen kindern begeht etc. Allen Christen zur warnung und besserung ihres sündlichen lebens aus Lyfland geschribeu und in druck verfertiget. Nürnberg bei Georg Kreydlein 1 5 6 1 . " mit einem Titelholzschnitt auf welchem Russen mit Pfeilen auf nackte Weiber schiessen. — Es ist diese Z e i t u n g ' ) in demselben Jahr 1561 zweimal von

7 ) W e l l e r 247.

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ihrem ursprünglichen Verleger Kreydlein in Nürnberg ausge­

geben und dann noch dreimal von anderen Firmen nachgedruckt worden. Ein Zeichen für die Verbreitung.

W i e schon diese Zeitungen beweisen, war Nürnberg ein Centrum für Veröffentlichungen dieser Art, namentlich Hess im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts der nürnberger Drucker Leonhard Heussler zahlreiche Zeitungen erscheinen von denen sich ein grosser Theil auf die östliche W e l t , P o l e n , Russland, Türkei etc. bezog. Offenbar hatte er W e g e gefunden sich von dorther Nachrichten zu verschaffen. Denn es kann, w i e j e n e beiden livländischen Zeitungen b e l e g e n , oder wie z. B. eine a n d e r e8) , aus dem Jahre 1580 ausweist, w o ein Theil mit der Angabe versehen ist: „aus dem Lager bei Vilikielutki den 7. Septem- bris Anno 15S0, aus dem polnischen verdeutscht", es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Correspondenzen direct zum Zweck der Veröffentlichung in Zeitungen bereits jener

Zeit nicht unbekannt waren. Auch in andern oberdeutschen Reichsstädten A u g s b u r g , Strassburg, Frankfurt, etc. wur­

den häufig politische Flugschriften veröffentlicht, sehr viel weniger dagegen in Norddeutschland 9) . Das regere politische Leben pulsirte eben noch in den alten süddeutschen städtischen

Communen. Der Vertrieb solcher Neuigkeitsberichte lohnte offenbar auch pecuniär.

Nachrichten über den unbekannten Osten waren sehr erwünscht. W i e nie früher wuchs mir der W e n d e des fünf­

zehnten zum sechzehnten Jahrhundert und im Laufe dieses das Erdrund,nicht nur nach W e s t und Süd, sondern auch nach Ost.

Ueber die Grenzen des damaligen Europa hinaus fand Chancellor 1553 den S e e w e g nach Russland durch das weisse Meer. D i e für Erweiterung der geographischen Kunde sehr empfängliche Zeit war begierig nach genauer Kenntniss über diese bisher Europa fast noch völlig unbekannte Welt, die vielen erscheinenden

8 ) W e l l e r 5 3 4 .

9 ) i b i d . p a g . 379 R e g i s t e r ü b e r die D r u c k e r .

(14)

Schilderungen über Moscowitien I 0) wurden gern g e l e s e n . Er­

zählungen jener Zeit enthalten zum Theil sehr gute Einzelheiten gerade über die östlichen Provinzen des Grosst'ürstenthums, durch welche die W o l g a entlang und über das caspische Meer die Engländer bald den W e g zum vortheilhaftcn Handel noch Persien fanden. " )

Ausser über die Naturbeschaffenheit jener entlegenen Ge­

biete wollte man weiter auch über die politischen Vorgänge daselbst möglichst viel erfahren. Und da war es die liv- ländische Frage die in den Vordergrund trat. Die Vormauer der Christenheit, der deutsche Ordensstaat in Livland, brach zusammen. Fort und fort waren seit dem Einfall der Russen 1558 die Bittgesuche um Hilfe aus Livland nach Deutschland gegangen, ergreifende Schilderungen der Noth, Erläuterungen der Gefahr, welche auch dem W e s t e n drohe, wenn es dem Zaren gelänge , Herr der hafenbildenden Küste zu werden , waren zahlreich gefolgt. Erreicht war durch all das nichts worden, zu wirklicher thäfiger Hilfe hatte man sich in Deutschland trotz weitläufiger Verhandlungen auf Reichs- und Fürstentagen nicht emporzuraffen v e r m o c h t ,1 2) aber die Menge war doch begierig au hören, w i e an der Grenze der Christenheit die Völker auf einander schlugen.

Dieses Interesse wurde nun ganz besonders entfacht, als der Krieg mit dem Erscheinen des polnischen Königs Stephan eine ganz andere W e n d u n g erhielt.

1 0 ) A d e l u n g , Kritisch - l i t e r a r i s c h e U c b c r s i c h t der R e i s e n d e n in R u s s l a n d . 1 8 4 6 .

11) cfr. U n g e f e r l i c h e r b e r i c h t , w i e weit sich m o s c o w i t i s c h e r u n d g a n z r e u s s i s c h e r leiider in d i e l e n g e u n d breite . . . e r s t r e c k e n thun. A u s den J a h r e n 1567 — 6 9 . V o n m i r h e r a u s g e g e b e n in Rusi». R e v n e III, 270.

12) D i e ' d e u t s c h e n A r c h i v e s i n d v o l l der betroffenden C o r r e s p o n d e n z e n , d i e die K l ä g l i c h k e i t der R e i c h s m a s c h i n e in e i n g r e l l e s Licht s e t z e n , cfr.

m e i n e k u r z e n B e m e r k u n g e n S B . d. g e l . estn. Ges. 1876 p a g . 1 5 8 u n d d e t a i l - lirter j e t z t bei W i n k e l m a n n Bibl. Liv. p a g . 221 ff. A u f Grund der d r e s d ­ ner A r c h i v a r e n R e i m a n n , das V e r h a l t e n d e s R e i c h e s g e g e n L i v l a n d iu den J a h r e n 1 5 5 9 - 1 5 6 1 . S y b e l s E i s t . Ztsch. 3 5 , 346.

(15)

Zwei Jahrzehnte hatten nun bereits seit 1558 Russen, S c h w e d e n , Polen und bald zahlreiche uugelöhnte Söldner- schaaren und Gesindel mancherlei Art im steten Kampf gegen einander auf Kosten des Landes in Livland g e h a u s t Z u f ä l l i g oder systematisch war bis auf einzelne w e n i g e Reste ausgerottet, was eine jahrhundertlange Cultur zur reichen Entfaltung hatte gedeihen lassen. Eine Lösung des Conflicts zwischen den Gegnern war aber durch diesen langen Kampf mit nichteu ge­

funden. Sieht man davon a b , welch eine Bedeutung dieser langwierige Krieg speciell für Livland hat, so gewährt derselbe, w i e er sich nach der Auflösung der livländischen Conföderation 1561 noch anderthalb Decennien fortzieht, in der That „bis zum Auftreten des strategisch-durchgebildeten, männlich-kühnen polnischen Wahlkönigs Stephan Bathori ein nur unterge­

ordnetes Interesse. Denn von beiden Seiten (Russen und Polen) wird er ohne Kunst und Einsicht mit sich immer gleich­

bleibender Einförmigkeit in barbarischer Rohheit fortgeführt.

Das erschöpfte Livland war vollends ausser Stande durch eigene Mittel und Kräfte eine Entscheidung herbeizuführen."1 4)

In ganz neuer Weise griff Stephan ein. Ueber Ziel und Mittel war er sich klar, als er in den Krieg ging. Die Wieder­

eroberung des verlorenen Polozk, vor allem aber die Besetzung Livlands war die Hauptaufgabe, das forderte die Politik des Staates, dazu hatte sich Stephan in seiner Wahlcapitulation 1 5)

1 3 ) V o n e i n e r V e r p v o v i a n t i r u n g der H e e r e war in j e n e r Zeit w e n i g d i e R e d e , s i e l e b t e n oft von P l ü n d e r u n g , so auch das p o l n i s c h e Heer. E b e n ­ s o w e n i g k a n n t e m a n ein o r g a n i s i r t e s L a z a r e t w e s e n . H u p p e , V e r f a s s u n g der R e p u b l i k P o l e n . 1807. pag. 3 4 9 .

1 4 ) H e r m a n n , Gesch. d. russ. S t a a t s III. 227.

15) Litt, p a c t o r u m et c o n v e n t o r u m , v o m e r w ä h l t e n K ö n i g 1576 F b r . 8. bekräftigt, P u n c t 3 : si ita Ordinibiis I l e g n i v i s u m fuerit, p o l l i c e r e t u r se confestim r e c u p e r a l u r u m e s s e , q u i d q u i d Moschus o e e n p a v i t , quod si veteranis suis copiis crit o p u s , i l l a s m i n i m e recusaturum. D o g i e l Cod. D i p l . P o l o n . Bd. VII. D i e D o r p a t e r U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k ist in der g l ü c k l i c h e n Lage e i n e A b s c h r i f t d i e s e s w i c h t i g e n , n i e publicirten B a n d e s zu b e s i U e n .

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verpflichtet, und er war entschlossen nicht früher v o m Kriege zu lassen, als bis das erreicht sei. Aber auf dem alten W e g e gelangte man nicht dahin. In erster Stelle ist es das Verdienst des Königs, dass andere eingeschlagen wurden.

Es war ein anderes H e e r , als jemals bisher in diesem Kriege aufgetreten war, das jetzt ins Feld geführt w u r d e : den Kern desselben bildeten, wie das schon die pacta conventa vor­

gesehen, Berufssoldaten, deutsche und ungarische Landsknechte, deren Tüchtigkeit Stephan in seinem langen Kriegsleben oft erprobt hatte, die dem Rufe des freigebigen und erfahrenen Kriegsherrn gern folgten, und sich wieder trefflich bewährten.

Es war eine andere Ausrüstung, als bisher im polnischen Heere gewöhnlich war: der König hatte Pontons anfertigen lassen, vor allem aber hatte er seine ganze Aufmerksamkeit dem schweren Geschütz zugewandt, und führte in Folge dessen eine ansehn­

liche Artillerie ins F e l d , ein Umstand der später von ent­

scheidender Bedeutung wurde. Es war eine andere Aufgabe als d i e , deren Lösung man in den vorhergehenden Decennien erstrebt hatte: der Krieg sollte nicht länger in dem zu Grunde ge- riebteien Livland fortspielen, er sollte sich nicht weiter in gewohnter Weise auf v e r w ü s t e n , zerstören, S c h a r m ü t z e l n beschränken, sondern der Kampfplatz sollten die benachbarten reichen russischen Landschaften s e i n , nach bestimmtem fest einzuhaltendem Plan wollte man Herr derselben werden und dadurch, indem man die Rückzugslinie des Feindes bedrohte, diesen z w i n g e n , das halberoberte Livland zu verlassen. Es war endlich eine anderer Feldherr, indem der König selbst die Führung des Heeres übernahm.

Der Krieg war nicht zum wenigsten dadurch so lange verschleppt w o r d e n , dass Sigismund August nicht gern im Felde lag, eine Lässigkeit die eine so kriegerische Nation w i e die polnische doppelt verletzen musste. Um so mehr drang man jetzt darauf, dass der neue, König das Heer führe, und der an Kampfgewühl gewöhnte , tapfre Fürst von Siebenbürgen

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versprach gewiss gern in seiner Capüulation, dass er selbst gegen den Feind ausrücken werde und dass er bereit sei, für das Wohl des Staates sein Leben hinzugeben l 6) . Wol ernannte der König einen Hetmann der Krone in dem Pa- latin von Podolien Mielecki, aber die eigentliche Führung blieb doch in der Hand Stephans, er wurde die Seele des Krieges, riss durch sein Feuer die ritterliche Nation mit sich fort, zeigte durch rasche Erfolge, wie sehr er volles Vertrauen fordern dürfe.

Nicht nur für die einheitliche Leitung des Krieges war es von höchstem Werth, dass der König an der Spitze des Heeres stand, sondern es kamen diesem damit auch die Kenntnisse eines der erfahrendsten Kriegsmänner jener Zeit zn gut.

Stephan war besonders im Festungskrieg geschult. Nun spieltesich aber dieser dreijährige Krieg nur als Festungskrieg ab, während seiner ganzen Dauer sind die feindlichen Heere auch nicht ein mal im offnen Felde an einander gerathen 1 7) . Die beiden einzigen grösseren Schlachten, die in dem zwanzigjährigen Ringen vor­

g e k o m m e n , 1564 an der Ula, 1577 bei Mojahn waren schwere Niederlagen der Russen geworden. Stephan gegenüber noch­

mals ihr Glück zu versuchen, hatten sie keine Neigung, während des ganzen Krieges traten sie aus der sorgsam eingehaltenen Defensive nicht hervor, sie fühlten, dass sie im offnen Felde dem Feinde nicht gewachsen waren. Es war evident, ihre ungeübten Milizen unter unerfahrenen, nach dem

16) Pacta, c o n v . 6 : non per l e g a t o s , sed per s e m c t i p s u m cum h o s - t i b u s R e g n i b e l l u m g e r e t , paratus etiam pro s a l u t e R e i p u b l i c a e v i t a m pro­

fundere.

1 7 ) N u l l a m e t i a m i u s t i s v i r i b u s p u g n a n d i p o t e s t a t e m u n q u a m ab e o ( M o s c h o ) f a c t a m , n o n paucis m i r u m v i s u m e s t , . . . an quod s u p e r i o r u m t e m p o r u m fortuna c d o c t u s , p a r u m i n acie s u i s s e c o m m i t t e r e p o s s e statueret . . . non affirmarim, s a g t H e i d e n s t e i n C o m m . de b e l l o m o s c o v . pag.

419 i n der A u s g a b e v o n M a r n i u s u n d A u b r i u s R e r u m Moscov. auctores varii. Francofurti 1 6 0 0 in fol. Ich citire stets n a c h dieser E d i t i o n .

(18)

unheilrollen System der Mestnitschestwo bestellten Feldherrn 1 8) konnten durch die grössere Zahl allein nicht ersetzen, was der Gegner an Uebung und Erfahrung voraushatte.

Dagegen hatten sich die Russen im Festungskampf stets ausserordentlich bewährt, ihre Zähigkeit in der Vertheidigung ge­

schützter Orte hatte den Gegnern viel zu schaffen gemacht und ihnen Achtung a b g e z w u n g e n . Und gerade um Festungen handelte es sich jetzt. Seiner Stärke bewusst hatte der Zar in dem durch Wasserläufe, Seen, Moore zerrissenen, schwer zugänglichen Ge­

biete nördlich und südlich der Düna zwischen Polozk, Pleskau, Toropetz die Grenze durch eine grosse Anzahl Festen sichern lassen. Sie hatten bisher durchaus ihren Zweck erfüllt, die Polen hatten in dem langwierigen Grenzkriege während der letzten Jahre Sigismund Augusts die Russen hier nicht hinaus­

drängen können. Jetzt fielen diese Festungen in rascher Folge in die Hand des glücklichen K ö n i g s , ihre Holz- und Erd­

befestigungen 1 9) vermochten der Tapferkeit und Kunst der An­

greifer, dem trefflich bedienten polnischen Artilleriefeuer durch­

aus nicht zu widerstehen, namentlich erwies sich ihnen eine Art glühender Geschosse, die Stephan selbst erfunden, sehr gefährlich. Nur wenige Festungen wie Polozk im ersten, Sa- wolotschje im zweiten Feldzuge leisteten längeren Widerstand.

An persönlicher Tapferkeit Hessen es die Vertheidiger auch jetzt nicht fehlen, grösserer Todesverachtung, höheren Leichen­

bergen als bei der Eroberung von Sokol 1579 meinten selbst ergraute Kriegsknechte in der Zeit ihres langen Dienstes nicht begegnet zu sein. Aber all das half den Russen nichts. D i e Planmässigkeit im Angriff, die Feldtüchtigkeit des Heeres, die

1 8 ) D e n b e s t e n E i n b l i c k in d i e s e traurige Z u s t ä n d e g e w ä h r t die Pa3p»ÄHaa KHiira für d i e s e J a h r e i m CaHÖHpcKiö cCopHHKi.. B d . I. 1844. p a g . 6 6 . ff, w o die Listen ü b e r die B e f ö r d e r u n g e n i m F e l d e f o r t w ä h r e n d unter­

b r o c h e n w e r d e n durch K l a g e n B OTe^ecrse o c i e r S .

1 9 ) N u r s e h r w e n i g e r u s s i s c h e F e s t u n g e n , w i e S m o l e n s k , P l e s k a u , I w a n g o r o d hatten S t e i n m a u e r n .

(19)

Energie in der Ausführung, das Geschick im Kampfe gaben Stephan ein ausserordentliches Uebergewicht über seinen Feind, der sich plötzlich einer Kampfesweise gegenüber sah, wider die er völlig wehrlos war. Unaufhaltsam ging der König vorwärts, auch nicht eines einzigen grossem wirklichen Erfolges konnte sich der Zar rühmen. Allerdings dem Feinde entgegenzurücken, die ge­

fährdeten Efestungen zu entsetzen, wagten die Russen nicht, es war eine unnütze Vorsicht, dass der Polenkönig durch grössere vorge­

schobene Posten die W e g e i n den Norden, wo der Zar mit seinem Heere stand, sicherte. Höchstens kam es zu kleinen Scharmützeln, zu einem ernstlichen Angriff gingen die Russen nie über.

So ist, vor allem durch die Tüchtigkeit des Königs, in der an Kriegen reichen Geschichte des polnischen Volkss dieser unter Stephan geführte einer der glücklichsten. Durch ihn er­

warb derselbe den Ruhm eines grossen Feldherrn in einer Zeit, die an glanzenden Führern warlich nicht arm war.

Dieser Ruhm ging weit über die Grenzen Polens hinaus.

Es war etwas ganz Neues was man vernahm. Seit langen Jahren war man gewöhnt nur von der unbezwingbaren Macht des Moscowiters zu hören, wie er zu gleicher Zeit Kriege gegen S c h w e d e n , Polen, Tartaren führte, und doch nicht unterlag.

Die Furcht vor ihm war so allgemein, dass sogar der be­

rühmte und dem Könige sehr g e w o g e n e , alte kriegserfahrene Grossvezir Mehmed Sokolli, als Stephan ihm sein Vorhaben mit­

theilen liess, gegen den Zaren in den Krieg zu z i e h e n , ant­

w o r t e t e :2 0) er wünsche dem Könige den besten Erfolg, aber dieser wage v i e l , der Moscowiter sei sehr mächtig, wohl der stärkste Fürst der Welt nächst seinem Herrn, dem Sultan. — Und die Osmaneu standen damals auf dem Gipfel ihrer Macht, ganz Europa zitterte vor dem Grosstürken.

2 0 ) H e i d e n s t e i i i 3 3 8 : favere se c o n a t i b u s eius d i x i t , faustaque ac felicia ei p r e e n r i ; m a g n a m (amen rein s u s e i p i : m a g n a s vires e s s e Moscovi- t i c a s ; n e q u e s e c u n d u m suiim P r i n c i p e m u l l n m in orlie terrarum p o t e n t i o r e m co P r i n c i p e m se e x i s t i m a r e .

(20)

Jetzt brach der Polenkönig allein den Widerstand dieses schrecklichen Zaren, drang in glänzendem Siegeslauf in Russlaud ein.

Von diesen Kriegsthaten des Königs wollte jedermann hören. Zahlreich gingen Berichte über diese Ereignisse in die Welt, und wenn wohl mancher hätte Bedenken erregen sollen, die Neugier war zu gross um wählerisch zu sein, sie haschte mehr nach dem Wunderbaren als sie nach dem Wahren forschte.

Aber dem König war es nicht gleichgültig, was man sich über ihn und seine Erfolge erzählte.

W i e thatkräftige Herrscher zumeist hatte auch Stephan ein lebhaftes Interesse für Geschichte. Er zog Personen in seine Dienste, von denen er gute historische Arbeiten erwarten durfte.

So den italienischen Humanisten Joh. Mich. Brutto, 2 1) der nach­

dem er zuerst eine florentinische Geschichte geschrieben, ganz Westeuropa durchwandert hatte, bis er endlich an den Hof Bathoris nach Siebenbürgen und Polen k a m , eine Zeitlang im Schlosse zu Krakau wohnte und 1582 Materialien für die Ge­

schichte des Königs publicirte. — Ebenso stand dem Könige Gyulaj' nahe, ein ungarischer Edelmann, der auf italienischen Universitäten gebildet, anfänglich wie sein Patron Bekesch heftiger Gegner Stephans war, dann aber, als dieser König ward, mit Bekesch in Stephans D i e n s t e überging und Kanzler von Siebenbürgen wurde. Von ihm stammt ein werthvoller Bericht über den zweiten Feldzug des Königs. 2 2)

2 1 ) cfr über i h n d i e A n g a b e n , die C i a m p i , B i b l i o g r n f i a critico. I. 1834.

p a g . 45. ff. nach i t a l i e n i s c h e n Materialien m a c h t , und M i c h . W i s z n i e w s k i , H i s t o r y a literatury P o l s k i e i 7, 4 4 5 . Reichere b i o g r a p h i s c h e N a c h r i c h t e n ü b e r i h n , g i e b t B a y l e , D i c t i o n . bist, et crit. I ( 1 7 4 0 ) pag. C87, auf i h n stützen sich die M i t t h e i l u n g e n ü b e r den aevo s u o c o m m c n r l a t i s s i m i i m in der S a m m ­ l u n g J a n o c i a n a s i v e c l a r o r u m . . P o l o n i a e a u c l o r m n m i s c . II ( 1 7 7 9 ) X X I . pag. 4 5 . U e b e r die von Brutto h e r a u s g e g e b e n e de rebus g e s t i s S t e p h a n i I . . n a r r a t i o . R o m a e . 15S2. s i e h e w e i t e r u n t e n . Brutto diente später K a i s e r Rudolf.

2 2 ) C o m m e n t a r i u s r e r u m a S t e p h a n o . . . g e s t a r u m a n n o 1580. Clan- d i o p o l i o 1581. — A u c h S a r n i c k i schrieb auf A u f f o r d e r u n g S t e p h a n s s e i n e p o l n i s c h e Geschichte.

(21)

Das sind, wie man sieht, Geschichtsschreiber aus den Hof­

kreisen, aus der nächsten U m g e b u n g des Königs. Ein Einfluss desselben auf ihre W e r k e , mindestens eine Rüeksichtsnahme der Verfasser auf ihren Herrn ist höchst wahrscheinlich.

Allein die Unterstützung die der König der Geschichts­

schreibung jener T a g e zu Theil werden Hess, geht noch viel weiter. Wir besitzen darüber ein ebenso interessantes wie voll­

wichtiges Zeugniss.

Zur Verherrlichung des Königs, vor allem zur Vermehrung seines Kriegsruhmes hat keiner soviel beigetragen als Heidenstein durch seine 1584 ausgegebenen Connnenlarii de hello Mosco- v i t i c o2 3) . Ihr ofticiöser Oharacter ist nie verkannt worden. D a s s der Verfasser der Herold des Ruhms seines Königs sein will, ergiebt die blosse Leetüre des W e r k e s . Auch das war leicht zu er­

s e h e n , dass Heidenstein trefflich unterrichtet w a r , seine offi- cielle Stellung als königlicher Secretair, seine nahen persön­

lichen Beziehungen zum mächtigen Canzler Zamoiski mussten ihm mündliche Belehrung, schriftliche Berichte mancherlei Art zuführen. D i e Art und Weise wie neben der Bedeutung des Königs die des Canzlers überall gefeiert w i r d , schien die Be­

hauptung der Gegner Zamoiski's, dieser, nicht Heidenstein, sei der Verfasser, zu stützen u) .

Das Werk wurde aufs heftigste angegriffen, es wurde Gegenstand der öffentlichen Verhandlungen auf den Reichs­

tagen, nachdem der Held der Commentarii das Auge geschlossen hatte. D i e Stephan feindliche Partei der Sborowski stellte auf dem Convocationsreichstage vom Januar 1587 den Antrag, von staatswegen die drei Jahre früher erschienenen Commentarii de hello Moscovitico zu vernichten. Gegen die Forderungen der Sborowski erhob sich Zamoiski, und in seiner längeren

2 3 , cfr. ü b e r H e i d e n s t e i n und s e i n e W e r k e , die w e r t h v o l l e Unter­

s u c h u n g von N e h r i n g , O h i s t o r y k a c h p o l s k i c h s z e s n a s t e g o w i e k u . 1 8 6 2 . 2 1 ) S e l b s t T h u a n u s w a r d i e s e r A n s i c h t . N e h r i n g 2 7 .

(22)

Rede findet sich der für die Kritik Heidensteins wichtige Satz 2 5) : zum Ruhm des Volkes ist dieses Werk geschrieben „und auf Wunsch und Befehl des Königs ausgegeben. Er selbst hat es nicht nur revidirt, sondern auch corrigirt; bei dem Verfasser selbst befindet sich ein Exemplar, das an vielen Stelleu Correc- turen und Bemerkungen von der eigenen Hand des Königs ent­

hält." Der Canzler betont, wie verfehlt es wäre, das Werk zu verfolgen, sei es werthlos, so werde es von selbst v e r s c h w i n d e n2 ß) .

Das Exemplar mit den Correcturen des Königs scheint unter­

gegangen zu s e i n , jedenfalls fehlt weitere Kunde über dasselbe, für die Kritik der Commentarii ein sehr b e k l a g e n s w e r t e r Ver­

lust. Welch einen weitgehenden persönlichen Antheil aber der König g e n o m m e n , um gerade in der ihm erwünschten Form die Schilderung seiner Thateu ausgehen zu l a s s e n , beweist die Mittheilung Zamoiskis.

Aber mehr als das Urtheil der Nachwelt wog bei einem polnischen Wahlkönige die Meinung der Mitwelt. Nicht erst durch Beeinflussung des Geschichtsschreibers , der für spätere Geschlechter Commenfare schrieb , hat der König an der Darstellung der Ereignisse mitgewirkt, in viel unmittelbarerer W e i s e und direit vom Kriegsschauplatz aus hat er das gethan.

Dass er dazu griff, ist aus seiner staatsrechtlichen Stellung zu erklären. Er war im höchsten Grade abhängig von der öffent­

lichen Meinung.

In Betreff der beiden wichtigsten Kriegsmittel nämlich, Mannschaft und Geld waren dem Könige völlig die Hände

2 5 ) D i e R e d e bei P a u l i , P a m i e i n i k i do z y c i a i s p r a w y Z b o r o w s k i c h . 1816. D a d i e s e s Werk m i r nicht, zu H a n d i s t , citire ich nacli N e h r i n g 2 6 : za wola. i r o z k a z a n i e m J e g o Kr. Moici w y d a n e . On j e sam n i e t y l k o r e w i d o w a f , ale i p o p r a w i a i ; j e s t c g z e m p l a r z u t e g o , co je p i s a t , z popra- w i e n i e m i p i s m e m n a w i e l e m i e j s c y reki w f a s n e j s a m e g o J e g o Kr. M.

26) D e r A n t r a g der S b o r o w s k i fiel, d o c h kauften sie später die E x e m ­ plare der C o m m e n t a r i i auf und v e r n i c h t e t e n s i e . D a h e r s i n d die D r u c k e von 1584 b i b l i o g r a p h i s c h e .Seltenheiten.

(23)

gebunden. Die Grundlage des polnischen Heeres bildete die Landwehr, das allgemeine Aufgebot. Die Pflicht sich zu d e m ­ selben zu stellen hing am Boden, jeder, der ein adliches Land­

gut im Besitz hatte, musste dem Rufe folgen, selbst der König durfte nicht tlispeneiren, nur Alter und geistlicher Stand befreiten.

Die Aufgebotenen erschienen immer zu Ross, ein reguläres Fuss­

volk: hat es in Polen eigentlich gar nicht gegeben, Versuche, die gerade Stephan machte, der die Infanterie sehr hoch stellte, ein solches Fussvolk zu organisiren, haben keinen bedeutenden Erfolg gehabt. Für die Entwickelung des polnischen Heeres, ja des polnischen Staates ist dieser Mangel verhängnissvoll geworden.

Die berittene Landwehr aufzubieten, war nun aber dem Könige nicht ohne sveiteres gestattet. Im 16. Jahrhundert ist es Grundsatz, dass das nur in F o l g e eines Reichstagsbeschlusses geschehen darf. So war es auch in den Conföderalionsartikeln von 1573 f e s t g e s t e l l t2 7) , die nach dem Tode Sigismund Augusts ab­

gefasst waren, und zu denen sich jeder Erwählte verpflichten musste. Aber auch wenn das Aufgebot bereits im Felde stand, war der König keineswegs unbeschränkter Gebieter desselben.

Es sollte „nicht länger als vierzehn Tage an dem zum Sammel­

punkt bestimmten Orte bleiben. Es sollte überhaupt nur bis zum nächsten Reichstage verpflichtet sein zu d i e n e n , niemals über ein Jahr. Wann es auseinandergehen sollte, s o w i e die Richtung des Feldzugs und die Art der Unternehmungen hing nicht vom König und seinen Führern, sondern vom A d e l ah.

D i e Landwehr sollte nur innerhalb der Landesgrenzen zum Kriege verpflichtet sein; seit 1573 musste der König schwüren, den Adel niemals durch seine Bitten zum Kriege ausser Landes bewegen zu wollen. D e r Adel gestattet dagegen ausdrücklich, dass das Aufgebot die Grenze überschreiten dürfe, wenn es

2 7 ) V o l u m i a l e g u m . II. P e t e r s b u r g 1859 p g . 1 2 4 : ani r u s z e u i a p o s - p o l i t e g o bez u c h w a i y S e y m o w e y c z y n i c .

2

(24)

aus freien Stücken auf den Einfall k ä m e ; dann sollten aber j e d e m Mann 5 Mark durch den König gezahlt w e r d e n "2 8) .

Man sieht wie dem Könige Stephan, der als er die Krone ergriffen, geschworen hatte, den Krieg gegen den Zaren mit voller Energie zu führen , die freie Verfügung über das Heer, sogar wenn es schon gegen den Feind ausgerückt war, nicht zustand. Und fast noch mehr als über das Heer mangelte ihm die Verfügung über die Finanzen des Staates.

Von einer Regelmässigkeit in den Einnahmen des Staats war in Polen schon lange nicht mehr die Rede 2 9) . Bereits im 14. Jahrhundert hatte König Ludwig das Besteuerungsrecht aufgegeben, die Landbesitzer, die eigentlichen Vollburger des Staates, waren sowohl persönlich wie für ihren Besitz steuerfrei.

Der Staat war ihnen gegenüber nur auf ihren guten Willen a n g e w i e s e n , immer nur vorübergehend, als ausserordentliche W i l l i g u n g , durfte der pobor, die directe Steuer des 15. und 16. Jahrhunderts von der Hufe erhoben w e r d e n , und „immer nur bis zum nächsten Reichstage". Und doch bildete er die Haupteinnahme, um den Krieg zu führen. Freilich genügte er n i e , der König musste stets zu seinen Privatmitteln greifen, Stephan namentlich hat dieselben in ganz ausserordentlicher W e i s e angestrengt.

Die Bewilligungen aber an Mannschaft und Geld erfolgte ausschliesslich durch die Landbotenstube. Die Landboten hatten bereits die gesammte Competenz der Reichsversammlungen an sich gebracht; die Senatoren, die hohen Beamten der Republik,

28) H u p p e , V e r f a s s u n g des R e p u b l i k P o l e n . 1867. p g . 3 3 9 nach den Pacta c o n v e n t a 1 5 7 3 , 1576.

2 9 ) U e b e r d i e polnißche F i n a n z v e r w a l t u n g s i e h e das t r o s t l o s e B i l d bei H ü p p e 313 ff. E t w a s b e s s e r e O r d n u n g herrschte n u r in den b e s t ä n d i g e n A b g a b e n und Z ö l l e n , die v o n Städtern u n d Juden g e t r a g e n w u r d e n , u n d den E i n n a h m e n v o n d e n k ö n i g l i c h e n G ü t e r n , v o n w e l c h l e t z t e r e n ü b r i g e n s d i e Quarte s e i t 1 5 6 2 für das H e e r v e r w a n d t w e r d e n m u s s t e , das die S ü d g r e n z e g e g e n d i e Tartaren s c h ü t z t e ; doch lief g e r a d e d i e s e S t e u e r n i e r e g e l m ä s s i g e i n , daher Q u a r t a n s o l d a t g l e i c h L u m p , S t r a u c h d i e b .

(25)

waren nur Räthe der Krone, nicht Vertreter des Volkes, nur die nuntii terrestres repräsentirten den narod, von diesem waren

sie auf den Landtagen der Woiwodschaften erwählt und mit Instructionen über die Vorschläge versehen, welche in den Ladebriefen enthalten w a r e n , durch die ein neuer Reichstag zusanimenberufen wurde. Ueber diese Instructionen sollten die Landboten nicht hinausgehen. A l s Vertreter der Sonderiuteressen standen sie da gegenüber dem Vertreter des allgemeinen In­

teresses, dem König und seinen Rathen. Tauchten Fragen auf, für die ein Landbote keine Instructionen hatten, so stimmte er . nicht mit, und die Folge w a r , dass seine Landschaft an den Reichstagsbeschluss über diesen Punct nicht gebunden war.

Der König trat dann über denselben mit den Provincialland- tagen in directe Verhandlungen und suchte die Zustimmung der einzelnen Gebiete zu g e w i n n e n .3 0)

Diese Verfassung des polnischen Staates musste es dem König bei j e d e m neuen Unternehmen wünschenswerth erscheinen lassen , die Vollmachtgeber der bevollmächtigten Landboten seinen Plänen günstig zu stimmen. Auch der Reichstag von 1578 , der den Krieg g e g e n Russland b e s c h l o s s , hatte die Steuer nur auf zwei Jahre b e w i l l i g t3 1) , Stephan war also g e z w u n g e n , für seinen zweiten F e l d z u g , zu dem er 1580 ausziehen w o l l t e , von neuem die Zustimmung des Reichstages zu gewinnen.

Man muss diese Umstände im Auge behalten, um eine Erscheinung zu erklären, die in sehr auffälliger W e i s e dem F o r s c h e r , als etwas diesen Kriegen des Königs Stephan gegen Russland e i g e n t ü m l i c h e s entgegentritt: die zahlreichen Mani-

3 0 ) A l s 1578 der p o b o r u n d e i n e B i e r c i s c b e w i l l i g t w u r d e n , s t i m m t e n die L a n d b o t e n v o n drei k l e i n p o l n i s c h e n Landschaften nicht z u ; S t e p h a n b e g a b s i c h b a l d darauf i n d i e s e l b e n , u n d setzte dort auf den L a n d t a g e n w e n n auch n i c h t g l e i c h e , s o d o c h ä h n l i c h e W i l l i g u n g e n durch. H e i d e n s t e i n 337«

3 1 ) Vol. l e g u m . II, 191 U n i w e r s a l p o b o r o w y r o k u 1 5 7 8 : b y i n a m o - w i o n y p e w n y p o d a t e k y p o b o r n a d w i e l e c i e n a w o y n ? p r z e c i w M o s k i e w - s k i e m u y n a obron? R u s k i c h k r a i o w .

2*

(26)

feste oder E d i c t e , die der König wiederholt in diesem Kriege an all seine Unterthanen ergehen liess. Die frühere polnische Geschichte kennt ähnliches nicht.

Sobald der König auf dein Sammelplatz des Heeres ein­

getroffen w a r , publicirte er sein ausführliches Edictum regium Suirense ad milites, ex quo causae suscepti in magnum Moscoviae ducem belli cognoscentur, 3 2) 1579 Juli 12. D a s Original des Manifestes war in dem guten Latein abgefasst, das alle Schreiben Stephans auszeichnet, wurde aber dann auf Befehl des Königs ins Polnische, Ungarische und Deutsche übersetzt, um dem ganzen national sehr gemischten Heere verständlich zu sein. Als Polozk gefallen w a r , erging am Tage darauf ein Edictum regium de supplicationibus ob captam Polotiam 1579 Aug. 3 1 . , ebenso im folgenden Jahre ein Edictum regium de supplicationibus nach der Eroberung von Welikle Luki 1580 Sept. 5., beide mit Berichten wie diese glücklichen Erfolge er­

rungen s e i e n , d i e , was man wohl betonen darf, unter der eigenen Führung des Königs gewonnen waren. Gegen Ende dieser beiden ersten Feldzüge erschienen dann die Ausschreiben zum R e i c h s t a g e : Epistola qua ordines ad regni comitia convo- cantur 1579 Sept. 26. und Stephan! regis literae, quibus res a se in hello Moschico post captum Vielico Lucum gestas et con- silia rerum deinceps gerendarum explicat et comitia Warso- wiensia indicit 1580 Dec. 5. Beide Ladebriefe knüpfen an die vorausgegangenen Edicta de supplicationibus an und erzählen den weiteren glücklichen Verlauf der Feldzüge.

32) H e i d e n s t e i n 3 4 2 . S t e p h a n b e h e r r s c h t e Latein vortrefflich, P o l n i s c h d a g e g e n w a h r s c h e i n l i c h n i c h t . W i s z n i e w s k i Hist. lit. P o l s k . 6, 123 s a g t v o m K ö n i g u m i a t sie, n a w e t piijknym s t y l e m l a c i n s k i m w y p i s a c , jak s w i a d c z y j e g o ( j e i l i n i e Krzyszt. W a r s z e w i c k i e g o ) m a n i f e s t ze S w i i y 1579 12 Lipca w y d a n y . Ob w i r k l i c h der K ö n i g s e l b s t das l a n g e Schriftstück a b g e f a s s t , e r s c h e i n t d o c h s e h r f r a g l i c h , das w a r doch C a n z e l e i a r b e i t , u n d Latein h e r r s c h t e d a m a l s noch d u r c h a u s in P o l e n a l l g e m e i n , erst g e g e n E n d e d i e s e s 1 6 . J a h r h u n d e r t s b e g i n n t es unter S i g i s m u n d , der s c h o n a l s s c h w e d i s c h e r P r i n z p o l n i s c h g e l e r n t hatte, v e r d r ä n g t zu w e r d e n , cfr. den a u s f ü h r l i c h e n A b s c h n i t t ü b e r daB L a t e i n i s c h e i n P o l e n bei W i s z n i e w s k i 6, 1 1 9 — 1 7 4 .

(27)

Fassen wir diese fünf Edicteznsammen, so haben wirin ihnen eine wenn auch kurze, so doch vollständige, officielle Darstellung der Kriegsereignisse der beiden ersten Jahre. D a s s für 1581 ähnliehe Schreiben nicht vorliegen, ist dann leicht erklärlich:

günstiges war nicht zu melden 3 3) , die Feindseligkeiten concen- trirten sich um die sehr beschwerliche Belagerung Pleskaus, diese aber dauerte noch fort, als der ersehnte Waffenstillstand von Sapolje im Januar 1582 tinterzeichnet wurde. Auch ein Reichstag trat 1581 nicht z u s a m m e n , zu einem Ladebrief war demnach auch keine Veranlassung.

Man sieht, wie systematisch diese officielle Bericht­

erstattung erfolgte. Dass der König von Anfang an öffentliche Kundgebungen ins Auge gefasst hatte, erkennt man auch daraus, dass eine eigene Druckerei unter Valentin i.apczyriski ihn ins Feld begleitete. D i e Edicte von Polozk und Welikie Luki tragen demgeinäss auch den typographischen Vermerk : Polociae Wa- lenty Lapczyriski, und druk w Wielkich Lukach, t a p e z y r i s k iS i) .

Auf diesem Wege konnte Stephan mit seiner officiellen jeder privaten Berichterstattung zuvorkommen. D i e Edicte

w u r d e n , w i e das Datum zeigt, unmittelbar nach der Eroberung der feindlichen Städte, Polozk, Welikie Luki erlassen. Und wenn auch, was sich aus den Zeitungen über den zweiten Feld­

zug nachweisen l ä s s t , die Privafcorrespondenten mit ihren

3 3 ) D o c h s i n d auch d a m a l s durch die R e g i e r u n g B e r i c h t e zu poli­

tischen Z w e c k e n in Polen m ö g l i c h s t v e r b r e i t e t w o r d e n : als e i n Sturm der P o l e n a u f P l e s k a u z u r ü c k g e s c h l a g e n w u r d e , die Belagerten aber trotzdem b e i m Zaren u m Hilfe b a t e n , u n d d i e s e Briefe a u f g e f a n g e n w u r d e n , b e m ü h t e sich der H e t m a n Z a m o i s k i , dass d i e s e l b e n in P o l e n m ä n n i g l i c h b e k a n n t w ü r d e n , um s c h l i m m e n Gerüchten über die e r l i t t e n e S c h l a p p e v o r z u b e u g e n . H e i d e n s t e i n 4 0 0 .

3 4 ) cfr. W i s z n i e w s k i , Hist. Iit- P o l s k . 8 , 4 5 : w d r u g i e j po- f o w i e e p o k i z y g m u n t o w s k i e j . . . w obozach , g d z i e k r ö l o w i e i het- m a n i m i e w a l i przenos'ne d r n k a r n i e ; der Verfasser führt pag. 4 6 die b e i d e n E d i c t e an : E d y k t a Stefana B a t o r e g o d r u k o w a n e w u b o z o w e j d r u k a r n i przez

W a l e n t e g o f . a p r y . i s k i e g o . A u c h E s t r e i c h e r P o l n i s c h e B i b l o g r a p h i e pag. 5 9 , 6 0 n e n n t b e i d e .

(28)

Briefen gleichfalls nicht säumten, so kamen die königlichen Briefe doch rascher unter die Presse, und dadurch, wenigstens für P o l e n , auch rascher in den Verkehr. Die Wähler waren über die Triumphe der königlichen Waffen unterrichtet, als sie ihre Landboten für den Reichstag ernannten.

Ausser diesen officiellen, direct königlichen Edicten giebt es nun weiter eine zweite Gruppe von Berichten, die man füglich als officiöse bezeichnen darf. Aus den mir vorliegenden zähle ich drei hieher: \ . Rerum post captarn Polotiam contra Mos cum gestarum narratio; 2. Historia rerum a Poloniae rege in Moscovia superiori anno fortiter et feliciter gestarum; 3. Com- mentarius rerum a Stephano rege Poloniae in secuuda expe- ditione adversus magnum Moscorum duce gestarum.

Von diesen drei Berichten bezieht sich der erste auf den Feldzug von 1579, die beiden folgenden behandeln den von 1580.

Sie stehen den Edicten vielfach sehr nahe. Aeusserlich zwar unterscheiden sie sich dadurch , dass sie anonym erschienen sind.

D a g e g e n sind s i e , w i e auch die Edicte lateinisch geschrieben, noch grösser aber ist die innere Verwandtschaft. Ohne auf das Detail ihrer Erzählung und auf die Frage ihres Verhältnisses

zu einander und zu den übrigen Darstellungen namentlich zu Heidenstein hier e i n z u g e h e n , mag doch die Art ihrer Darstellung, ihr (xeprägeim Allgemeinen gekennzeichnet werden.

W i e die Ladebriefe erzählen sie die Geschichte des Krieges für einen längeren Zeitraum, während mehrerer Monate oder eines ganzen Feldzuges. Die Verfasser zeigen sich vortrefflich unterrichtet, ihre Mittheilungen sind reich und zuverlässig. W a s aber diesen Quellen ihren ppecifischen Charakter giebt, ist die stete Rücksichtsnahme auf den König: nur diesem genehmes hören wir, ihm unbequemes dagegen wird übergangen, g e w i s s e kleine Misserfolge werden verschwiegen. So spricht z. B.

Commentarius nicht davun, dass der erste Sturm auf Welikie Luki zurückgeschlagen wurde, oder dass das Blutvergiessen

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nicht sofort bei der Eroberung einer Festung sein Ende gefunden u. ä. In diesen Berichten tritt der König als der eigentliche Leiter des Krieges ganz besonders in den Vordergrund, mehr als in der doch auch von grüsster Loyalität durchdrungenen Erzählung Heidensteins.

Den Verfassern sind ferner Materialien aus der königlichen Canzelei zugänglich g e w e s e n : die Narratio liefert den Auszug eines wichtigen verlornen Briefes der russischen Bojaren vom 28. Sept. 1 5 7 9 ; die Historia hat bei ihrer Darstellung der Ver­

handlungen mit den moskauschen Gesandten das zarische Schreiben vorgehabt, ihre Schilderung der Einnahme von Sawolotschje gründet sich auf einen Brief des Eroberers Za- moiski an den König; der Commentarius giebt ein Referat über eine Zuschrift des krimschen Chans an Stephau.

Der officiöse Charakter der Narratio verläugnet sich weiter auch darin nicht, dass sie dort anhebt, wo das Edictum regium de supplicationibus ob captam Polotiam geendet hatte. Noch bemerkenswerther aber ist es, an welchem Zeitpunct die beiden ersten Berichte, Narratio und Historia ihre Erzählung abbrechen:

die erste nämlich geht bis zu dem Reichstage vom N o v e m b e r 1579, die zweite bis zu dem vom Januar 1581, ja beide weisen am Schluss auf die bevorstehenden grossen Verhandlungen hin. Die Narratio, nachdem sie von eingegangenen russischen Schreiben gesprochen, s a g t : allatis lectisque utrisque litteris, rex. omnem ejus delibeiationem ad comitia referendam esse ju- dicavit; die Historia berichtet Uber die Rückkehr des Königs aus dem Feldzuge von 1580 nach W i l n a , woselbst legati tur- cici et tartarici audili, et comitiorum dies ad 2 2 . Januarii diem Versaviam promulgatus, quo publicarum deliberationum caussa moscici legati quoque deducti sunt. War es bei den officiellen Edicten des Königs warscheinlich, dass dieselben auf die Wähler zum Reichstag Einfluss üben sollten, so scheint ein ähnlicher Zweck bei diesen Berichten angenommen werden zu dürfen, nur handelte es sich hier nicht um eine Beeinflussung der

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3 5 ) D e r dritte i m übrigen den b e i d e n andern nah v e r w a n d t e B e r i c h t d e s C o m m e n t a r i u s z e i g t e i n e s o l c h e B e z u g n a h m e auf den R e i c h s t a g nicht, ist auch w a h r s c h e i n l i c h erst nach d e m J a n . 1581 a n s Licht getreten der äl­

teste D r u c k e r s c h i e n in d i e s e m J a h r e in C l a u d i o p o l i ( K h u i s c n b u r g in S i e b e n ­ b ü r g e n ) D i e Notiz bei E s t r e i c h e r pag. 601) über e i n e n Druck v o n 1580 o d e r g a r 1 5 7 9 halte i c h für a p o k r y p h .

36) 1. c. 8,84.

37) i b i d 7,447.

3 8 ) p a g . 6 6 .

Wähler, sondern der Gewählten, der Landboten, da diese Berichte offenbar innerhalb des Zeitraums zwischen den Reichstagen und den Provincialtagen, unmittelbar vor ersteren erschienen.

Noch heute sprechen diese Berichte den Leser sehr an, sowol durch verhältnissmässige Reinheit der Sprache als durch Reichthum und Beherrschung des Materials. In ruhiger, klarer W e i s e und mit scheinbar grosser Objectivität werden die Er­

eignisse erzählt, man erkennt in einzelnen Fällen l e i c h t , dass der Verfasser aus einer grössern Fülle von Nachrichten aus­

w ä h l e n k o n n t e , und dass er das sorgsam g e t h a n , um ein möglichst abgerundetes Bild zu liefern. Man stellt sich unschwer vor, dass solche Schilderungen der Erfolge des Königs wol die Forderungen desselben, die er auf den Reichstagen erhob, um auf der eingeschlagenen Bahn energisch weiter zu g e h e n3 5) , stützen und rechtfertigen konnten.

Für die Beurtheilung dieser Berichte wäre es von grossem Werth, wenn sich trotz der ihnen allen eigenthümlichen Ano­

nymität docli die Verfasser feststellen Hessen. Aber nur für den Commentarius scheint dos möglich. Dieser stammt wie W i s z n i e w s k i 3 6j angiebt, und wie schon oben bemerkt, wurde, von dem humanistisch gut gebildeten, kriegserfahrenen Ungarn Gyulay, der aus einem heftigen Gegner ein Anhänger Stephans geworden war. Seine Stellung in Siebenbürgen erklärt auch das Erscheinen der Schrift in Klausenburg. — Für den Ver­

fasser der Historia ist H e i d e n s t e i n gehalten worden 3 r) , doch bestreitet N e h r i n g3 8) dessen Autorschaft. Ich gehe auf diese

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Controverse hier nicht e i n , und wage auch nicht einen Autor für die Narratio zu n e n n e n3 9) . Dass aber auch diese beiden Relationen von Verfassern s t a m m e n , die dem Könige sehr er­

geben w a r e n , dürfte nach dem Angeführten keinem Zweifel unterliegen.

Diesen im Namen oder Interesse des Königs abgefassten Edicten und Berichten eine weite Verbreitung zu g e b e n , war man von Polen aus lebhaft bemüht. So tauchten dieselben z. B. in Rom vielfach auf. Zwischen der Curie und dem Kö­

nige Stephan herrschten die engsten B e z i e h u n g e n , in R o m hoffte man viel von dem kirchlichen Eifer des Königs für das dem Protestantismus sich in bedenklichster Weise zuneigende Polen 4 0) , und in der That hat nur die rücksichtslose Unterstützung, die Stephan der katholischen Propaganda zu Theil werden l i e s s , die Gegenreformation in Polen so früh zum Siege ge­

führt. Dafür war der Papst zu allen Gegendiensten erbötig und hat die Verhandlungen mit Moskau in der That wesentlich gefördert. Die Correspondenz zwischen Rom und Polen war sehr l e b h a f t4 I) , Berichte aus Polen in Rom sehr erwünscht.

Das wusste auch der Nuntius Caligari, und das b e w o g ihn das Manifest des Königs vom 12. Juli 1 5 7 9 , über die Gründe

39) W e n n W i s z n i e w s k i 8,88 s a g t : S t a n i s l a w R c s z k a opat jfjdrze- j o w s k i w y d a i w R z y m i e o p i s w y p r a w y m o s k i e w s k i e j S t e f a n a B a t o r e g o , u n d nun e i n e n D r u c k der Narratio von 1582, R o m a e a p . haer. Ant. Blasii an- fiilirt, so ist daraus n o c h nicht die Autorschaft des g e n a n n t e n i m ü b r i g e n schriftstellerisch s e h r fruchtbaren A b l e s für d i e s e Narratio zu folgern. E s w a r d i e s e r r ö m i s c h e k e i n e s w e g s der erste D r u c k d e r Narratio, s i e war s c h o n 1 5 8 0 in C ö l n u n d w a h r s c h e i n l i c h 1579 in W a r s c h a u e r s c h i e n e n . Cfr. Est­

reicher 186

4 0 ) H ü p p e , V e r f a s s u n g der R e p u b l i k P o l e n 1 > 8 : „ i m J a h r e 1572 b e f a n d e n sich n u r z w e i K a t h o l i k e n unter den Rathen des K ö n i g s " .

ü Cfr. über d i e s e l b e die reichen M i t t h e i l u n g e n bei T h e i n e r , A n n . eccles. T o m . III. 1856. W i e ad. a. 1579 § 67 berichtet w i r d , s a n d t e 1579 D e c . 5 . Gregor XIII , n e b s t e i n e m G l ü c k w i n . s c h ü b e r d i e E r o b e r u n g v o n P o ­ l o z k d e m K ö n i g durch d e s s e n Orator U c h a n s k i S c h w e r t u n d Lanze, die der P a p s t in der C h r i s t n a c h t g e w e i h t und die d e m K ö n i g e von e i n e m B i s c h o f in f e i e r l i c h e r Messe ü b e r g e b e n w e r d e n s o l l t e n .

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42) i b i d . M a n ü s s a d o c u m e n t o v u m p a g . 6 6 1 , Caligari an d e n C a r d i n a l von C o m o 1579 Oct. 3 0 i si p u b l i c h e r ä un m a u i f e s t o con e s p r e s s i o n e di tutte l e c a u s e , che h a n n o i n d o t t a S u a Maestä a questa g u e r r a , d e l q u ä l e m a n i f e s t o m a n d o copia a Vo6tra S i g n o r i a l l l u s t r i s s i m a , et se la Santitü di Nostro S j g n o r e si d e g n e r a di l e g g e r l o , i n t e n d e r a n i o l t e b e l l e c o s e d e l l a natura del Gran Duca di Moscoria.

43) C r e d i t i v für ihn ad C a r d i n a l e m Sirletutn 1579 Jun 29. aus W i l u a , u n m i t t e l b a r vor d e m A u f b r u c h des K ö n i g s z u m H e e r , in der •werthvollen

S a m m l u n g ( R y k a c z e w s k i ) R e l a c y e n u n c y u s z ö w a p o s t o l s k i c h o P o l s c e . 1 8 6 4 . B d . I. 3 0 7 .

44) cfr. p a g 14.

45) U e b e r d i e s e B r o c h ü r e W i s z n . 8, 88.

die diesen zum Kriege g e z w u n g e n , der Curie e i n z u s e n d e n4 2) , damit man dort, damit namentlich auch der heilige Vater selbst volle Einsicht in diese Verhältnisse erlangen könne.

In anderer Weise war für denselben Zweck die polnische Gesandtschaft in Rom thätig. Der königliche Orator Peter Dunin Wolski, B. v. P l o z k4 3) , verschaffte sich alle drei Edicte des Königs von 1 5 7 9 , s o w i e die beiden officiösen Berichte Narratio und Commentarius, und Hess sie durch den damals in Rom weilenden Brutto 4 i) hier zum Druck befördern 4 5) . Ja es erschien in demselben Jahre in Rom noch eine zweite Brochüre, in welcher der Abt Stan. Reszka das Edictum ad milites und Narratio veröffentlichte. Schon z%vei Jahre früher hatte in Cöln der Buchhändler Maternus Cholinus gleichfalls ein Bändchen mit drei dieser Schriften verlegt, ob mit Unter­

stützung der polnischen Regierung ist nicht zu e r k e n n e n , er­

wünscht musste dieser jedenfalls eine Publication sein, die nur Schriftstücke enthielt, w e l c h e von der Regierung selbst aus­

gegangen waren.

Schon diese zwei Gruppen zeitgenössischer Berichte, die officiellen des Königs, die officiösen seiner Anhänger beweisen, w i e ernstlich Stephan bemüht war, die Kunde von den Kriegs­

ereignissen nur in der ihm passend erscheinenden Form in

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