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■ Metall oder nicht Metall?

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B R E N N P U N K T

18 Physik Journal 16 (2017) Nr. 4 © 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

S

chon Eugene Wigner und Hillard Bell Huntington disku- tierten 1935 eine metallische Fest- körperphase atomaren Wasserstoffs [1]. Bisher gelang es aber nicht, diese experimentell eindeutig nach- zuweisen. Während Wigner und Huntington optimistisch abschätz- ten, dass dazu ein Druck oberhalb von 250 kbar nötig ist, geht man heute davon aus, dass es mehr als 4 Mbar braucht, um aus dissozi- ierten Wasserstoffatomen die feste und metallische Phase (Abb. 1, rot) zu erzeugen.

Grundsätzlich sollten alle Ele- mente metallisch werden, wenn die Wellen funktionen der Atomelek- tronen bei hohem Druck stark überlappen. Für Wasserstoff gilt das bei einem mittleren Atomabstand, der kleiner als der zweifache Bohr- Radius ist. Im Vergleich zu festem molekularen Wasserstoff bei Um- gebungsdruck und tiefen Tempe- raturen müssen die Atome viermal näher zueinander rücken. Für diese Kompression ist ein sehr großer Druck nötig.

Range Dias und Isaac Silvera von der Harvard University ist es kürzlich mithilfe einer Diamant- stempelzelle gelungen [3] (Abb. 2), einen Durck von 5 Mbar zu erzeu-

30 µm kleinen Drucktischen an den Spitzen und richteten diese genau parallel und konzentrisch aus. Um die Diffusion von Wasserstoff in die Diamanten zu reduzieren, hielten die Physiker die Diamantdruckzelle bei tiefen Temperaturen. Damit erreichten sie einen Druck von 5 Mbar und drangen in den Bereich vor, in dem eine metallische atoma- re Wasserstoffphase erwartet wird.

Dias und Silvera füllten flüssigen Wasserstoff bei 20 K in den Proben- raum in der Mitte des Dichtrings und erzeugten die feste Probe erst unter Druck. Sie fotografierten die 10 µm große und 1,2 µm dicke Was- serstoffprobe durch die Diamanten der Druckzelle (Abb. 3). Bei 2 Mbar ist der molekulare Wasserstoff transparent, was auf einen Isolator mit Bandlücke oberhalb des opti- schen Bereichs schließen lässt. Bei 4 Mbar zeigt sich der feste mole- kulare Wasserstoff undurchsichtig und schwarz: Die Bandlücke ist hier unter den optischen Bereich abge- fallen, sodass die Probe alles Licht absorbiert. Bei 5 Mbar erscheint die Probe metallisch reflektierend – ihre Reflektivität ist sogar höher als die des umgebenden Dichtrings aus gen [4]. Damit die Diamanten unter

dem enormen Druck nicht brechen, führten sie eine aufwändige Proze- dur durch, um die Anzahl der Schwachstellen zu reduzieren. Sie entfernten Oberflächenschäden durch Ätzen und heilten Span- nungen in den Diamanten im Hochva kuum bei hohen Tempera- turen aus. Außerdem schliffen sie sehr präzise konische Stempel mit

Metall oder nicht Metall?

Wasserstoff reflektiert Licht bei einem Druck von 5 Mbar – der eindeutige Nachweis einer metallischen Phase ist das aber noch nicht.

Abb. 1 Das Phasendiagramm von Was- serstoff basiert unterhalb 2 Mbar auf ex- perimentellen Daten und oberhalb auf Berechnungen. Phasengrenzen (Linien) und kritische Endpunkte (Kreise) sind al- so mit Unsicherheiten verbunden, die

besonders hoch sind beim Übergang von molekularem zu atomarem Wasser- stoff (kariert). Komprimiert man flüs- sigen Wasserstoff bei tiefen Tempera- turen, kann metallischer Wasserstoff ent- stehen (Pfeil).

a

b

Temperatur in K

Druck H2 flüssig

flüssig

H2 fest H fest

H2 gasförmig

H flüssig

transparent

2 Mbar 4 Mbar 5 Mbar

undurchsichtig reflektierend

transparent

2 Mbar 4 Mbar 5 Mbar

undurchsichtig reflektierend

1000

100

10

1 bar 1 kbar 1 Mbar 1 Gbar

nach [2]

Dr. Sven Friede- mann, HH Wills Physics Laboratory, University of Bristol, Tyndall Avenue, Bristol BS8 1T, UK

K U R Z G E FA S S T

Speicherbits aus einzelnen Atomen Kürzlich ist es erstmals gelungen, mit nur zwei Atomen vier Zustände zu speichern – dichter lässt sich Informa- tion nicht packen! Dazu wurden ein- zelne Holmium-Atome auf ein Magne- siumoxid-Substrat aufgebracht und auf 1,2 K gekühlt. Zum Schreiben kam ein Rastertunnelmikroskop zum Ein- satz, während das Auslesen fünf Stun- den später über den magnetischen Tunnelwiderstand erfolgte. Für diesen Zeitraum blieb die Information auf- grund der langen magnetischen Rela- xationszeit erhalten. Für die Anwen- dung als hochdichtes magnetisches Speichermedium muss die Methode mit mehr Ho-Atomen funktionieren und technisch einfacher werden.

F. D. Natterer et al., Nature 543, 226 (2017)

Dichteloch im Kern

Das Isotop 34Si (T1/2 = 2,77 s) besitzt ei- nen doppelt magischen Kern aus 20 Neutronen und 14 Protonen. Aufgrund des großen Unterschieds sagen einige Kernmodelle eine äußerst geringe Pro- tonendichte im Zentrum des Kerns vorher. Einer internationalen Kollabo- ration ist es gelungen, dieses „Dichte- loch“ indirekt mittels Gammaspektro- skopie nachzuweisen. Dazu erzeugten sie aus einem 34Si-Strahl mit einer Pro- tonen-Knockout-Reaktion das Isotop

33Al. Aus dessen Gammaspektrum und dem Bahndrehimpuls des emittierten Protons schlossen sie auf die Dichte- verteilung der Protonen in 34Si. Das

„Dichteloch“ ermöglicht eine erhöhte Kompressibilität der Kernmaterie.

A. Mutschler et al., Nat. Phys. 13, 152 (2017)

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B R E N N P U N K T

© 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 16 (2017) Nr. 4 19 Rheniummetall. Diese Aufnahme

ist sehr faszinierend, aber bisher der einzige Beleg, dass bei 5 Mbar metallischer Wasserstoff vorliegen könnte. Daneben gibt es kaum wei- tere Daten – Kontrollmessungen und Wiederholungen fehlen. Die Reflektivität wurde nur für Licht in einem schmalen Frequenzbereich gemessen: Weder der für Metalle charakteristische Abfall der Reflek- tivität oberhalb der Plasma frequenz noch ihr charakteristischer Anstieg bei niedrigen Frequenzen konnte untersucht werden. Daher sind wei- tere Messungen notwendig, um die umstrittene Schlussfolgerung der Forscher zu bestätigen.

Zunächst gilt es, mit Raman- Spektroskopie festzustellen, ob Wasserstoff bei 5 Mbar und tiefen Temperaturen tatsächlich fest ist.

Weitaus schwieriger gestaltet sich der eindeutige Nachweis metal- lischen Wasserstoffs mittels elek- trischer Widerstandsmessungen:

Metal le besitzen geringe Wider- stände, die mit sinkender Tempera- tur abnehmen. Um den Widerstand zu messen, sind wenige µm-große Kontakte an der Probe nötig, die zwischen den Diamanten und dem Dichtring nach außen führen.

Hinzu kommt eine hochfeste Iso- lation des Dichtrings. Bereits 2011 wurde eine starke Abnahme des Widerstands von Wasserstoff knapp unterhalb von 3 Mbar beobachtet [5]. Allerdings war der Widerstand

noch zu hoch für ein Metall und zeigte auch nicht die erwartete Ab- nahme zu tiefen Temperaturen.

Mit Widerstandsmessungen können auch die Berechnungen zur Supraleitung von Wasserstoff über- prüft werden, die bei einem Druck von 5 Mbar eine Sprungtemperatur von über 300 K vorhersagen [2].

Bisher gelang es, Supraleitung mit einer Sprungtemperatur von 200 K bei 1,5 Mbar in Schwefel wasserstoff nachzuweisen. Bei diesem Druck dissoziiert der Schwefel wasserstoff zu H3S und Schwefel, und die besonderen Eigenschaften des Wasser stoffs ermöglichen die Supra leitung [6].

Metallischer Wasserstoff ist aber nicht nur ein Kandidat für Supra- leitung bei Raumtemperatur. Die Hochdruckphasen von Wasserstoff und damit die genaue und voll- ständige Kenntnis des Phasendia- gramms von Wasserstoff sind in der Fusions forschung ebenso wichtig wie in Astronomie und Planeto- logie. Gleichzeitig erlaubt es der einfache Aufbau des Wasserstoff- atoms, grundlegende theoretische Konzepte und Modelle zu entwi- ckeln. Für das freie Wasserstoff- atom als Einteilchenproblem des Elektrons im Coulomb-Potential des Protons gibt es eine exakte Lö- sung. Auch die Hochdruckphasen lassen sich mit dem ungeschirm- ten Coulomb-Potential der Kerne als Ausgangspunkt berechnen.

Allerdings sind die quantenmecha- nischen Zustände des Protons bei hohen Drücken zu berücksichtigen.

Daher steht noch nicht fest, wie die Kristallstruktur von festem atoma-

ren Wasserstoff aussieht und ob Wasserstoff womöglich am absolu- ten Nullpunkt flüssig vorliegt.

Für technische Anwendungen z. B. als Supraleiter müsste metal- lischer Wasserstoff einen meta- stabilen Zustand besitzen. Wie bei Diamant könnte sich dieser unter hohem Druck bilden und bis Atmo- sphärendruck stabil bleiben. Wäh- rend einzelne Rechnungen meta- stabile Zustände in Wasserstoff vor- hersagen, fanden Dias und Silvera nach dem ermüdungs bedingten Bruch der Diamantdruckzelle keinen metallischen Wasserstoff.

Dennoch bleibt die Hoffnung, dass dies durch einen kontrollierten Druckablass gelingt. Dann könnten Raumtemperatur-Supraleiter Reali- tät werden – ein Grund, die nächs- ten, schwierigen Schritte für die Untersuchung von Wasserstoff bei extrem hohen Druck in Angriff zu nehmen.

Sven Friedemann [1] E. Wigner und H. B. Huntington,

J. Chem. Phys. 3, 764 (1935)

[2] J. M. McMahon, et al., Rev. Mod. Phys.

84, 1607 (2012)

[3] F. M. Grosche, Physik Journal, Februar 2016, S. 29

[4] R. P. Dias und I. F. Silvera, Science 355, 1579 (2017)

[5] M. I. Eremets und I. A. Troyan, Nat. Ma- ter. 10, 927 (2011)

[6] A. P. Drozdov et al., Nature 525, 73 (2015); R. Hackl und B. Büchner, Physik Journal, November 2015, S. 22 Abb. 2 Diamantdruckzellen ermöglichen

es, höchsten Druck bis zu mehreren Mbar zu erzeugen. Dabei sorgt die große Härte der Diamanten dafür, die Kraft auf die kleine Fläche der Stempeltische an den abgeflachten Spitzen zu konzentrieren.

Im Zentrum des metallischen Dichtrings ist der Druck am höchsten.

a

~3,5 mm

Stempel (z. B. Diamant)

Dichtring Probe

50 μm

~3,5 mm

Stempel (z. B. Diamant)

Dichtring Probe

aus [3]

Abb. 3 Die Wasserstoffprobe ist bei 2 Mbar transpa- rent und bei 4 Mbar undurchsichtig. Das Reflektie- ren bei 5 Mbar wird als Nachweis der festen, metal-

lischen Phase gewertet. Die Wasserstoffprobe hat einen Durchmesser von etwa 10 µm und ist unge- fähr 1,2 µm dick.

a

b

Temperatur in K

Druck H2 flüssig

flüssig

H2 fest H fest

H2 gasförmig

H flüssig

transparent

2 Mbar 4 Mbar 5 Mbar

undurchsichtig reflektierend

transparent

2 Mbar 4 Mbar 5 Mbar

undurchsichtig reflektierend

1000

100

10

1 bar 1 kbar 1 Mbar 1 Gbar

nach [4]

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