DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
D
r. Detlef Balzer ärgert sich darüber, daß Vertreter der Ärzteschaft Gehör beim Bundeskanzler gefunden ha- ben. Der Ärger ist verzeihlich, denn Balzer, der im Vorstand dus Bundesverbandes der Orts- krankenkassen die Arbeitge- berinteressen vertritt, mag in dem Kanzlergespräch einen Konkurrenzvorteil einer kon- kurrierenden Gruppe sehen.Bei einer Pressekonferenz an- läßlich der Vertreterversamm- lung seines Verbandes arg- wöhnte Dr. Balzer, die Ärzte wollten „offenkundig den Herrn Bundeskanzler zum An- walt ihrer Interessen machen".
Es sei „höchst befremdlich, daß Bundeskanzler und Ärztever- treter offenkundig zu Allein- gängen entschlossen sind". Da wird also in ein Gespräch, bei dem der Bundeskanzler ein ob- jektiver Zuhörer gewesen ist, finstere Komplizenschaft hin- eingeheimnist! Das ist schon böswillig.
Der AOK-Verband hat einen vorgeschobenen und einen echten Grund, die Sache derart zu verzerren. Balzer spricht da- von, der „Alleingang" berge die Gefahr, daß die Konzertier- te Aktion als gemeinsame Plattform aller am Gesund-
Härtere Gangart
heitswesen Beteiligten funk- tionsunfähig werde. Krokodils- tränen! Denn der Verband hat andererseits gar nichts dage- gen, daß der Bundesarbeitsmi- nister ein gesundheitspoliti- sches Konzept allein mit den
„Sozialpartnern" entwickelt (und erst das so verabredete Pro- dukt mit den übrigen Beteilig- ten abstimmen will). Ein solches Vorgehen, das die Konzertierte Aktion nun tatsächlich gefähr- det, wird von Balzer sogar aus- drücklich begrüßt. Und nun
wird auch sein Ärger wirklich verständlich: „Alleingänge"
anderer würden die sozialpart- nerschaftlichen Kreise stören.
Es mag sein, daß sich „Sozial- partner" gelegentlich so vor- kommen, als gehöre ihnen der soziale Sektor des Staates.
Doch die ständestaatlichen Zei- ten sollten vorbei sein. Unzeit- gemäße Alleingänge der „So- zialpartner" gefährden nicht nur die Konzertierte Aktion.
as speziell die Ärzte zu erwarten haben, wenn die „Sozialpartner" be- stimmen, was Gesundheitspoli- tik ist, das offenbarte dieser Ta- ge wieder einmal Gerd Muhr vom DGB. Unverfroren be- schuldigt er die Ärzte der Selbstbedienungsmentalität; er fordert die Krankenkassen auf, gegenüber den Ärzten eine härtere Gangart einzulegen.
Der Gesetzgeber möge die ge- eigneten Vorkehrungen tref- fen, rät der „Sozialpartner". NJ
Inhaltsverzeichnis 50
Aktuelle Politik
Medizinische Großgeräte:
„Steuerung" nicht
unter staatlicher Kuratel! 3723 Nachrichten
Aus Bund und Ländern: Psychologen for- dern vollen Zugang zur Heilkunde — Großer Andrang auf Studienplätze — Uni-Abteilung für Allgemeinmedizin — Fünf Jahre Care Deutschland — Geriatrie und Geron- tologie: Mehr Lehrstühle! — Anrechnungs- modell astrein? — Jugend — Gesund in die Zukunft — 700 Tage Warten auf Spendernie- re — Spaltbildungen: Elterninformation — Aus der DDR: „Unter häuslichen Bedingun- gen" — Ausland: Selbstbeteiligung wird
erhöht 3725, 3726
Kurzberichte
Studentenberg ist nur langsam abzutragen
— Nachholbedarf bei der Klinischen Phar-
makologie 3727
Auf zur Fortbildung 1985! 3728, 3729 Die Internationalen Fortbildungskongresse
der Bundesärztekammer Der Kommentar
Zweite Liste der analogen Bewertungen — Praxisphase: KVen sollen Zusagen konkre- tisieren — Nachholbedarf 3730, 3731 Tagungsbericht
Niedergelassene stellen sich
den Herausforderungen 3732
NVA-Bundeshauptversammlung fordert zur aktiven Strukturpolitik auf
Dr. rer. pol. Harald Clade
Themen der Zeit
Ausbildung und Berufsaussichten
der Arzthelferinnen 3734
Hening Bau
Blick über die Grenzen Medizintechnik —
Okonomie vor Therapie? 3736
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 50 vom 12. Dezember 1984 (1) 3709