• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Handschrittmacher: Wie Gelähmte ohne fremde Hilfe essen und trinken" (28.04.2000)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Handschrittmacher: Wie Gelähmte ohne fremde Hilfe essen und trinken" (28.04.2000)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

in elektronischer Handschritt- macher ermöglicht es tetraple- gischen Patienten mit einer Lähmung unterhalb C5, wieder Be- wegungsfunktionen einer Hand und der Finger zu erlangen. Damit kön- nen Grundfunktionen wie selbststän- dig essen, trinken oder schreiben be- herrscht werden. Das Freehand-Sy- stem – in Cleveland/Ohio entwickelt und weltweit bislang 130-mal einge- setzt – wurde an der Orthopädischen Universitätsklinik in Heidelberg vor 14 Monaten erstmals implantiert – mit ausgezeichneten funktionellen Erfol- gen. Vor kurzem wurde es dort erneut einem 39-jährigen tetraplegischen Patienten mit Lähmungen un- terhalb des Segments C5/6 im- plantiert. In der Werner-Wicker- Klinik in Bad Wildungen sind bislang ebenfalls zwei sol- che Eingriffe vorge- nommen worden.

Prof. Dr. Hans- Jürgen Gerner, Vor- standsvorsitzender der

Heidelberger Klinik, sieht in die- sem System gegenüber den bis- lang nur experimentell eingesetz- ten myeloelektrischen Verfahren den Vorteil, dass es für die Patien- ten „einen gewissen Komfort“

bietet, da es weitgehend unter der Haut liegt und die Elektrodensy- steme permanent einsatzfähig sind.

Das Prinzip: Ein Muskelschritt- macher, Elektroden und Leitungen werden implantiert und durch eine ex- terne Steuereinheit aktiviert und ge- lenkt. Ausgelöst durch Schulterbewe- gungen, sendet dieses am Rollstuhl an- gebrachte elektronische Steuerungs- system über eine Induktionsspule, die im Brustbereich auf die Haut aufge-

klebt wird, Impulse an einen Schritt- macher, der in der Brustwand implan- tiert ist. Diese werden über Leitungen an die Elektroden in die entsprechen- den Muskeln weitergeleitet und füh- ren zu bestimmten Bewegungsmu- stern wie zum Beispiel dem Öffnen und Schließen der Hand und dem Beugen der Finger und des Daumens mit der Wirkung, dass ein Gegenstand ergriffen und gehalten werden kann.

Acht Elektroden werden einge- pflanzt, davon dienen allein vier für die Daumenfunktion, die übrigen der Langfinger- und Handgelenksbeweg- lichkeit. Für jeden Patienten wird je

nach Lähmungszustand und Innervie- rungsgrad der Muskeln ein indivi- duelles Elektrodenschema verwendet.

Das Zusammenspiel der einzelnen Elektroden wird durch ein Computer- programm gesteuert, die Parameter hierfür werden individuell eingestellt.

Vor der Implantation dieses Sy- stems ist eine sorgfältige Präparation

nötig. So müssen die zur Stimulation anstehenden Muskeln mittels perku- taner Muskelstimulation bereits Wo- chen vor dem Eingriff auftrainiert werden. Die Operation selbst ist zeit- aufwendig, denn es gilt, intraoperativ jeden mit Elektroden zu versorgen- den Muskel auf seine optimale Funk- tion hin zu prüfen. Der Eingriff dauert bis zu acht Stunden.

Prof. Gerner und sein Oberarzt Privatdozent Dr. Bernd Fromm beto- nen, dass für den Patienten die Arbeit nach der Operation beginne: Ihm müsse es nämlich in Fleisch und Blut übergehen, bestimmte Bewegungsab- läufe der Muskeln durch entsprechen- de Bewegungen der gegenseitigen Schulter auszulösen und zu kontrol- lieren. Schulter heben heißt hier beispielsweise Hand öffnen, Schulter senken bedeutet Hand schließen, Schulter nach vorne signalisiert Hand arretieren und Schulter zurück, diese wieder zu öffnen.

„Die Bewegungen sind nicht groß und fallen bei Geübten unter der Klei- dung kaum auf“, so Fromm. Bis es aber so weit ist, muss ein mühsames Trai- ningsprogramm absolviert werden. Täg- lich zwei bis drei Stunden heißt es Löf- fel fassen, anheben, zum Mund führen, Becher greifen und wieder absetzen.

Wie hart das Training ist, bekam der erste „Freehand- Patient“ in Deutsch- land, ein damals 34- jähriger Speditions- kaufmann, der seit ei- nem Badeunfall im Jahre 1997 vom fünf- ten Halswirbel ab- wärts gelähmt ist, täglich zu spüren.

Doch die Mühen ha- ben sich gelohnt. Ein Jahr nach dem auf- wendigen Eingriff übt er seinen Beruf als Speditionskaufmann wieder voll aus.

Er kann sein Telefon wieder bedienen und selbstständig schreiben. Grund- funktionen wie Zähneputzen, ein Glas zum Mund führen und mit dem Löffel oder der Gabel essen sind ihm, der vor der Implantation des Systems für diese Funktionen auf fremde Hilfe angewie- sen war, nun eigenständig möglich.

A-1116 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 17, 28. April 2000

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Handschrittmacher

Wie Gelähmte ohne fremde Hilfe essen und trinken

Tetraplegische Patienten mit einer Lähmung unterhalb von C5 können mit Hilfe des „Freehand-Systems“ wieder Grundfunktionen des täglichen Lebens ausüben.

E

Implantierte Freehand- Komponenten

Schrittmacher (Stimulator) Elektroden

Leitungen

Externe Freehand- Komponenten

Bewegungsmelder (Sensor) Steuer-Einheit

Aktivierungs-Elektroden

Rückmelde-Elektrode

Leitungen Implantierter Schrittmacher Antenne zur Übermittlung von Steuerimpulsen und Energie

Sensor

Externe Steuereinheit

Außengesteuerte Bewegungsimpulse ermöglichen Querschnittgelähmten den Gebrauch einer Hand. Grafik: NeuroControl Corporation

(2)

A-1117

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 17, 28. April 2000 Nicht nur eiserner Trainingswille,

eine gesunde Psyche und Intelligenz sind Voraussetzungen, damit dieses Sy- stem sinnvoll genutzt werden kann.

Auch unter medizinischen Aspekten wird die Indikation streng gestellt. So muss das Schultergelenk stabilisiert und aktiv bewegt werden können. Eine gute Muskelfunktion im C5-Segment ist wesentliche Voraussetzung, und Teil- funktionen im C6-Segment sind wün- schenswert. Eine weitere Prämisse: Die zu stimulierenden Muskeln müssen noch eine Verbindung zum Rücken- mark haben. Auch wenn sie unterhalb der Lähmungsebene liegen und nicht mehr dem Willen unterworfen sind, müssen sie noch „innerviert“ sein.

„Der ideale Einsatzbereich“ für dieses System ist nach Gerner eine Lähmung im Bereich C5/C6. Genau in dieser Höhe liegen auch die meisten Halswirbelverletzungen. Von den 1 500 frischen Querschnittlähmungen, die jährlich in den Zentren in Deutsch-

land aufgenommen werden, sind 40 Prozent Tetraplegien und davon wie- derum zwei Drittel im Bereich zwi- schen C4 und C6 angesiedelt. Für

diese Patienten bietet das Freehand- System unter bestimmten Vorausset- zungen einen enormen Gewinn an Le- bensqualität. Um den Erfolg des Sy- stems zu optimieren, können – wie es bei den beiden Heidelberger Patien- ten getan wurde – zusätzliche Muskel- transfers vorgenommen werden. Da- bei werden die Muskeln, die noch aktiv innerviert sind, umgesetzt, um

zumindest zu Teilen die Funktionen der ausgefallenen Muskeln zu über- nehmen. So wurde bei dem jüngst operierten Patienten eine Umsetzung des M. biceps und des M. bra- chioradialis vorgenommen.

Seit seiner offiziellen Einführung im Jahre 1997 wird das Freehand-System in- zwischen in zehn Ländern eingesetzt. Die meisten Er- fahrungen liegen in den USA und England vor. Dort haben sich die Heidelberger Or- thopäden auch überzeugen können, dass die Bewegungskontrolle des Freehand-Systems mit der Schul- ter tatsächlich in Fleisch und Blut übergeht und für die Patienten einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität bringen kann. Somit sehen sie den Einsatz des rund 50 000 Mark teuren Systems für jene Patienten, die es nut- zen wollen und können, als gerecht- fertigt an. Ingeborg Bördlein MEDIZINREPORT

Vier Elekroden dienen der Funktion der Daumen, vier der Be- weglichkeit der Langfinger und des Handgelenks. Foto: Prof. Gerner

Unter Wissenschaftlern wird der- zeit ein neuer und viel versprechender Ansatz der Suchttherapie diskutiert.

Hierbei wird das Suchtgedächtnis pharmakologisch „gelöscht“ und ge- wissermaßen neu programmiert.

Während bisherige Therapien an den Symptomen der Sucht ansetzen, soll eine Suchterkrankung auf diese Weise kausal behandelbar sein. Der Vorteil:

Der Patient hat kein Verlangen mehr nach der Droge. Dies wäre entschei- dend, denn auch nach erfolgreicher Abstinenztherapie bleibt die Drogen- gier, die eine permanente Rückfallge- fahr in sich birgt, meist erhalten.

Auf der 13. Wissenschaftlichen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V. in Würzburg stellte der Berliner Neurobiologe Dr. Jochen Wolff- gramm seine „Rückprägungstheorie“

vor. Gemeinsam mit Dr. Andrea Heyne war es ihm gelungen, bei opiatsüchtigen Ratten durch Gabe von Corticocoiden eine erneute Prä- gung des Suchtgedächtnisses zu indu-

zieren und dann durch eine gezielte Kombination mit einem Opiat fortzu- führen. Wie bei einem Computerspei- cher werde das bestehende Suchtge- dächtnis gelöscht und mit neuen Ein- tragungen überschrieben, so Heyne.

Wäre das Modell auf den Men- schen übertragbar, würde das Rück- prägungskonzept eine neue Ära in der Opiattherapie einleiten. Diese Frage ist freilich gegenwärtig noch offen.

Nicht zuletzt deshalb werde der Therapieansatz von Wolfgramm und Heyne unter den Experten kontro- vers diskutiert, erklärte Rolf Hülling- horst, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. Mit Spannung sehe man den Ergebnissen der klinischen Prüfung entgegen.

Auch Heyne warnt vor zu großen Erwartungen: „Wir können zum jetzi- gen Zeitpunkt noch nicht sagen, dass das Verfahren ohne Modifikation beim Menschen funktioniert.“ Ver- mutlich müsse es durch Feinabstim- mungen noch optimiert werden. Der-

zeit wird das patentierte Therapie- konzept in Einzelfallstudien an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Tübingen erprobt.

In diese erste klinische Untersuchung sind 25 Heroinabhängige einbezogen.

Die gesamte Therapie findet voll- stationär statt: Einer zwei- bis drei- wöchigen Entgiftungsphase folgt die dreiwöchige Rückprägungsbehand- lung. Verabreicht wird in der ersten Woche ein hoch dosiertes Corticoid;

in der zweiten Woche wird dazu in ei- nem festen Rhythmus ein (individuell dosiertes) Opioid gegeben. In der dritten Woche erfolgt die alleinige Gabe des Opioids. Nach einer weite- ren 14-tägigen Entzugsphase kann der Patient entlassen werden.

Allein gelassen wird der Drogen- patient dann jedoch nicht: Eine Kon- trollzeit von 12 bis 24 Monaten, inklu- sive Drogenscreening, ist ebenso vor- gesehen wie begleitende verhaltens- therapeutische Maßnahmen. Mit die- ser Kombination könnte, so hofft Heyne, der Weg geebnet werden, der zur Heilung der Suchterkrankung führt. Eine zweite klinische Studie ist für August an der Bayerischen Julius- Maximilians-Universität Würzburg geplant. Dr. med. Eva A. Richter

Ansatz für eine kausale Therapie der

Suchterkrankung gefunden

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Event-Catering im Roeders: Das Roeders bietet den perfekten Rahmen für be sondere Anlässe – für Traumhochzeit, Ge schäfts- essen, Konferenz, Sommerfest, Weih nachts- feier

Salami & Käse, Kochschinken & Käse, Ei & Tomate, Türkischer Knoblauchwurst, Räucherlachs oder Gorgonzola (Mehrkornbrötchen 0,30 € Aufpreis). CROISSANT MIT BUTTER

1.3 Die Buchung erfolgt durch den Kunden auch für alle in der Buchung mit aufgeführten Personen, für deren Vertragsverpfl ichtungen der Kunde wie für seine eigenen Verpfl

keeps beverages warm for up to 3 hours convenient lid with sip opening high quality 304 stainless steel double wall capacity: 500 ml (14.2 oz) hand wash recommended / not suitable

Genießen Sie in unserem bedienten Wirtsgarten oder unserem Wirtshaus die Wiesnzeit mit all dem, was an Lebensgefühl für uns so dazugehört: Schöne Trachten, gute Musik, Schmankerl aus

Eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur für die körperliche Gesundheit des Demenzkranken wichtig. Essen und Trinken bedeutet auch ein Stück Lebensqualität, Sicherheit

Fette und Öle liefern essenzielle Fettsäuren und sind Träger der fettlöslichen Vitamine. Neben diesen wich- tigen Funktionen kann zu viel und vor allem „das falsche“ Fett

portion butter oder marmelade oder honig oder nutella H2,G brötchen oder baguette A1. körnerbrötchen A1,H4 ein gekochtes ei