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Kann Europa den Krieg gegen Irak verhindern?

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Academic year: 2022

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von Michael Quinlan

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as Problem Saddam Hussein anzugehen, ist die unange- nehmste, über Krieg und Frieden entscheidende Frage, vor die der Westen seit langer Zeit gestellt ist.

Immer noch aber hat Europa ins- gesamt dabei divergierende Ansichten und seine Stimme ist daher nicht zu vernehmen. Ein jeder, dem die Euro- päische Union als Einflussfaktor in der Welt etwas bedeutet, muss bereits darüber bestürzt sein. Und es könnte noch schlimmer kommen, wenn diese Spaltung andauert. Die Hoffnung auf eine überzeugende Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik könnte auf viele Jahre hinaus tot sein und die Europäische Union als internationa- ler Akteur in den Augen der Welt, der Vereinigten Staaten und der eigenen Bevölkerung abgewertet werden.

Die Europäer brauchen einen ge- meinsamen politischen Kurs, der dem Problem angemessen ist, akzeptabel für Großbritannien, Frankreich und Deutschland als Kernländern, und der von den Vereinigten Staaten ernst ge- nommen wird. Diese Erfordernisse miteinander in Einklang zu bringen ist nicht unmöglich; dazu wäre jedoch Flexibilität nötig und die wirkliche

Bereitschaft, europäische Kohärenz hochzuhalten.

Die erste Aufgabe besteht darin, sich darauf zu einigen, dass es Saddam Hussein nicht gestattet werden kann, erneut mit der Vereitelung strenger Kontrollen und der Absage an Waf- fenvernichtung davonzukommen.

Die meisten Europäer sind bei der Frage, ob Hussein eine schwere Bedro- hung darstellt, zu Recht skeptischer als die Bush-Regierung. Aber die Gründe für ein Eingreifen können durchaus divergierende Urteile zulas- sen. Der wesentliche Punkt, auf den man sich sicherlich einigen könnte, ist der, dass Husseins anhaltende Miss- achtung seiner Vertragsverpflichtun- gen und der Forderung des Sicher- heitsrats, Inspektionen zuzulassen, ein unerträglicher Schlag gegen die Autorität der Vereinten Nationen und die Nichtverbreitung von Massenver- nichtungswaffen ist.

Die Europäer können überein- kommen, dass das Gesetz des Han- delns bei den Vereinten Nationen blei- ben muss. Doch sie müssen bereit sein, ihr volles Gewicht für diese For- derung auf die Waagschale zu legen und darauf beharren, dass der Sicher- heitsrat seiner Verantwortung gerecht wird, dass nämlich seine Forderungen an Hussein rigoros durchgesetzt wer- den und durch die überzeugende Ge- wissheit untermauert werden, dass ihre Nichtbefolgung schwere Strafen zur Folge haben wird.

Kann Europa den Krieg gegen Irak verhindern?

S T A N D P U N K T E

12/2002 I N T E R N A T I O N A L E P O L I T I K 3 1

Sir Michael Quinlan, ehemaliger Unter- staatssekretär im britischen Verteidigungs- ministerium; Visiting Professor am Department of War Studies, King’s College, London.

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Die Europäer könnten auch über- einkommen, dass, wenn auf der einen Seite die erfolgreiche Widersetzung durch Irak inakzeptabel ist, eine von den USA geführte, einen Regime- wechsel herbeiführende Invasion ohne Zustimmung des Sicherheitsrats (die es wahrscheinlich niemals geben würde) auf der anderen Seite ebenso inakzeptabel wäre. Dann müssen sie aber ein ernsthaftes Konzept dafür haben, was ansonsten zu tun wäre, wenn Irak sich als unnachgiebig er- weist. Sich lediglich als Zuschauer in Kritik an Präsident George W. Bush zu ergehen, ist weder eine ehrliche noch eine wirkungsvolle Position.

Die Europäer sollten Ideen für an- dere militärische Optionen erarbei- ten, die Hussein wirklich weh tun, sein Potenzial von Massenvernichtungs- waffen schwächen und die Botschaft beinhalten würden, dass eine Heraus- forderung der Vereinten Nationen schmerzhafte Konsequenzen hat.

Die Europäer mögen zu Recht glauben, dass Abschreckung Hussein weiter in Schach halten kann. Doch dann sollten sie, um diesen mehr Nachdruck zu verleihen, beispielswei- se vorschlagen, dass der Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die die Verpflichtung beeinhaltet, jegliche Anwendung oder Transfer von ver- botenen Waffen sowie die Bedrohung mit ihnen seitens Iraks als Entzug der Legitimität für das Regime zu behan- deln und zu fordern, jeden daran Be- teiligten als internationalen Verbre- cher zu verfolgen.

Ein gemeinsames Vorgehen in die- ser Richtung könnte für das eine oder

andere wichtige Land unbequem sein.

Das Bestreben Frankreichs und Groß- britanniens, als Ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats unabhängig zu handeln, hat bisweilen den euro- päischen Zusammenhalt behindert, doch haben sie in dieser Frage auch positive Beiträge geleistet. Das Pro- blem stellt sich jetzt am dringendsten für Deutschland. Die von Bundes- kanzler Gerhard Schröder im Wahl- kampf eingenommene Haltung, sich nicht nur einer einseitigen Invasion zu widersetzen, sondern sogar Deutsch- lands logistische Unterstützung für eine von den UN legitimierte Aktion auszuschließen, hat der unlängst ge- äußerten deutschen Bereitschaft, un- angenehme Pflichten zu überneh- men, einen Rückschlag versetzt. Auch wenn Äußerungen aus allerjüngster Zeit eher entmutigend klingen, könn- te Deutschlands nichtständige Mit- gliedschaft im Sicherheitsrat Gelegen- heit bieten, diesen Standpunkt zu re- vidieren und die drei europäischen Schwergewichte einig erscheinen las- sen hinsichtlich einer Politik, die eine angemessene und zugleich tragfähige Alternative zu den Absichten der Fal- ken im Pentagon darstellen würde.

Wenn die europäischen Länder nicht bereit sind, in diesem Sinne zu handeln, riskieren sie, ganz Europa in Misskredit zu bringen und sowohl dem globalen Ansehen der Europäi- schen Union wie auch ihrem Einfluss auf die Vereinigten Staaten langfristig Schaden zuzufügen. Alle hätten Scha- den davon. Aber vielleicht ist ihnen das gleichgültig? Vielleicht ist es vor allem Deutschland gleichgültig?

3 2 I N T E R N A T I O N A L E P O L I T I K 12/2002

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