Mit mehr Milch zu geringeren Gesundheitskosten
Alexandra Schmid, Robert Sieber
Agroscope Liebefeld-Posieux, Eidgenössische Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft (ALP), Bern
Die Folgen des Übergewichts wird das Schweizerische Gesundheitssystem in Zukunft finanziell stark belasten.
Nach einer Auswertung verschiedener Studien könnten durch eine Erhöhung des Konsums von Milch und Milchprodukten von heute 2 bis 3 auf 3 bis 4 Gesundheitskosten eingespart werden.
Laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002 weisen in der Schweiz ca. 2,2 Millionen Personen über 15 Jahren einen Body Mass-Index von mehr als 25 auf (1). Das sind fast 40 % dieser Altersgruppe und die Tendenz ist steigend. Auf Grund einer im Jahre 2000 erschienenen Studie der ETH Zürich sind bereits 20 % der Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren übergewichtig (2). Die weiteren Aussichten sind pessimistisch. Nach einer vom Bundesamt für
Gesundheit (BAG) in Auftrag gegebenen Studie zu den Gesundheitskosten, die durch diese steigende Anzahl übergewichtiger Personen in der Schweiz entstehen, werden durch Übergewicht jährliche Kosten von 2,7 Milliarden Franken verursacht (3,4). Diese Kosten beinhalten sowohl die Behandlungskosten des Übergewichts selber,
anteilsmässig die Behandlungskosten von Folgekrankheiten, die auf Übergewicht zurückzuführen sind, als auch die so genannten indirekten Kosten (Produktivitätsverluste).
Situation in den USA
Mit einer solchen Situation sieht sich nicht nur das schweizerische Gesundheitswesen, sondern auch dasjenige anderer westlicher Länder konfrontiert. In den USA betragen nach McCarron und Heaney (5) die jährlichen direkten
Gesundheitskosten verschiedener Krankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Hirnschlag, koronare Herzkrankheiten, Diabetes, Osteoporose, Nierensteine, Dickdarmkrebs 264 Milliarden $ und von Übergewicht allein 61 Mrd $. Zur Frage, ob durch einen erhöhten Verzehr von Milch und Milchprodukten sowie von Kalzium die Gesundheitskosten dieser Krankheiten reduziert werden könnten, haben diese Autoren insgesamt 33 Studien aus den letzten beiden Jahrzehnten ausgewertet. Gemäss den erhaltenen Resultaten könnte das Erkrankungsrisiko bei einem Konsum von 3 bis 4 Portionen (entsprechend einer täglichen Zufuhr von 1100 bis 1400 mg Kalzium) anstelle der bisher üblichen 2 bis 3 Portionen Milch und Milchprodukte bei den untersuchten Krankheiten um 50% reduziert werden. Basierend auf einem konservativen Ansatz schätzten die Autoren gesamthaft eine Kostenersparnis von 26 Mrd $ im ersten Jahr und von 209 Mrden $ nach 5 Jahren, was im ersten Jahre einer 10%igen Reduktion der Kosten und nach 5 Jahren von über 15%
entspräche.
Lassen sich diese Resultate auf schweizerische Verhältnisse übertragen?
Nach den Berechnungen der Milchstatistik (6) verbrauchte im Jahre 2002 der schweizerische Durchschnittsverbraucher 283 g Milch und Joghurt, sowie 54 g Käse. Das entspricht insgesamt 2,6 Portionen. Im Vergleich zu 2,1 Portionen Milch und Milchprodukte in Amerika sieht die Situation in der Schweiz etwas besser aus. Nach dem Fünften Schweizerischen Ernährungsbericht (7) werden in der Schweiz über den Verbrauch von Lebensmitteln etwa 1150 mg Kalzium, davon etwa 70 % aus Milch und Milchprodukten, aufgenommen. Auf Grund dieser Betrachtungen könnte auch in der Schweiz durch eine Erhöhung auf 3 bis 4 Portionen Milch und Milchprodukte ein nicht unwesentlicher Beitrag zur Senkung der Gesundheitskosten erzielt werden. Ein erster Schritt wurde in dieser Hinsicht mit der Publikation der neuen
Lebensmittelpyramide getan, in der ein Konsum von 3 Portionen Milch und Milchprodukten empfohlen wird (8). Für alle Personen, die sich fettarm ernähren wollen, steht eine Palette an fettreduzierten Milchprodukten zur Verfügung.
Literatur
1. Calmonte R., Galatai-Petrecca M., Lieberherr R., Neuhaus M., Kahlmeier S.: Gesundheit und Gesundheitsverhalten in der Schweiz 1992-2002. Schweizerische Gesundheitsbefragung. Bundesamt für Statistik, 2005
2. Zimmermann M.B., Hess S.Y., Hurrell R.F. A national study of the prevalence of overweight and obesity in 6-12 y-old Swiss children: body mass index, body-weight perceptions and goals. Eur. J. Clin. Nutr. 54, 568-572 (2000)
3. Schneider H., Schmid A. Die Kosten der Adipositas in der Schweiz. Schlussbericht zu Handen Bundesamt für Gesundheit, Bern 2004, http://wwwe-
bag.root.admin.ch/verbrau/d/Die%20Kosten%20der%20Adipositas%20in%20der%20Schweiz1.pdf.
4. Schmid A., Schneider H., Golay A., Keller U. Economic burden of obesity and its comorbidities in Switzerland. Sozial- und Präventivmed. 50, 87-94 (2005)
5. McCarron D.A., Heaney R.P.: Estimated healthcare savings associated with adequate dairy food intake. Am. J.
Hypertens. 17, 88-97, 2004
6. NN. Milchstatistik der Schweiz 2003. Statistische Schriften Nr. 177 (2004).
7. Camenzind-Frey E., Sutter-Leuzinger A., Schmid A., Sieber R.: Beurteilung des Verbrauchs an Nahrungsenergie und Nährstoffen. In Eichholzer M., Camenzind-Frey E., Matzke A., Amado R. et al.: Fünfter Schweizerischer
Ernährungsbericht 51-70 (2005)
8. NN. Lebensmittelpyramide. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung, Bern (2005). http://www.sge- ssn.ch/d/navigation_header/lebensmittelpyramide/food_pyramid_details.html