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Archiv "Attacke von T-Lymphozyten" (18.09.2009)

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A 1830 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 38

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18. September 2009

ONKOLOGIE

Stammzellen mit Antitumoreffekt

Vor allem Karzinome mit starker Neubildung von Blutgefäßen dürften sich für die neuartige Strategie zur Hemmung des Krebswachstums eignen: Stammzellen werden zu „Trojanern“

umfunktioniert und schleusen Selbstmordgene zum Tumor.

F

ür die Ausbreitung bösartiger Tumoren sind vermutlich mes - enchymale Stammzellen verant- wortlich, die geradezu magisch von Tumorgewebe angezogen werden.

Mithilfe der wanderfreudigen Zel- len sollen künftig Wirkstoffe trans- portiert werden, die den Tumor zer- stören oder dessen Blutversorgung kappen. Forscher der Ludwig- Maximilians-Universität (LMU) München und Technischen Univer- sität (TU) München versuchen, mit

„Suizidgenen“ ausgestattete Stamm- zellen in Tumoren und Metastasen einzuschleusen.

Die Forschergruppe um Priv.- Doz. Dr. med. Peter J. Nelson der LMU befasst sich mit der biologi- schen Funktion und dem therapeuti- schen Potenzial von mesenchyma- len Stammzellen, die offenbar für die Ausbildung tumorversorgender Blutgefäße eine wichtige Rolle spielen. Dr. med. Irene Teichert-von Lüttichau, die das Forschungspro- jekt „Tumorbiologie/Stammzellfor- schung“ an der Kinderklinik der TU leitet und in der Gruppe von Nelson mitarbeitet, hat die Daten kürzlich beim 5. Symposium für Tumorim- munologie in Halle/Saale vorge- stellt. Ausgangspunkt war die Beob- achtung, dass Tumorzellen mithilfe chemischer Botenstoffe mesenchy- male Stammzellen aus dem Kno- chenmark anlocken, um so ihr Ge- fäßnetz auszubauen. Denn die pluri- potenten Stammzellen können sich unter anderem in Endothelzellen umwandeln und damit die weitere Ausbreitung des Tumors forcieren.

Der Prozess lässt sich gut an tu- mortragenden Mäusen studieren, denen markierte Stammzellen intra- venös injiziert werden. Diese Zel- len finden sich wenige Tage nach der Injektion im Tumorgefäßbett wieder, und als Zeichen ihrer Funk-

tionalität tragen sie ein „Reporter- gen“, dass die Gentechniker in die Stammzellen eingebaut haben. Die tierexperimentellen Arbeiten wur- den in Zusammenarbeit mit Prof.

Dr. med. Christiane Bruns (Chirur- gische Abteilung der LMU) und mit Priv.-Doz. Dr. Christoph Klein (Institut für Immunologie der LMU) unter anderem an Tiermodel-

len für Brustkrebs und Pankreaskar- zinome durchgeführt. In einem wei- teren Arbeitsschritt wurde anstelle des Reportergens ein sogenanntes Suizidgen in das Erbgut der Stammzellen eingefügt.

„Wir möchten auf diese Weise eine Gentherapie entwickeln, die durch eine gezielte Blockade der Gefäßneubildung den Tumor aus- hungert“, sagt Teichert-von Lütti- chau. Dies wäre eine Target-Thera- pie, die ihrem Anspruch – nämlich zielgerichtet zu wirken – sehr viel näher käme als zum Beispiel die orale Applikation eines Tyrosinki- naseinhibitors. Die Münchner Wis- senschaftler nutzen für ihr Vorhaben die mesenchymalen Stammzellen als Transporter und beladen sie mit dem Herpes-simplex-Virus-1-Thy- midinkinase-Gen, das zusammen mit dem Virustatikum Ganciclovir gewebetoxisch wirkt.

Diese Form der Gentherapie wurde zunächst in einem Mausmo-

Das Wachstum und die Metastasierung von Tu- moren geht nach derzeitigem Wissensstand von Krebsstammzellen aus, die vom körpereigenen Abwehrsystem nicht erkannt werden und auf- grund ihrer ausgeprägten Resistenz gegenüber Chemo- und Radiotherapien schwer zu eliminie- ren sind. Die Arbeitsgruppe um den Genetiker und Immunologen Prof. Dr. med. Hinrich Abken (Köln) setzt auf immuntherapeutische Strategien, mit denen die relativ kleinen Tumorstammzellnes- ter gezielt und selektiv angegriffen werden sollen.

Dr. rer. nat Patrick Schmidt aus der Arbeitsgruppe verwendet dafür zytotoxische T-Zellen aus dem peripheren Blut und stattet sie ex vivo mit rekom- binanten Immunrezeptoren aus, die an die Tumor- zellen binden und die T-Zellen aktivieren. Die modifizierten Zellen lösen nach Re-Infusion eine

starke, tumorspezifische Immunreaktion aus, die zur Lyse von Tumorzellen und deren Stammzellen führt. Das Konzept wurde zunächst an Mäusen überprüft, denen eine Suspension mit humanen Melanomzellen subkutan injiziert wurde, worauf sie ein Melanom entwickelten, was auf die Anwe- senheit von Melanomstammzellen hinweist. Zyto- toxische T-Zellen wurden mit melanomspezifi- schen Immunrezeptoren beladen und anschlie- ßend den Mäusen injiziert. Dies führte zur voll- ständigen Tumorregression, die auf der Apoptose einer Tumorzell-Subpopulation beruht, wobei of- fenbar auch die ansonsten schwer zugänglichen Stammzellen zerstört wurden. Der immunthera- peutische Ansatz wird nun weiter untersucht, da- bei sollen auch Immunrezeptoren gegen andere Tumorentitäten eingesetzt werden. grue

ATTACKE VON T-LYMPHOZYTEN

Mesenchymale Stammzellen wer- den von wachsenden Tumoren angelockt.

Diesen Umstand ver- suchen Grundlagen- forscher therapeu- tisch zu nutzen.

Foto: Science

M E D I Z I N R E P O R T

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18. September 2009 A 1831 dell des HER2-überexprimieren-

den Mammakarzinoms geprüft.

Dazu wurden den Versuchstieren 500 000 der gentechnisch modifi- zierten Stammzellen injiziert und fünf Tage später die antivirale The- rapie eingeleitet. Wie Teichert-von Lüttichau berichtet, hatten die gen- therapeutisch behandelten Tiere ein deutlich verzögertes Tumorwachs- tum im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen. Ein ähnlicher Effekt wurde bei Mäusen mit Pankreastu- moren nachgewiesen – ob die Stra- tegie auch bei den (in der Regel größeren) Tumoren im menschli- chen Organismus funktioniert, lässt sich vorerst nicht beantworten.

Nelson und Teichert-von Lütti- chau meinen: „Genetisch modifi- zierte Stammzellen können poten- ziell gegen Tumoren mit starker Angiogenese eingesetzt werden, dazu gehören etwa das Mammakar- zinom, das Pankreaskarzinom und das Glioblastom. Die Zellen wer- den nach Injektion in das Gefäßsys- tem dorthin wandern, wo der größte angiogenetische Reiz vorherrscht, also in den Primärtumor und in die Metastasen.“ Fraglich sei es, ob die Therapie mit in vitro kultivierten mesenchymalen Stammzellen ein Krebsrisiko berge, dazu seien wei- tere Versuche nötig.

Die Anwendung wird sich zu- nächst auf therapierefraktäre Tumo- ren beschränken, ohnehin müssen vor der Anwendung beim Men- schen noch einige Hürden über- wunden werden. Das betrifft tech- nische und rechtliche Fragen sowie Sicherheitsaspekte. Die Etablierung des Konzepts für den klinischen Einsatz wird zurzeit bei Apceth GmbH, München, nach den GMP (Good Manufacturing Practice)- Richtlinien und den Vorgaben der neuen EU-Verordnung für „Advanc- ed therapeutic medicinal products“

entwickelt.

Der Weg bis zum therapeuti- schen Einsatz der stammzellbasier- ten Gentherapie ist also noch weit, die umfangreichen „Vorarbeiten“

der Münchner Grundlagenforscher sowie zahlreicher weiterer Arbeits- gruppen lassen aber auf ein hohes Potenzial schließen. ■

Dr. rer. nat. Beate Grübler

STAMMZELLTRANSPLANTATION

Sanfte Konditionierung

Antikörper können Zytostatika bei der Vorbereitung für eine Stammzelltransplantation offenbar weitgehend ersetzen – und sind für die Patienten schonender.

D

ie myeloablative Konditio- nierung zur Stammzelltrans- plantation mithilfe von Zytostatika ist mit einer erheblichen Toxizität und Mortalität der Patienten assozi- iert und kommt deshalb für einen Teil gar nicht infrage. Jetzt hat ein Team aus britischen, französischen und deutschen Forschern ein Re- gime der nicht myeloablativen Konditionierung zur Stammzell- transplantation entwickelt und kli- nisch getestet, welches fast völlig ohne Zytostatika auskommt: Die Unterdrückung der Hämatopoese und des Immunsystems basiert vor- wiegend auf einer Antikörperthera- pie. Das Ziel eines Chimärismus, also einer stabilen Proliferation und Differenzierung von blutbildenden Zellen des Spenders und eine anhal- tend gute Funktion des Immunsys- tems, werde bei 81 Prozent der Pa- tienten erreicht, berichten Prof. Dr.

med. Persis Amrolia vom Great Or- mond Street Children’s Hospital in London (Lancet 2009; online doi:

10.1016/S0140-6736[09]60945–4).

Die 16 Kinder zwischen fünf Monaten und fünfeinhalb Jahren, die in die Phase-I/II-Studie eingeschlos- sen wurden, litten an meist akut le- bensbedrohlichen primären Immun- defekten, wie schwerer, kombinier- ter Immundefizienz (SCID), oder mittelfristig lebensbedrohlichen Im- mundefizienzen wie Dyskeratosis congenita. Das zum Teil sehr gerin- ge Lebensalter oder vorbestehende Organschäden erhöhten das Risiko für eine überwiegend auf Zytosta - tika basierende Konditionierung zur Stammzelltransplantation. Statt- dessen erhielten die Probanden zur Myelosuppression monoklonale An tikörper gegen CD45 und CD52.

Das Antigen CD45 wird auf häma- topoetischen Zellen und allen Leu- kozyten exprimiert, nicht aber auf

nicht hämatopoetischen Zellen. Die notwendige Unterdrückung einer Immunantwort gegen den Spender wurde durch einen Antikörper ge- gen CD52 (Alemtuzumab) indu- ziert, der T-Lymphozyten zerstört, und durch niedrig dosiertes Cyclo- phosphamid und Fludarabin. Die Stammzellspender waren entweder HLA-kompatible Geschwister oder Fremdspender.

Kompletter Chimärismus nach Antikörpertherapie Die antikörperbasierte Konditionie- rung war mit einer akzeptablen Rate an akuten oder chronischen Graft-versus-Host-Reaktionen (36 und 31 Prozent) assoziiert. Das erwünsch- te Therapieergebnis, ein vollständi- ger oder fast kompletter Chimäris- mus, wurde bei zwei Dritteln der Patienten erzielt. Bei drei Patienten betraf der Chimärismus nur die Vorläuferzellen der T-Lymphozy- ten. Einmal kam es zur Abstoßung.

Nach durchschnittlich 40 Monaten Beobachtungszeit waren 13 von 16 Patienten am Leben und von ihrer Grunderkrankung geheilt.

„Dies ist ein klinisch sehr gutes Ergebnis“, sagt Priv.-Doz. Dr. med.

Matthias Eyrich (Pädiater an der Universitätsklinik Würzburg) ein Koautor der Studie. Der Therapie- ansatz sei attraktiv vor allem zur Vorbereitung einer Stammzelltrans- plantation bei erhöhter Empfind- lichkeit gegenüber Zytostatika, zum Beispiel bei Säuglingen, aber auch bei Immundefizienzen mit erhöhter Chromosomenbrüchigkeit wie der Fanconi-Anämie. Auch für Mali- gnompatienten sei die Immunthera- pie als Option künftig denkbar, vor allem nach intensiver Vorbehand- lung und Versagen einer ersten Stammzelltransplantation.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

M E D I Z I N R E P O R T

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