A R C II 1 V
ri rz
oPIMIALMOLOGIE
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Richard Koch
auch aktuell wichtig zu sein schie- nen. Mit Hippokrates und seinen Aphorismen hat er sich mehrfach beschäftigt. Daneben interessierten ihn vor allem jene Ärzte früherer Zeit, die sich mit ähnlichen Fragen herumschlugen wie er selbst, z. B.
Paracelsus, der so mächtige Worte über das Wesen der Medizin gefun- den hat, oder Georg Ernst Stahl, dessen psychodynamistische Leh- ren Kochs eigenen Lösungsversu-
chen so nahe standen. In W. Roux entdeckte er einen verkappten Vita- listen und Überzeugungsgefährten.
Eigene medizinhistorische For- schungsarbeiten mit rein histori- scher Zielsetzung hat Koch kaum ausgeführt. Dafür hat er das Fach um eine neue Dimension, die Theo- rie oder Philosophie der Medizin er- weitert. Wir sollten als Medizinhisto- riker nicht nur das Vergangene se- hen, sondern deutlich machen, daß
die Gegenwart überall von der Ver- gangenheit durchsetzt ist, daß Ge- schichte der Medizin nichts Totes zum Gegenstand hat. Das zu zeigen, war Kochs Anliegen in der Medizin- geschichte.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med.
Karl E. Rothschuh Piusallee 154 b 4400 Münster
ZUR GESCHICHTE DER MEDIZIN
FRAGMENTE
Instrument
der Spezialisierung
Die Geschichte der ophthalmolo- gischen Zeitschriften im deut- schen Sprachraum ist charakteri- stisch für die Entwicklungsge- schichte spezialisierter medizini- scher Zeitschriften. Nachdem die Augenheilkunde seit dem 16. und dann besonders im 18. Jahrhun- dert bereits eine eigenständige Fachentwicklung genommen hatte, begannen K. Himly und J.
Adam Schmidt 1801 in Göttingen mit der Herausgabe der „Oph- thalmologischen Bibliothek", die jedoch schon 1807 einging.
Die erste Hälfte des 19. Jahrhun- derts förderte die Abgrenzung der Medizin zu den anderen Na- turwissenschaften zugleich mit der Spezialisierung innerhalb der medizinischen Wissenschaft.
Spezialisierende Zeitschriften- gründungen sind teils Ausdruck, teils treibende Kräfte dieser Be- wegung. Dabei kommt es ent- wicklungstypisch zu ersten Grün- dungen, zu deren Scheitern, zu erneuten Gründungen oft dersel- ben Herausgeber, Umgründun- gen in Erweiterung der Thematik, neuerlichem Scheitern, bis sich dann ein und das andere Organ dauerhaft durchsetzen.
So gibt es in der Augenheilkunde 1816 einen erneuten Versuch von
K. Himly, dann 1820 die von C. F.
Graefe und Ph. von Walther her- ausgegebene „Neue Bibliothek für Chirurgie und Augenheilkun- de" (bis 1850) und 1830 die von Friedrich August von Ammon herausgegebene „Zeitschrift für Ophthalmologie", die nach fünf Bänden in „Monatszeitschrift für Medizin + Augenheilkunde und Chirurgie" umgewandelt wird, und schließlich 1836 die nur ein Jahr überlebende „Klinische Zeitschrift für Chirurgie und Au-
Titelblatt des ersten Bandes „Archiv für Ophthalmologie", herausgegeben 1854 von Albrecht von Graefe
Foto: Archiv des Verfassers.
genheilkunde" von Blasius in Halle.
Erst die Gründung des auch im Umgang mit der Öffentlichkeit hochbegabten Albrecht von Graefe brachte 1854 den dauer- haften Durchbruch. Der erste Band seines „Archiv für Ophthal- mologie" erschien bei C. Jeanre- naud (A. Förstner'sche Buch- handlung) in Berlin. Bereits wäh- rend des ersten Jahrganges gab es Spannungen mit dem für Alb- recht von Graefe nicht hinrei- chend rührigen Verleger, der schon 1855 die Zeitschrift an Her- mann Peters abgab (bis 1887).
Zwischen Albrecht von Graefe und Hermann Peters entwickelte sich eine über den Geschäfts- gang hinausgehende Freund- schaft. Bis zur Übernahme der Zeitschrift durch Julius Springer, Berlin, im Jahre 1916 erschien die Zeitschrift bei Wilhelm Engel- mann in Leipzig.
Ebenso dauerhaft erfolgreich, wie die Gründung Albrecht von Graefes, war neun Jahre später, 1863, W. Zehender mit den „Klini- schen Monatsblättern für Augen- heilkunde" bei Ferdinand Enke.
Die Spezialisierung hatte sich in Wissenschaft und Praxis fundiert und etabliert. Mit ihr hatte sich das spezialisierte Zeitschriften- wesen als Instrumentarium der Spezialisierung fundiert und eta- bliert.
2788 Heft 42 vom 18. Oktober 1979