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Deutscher Gewerkschaftsbund Abt. Öffentlicher Dienst/Beamte Stellungnahme zur Stellungnahme der Bundesregierung zur Initiative des Bundesrates für ein ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (BR Drs. 819/7/02)

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Deutscher Gewerkschaftsbund Abt. Öffentlicher Dienst/Beamte

Stellungnahme zur Stellungnahme der Bundesregierung zur Initiative des Bundesrates für ein ... Gesetz zur Änderung

dienstrechtlicher Vorschriften (BR Drs. 819/7/02)

Zu der Stellungnahme der Bundesregierung zur Bundesratsinitiative für ein ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften nimmt der DGB wie folgt Stellung:

Der DGB lehnt die Initiative des Bundesrates, Öffnungsklauseln bei Urlaubsgeld und Sonderzuwendung einzuführen, ab. Er kritisiert zugleich die zustimmende Haltung der Bundesregierung. Zwar wird die Initiative des Bundesrates lediglich „zur Kenntnis“

genommen. Zugleich möchte der Bund aber entsprechende Eingriffsmöglichkeiten für sich eröffnet wissen. Die Stellungnahme ist insofern widersprüchlich. Die von der Bun- desregierung vorgeschlagene vom Bundesratsentwurf abweichende technische Lösung stellt in der Sache keine Verbesserung dar. Gegen sie sprechen mithin auch die gleichen Gründe. Der Vorstoß ist kein Beitrag zur Modernisierung der öffentlichen Dienste oder des Dienstrechts. Er schadet den Beschäftigten, der Tarifautonomie, der Wettbewerbs- fähigkeit gerade der finanzschwachen Länder und ist ökonomisch kontraproduktiv, weil sie die Binnennachfrage drosselt.

Auch das bisherige Verfahren muss heftig kritisiert werden. Der DGB hat mehrfach ge- fordert, eine Anhörung vor den zuständigen Ausschüssen im Bundesrat durchzuführen.

Trotz Unterstützung auch von Länderseite, wurde dieser Vorschlag nicht aufgegriffen.

Die Beteiligung durch die Bundesregierung im Verfahren gemäß § 94 BBG erfolgt äu- ßerst spät und zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die verfassungsrechtlich gebotenen Fristen zwingen kurzfristige Terminierungen geradezu auf, obwohl sich Bundesrat und Bundesregierung durchaus viel Zeit gelassen haben. Der DGB erwartet, dass der Innen- ausschuss des Bundestages sich diese Verfahrensweise nicht zu eigen macht und eine Anhörung durchführt. Letztlich handelt es sich um ein Gesetzgebungsvorhaben, das er- hebliche strukturelle Veränderungen hervorruft. Diese sind in ihrer Wirkung nachhaltiger als beim sogenannten Bandbreitenmodell.

Gegen die Initiative des Bundesrates und die Stellungnahme der Bundesregierung spre- chen im Einzelnen folgende Überlegungen:

1. Vorrang des Tarifrechts

Die Bundesratsinitiative stellt einen indirekten Eingriff in die Tarifautonomie dar. Das wird schon aus dem Prozess ihres Zustandekommens deutlich: Nachdem der Berliner Senat durch unzumutbare „Angebote“ die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst im Land Berlin torpediert hatte, wurde die Öffnungsklauselinitiative gezielt ge- nutzt, um Druck auf die Gewerkschaften auszuüben. Die Androhung aktiver Kürzungen bei den Beamtinnen und Beamten sollte eine Vorwirkung auf den Angestellten- und Ar- beiterbereich erzielen, um auch dort Eingriffe in den Bestand zu ermöglichen. Die Strate- gie des Berliner Senats hat sich als falsch herausgestellt. DGB und Gewerkschaften in Berlin haben gezeigt, dass sie sich nicht im Wege gesetzlicher Vorgriffsregelungen er- pressen lassen. Der Senat musste an den Verhandlungstisch zurückkehren und sich ei-

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2 ner sachlichen Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften stellen. Die Beschäftigten sehen die Gewerkschaften weder als Schuldige an der Finanzkrise Berlins noch als Ver- antwortliche für die nun drohenden Kürzungen – die Verantwortung dafür trägt aus- schließlich der Senat als Mitschuldigem an Bankenkrise und Haushaltsmisere in der Bu n- deshauptstadt.

Der DGB kritisiert, dass sich am 14. März 2003 eine große Mehrheit der Länder für den gemeinsamen Antrag der Länder Bayern, Berlin und Sachsen ausgesprochen hat. Er be- fürchtet schwerwiegende negative Auswirkungen auf die anstehenden Verhandlungen über eine Modernisierung des öffentlichen Tarifrechts. Nach gewerkschaftlicher Auffas- sung sind Tarifverhandlungen der Ort, an dem über Strukturveränderungen diskutiert werden sollte. Der aktuelle Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst wurde um eine Prozessvereinbarung für Modernisierungsverhandlungen ergänzt. Diese Vereinbarung ist Grundlage für Gespräche zur Entwicklung einer modernen und ebenso beschäftigungs- wie beschäftigtenorientierten Gestaltung von Bezahlungssystemen. Eine Einigung wird durch die Öffnungsklauseldebatte erheblich erschwert werden. Es entsteht der Eindruck, den Dienstherrn sei es mit der Modernisierung nicht besonders ernst.

Der DGB fordert Bund und Länder auf, sich gemeinsam auf einen fortschrittlichen Weg der Modernisierung durch Verhandlungen zu begeben.

2. Vermeidung eines drohenden Besoldungsföderalismus

Der DGB befürchtet einen Rückfall in den Besoldungsföderalismus der sechziger und siebziger Jahre. Die Vereinheitlichung der Besoldung in Bund, Ländern und Gemeinden sollte gerade dem Zwecke dienen, ein Ausscheren einzelner Dienstherrn aus dem Besol- dungsgefüge zu verhindern. Dafür war eine große Kraftanstrengung nötig, die dem Bund auch finanziell einiges abverlangte. Das Ziel der Vereinheitlichung wurde dadurch aber in eindrucksvoller Klarheit erreicht. Entsprechend eindeutig sind die Festlegungen des Bun- desbesoldungsgesetzes, das nur in ausdrücklich geregelten Fällen Abweichungen zu- lässt.

Die Initiative des Bundesrates ist keineswegs nur eine marginale Änderung besoldungs- rechtlicher – oder wie der Antrag vorspiegelt „nur“ dienstrechtlicher – Vorschriften. Mit ihrer Hilfe werden die Länder in die Lage versetzt, kurzfristig bis zu 7,8 Prozent der Jah- resbesoldung zu streichen; wenn Länder auch das Urlaubsgeld in die Streichung einbe- ziehen, können bei einem Monatseinkommen von 2000 € Differenzen von bis zu 8,5 Prozent entstehen. Eine solche Spreizung hat mit der Vorstellung einheitlicher Besoldung nichts mehr zu tun. Insofern ist es völlig abwegig, wenn in der Begründung davon ge- sprochen wird, das einheitliche Besoldungs- und Versorgungsrecht werde „im Kern nicht angetastet“. Die Gesetzesinitiative ist ein Rückfall in die Kleinstaaterei. Sie konterkariert zudem das erklärte Ziel der Politik, eine Angleichung der Ostbesoldung bis 2007 zu er- reichen.

Was droht ist ein ungesunder Wettbewerb zwischen den Ländern, um die jeweils besten Beamtinnen und Beamten. Besonders verheerend kann sich dieser Prozess auf die neuen Bundesländer auswirken. Dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, dem Thüringi- schen Innenminister Andreas Trautvetter, ist hierbei voll zuzustimmen: „Das wird ein Besoldungs-, aber kein Leistungswettbewerb“. Bereits in den vergangenen Jahren ist es zu erheblichen Abwanderungen z.B. von Lehrerinnen und Lehrern gekommen, allein mo- tiviert durch das Besoldungsgefälle zwischen Ost- und West. Gerade die neuen Länder sind es aber, die in die Absenkungsspirale getrieben werden. Die Schere zwischen Ost und West droht sich weiter zu öffnen. In der Folge kommt es zu Unterrichtsausfall an

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3 den Schulen und sinkenden Leistungen des Bildungssystems. Wandern auch Polizisten ab, drohen Sicherheitsdefizite. Das kann nicht gewollt sein!

Die Initiative hat auch nichts mit der erklärten „Berücksichtigung von regionalen, sozia- len und leistungsbezogenen Gesichtspunkten durch die Länder zu tun (Begründung, S.

11). Im Gegenteil: Die Folgen werden stärkere Verzerrungen und Ungerechtigkeiten in der tatsächlichen Verteilung der Besoldung sein. Den Beamtinnen und Beamten in den Ballungsräumen drohen reale Einkommensverluste, die es erschweren werden, Fachkräf- te für den Dienst zu gewinnen. Die bei länderübergreifenden Einsätzen diensttuenden Polizeikräfte werden erfahren müssen, dass ihre gefahrengeneigte Tätigkeit einen unter- schiedlichen Stellenwert hat; Demotivation wird die Folge sein. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass der Gesetzentwurf ziemlich unausgegoren ist und sein Zustandekommen vor allem dem Diktat der Finanzminister zu verdanken hat.

3. Keine Sonderopfer – Keine Verstöße gegen das Alimentationsge- bot

Schließlich sind die Öffnungsklauseln auch für die Betroffenen nicht zumutbar. Ihnen drohen erhebliche Einkommensverluste, die sie auf Jahre hinaus nicht werden kompen- sieren können. Dagegen wird auch die Möglichkeit der Dynamisierung nicht helfen. Die Begründung zum alternativen aber zurückgezogenen Entwurf Baden-Württembergs in BR Drs. 819/6/02 spricht Bände: Danach werde die „Perspektive“ eröffnet, die Sonderzu- wendung nehme zukünftig wieder an den Besoldungserhöhungen teil. Jedenfalls auf längere Sicht werde der nicht unerhebliche Einschnitt wieder ausgeglichen. Bei einer durchschnittlichen linearen Erhöhung von 1,5 Prozent im Jahr sei dies ab etwa 2027 zu erwarten – Die Betroffenen können sich bei solchen Perspektiven wirklich fürsorglich auf den Arm genommen fühlen!

Aus gewerkschaftlicher Sicht handelt es sich schlicht um Sonderopfer, die anderen Be- schäftigtengruppen nicht auferlegt werden. Die Dienstherrn wollen sich des bequemen Instruments einseitiger Regelungsmacht bedienen, um Einsparungen auf Kosten der Be- amtinnen und Beamten zu erzielen. Dabei ist unbestritten, dass auch das öffentlich- rechtliche Dienst- und Treueverhältnis keine Duldungspflicht für besondere Verzichtsleis- tungen begründet.

Kürzungen bei der Sonderzuwendung haben erhebliche Auswirkungen auf die Einkom- menssituation der Beamtinnen und Beamten. Der Anteil der Sonderzuwendung im Ver- hältnis zum Grundgehalt beträgt derzeit 7,19 Prozent. Die Relation sinkt schon bei ver- hältnismäßig geringen Eingriffen:

Grundgehalt/

Jahr Absenkung des Niveaus der Sonderzuw.

Bemessungs-

faktor Höhe der

Sonderzuw. Relation zum Jahres- grundgehalt*

24.000 € 100% 86.31% 1.726,20 € 7,19%

24.000 € 75% 64,73% 1.294,60 € 5,39%

24.000 € 70% 60,42% 1.208,40 € 5,04%

24.000 € 65% 56,10% 1.122,00 € 4,68%

24.000 € 60% 51,79% 1.035,80 € 4,32%

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4 Die Sonderzuwendung ist kein unwesentlicher Bestandteil der Besoldung. Zwar ist es zutreffend, dass die Sonderzuwendung in der derzeitigen Form ihrer Gewährung nicht verfassungsfest im Sinne des Alimentationsgrundsatzes ist. Gleiches gilt für das Ur- laubsgeld. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass beliebig in die Sonderzu- wendung eingegriffen werden könnte. Ein solches Sonderopfer betrifft in hohem Maße die Beschäftigten in den unteren Einkommensgruppen. Sollten Bund und Länder nicht von den Vorhaben abrücken, sind der einfache und der mittlere Dienst von den Ein- schränkungen auszunehmen.

Im Gesetzentwurf des Bundesrates heißt es schließlich unter III. Kosten – 2. Letzter Ab- satz – „Zusätzliche Kosten für die Wirtschaft entstehen nicht“. Dies ist falsch: Insbe- sondere durch die Einsparungen in diesen Bereichen gehen der Volkswirtschaft wichtige Einnahmen und dem Staat Steuereinnahmen verloren, denn nachgewiesenermaßen flie- ßen diese Zuwendungen fast ausschließlich wieder in den Wirtschaftskreislauf. Nach Berechnungen des Berliner Senates würde die Streichung der Sonderzuwendung (Weih- nachtsgeld) bei den Beamtinnen und Beamten eine Einsparung von 270 Mio. € bedeu- ten. Dies bedeutet einen Netto-Einkommensverlust von ca. 180 Mio. €., der weitgehend als Verlust für das Weihnachtsgeschäft des Berliner Einzelhandels gewertet werden muss und zu Arbeitsplatzabbau führen kann.

4. Keine Kopplung von Öffnungsklauseln und Besoldungsrunde

Der DGB spricht sich ausdrücklich gegen eine Verbindung von Besoldungsrunde und Öffnungsklauseln aus.

Die Besoldungsanpassung wird, je nach Absenkung der Sonderzuwendung, schnell zur Farce, wie die folgende Berechnung zeigt*:

Höhe des Ni- veaus der Son-

derzuw.**

Bruttogehalt Sonderzuw.ohne

Bruttogehalt Sonderzuw.mit

Abs. Differenz gegenüber

Vorjahr

Relation zum Vorjahr

100% 24.576,00 € 26.302,20 € + 576,00 € 102,24%

75% 24.576,00 € 25.870,60 € + 144,40 € 100,56%

70% 24.576,00 € 25.784,40 € + 58,20 € 100,23%

65% 24.576,00 € 25.698,00 € - 28,20 € 99,89%

60% 24.576,00 € 25.611,80 € - 114,44 € 99,56%

* Bezogen auf ein monatliches Einkommen von 2000 € = 24.000 €/Jahr

** Bezogen auf den Bemessungsfaktor 2003 = 84,29 %

Man muss die Sonderzuwendung gar nicht auf Null absenken, um den Einkommenszu- wachs aus der Besoldungsrunde zunichte zu machen. Dabei sind Absenkungen des Ur- laubsgeldes noch gar nicht einbezogen!

Insgesamt erweist sich der Gesetzentwurf einmal mehr als schlichtes Kürzungspaket, dass mit Flexibilisierung und Stärkung von Länderkompetenzen nichts gemein hat.

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