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Mesenterialinfarkt durch Kontrazeptiva
Zu den selteneren Komplikationen der Pille gehören Durchblutungsstö- rungen im Dünn- und Dickdarm un- ter dem Bild des Mesenterialinfark- tes (arterielle oder venöse Thrombo- se). Als prädisponierende Faktoren erwiesen sich Nikotinabusus, Hyper- lipidämie, Diabetes mellitus, Hoch- druck, Adipositas und die Blutgrup- pe A. Eine frühzeitige Röntgenunter- suchung bei anhaltenden periumbi- likalen Beschwerden läßt irreguläre Darmkonturen mit „thumbprin- tings" und ein Schleimhautödem er- kennen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Durchblutungsstörungen des Darms meist noch reversibel. Das Absetzen der Kontrazeptiva und vor- übergehende parenterale Ernäh- rung führen innerhalb kurzer Zeit zu Beschwerdefreiheit. Wird die Dia- gnose zu spät gestellt, ist eine aus- gedehnte Darmresektion nicht zu vermeiden, deren Letalität bei über 50 Prozent liegt. Da die Beschwer- den meist schon zwei bis drei Wo- chen bestanden, bevor an die Mög- lichkeit einer ischämischen Entero- kolitis gedacht wurde, sollte bei al- len jungen Frauen, die unter Kontra- zeptiva stehen und über periumbili- kale Schmerzen klagen, eine Rönt- genuntersuchung des Dünndarms veranlaßt werden, wenn weitere Symptome wie Fieber, Leukozytose, Abwehrspannung, Übelkeit, Erbre- chen und Durchfälle bestehen und die obengenannten Risikofaktoren vorliegen.
Ghahremani, G. G., Meyers, M. A., Farman, J., Port, R. B.: Ischemic disease of the small bowel and colon associated with oral contraceptives, Gastrointest. Radio!. 2 (1978) 221-228, Depart- ment of Radiology, Evanston Hospital, 2650 Ridge Avenue, Evanston, III. 60 201.
Editorial: Small-bowel ischaemia and the con- traceptive pill. Brit. med. J. 1 (1978) 4
Morbus Crohn-
auf Amyloidose achten
Eine Amyloidose gehört nicht zu den gängigen Komplikationen der Crohnschen Erkrankung, ist jedoch möglicherweise häufiger als ge-
meinhin angenommen. Bei 7 von 85 Patienten, bei denen eine Darmre- sektion wegen einer granulomatö- sen Enterokolitis durchgeführt wer- den mußte, fand sich eine Amyloido- se, obwohl eitrige Komplikationen nicht vorlagen und die klinische Symptomatik bei den meisten Pa- tienten noch nicht lange bestand.
Bei sechs dieser Patienten lag eine generalisierte Amyloidose vor, die bei einem Patienten postoperativ zum Tod im Nierenversagen führte und bei zwei weiteren Patienten eine Nierentransplantation erforderlich machte. Sechs Patienten sind sechs Monate bis zehn Jahre nach Diagno- sestellung einer Amyloidose am Le- ben, bei einigen von ihnen gewann man den Eindruck, daß durch die Resektion des erkrankten Darms ein Fortschreiten der Amyloidose ver- hindert werden konnte.
Fausa, 0., Nygaard, K., Elgio, K.: Amyloidosis and Crohn's disease, Scand. J. Gastroent. 12 (1977) 657-662, Institute of Pathology, National Hospital of Norvay, Rikshospitalet, Oslo
Evozierte
visuelle Potentiale bei Schaden
der hinteren Sehbahn
Eine Reduktion des visuellen evo- zierten Potentials ist im allgemeinen die Folge von Störungen im vorde- ren Anteil der Sehbahn. Die Autoren beschreiben einen Mann, der plötz- lich verwirrt und nicht mehr in der Lage war, sich visuell zu orientieren.
Der neurologische Befund war bis auf eine homonyme Hemianopie normal, im Computertomogramm fand sich eine vom Balken in beide Hemisphären bis nach okzipital ein- gewachsene Raumforderung, die bei Sektion sechs Wochen später als malignes Astrozytom definiert wur- de. Am eindruckvollsten jedoch war der klinische Befund einer erhebli- chen Reduktion der evozierten visu- ellen Potentiale. Egl
Ashworth, B.; Maloney, A. F. J.; Townsend, H.
R. A. Delayed visual evoked potentials with bilateral disease of the posterior visual path- way, J. Neurol. Neurosurg. Psychiat. 41 (1978) 449-451
Nierentransplantation
mit der künstlichen Niere erforder- lich, bis das Transplantat voll funk- tionierte. Der Patient erholte sich sehr schnell von dem Eingriff und wird in diesen Tagen mit normaler Nierenfunktion nach Hause entlas- sen. Aufgrund der hervorragenden Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger traten bis- her keine Abstoßreaktionen auf.
Herr R. M. ist zuversichtlich und hofft, in einiger Zeit seinen Beruf als Kellner wiederaufnehmen zu kön- nen. Die durchgeführte Transplanta- tion war zugleich die 300., die seit der Einrichtung des Transplanta- tionsprogramms im Jahre 1967 in Heidelberg durchgeführt wurde.
Der Bericht wirft ein Schlaglicht auf das, was heute im Bereich der Transplantation möglich ist. Noch mehr wäre machbar, wenn so viele Spendernieren zur Verfügung stün- den, daß möglichst jeder dafür ge- eignete Patient mit einem Trans- plantat versorgt werden könnte. Es steht zu hoffen, daß das im Entwurf vorliegende Transplantationsgesetz nach jahrelangen Vorarbeiten die le- galen gesundheitspolitischen und medizinischen Voraussetzungen für eine Erhöhung der Zahl der Organ- übertragungen schaffen wird. Auf diesem Gebiet kann man bisher die Bundesrepublik Deutschland nur als Entwicklungsland betrachten. Zwar entsprechen die Ergebnisse der transplantierten Nieren durchaus denen anderer Länder. Ihre Zahl da- gegen kommt in keiner Weise der in vergleichbaren Ländern gleich. Der Grund ist: Trotz intensiver Bemü- hungen der bestehenden Zentren mangelt es an Spendernieren.
Für die erforderliche Organisation bestehen bereits Modelle, und es ist zu hoffen, daß sie mit grünem Licht aus Bonn und der noch notwendi- gen finanziellen Unterstützung ihre Tätigkeit intensivieren können. Viel-
leicht kann die realistische Schilde- rung dieses Falles — Hilfe eines nicht mehr Lebenden an einem noch Le- benden, aber Schwerkranken von Kontinent zu Kontinent — helfen, Be- denken und Widerstände gegen das neue Gesetz abzutragen. CEA
2184 Heft 39 vom 28. September 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT