784 Notizen
Grevillin D , der H auptfarbstoff von S u illu s g r a n u la tu s , S. lu te u s und S. p l a c id u s
(Boletales)
Pigments of Fungi, X X I I 1
Grevillin D, the Main Pigment of Suillus granu
latus, S. luteus and S. placidus (Boletales) Helmut Besl, Ilona Michler, Regina Preuß
und Wolfgang Steglich
Organisch-Chemisches Institut der Technischen U niversität Berlin
(Z. Naturforsch. 29 c» 784 — 786 [1974] ; eingegangen am 7. Juli 1974)
G revillins, NM R Solvent Shift, S u illu s, B oletales The new pyrone derivative grevillin D (3) has been iso lated from several S u illu s species. Its structure has been established by spectral data, taking advantage of large pyri
dine solvent shifts in the ^ - N M R spectrum . 3 may be derived b iogen etically from grevillin B (1) via an oxidative rearrangement.
Die Lärchenröhrlinge Suillus grevillei und S.
tridentinus verdanken ihre gelbe Farbe den Grevil- linen A, B und C 2. In einer sorgfältigen chemo- taxonomischen Untersuchung konnte B resinsky3 zeigen, daß für S. granulatus, S. luteus, S. placidus, S. flavidus und S. sibiricus — sämtlich Angehörige der Sektion Suillus — ein weiteres mit konz. Schwe
felsäure lila verfärbendes Pigment charakteristisch ist, das Grevillin D genannt werden soll.
Zur Isolierung des Farbstoffs wurden tiefgefro
rene Fruchtkörper von S. granulatus (L. ex Fr.) 0 . K untze4 unter Aceton zerkleinert, das etwas Salz
säure enthielt. Nach Einengen am Rotavapor schüt
telte man den wäßrigen Rückstand mit Essigester aus, trocknete die intensiv gelben Extrakte und dampfte sie ein. Zur Chrom atographie wurde in Aceton aufgenommen, von ausgefallener F um ar
säure abfiltriert und auf eine Säule von MN-Poly- amid SC 6-Ac (Macherey und Nagel, Düren) ge
geben. Aceton eluierte nacheinander einen lipophilen Vorlauf. Fum arsäure und Grevillin B 1 (Ausbeute 5 - 1 0 _4% ), in jeder Beziehung identisch mit dem authentischen P ig m en t2. Zum Ablösen der gelben Grevillin-D-Zone wurde dem Laufmittel etwas Me
thanol zugesetzt. Rechromatographie ergab reines Grevillin D (Ausbeute 5 - \ 0 ~ 3%) in Form orange
roter Kriställchen, die sich oberhalb von 180c ohne definierten Schmelzpunkt zersetzten. Auf die gleiche Weise wurde die Verbindung aus S. luteus (L. ex
Pilzpigm ente, X X I I 1
Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. W . Steglich, Or
ganisch-Chemisches Institut der Technischen U niversität Berlin, D -1000 Berlin 12, Straße des 17. Juni 135.
F r.) S. F. Gray (neben Grevillin B) und S. p la
cidus (Bon.) Sing. (neben Grevillin B und C) iso
liert 4.
Es empfiehlt sich, das so gewonnene Grevillin D ohne weitere M anipulationen für spektroskopische und chemische Untersuchungen einzusetzen, da es bereits beim Stehen in Lösungsmitteln oder beim Versuch der Um kristallisation in Folgeprodukte übergeht, von denen ein in Methanol schwerlösliches rotes A nhydroderivat näher charakterisiert wurde (M+: m /e 338; UV (M ethanol): Amax = 282, 450 nm ; + Lauge Amax = 584 n m ). Anhydrogrevillin D ist dünnschichtchromatographisch schon im Pilzroh
extrakt nachw eisbar5. Es erschwerte bei einigen A ufarbeitungen die chromatographische Reinigung von Grevillin D.
Sowohl die UV- und IR-Spektren als auch die intensiv lila Farbreaktion mit konz. Schwefelsäure sprechen dafür, daß Grevillin D ein 6-Benzyliden-3- (oder 5 ) -hydroxy-dihydropyran-2.5 (oder 2.3)-dion- System e rh ä lt2- 6. Nach dem Massenspektrum des Pentaacetates (M+: m /e 566) 8 besitzt der Farbstoff die Summenformel C18H 1;X)8, ist also mit Grevillin C
( 2) 2 isomer. Fünf konsekutive Keten-Abspaltungen
{ m/ e 566 -> 524 -> 482 -> 440 398 -> 356) zeigen das Vorliegen von von fünf phenolischen oder enolischen Hydroxygruppen an. Wichtig ist eine weitere Ionenfolge ( m/ e 464, 422, 380, 3 3 8 ), die nach Verlust von zwei Ketenmolekülen aus dem Molekülion beginnt und jeweils um 18 Massen
einheiten tiefer liegt als die Hauptserie. Diese Ionen fehlen beim Grevillin-C-pentaacetat2 und deuten darauf hin, daß zwei räumlich benachbarte OH- Gruppen unter W asserabspaltung m iteinander rea
gieren. Dies ist in Übereinstimmung mit der leich
ten Bildung einer A nhydroverbindung und dem Auftreten des (M —H 20 )-Io n s als höchstem Peak im Massenspektrum von Grevillin D 9.
Das Substitutionsm uster der beiden Benzolkerne wird durch die 1NMR-Spektren geklärt (Tab. I). In D4-Methanol sind die Signale eines 3.4-Dihydroxy- benzyliden-Restes zu erkennen, die drei Aromatenpro- tonen des Ringes A ergeben ein enges Multiplett bei d = 6,60 — 6,75, das keine Interpretation zuläßt. Ihre A nordnung wird erhellt, wenn man das Spektrum in D5-Pyridin aufnimmt (Abb. 1). Neben den Signa
len des 3.4-Dihydroxybenzyliden-Restes erscheint ein 2,8-Hz-Dublett bei d = 7,92, das nach Entkopp
lungsexperimenten mit Hg eines AB-Sys?tems (<3HB
= 7,11, <3Ha = 7,22, J ab = 9 H z) gekoppelt ist. Da
nach muß Ring A 1.2.5-trisubstituiert sein. Ein Blick auf die iSpektren von Grevillin B und C lehrt, daß in P yridin stets das zum elektronenziehenden Substituenten orth o-ständige Proton am stärksten nach niederem Feld verschoben wird, ganz besonders
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Notizen 785 Tab. I. 1H -NM R-Spektren der G revilline B, C und D (1, 2 und 3) 10.
Verbindung H-2' H-3' H-4' H-5' H-6' H-a H-2" H-5" H-6"
In D 0-Aceton (für1, 2) oder D 4-M ethanol (für 3) :
Grevillin B 1 7.45 a 6.88 a 6.88 a 7,45 a 6.94 7.61 b 6,91 a 7 ,28 c
Grevillin C 2 7,11 b — 6,84 « 6.98 c 6,93 7,60 b 6.91 a 7 ,26 c
Grevillin D 3 — 6 . 6 0 - 6 . 7 5 «1 - 6.94 7,51 b 6,83 a 7,24 c
In D 5-P y rid in :
Grevillin B 1 7,95 » 7.25 a 7,25 a 7,95 « 7,41 8,18 b 7,22 a 7,47 <•
Grevillin C 2 7 .85 b — 7,19 a 7,43 c 7.36 8.14 b 7,27 a 7,49 c
Grevillin D 3 — 7.22 e 7,11 f 7,92 g 7,40 8.13 '• 7,24 a 7,47 c
a d , J = 8 Hz; b r f , / = 2 H z; c d d, / , = 8 Hz, /., = 2 H z; cl M ultip lett; e A -Teil eines A B-System s, / = 9 H z; f B -Teil eines
AB-System s, ^ = 9 Hz, durch / ä = 2,8 Hz verdoppelt; g d, / = 2 , 8 Hz. j
merieverhältnisse im Pyranring und die Konfigura
tion der exocyclischen Doppelbindung können noch keine sicheren Aussagen gemacht werden.
Abb. 1. Arom atenbereich des ^ M R -S p e k tr u m s von Grevil- lin D (3) in D 3-Pyridin nach Zusatz von D.>0 (Varian
X L -1 0 0 ).
dann, wenn es noch einer phenolischen OH-Gruppe
1, R 4 = OH, R 2, R 3, R5 = H 2, R 3, R4 = OH, R 2, R 5 = H 3, R 2, R5 = OH, R 3, R 4 = H
benachbart ist. Entsprechendes gilt für die im A n
hang zusammengestellten Vergleichsverbindungen n . Die beiden H ydroxygruppen am Ring A müssen da
her in 2.5-Stellung stehen, womit sich für Grevil- lin D die Konstitution 3 ergibt. Ü ber die Tauto-
OH OH
Grevillin D dürfte sich biogenetisch von Grevil- lin B (1) ableiten, mit dem es gemeinsam vor
kommt. Die oxidative Umlagerung von 1 in 3 ent
spricht der Biosynthese von Hom ogentisinsäure aus p-H ydroxy-phenylbrenztraubensäure12. Möglicher
weise tritt dabei das p-Chinol 4 als Zwischenstufe auf 13.
Anhang
'H-NMR-Spektren von Dihydroxybenzoesäuren und ihren Methylestern in D5-Pyridin 10.
OH OH
6,77 6 .9 0
8,21
7,10 6,77 6 ," ~ H °
rf796 ^ A QH 8.2liy^O H 831
d ,J = 3 H z C 02H d, J - 8.5Hz C 0 2H d .J = 2 H z C 0 2H OH
,43
7,29 8 ,0 5
7,17
6,92 746ly - 0H
d, J = 3 H z C 0 2CH3
'■OH
d, J - 8,5 Hz C 0 2CH3
Wir danken der Deutschen Forschungsgem einschaft für die großzügige Förderung dieser A rbeit. Herrn Prof. Dr. A.
B resinsky danken wir herzlich für seine H ilfe bei der B e
schaffung der Pilze, Herrn Dr. G. H öfle für die .Aufnahme der NM R-Spektren.
Notizen X X I. M itt.: R. v. Ardenne, H. Döpp, H. M usso u. W . S teg lich, Z. Naturforsch. 29 e, 637 [1 9 7 4 ].
W. Steglich, H. B esl u. A. Prox, Tetrahedron Letters 1972, 4 8 9 5 ; vgl. auch 1. c. 7.
A. B resinsky, Travaux m ycologiques dedies ä R. Kühner, Num ero S p ecial du B ull, de la Soc. L inneenne de Lyon 43, 61 [1 9 7 4 ].
S. g ran u latu s wurde im A ugust 1973 bei Grafrath, Ober
bayern, S. lu teu s b ei N assereith, Tirol, und S. p la cid u s im Ötztal, T irol und im Ebersberger Forst bei München g e sam m elt.
Rp-W erte auf D C -Fertigplatten K ieselgel 60 Merck, Darm stadt (L aufm ittel: Benzol/A m eisensäure-äthylester/A m ei- sensäure = 1 0 :5 :3 V ol.) : A nhydrogrevillin D 0,30, orange, mit N H 3 blau, m it konz. H 2S 0 4 karm inrot; G revillin B 0 ,2 4 ; G revillin C 0 ,1 7 ; G revillin D 0 ,1 2 ; alle Grevilline gelb, mit konz. H 2S 0 4 lila.
I R (K B r ): 3 4 3 0 - 2 8 1 0 , 1 7 4 0 - 1 7 1 0 , 1615, 1575, 1520, 1445, 1385, 1280, 1215, 1175, 1125, 1010, 915, 825 und 775 c m - 1 ; UV (M eOH) : 393, 282 nm. U nterschiede in der Lage der CO-Bande und U V-M axima bei verschiedenen M essungen deuten darauf hin, daß m öglicherweise G em i
sche der Tautom eren vorliegen. Auf diese W eise erklären E dwards und G ill 7 die unterschiedliche Carbonylschwin- gung von G revillin B (v c o 1715 — 1705 cm “ 1) und ihrer V erbindung B t {v c o 1736 c m - 1 ) .
7 R. L. Edwards u. M. G ill, J. C. S. P erkin I 1 973, 1921.
8 A us G revillin D , A cetanhydrid und einer Spur konz.
Schw efelsäure d argestellt. A ls N ebenprodukt entsteht ein farbloses P entaacetat, bei dem sich zusätzlich ein M olekül E ssigsäure an d ie exocyclische D oppelbindung addiert hat (M +: m /e 6 2 6 ). E ine analoge R eaktion wurde bei der säurekatalysierten A cetylierung der G revilline B und C b e
obachtet.
9 T ypische F ragm ente: m /e 310 (M -18-28) und 294 (M- 1 8 -4 4 ). In w echselnder Intensität ist ein Peak m /e 354 sichtbar, der von einem O xidationsprodukt des G revillin D stam m en dürfte.
10 A ufgenom m en m it einem Varian X L -100 mit Tetram ethyl- silan (<5 = 0,0) als innerem Standard.
11 D ie Spektren der D ihydroxybenzoesäureester in CDC13 fin
den sich b ei M. Zanger, Organic M agnetic R esonance 4, 1 [1 9 7 2 ].
12 V gl. z. B. A . J. W aring, A dvances in A licy clic Chem., V o l. 1 ,2 3 8 [1 9 6 6 ].
13 Zur Isolierung und U m lagerung eines natürlichen p-Chinols vgl. S. R. Jensen, A. K jaer u. B. J. N ielsen , A cta Chem.
Scand. 27, 367 [1 9 7 3 ].