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Einsatz von Schlüsselindikatoren zur Berücksichtigung unsicherer Randbedingungen in der Anlagenführung

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Academic year: 2021

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Einsatz von Schlüsselindikatoren

zur Berücksichtigung unsicherer Randbedingungen

in der Anlagenführung

vorgelegt von Dipl.-Ing. Sebastian Werk geboren in Bernau

von der Fakultät III – Prozesswissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Ingenieurwissenschaften – Dr.-Ing. –

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss

Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Felix Ziegler Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny Gutachter: Prof. Dr. phil. Dietrich Manzey Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Pu Li

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 26. Mai 2016

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Danksagung

Ich danke allen, die mich während des Verfassens der Dissertation unterstützten. Zuvorderst möchte ich meiner Frau Anika danken, die über all die Jahre mit sehr viel Verständnis und Geduld die Entstehung der Arbeit begleitet und motiviert hat. Ihr vielfältiger Beistand hat ent-scheidend zum Gelingen beigetragen. Auch gilt mein großer Dank meiner ganzen Familie, die mir über die Jahre immer mit Rat und Tat zur Seite stand.

Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Günter Wozny. Er stand mir in entscheidenden Fragen fachlich stets zur Seite und organisierte das Arbeitsumfeld am Lehrstuhl in einer Form, die ein stetig gutes Vorankommen ermöglichte. Auch meinem Zweitbetreuer Herr Prof. Dietrich Manzey gilt besonderer Dank; er nahm sich immer Zeit für Fragen, gab viele wichtige Hinweise und sorgte als Sprecher des Graduiertenkollegs wesentlich für die motivierende Arbeitsumgebung. Schließlich möchte ich auch dem dritten Gutachter Herrn Prof. Pu Li für die kurzfristige Bereitschaft, diese Arbeit zu begutachten, danken.

Während der gesamten Entstehungsphase war die Motivation und fachliche Unterstützung durch meine Kollegen am Graduiertenkolleg und Lehrstuhl ein wichtiger Faktor, der die Fertig-stellung dieser Arbeit erst ermöglichte. Besonders Dank gilt an dieser Stelle Tilman Barz, der mir gerade in der Anfangsphase viele wichtige Hilfestellungen und Hinweise gab, und in dieser Zeit entscheindend dazu beitrug, die Arbeit fortzuführen. Im weiteren Verlauf der Arbeit fand ich inhaltlich große Hilfe beim Kolleg, besonders Rebecca Wiczorek und Torsten Günzler tru-gen mit ihren Hinweisen viel zum Gelintru-gen dieser Arbeit bei. Das Graduiertenkolleg als ganzes war eine für mich wundervolle Einrichtung, in der ich mich nicht nur unter Kollegen, sondern auch unter Freunden fühlte. Neben vielen anderen haben Christian Stößel, Alice Gross, Monika Elepfandt, Elisabeth Brandenburg und Janna Protzak mich dort viel unterstützt und motiviert.

Ich danke besonders meiner Mutter, Conny Werk und Sabine Arndt für das mühsame Kor-rekturlesen meiner Dissertation und meinem Bruder Maximilian Werk für die vielen nützli-chen Hinweise, den Forschungsstudenten Eduard Schobstadt, Timo Strunk und Michael Geiss für ihre Unterstützung bei der Implementation, Prof. Hans-Otto Günther und Prof. Andreas Grohmann für die vielfältige Motivation zur Forschung seit Beginn meines Studiums und der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre langjährige und familienfreundliche Förderung dieses Dissertationsvorhabens.

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Zusammenfassung

Produktionsprozesse in der chemischen Industrie werden von Operateuren in Leitwarten über-wacht und gesteuert. Den Produktionsprozessen liegen komplexe dynamische Modelle zugrun-de. Die Zielstellung der Operateure besteht darin, die Prozesse hinsichtlich verschiedener, sich teilweise widersprechender Ziele wie Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsanforderungen zu steu-ern. Hierbei stehen oftmals über mehrere Einflussgrößen lediglich stochastische Informationen zur Verfügung, wodurch die Entscheidungsfindung zusätzlich erschwert wird. Zahlreiche For-schungsarbeiten haben gezeigt, dass die mentale Verarbeitung von Wahrscheinlichkeitsinfor-mationen Menschen vor erhebliche Schwierigkeiten stellt. Um einen Teil dieser Schwierigkei-ten zu überwinden, wird deshalb die Einführung eines Schlüsselindikators vorgeschlagen, der die Entscheidungsfindung bei Vorliegen von Unsicherheiten erleichtern soll.

Die Wirkung dieses Schlüsselindikators wird in dieser Arbeit in einer Vor- und einer Haupt-studie mit einer eigens entwickelten Versuchsumgebung untersucht. Die VorHaupt-studie liefert hier-bei erste Hinweise zur Wirkung des Schlüsselindikators und identifiziert erforderliche Anpas-sungen des Versuchsdesigns. In der Hauptstudie wird die Fragestellung insofern vertieft, als dass auch der Einfluss von Schwierigkeitsgrad und Aufgabenstellung auf die Wirkung des Schlüsselindikators sowie der Einfluss des Schlüsselindikators auf die Interaktion mit der ent-wickelten Versuchsumgebung evaluiert wird. Die Untersuchungen zeigen, dass die Eignung des Schlüsselindikators von einer Reihe von Randbedingungen abhängig ist und im Falle einer Anwendung in der Praxis eine sorgfältige Schulung der Operateure erfordert. Darüber hinaus hat die Studie ergeben, dass die Steuerung der Versuchsumgebung durch die Bereitstellung des Schlüsselindikators beeinflusst wird.

Um den entwickelten Schlüsselindikator in der Praxis einsetzen zu können, ist es erforder-lich, dass eine Wahrscheinlichkeitsfunktion ausgewertet wird. Die explizite Berechnung ser Wahrscheinlichkeitsfunktion wird einer eingehenden Analyse unterzogen. Auf Basis die-ser Analyse werden zahlreiche algorithmische Verbesdie-serungsmöglichkeiten entwickelt: Die Be-rechnung der zweiten Ableitung der Wahrscheinlichkeitsfunktion, die Ausnutzung von bisheri-gen Rechenergebnissen zur Startwertbestimmung, ein alternatives Nullstellenverfahren sowie die nebenläufige Auswertung wesentlicher Berechnungsschritte.

Diese Verbesserungen werden in einem Software-Framework implementiert und die Wirk-samkeit wird in drei Fallstudien untersucht. Die Fallstudien ergeben eine erhebliche Reduzie-rung des erforderlichen Rechenaufwands durch Nutzung der Startwertverfahren und des Ver-fahrens zur Nullstellenbestimmung. Durch die nebenläufige Berechnung kann auf modernen

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scheinlichkeitsfunktion führt entgegen der Erwartung zu einer Erhöhung des Rechenaufwan-des. Die hierzu durchgeführte Ursachenanalyse identifiziert einen prinzipiellen Fehler in der approximierten expliziten Berechnung der Ableitungen von Wahrscheinlichkeitsfunktionen, der in der vorliegenden Literatur nicht dokumentiert ist.

Das Software-Framework zur Auswertung von Wahrscheinlichkeitsfunktionen mit den im-plementierten algorithmischen Verbesserungen sowie die entwickelte Versuchsumgebung ste-hen für eine weitere Nutzung in Forschung und Praxis als freie Software zur Verfügung.

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Abstract

Production processes in chemical plants are monitored and controlled by operators in control rooms. The production processes underlie complex dynamic models. The objective of the opera-tors is to control the processes within areas of conflicting objectives, e.g. regarding economical aims and product quality. Within the process monitoring and control, the operator has often only access to stochastic informations about several properties. Several studies have shown, that mental processing of probability informations presents a substantial challenge. To over-come these difficulties and support the decision making process under uncertainties, a key performance indicator is introduced.

The impact of this key performance indicator is examined in a pilot and a main study with a specifically developed testing environment. The pilot study gives first indications about the impact of the key performance indicator and identifies necessary adjustments. Thus, the main study also focuses on the influence of task difficulty as well as specific task properties on the indicator’s effect in terms of user performance. Furthermore the effect of the indicator on user interaction with the test environment is analyzed. The study shows, that the suitability of the key performance indicator depends on several conditions and potentially requires thorough training of operators. Furthermore the study shows, that the interaction with the test environ-ment is significantly influenced by the key performance indicator.

To apply the developed key performance indicator in real plants, the calculation of a pro-bability function is required. The explicit calculation of this propro-bability function is analized in detail. Based on this analysis several algorithmic improvements are developed, such as the cal-culation of the second derivative of the probability function, the recycling of recent results for starting values, an alternative root finding method and the concurrent evaluation of essential calculation steps.

These algorithmic improvements are implemented in a software framework and evaluated in three case studies. These give evidence of a significant reduction in calculation effort by recycling recent results and using the alternative root finding method. Furthermore, the con-current calculation helps to reduce the calculation time on modern computers with multiple central processing units to a fraction of the former time span. The provision of the second de-rivatives of the probability function increases the calculation time contrary to the expectation. The analysis of causes identifies a fundamental error within the approximated explicit calcula-tion of the derivatives of the probability funccalcula-tion, which was not documented in the present literature.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Begriffsklärung und theoretischer Hintergrund 3

2.1 Entscheidungen unter Unsicherheit . . . 3

2.2 Zielklassifizierung und Zielkonflikte . . . 4

2.3 Situationsbewusstsein . . . 7

2.4 Stand der Forschung zum Umgang mit Wahrscheinlichkeiten . . . 7

2.5 Schlüsselindikatoren . . . 10

2.6 Fragestellung . . . 11

3 Versuchsumgebung 13 3.1 Simulierter Prozess und Aufgabenstellung . . . 13

3.2 Unsichere Parameter . . . 14

3.3 Steuerung der Pumpe . . . 14

3.4 Anzeige des Schlüsselindikators . . . 17

3.5 Bewertung der Leistung . . . 17

3.6 Zusammenfassung . . . 20 4 Vorstudie 21 4.1 Forschungsfrage . . . 21 4.2 Methode . . . 22 4.2.1 Stichprobe . . . 22 4.2.2 Versuchsumgebung . . . 22 4.2.3 Auszahlungssystem . . . 23 4.2.4 Design . . . 24 4.2.5 Abhängige Variablen . . . 25 4.2.6 Durchführungsdetails . . . 25

(10)

4.3 Hypothesen . . . 27

4.3.1 Gesamtleistung und Lernverhalten der Operateure . . . 27

4.3.2 Berücksichtigung des Schlüsselindikators . . . 28

4.4 Auswertung und Ergebnisse . . . 29

4.4.1 Methodische Hinweise . . . 29

4.4.2 Ausreißer . . . 30

4.4.3 Gesamtleistung und Lernverhalten . . . 30

4.4.4 Berücksichtigung des Faktors Vorausschau . . . . 31

4.4.5 Beachtung des Schlüsselindikators . . . 33

4.4.6 Auswirkungen der Strategie . . . 33

4.4.7 Subjektive Daten . . . 35

4.5 Diskussion . . . 35

4.5.1 Schlüsselindikator . . . 35

4.5.2 Lernkurve . . . 36

4.5.3 Vorausschau . . . 38

4.5.4 Strategie mit Schlüsselindikator . . . 39

4.5.5 Zusammenfassung . . . 40 5 Hauptstudie 41 5.1 Forschungsfrage . . . 41 5.2 Methode . . . 42 5.2.1 Stichprobe . . . 42 5.2.2 Versuchsumgebung . . . 42 5.2.3 Auszahlungssystem . . . 46 5.2.4 Design . . . 46 5.2.5 Abhängige Variablen . . . 47 5.2.6 Durchführungsdetails . . . 49 5.3 Hypothesen . . . 50

5.3.1 Gesamtleistung der Operateure . . . 50

5.3.2 Trainingseffekte . . . 51

5.3.3 Strategie . . . 52

5.3.4 Einfluss des Aufgabentyps . . . 52

(11)

Inhaltsverzeichnis

5.4 Auswertung und Ergebnisse . . . 53

5.4.1 Ausgeschlossene Probanden . . . 53

5.4.2 Baselinedurchgang . . . 54

5.4.3 Auswirkungen der Trainingsphase . . . 55

5.4.4 Versuchsdurchgang . . . 56

5.4.5 Berücksichtigung der Vorausschau . . . 60

5.4.6 Strategie . . . 64

5.4.7 Unterschiede in der Interaktion . . . 66

5.4.8 Subjektive Daten . . . 69

5.5 Diskussion . . . 69

5.5.1 Leistungsdaten im Versuchsdurchgang . . . 69

5.5.2 Beeinflussung der Interaktion mit der Versuchsumgebung . . . 75

6 Zwischenfazit 77 7 Wahrscheinlichkeitsfunktion 81 7.1 Mathematische Formulierung . . . 81

7.2 Wahl des Auswertungsverfahrens . . . 84

7.3 Bedeutung der inneren Funktion . . . 85

7.4 Verallgemeinerung der mathematischen Formulierung . . . 86

7.4.1 Dynamische obere Grenze . . . 86

7.4.2 Gleichzeitiges Einhalten mehrerer Bedingungen . . . 86

7.4.3 Existenz eines unteren Grenzwertes . . . 88

7.4.4 Innere Funktion sinkt mit steigendem innersten unsicheren Parameter 88 7.4.5 Korrelierte Normalverteilung . . . 88

7.4.6 Andere Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . 89

7.5 Exkurs: Mathematische Optimierung . . . 90

8 Algorithmische Verbesserungen 93 8.1 Reduzierung der Auswertungen der Wahrscheinlichkeitsnebenbedingung . . . 94

8.1.1 Erste Ableitung . . . 94

8.1.2 Zweite Ableitung . . . 96

8.2 Wahl der Tupel zur numerischen Integration . . . 98

8.3 Effizientere Nullstellenbestimmung . . . 100

(12)

8.3.2 Verfahren zur Nullstellenbestimmung . . . 106

9 Nebenläufigkeit 111 9.1 Definition, Beispiel und Bedeutung . . . 111

9.2 Parallelisierung der expliziten Berechnung . . . 113

10 Softwareframework 115 10.1 Wahl der Programmiersprache . . . 116

10.2 Erforderliche Schnittstellen . . . 116

10.3 Konfigurierbarkeit . . . 118

11 Numerische Untersuchungen 123 11.1 Methodik . . . 123

11.2 Rechnerausstattung und verwendete Programme . . . 125

11.3 Fallstudie 1: Bereitstellung von Gefahrstoff für Dosieraufgaben . . . 126

11.3.1 Mathematische Beschreibung des simulierten Prozesses . . . 126

11.3.2 Überführung in algebraische Form . . . 127

11.3.3 Variierte Parameter für Einzelauswertungen . . . 130

11.4 Fallstudie 2: Algebraische Nebenbedingung . . . 131

11.4.1 Modellbeschreibung . . . 131

11.4.2 Variierte Parameter für Einzelauswertungen . . . 132

11.4.3 Variierte Parameter für aufeinanderfolgende Auswertungen . . . 134

11.5 Fallstudie 3: Destillationskolonne . . . 135

11.5.1 Modellbeschreibung . . . 135

11.5.2 Variierte Parameter für Einzelauswertungen . . . 136

11.5.3 Variierte Parameter für aufeinanderfolgende Auswertungen . . . 136

11.5.4 Nebenläufigkeit . . . 137

11.6 Ergebnisse . . . 137

11.6.1 Ausgeschlossene Berechnungen . . . 138

11.6.2 Zweite Ableitung der Wahrscheinlichkeitsnebenbedingung . . . 138

11.6.3 Ergebnisverwertung zur Startwertbestimmung . . . 140

11.6.4 Halley-Verfahren zur Nullstellenbestimmung . . . 141

11.6.5 Nebenläufigkeit . . . 143

(13)

Inhaltsverzeichnis

12 Schlussbetrachtungen 147

12.1 Ausblick . . . 147 12.2 Fazit . . . 148

A Instruktionen der Hauptstudie 151

B Ausgeschlossene Probanden 157 C Detaillierte Ergebnisse 159 C.1 Vorstudie . . . 159 C.2 Hauptstudie . . . 160 C.3 Numerische Untersuchungen . . . 162 D Varianzanalysen 165 D.1 Vorstudie . . . 165 D.2 Hauptstudie . . . 166 D.3 Numerische Untersuchungen . . . 176 Literatur 183

(14)

2.1 Zielkonflikt zwischen Profit und Wahrscheinlichkeitsvorgabe. . . 6

3.1 Versuchsumgebung . . . 15

3.2 Zeitliche und mengenmäßige Abweichungen . . . 16

3.3 Versuchsumgebung: Bedeutung der unsicheren Parameter . . . 16

3.4 Versuchsumgebung: Änderung der Pumpgeschwindigkeit . . . 18

3.5 Versuchsumgebung: Vorausschau . . . 19

4.1 Versuchsumgebung der Vorstudie . . . 23

4.2 Gesamtleistung und Lernverhalten in der Vorstudie . . . 31

4.3 Vorteile durch vorausschauendes Handeln . . . 32

4.4 Gesamtleistung und Lernverhalten bei Differenzierung nach Vorausschau . . . 32

4.5 Vorteile durch sinnvolle Strategie . . . 34

4.6 Punktzahlen nach Phase des Versuchsdurchgangs . . . 37

4.7 Verhaltensänderung im Versuchsdurchgang . . . 38

5.1 Versuchsdesign der Hauptstudie . . . 43

5.2 Aufgabenmuster . . . 44

5.3 Unterschied des Schwierigkeitsgrads . . . 46

5.4 Versuchsumgebung der Hauptstudie . . . 47

5.5 Punktzahlen im Baselinedurchgang . . . 55

5.6 Wirkung der Trainingsphase . . . 56

5.7 Interaktion von Schlüsselindikator mit Schwierigkeitsgrad und Aufgabentyp . 58 5.8 Interaktion von Schlüsselindikator mit Phase des Versuchsdurchgangs . . . . 59

5.9 Interaktion zwischen Schwierigkeitsgrad und Phase des Versuchsdurchgangs . 60 5.10 Interaktionen mit Phase des Versuchsdurchgangs . . . 61

(15)

Abbildungsverzeichnis

5.12 Interaktion der Vorausschau mit Schwierigkeitsgrad und Phase des

Versuchs-durchgangs . . . 63

5.13 Punktzahlen in Abhängigkeit vom angestrebten Wahrscheinlichkeitsniveau . 65 5.14 Benutzerinteraktion: Dauer und Anzahl nach Schwierigkeitsgrad . . . 66

5.15 Benutzerinteraktion: Lange Pausen . . . 67

5.16 Benutzerinteraktion: Interagierende abhängige Variablen nach Schlüsselindikator 68 5.17 Benutzerinteraktion: Interagierende abhängige Variablen nach Schwierigkeits-grad . . . 68

5.18 Punktzahlen in der Hauptstudie . . . 71

7.1 Auswertung der Wahrscheinlichkeitsfunktion . . . 83

7.2 Auswertung der Wahrscheinlichkeitsfunktion mit mehreren Bedingungen . . 87

7.3 Korrektur der Tupelwahl bei Korrelation . . . 89

8.1 Vergleich der Integrationsverfahren . . . 99

8.2 Vergleich der Verfahren zur Startwertbestimmung . . . 105

8.3 Newton-Verfahren . . . 107

8.4 Halley-Verfahren . . . 109

10.1 Einbindung des Softwareframeworks . . . 117

11.1 Anzahl Auswertungen nach Ableitung der Wahrscheinlichkeitsfunktion . . . 139

11.2 Anzahl Auswertungen nach Startwert-Verfahren . . . 142

11.3 Anzahl Auswertungen nach Nullstellen-Verfahren . . . 143

11.4 Benötigte Rechenzeit in Abhängigkeit von Parallelisierung . . . 144

B.1 Vorstudie: Eingabeprofil von ausgeschlossenem Probanden . . . 157

B.2 Hauptstudie: Eingabeprofil von erstem ausgeschlossenen Probanden . . . 158

(16)

4.1 Ablauf der Vorstudie . . . 26

5.1 Ablauf der Hauptstudie . . . 50

5.2 Teilnehmer der Hauptstudie nach Ausschluss . . . 54

5.3 Übersicht über die Varianzanalysen zum Versuchsdurchgang . . . 57

11.1 Partielle Ableitungen der Lagermenge direkt nach Eintreffen der Dosieraufgabe. 130 11.2 Fallstudie 2: Startwerte für Wahrscheinlichkeitsniveau von 90 Prozent . . . 134

11.3 Fallstudie 2: Startwerte für Wahrscheinlichkeitsniveau von 70 Prozent . . . 134

C.1 Vorstudie: Gesamtpunktzahlen . . . 159

C.2 Vorstudie: Gesamtpunktzahlen nach Strategie . . . 159

C.3 Vorstudie: Gesamtpunktzahlen nach Vorausschau . . . 159

C.4 Vorstudie: NASA-TLX . . . 160

C.5 Hauptstudie: Gesamtpunktzahlen . . . 160

C.6 Hauptstudie: Gesamtpunktzahlen nach Strategie . . . 161

C.7 Hauptstudie: Gesamtpunktzahlen nach Vorausschau . . . 161

C.8 Hauptstudie: Interaktionen . . . 161

C.9 Hauptstudie: NASA-TLX . . . 162

C.10 Fallstudie 1 – einzelne Auswertungen . . . 162

C.11 Fallstudie 2 – einzelne Auswertungen . . . 163

C.12 Fallstudie 2 – aufeinanderfolgende Auswertungen . . . 163

C.13 Fallstudie 3 – einzelne Auswertungen . . . 163

C.14 Fallstudie 3 – aufeinanderfolgende Auswertungen . . . 164

C.15 Fallstudie 3 – Zeit bei serieller Berechnung . . . 164

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Liste der Quelltextbeispiele

1 Definition der Wahrscheinlichkeitsverteilung . . . 119 2 Anbindung eines Simulators . . . 120 3 Erstellung eines Objektes zur Auswertung von Wahrscheinlichkeitsfunktionen 120 4 Auswertung der Wahrscheinlichkeitsfunktion . . . 120

(18)

Glossar

affine Hülle Als affine Hülle einer Menge von Vektoren wird der Raum bezeichnet, der durch Linearkombination aller Vektoren aufgespannt wird, wenn die Summe der Fakto-ren der Linearkombination stets 1 beträgt. Bildlich aus-gedrückt, handelt es sich bei drei Punkten im dreidimen-sionalen Raum um jene Ebene, die durch alle drei Punkte verläuft. Liegen die drei Punkte auf einer Geraden, ist die affine Hülle dieser drei Punkte exakt diese Gerade. Duck Typing Duck Typing ist Programmierkonzept, nach dem die

Exis-tenz von Methoden oder Attributen über die Verwend-barkeit eines Objekts in einer Methode entscheidet und nicht dessen Klasse. Dieses Konzept ist oft in dynamisch typisierten Sprachen anzutreffen.

dünn (besetzt) Ein Vektor, eine Matrix oder ein Tensor wird als dünn

be-setzt bezeichnet, wenn nur ein relativ kleiner Teil seiner

Einträge von 0 verschieden ist.

geschwindigkeitsbestimmend Im Rahmen einer Berechnungsvorschrift wird als

ge-schwindigkeitsbestimmend jener Teilschritt der Vorschrift

bezeichnet, dessen Durchführung ungleich mehr Rechen-zeit erfordert als sämtliche andere Schritte. In vielen Berechnungsvorschriften übersteigt die Rechendauer ei-nes solchen Einzelschrittes oder einer klar abgrenzbaren Menge von Schritten die Gesamtrechendauer sämtlicher anderer Teile um ein Vielfaches. Die algorithmische Ver-besserung dieses Schrittes ist in solchen Fällen die einzi-ge Möglichkeit, die Gesamtrechendauer merklich zu sen-ken.

(19)

Glossar

Interface Über Interfaces in Programmiersprachen werden ver-bindliche Festlegungen über Eigenschaften von Klassen getroffen, deren Einhaltung bereits vor Programmaufruf geprüft wird.

Metrik Eine Metrik ist eine Funktion, die dem Abstand von zwei Vektoren einen nicht-negativen Wert zuordnet. Weiter-hin gilt, dass der Abstand eines Punktes zu sich selbst 0 beträgt, der Abstand symmetrisch und die Dreiecksun-gleichung erfüllt ist.

Newton-Verfahren Das Newton-Verfahren wird zur numerischen Bestim-mung von Nullstellen verwendet. Ausgehend von einem Startpunkt nähert das Verfahren unter Zuhilfenahme der ersten Ableitung an die Nullstelle an.

Plattformunabhängigkeit Ein Computerprogramm ist plattformunabhängig, wenn dessen Einsatz nicht wesentlich auf ein Betriebssystem (Windows, MacOS, Linux) oder eine Architektur (i386, ARM) begrenzt ist.

proprietär Unter proprietärer Software werden solche Computer-programme verstanden, von denen weder Quellcode noch die verwendeten Standards öffentlich und Änderun-gen nicht zulässig sind.

Softwarebibliothek Unter einer Softwarebibliothek wird eine Zusammenstel-lung von Funktionen verstanden, auf die andere Pro-gramme zugreifen können. So stellt beispielsweise die

NumPy-Bibliothek zahlreiche mathematische

Funktio-nen bereit, die dadurch in anderen Pythonprogrammen direkt verwendet werden können, ohne dass eine Neuim-plementation erforderlich ist.

(20)

Taylorpolynom Für eine Funktion f beschreibt ein Taylorpolynom ausge-hend vom Punkt x die nähere Umgebung dieses Punktes hinsichtlich f durch Verwendung der Ableitungen von f nach x. Der Grad des Taylorpolynoms steht hierbei für die höchste verwendete Ableitung.

Tensor Ein Tensor ist die Verallgemeinerung von Vektor und Ma-trix. Während ein Vektor stets Elemente entlang einer Di-mension und die Matrix entlang von zwei DiDi-mensionen, können Tensoren die Elemente in beliebig hoher Anzahl von Dimensionen enthalten. Die Anzahl der Dimensio-nen eines Tensors wird als Rang bezeichnet. Ein Tensor mit Rang 2 entspricht somit beispielsweise einer Matrix.

(21)

Allgemeines Symbolverzeichnis

Allgemeines Symbolverzeichnis

f Innere Funktion, die die Umweltbedingungen u und

ei-nen spezifizierten Satz unsicherer Parameter ξ

auswer-tet.

H Hesse-Operator, berechnet Matrix aller partiellen

zwei-ten Ableitungen der tiefergestellzwei-ten Funktion.

n Anzahl der unsicheren Parameter

N Parameter ist normalverteilt

Pr{.} Funktion, die die Wahrscheinlichkeit, dass der innere Ausdruck zutrifft, zurückgibt.

R Korrelationsmatrix der unsicheren Parameter

u Deterministische Umweltbedingungen, in der

Optimie-rung Entscheidungsvariablen

y+ Obererer Grenzwert von f(u,ξ)

y− Unterer Grenzwert von f(u,ξ)

α Mindestens zu erreichendes Niveau der Wahrscheinlich-keitsfunktion

µ Erwartungswert der unsicheren Parameter

ξ Vektor, der die unsicheren Parameter (ξ1, . . . ,ξn) be-inhaltet.

Vektor, der die unsicheren Parameter(ξ1, . . . ,ξn−1) be-inhaltet. Über diese werden die äußeren Integrale inte-griert.

ξn Unsicherer Parameter, über den das innerste Integral in-tegriert wird.

ξ+

n Obere Grenze des innersten Integrals. So zu wählen, dass

f(u,eξ,ξ+ n

)

(22)

ξ−

n Untere Grenze des innersten Integrals. So zu wählen, dass f (u,eξ,ξn−

)

=y−gilt. ξ+ Vektor aus(eξ, ξ+

n)

eΞ Integrationsgrenzen für numerische Integration der äu-ßeren Integrale.

ρ Beliebige mehrdimensionale Wahrscheinlichkeitsvertei-lung

σ Standardabweichung der unsicheren Parameter Σ Kovarianzmatrix der unsicheren Parameter

φ Mehrdimensionale Normalverteilung

.1 Summennorm, entspricht Summe der Beträge des über-gebenen Vektors

Nablaoperator, berechnet Vektor aller partiellen ersten Ableitungen der nachstehenden Funktion.

(23)

Symbolverzeichnis für Startwertverfahren

Symbolverzeichnis für Startwertverfahren

ak Gewichtungsfaktor für bereits ausgewertete

Entschei-dungsvariable ˆξnk bei Verwendung der affinen Hülle

d Metrik, die den Abstand zweier Entscheidungsvariablen bestimmt

¯

u Entscheidungsvariable, für die die

Wahrscheinlichkeits-funktion gerade ausgewertet wird ˆ

u Der momentan auszuwertenden Entscheidungsvariablen

nächste bereits ausgewertete Entscheidungsvariable

U Menge der Entscheidungsvariablen, für die bereits die Wahrscheinlichkeitsfunktion ausgewertet wurde

ˆ

U Untermenge von U, deren Elemente der momentan

aus-zuwertenden Entscheidungsvariablen näher sind als alle Elemente in U\Uˆ

¯

ξn Gesuchter Startwert für Nullstellenbestimmung von ¯u hinsichtlich des Tupels eξ

ˆ

ξn Ergebnis der Nullstellenbestimmung von ˆu hinsichtlich des Tupels eξ

(24)

Symbolverzeichnis für Fallstudie 1

d(t) [kg] Gefahrstoffbedarf zum Zeitpunkt t, hat den Wert 0 falls zum Zeitpunkt t von keinem Bedarf ausgegangen wird

d1 [kg] Prognostizierte Menge, die für die erste Dosieraufgabe benötigt wird

l(t) [kg] Lagerbestand zum Zeitpunkt t

l0 [kg] Lagerbestand zum Zeitpunkt 0

l1 [kg] Lagerbestand nach Eintreffen der ersten Pumpaufgabe ˙l(t) [kgs] Änderung des Lagerbestands zum Zeitpunkt t

p(t) [

kg s

]

Reale Pumpgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t

p0 [

kg s

]

Reale Pumpgeschwindigkeit zum Zeitpunkt 0 ˙p(t)

[ kg s2

]

Änderung der realen Pumpgeschwindigkeit zum Zeit-punkt t

˙pmax [kg s2

]

Maximale Änderung der realen Pumpgeschwindigkeit

sv [kg] Bis zum Erreichen der vorgegebenen Pumpgeschwindig-keit geförderte Menge des Gefahrstoffs

s1 [kg] Geförderte Menge des Gefahrstoffs bis zum Eintreffen der ersten Dosieraufgabe

sgn Vorzeichenfunktion (auch Signumfunktion), gibt 1, -1 beziehungsweise 0 zurück, wenn der Parameter größer, kleiner beziehungsweise gleich 0 ist

t [s] Zeit

tv [s] Zeitpunkt, an dem die vorgegebene Pumpgeschwindig-keit erreicht wird

t1 [s] Zeitpunkt des Eintreffens der ersten Dosieraufgabe

v(t) [

kg s

]

Vorgegebene Pumpgeschwindigkeit zum Zeitpunkt t

v0 [

kg s

]

(25)

Symbolverzeichnis für Fallstudie 2

Symbolverzeichnis für Fallstudie 2

u− Startwerte, die nahe den unteren zulässigen Grenzen der

Entscheidungsvariablen liegen

u+ Startwerte, die nahe der oberen zulässigen Grenzen der Entscheidungsvariablen liegen

u∗ Startwerte, die nahe des Optimums liegen und für alle

Entscheidungsvariablen den gleichen Wert haben

u# Startwerte, die nahe des Optimums liegen und für alle

(26)

Symbolverzeichnis für Fallstudie 3

C10 [kg%] Masseanteil des Decans im Sumpf der Kolonne ˙

Q [kW] Verdampferleistung, Entscheidungsvariable(n) des Opti-mierungsproblems

η1 Murphree-Wirkungsgrad für Strippingsektion, unsiche-rer Parameter

η2 Murphree-Wirkungsgrad für Rektifikationssektion, unsi-cherer Parameter

(27)

1 Einleitung

Die Überwachung und Steuerung von Anlagen der Prozessindustrie erfolgt durch Operateure1 in Leitwarten. In diesen Leitwarten werden die meisten prozessbezogenen Daten zusammen-geführt und verarbeitet: Messdaten aus den Anlagen, geplante An- und Auslieferungsmengen und Zeitpunkte aus der Produktionsplanung, Lagerbestände der Vor-, Zwischen- und Endpro-dukte sowie mathematische Modelle der Prozesse aus der Verfahrenstechnik. Den Operateuren obliegt nun die Aufgabe, Prozess- und Steuerungseinrichtungen zu überwachen und bei Bedarf geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Der Bedarf eines Eingriffs entsteht aus im Prozessablauf auftretenden Ereignissen. Diese lassen sich hinsichtlich der Vorhersehbarkeit ihres Eintritts in mit Sicherheit eintretende, mit

einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintretende und völlig unerwartet eintretende Ereignisse

unterscheiden. Unter die mit Sicherheit eintretenden Ereignisse fallen beispielsweise Produkt-wechsel auf Mehrproduktanlagen oder geplante Außerbetriebnahmen von Anlagen zu War-tungszwecken. Zu Ereignissen, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten, zählen hingegen Qualitätsschwankungen der Ausgangsprodukte innerhalb vereinbarter Bandbreiten, Eintreffen von erfahrungsgemäß periodisch auftretenden Bestellungen oder konkrete Ausprä-gungen von nur in begrenztem Maß bekannten Prozessparametern. Die Gruppe der völlig un-erwartet eintretenden Ereignisse betrifft Fälle wie den Ausfall von Produktionsanlagen oder vollkommen unvorherzusehendes Prozessverhalten.

Die Eingriffe der Operateure finden oftmals in einem Spannungsfeld verschiedener Zielkon-flikte statt. Solche ZielkonZielkon-flikte können zwischen wirtschaftlichen Zielen (niedrige Produkti-onskosten), zeitlichen Zielen (termingerechte Lieferung oder hinreichend hohe Lagerbestän-de für plötzliche Bestelleingänge), sicherheitstechnischen Zielen (keine Unfälle oLagerbestän-der Anlagen-ausfälle) sowie Qualitätszielen (zur Vermeidung aufwendiger Produktaufbereitung bis hin zu kostenintensiver Entsorgung qualitativ unzureichender Produkte) auftreten. In diesem

Span-1Bei der Verwendung von Personenbezeichnungen wie Operateur oder Proband sind stets Menschen jeden

Geschlechts gemeint, zwecks Übersichtlichkeit beschränkt sich die Ausschreibung auf das generische Maskulinum der jeweiligen Bezeichnung.

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nungsfeld von Zielkonflikten und nicht mit Sicherheit vorhersehbaren Ereignissen haben auch erfahrene Operateure Schwierigkeiten zu beurteilen, welche Entscheidungen auf dynamischen Prozessanlagen hinsichtlich der Zielerfüllung optimal oder zumindest zielführend sind (Cellier, Eyrolle und Mariné 1997).

Der Fokus dieser Arbeit liegt darauf, zu untersuchen, ob und inwiefern eine transparentere Darstellung der potentiellen Auswirkungen von mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ein-tretenden Ereignissen die Entscheidungen der Operateure beeinflusst und auf welche Art die Berechnungsmethodik der für die Darstellung erforderlichen Werte algorithmisch verbessert werden kann.

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2 Begriffsklärung und theoretischer

Hintergrund

Der bis hierhin aus Praxissicht dargestellte technische Hintergrund wird im Folgenden auf sei-ne theoretischen Grundlagen zurückgeführt und der Stand der Forschung zu diesen dargestellt. Daraus wird abschließend der in der weiteren Arbeit empirisch untersuchte Lösungsansatz ent-wickelt.

2.1 Entscheidungen unter Unsicherheit

Unter Entscheidungen unter Unsicherheit werden in der Entscheidungstheorie Situationen verstanden, in denen die Ausprägung der die Entscheidung beeinflussenden Umweltzustände nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann. Auf Knight (1964, S. 224–225) zurückgehend, wird in der Regel zwischen den folgenden drei Typen von Unsicherheit unterschieden:

1. bekannte Wahrscheinlichkeit: Die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts der verschiedenen unsicheren Zustände sind dem Entscheidenden bekannt; es handelt sich um mathema-tisch klar definierte Verteilungsfunktionen.

2. geschätzte Wahrscheinlichkeit: Die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts der verschiedenen unsicheren Zustände lassen sich aus Erfahrungswerten abschätzen und die Verteilungs-funktion ist mathematisch definierbar. Es ist allerdings nicht sicher, inwiefern die aus den Erfahrungswerten gewonnene Abschätzung in Zukunft weiter zutreffen wird. 3. völlige Unsicherheit: Es können keine Aussagen über zukünftige Zustände auf Basis

vor-handener Erfahrungswerte getroffen werden.

Die aus dem ersten Typ abgeleiteten Verteilungsfunktionen stellen gewissermaßen unsiche-re „Naturkonstanten“ dar, ein klassisches Beispiel ist die Halbwertszeit radioaktiver Elemente: Es lässt sich für ein einzelnes Atom nicht vorhersagen, wann es zerfallen wird, allerdings wird

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aus einer hinreichend großen Anzahl Atomen nach einer definierten Zeit eine bestimmte Men-ge zerfallen sein. Der zweite Typ ist ein in der Praxis sehr häufig auftretender Fall: Beispiels-weise schwankt die Qualität eines Ausgangsproduktes in vertraglich fixierten Grenzen; ent-sprechend der vorherigen Laboranalysen können Abschätzungen über die zukünftige Schwan-kungsbreite vorgenommen werden. Ein wichtiger Aspekt der Behandlung solcher Unsicherhei-ten ist eine kontinuierliche Aktualisierung der Wahrscheinlichkeitsannahmen entsprechend hinzukommender Erfahrungswerte. Der letzte Typ, die unerwarteten Ergeinisse, betrifft in der Praxis beispielsweise Anlagenausfälle. Wenngleich zahlreiche Maßnahmen getroffen werden, um solche zu vermeiden (siehe auch DIN 40041), so treten ungeplante Stillstände doch immer wieder auf. Über das Eintreten solcher ungeplanten Stillstände herrscht völlige Unsicherheit, da diese oft auf einmalige Umstände wie grobe Bedienfehler, Inbetriebnahme neuer Komponenten oder Materialfehler zurückzuführen sind und so selten auftreten, dass keinerlei Aussage über den Eintritt möglich ist.

In der weiteren Arbeit liegt der Fokus auf Entscheidungen unter Unsicherheit des ersten und zweiten Typs: Es sollen solche Entscheidungen unter Unsicherheit betrachtet werden, bei denen für die Eintrittswahrscheinlichkeit der unsichereren Ereignisse entweder bekannte oder

geschätzte Werte im Sinne der obigen Definitionen vorliegen. In der Einleitung wurden diese

als „mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintretende Ereignisse“ bezeichnet. Im weiteren Verlauf der Arbeit sind mit Unsicherheiten stets solche Ereignisse gemeint.

2.2 Zielklassifizierung und Zielkonflikte

Abstrakt lässt sich ein Ziel als ein Wert auffassen, den eine erfassbare Variable erreichen soll. Die Verwendung dieses Begriffs erfolgt in verschiedenen Domänen nicht einheitlich: Während mit ihm in den Wirtschaftswissenschaften in erster Linie vollständig zu erfüllende Anforderun-gen bezeichnet werden, wird er im Rahmen der mathematischen Programmierung mit der zu optimierenden Zielfunktion oft synonym verwendet. Im Folgenden wird die in dieser Arbeit verwendete Terminologie dargestellt.

Grundsätzlich lassen sich Ziele nach ihrer Anforderung an die Wahrscheinlichkeit, erfüllt zu werden, unterscheiden. Ein Ziel, das auf jeden Fall vollständig zu erfüllen ist, wird im weiteren Verlauf der Arbeit als Anforderung bezeichnet. Ein Optimierungsziel ist im Weiteren hingegen ein Ziel, das darin besteht, dass eine erfassbare Variable so groß oder klein wie möglich sein

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2.2 Zielklassifizierung und Zielkonflikte

soll. Wenn ein Ziel hingegen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von Unsicherheiten erfüllt werden soll, wird dies als Wahrscheinlichkeitsvorgabe bezeichnet.1

Das Optimierungsziel entspricht in vielen verfahrenstechnischen Anlagen der Wirtschaft-lichkeit, entweder in Form von Produktionskosten, welche möglichst niedrig sein sollten, oder in Form des mit der Anlage erwirtschafteten Gewinns, der möglichst hoch sein sollte. Eine in jeder verfahrenstechnischen Anlage in Deutschland auftretende Anforderung ist hingegen die Sicherheit: Es werden erhebliche finanzielle und verfahrenstechnische (Arbeitsschutz) Auf-wendungen für die Sicherstellung der Anlagensicherheit in Kauf genommen und gesetzlich vor-gegeben2, welche Optimierungsziele der Wirtschaftlichkeit oft reduzieren.3Eine in der Praxis häufig auftretende Wahrscheinlichkeitsvorgabe ist der sogenannte Servicelevel (vgl. Rutten und Bertrand 1998): Er beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein eintreffender Kundenauftrag in der vorgegebenen Zeit in vollem Umfang erfüllt werden kann. Die hierfür vorzuhaltenden Lagerbestände reduzieren ebenfalls potentiell das Optimierungsziel der Wirtschaftlichkeit.

Die dargestellten Beispiele verdeutlichen, dass die Erfüllung einer Anforderung oder einer Wahrscheinlichkeitsvorgabe potentiell das erreichbare Niveau des Optimierungsziels beein-trächtigen kann. Ebenso kann bei Vorliegen mehrerer Optimierungsziele (beispielsweise mög-lichst hoher Umsatz bei mögmög-lichst niedrigen Gesamtkosten) eine Verbesserung des Niveaus hinsichtlich eines Ziels zu Verschlechterung der Niveaus der anderen Ziele führen. Wird die maximale Ausprägung eines Optimierungsziels oder die Erfüllung einer Anforderung oder ei-ner Wahrscheinlichkeitsvorgabe durch andere Ziele beeinträchtigt, so wird dies als Zielkonflikt bezeichnet.

In Abbildung 2.1 ist ein Zielkonflikt zwischen Profit und Wahrscheinlichkeitsvorgabe darge-stellt: Die horizontale Achse bildet den Profit und das Niveau hinsichtlich einer Vorgabe ab. Ziel ist es, einen möglichst hohen Profit zu erzielen und gleichzeitig mit einer hohen Wahrschein-lichkeit die Vorgabe einzuhalten. Die drei Kurven stellen unterschiedliche Strategien dar. Die

1In der mathematischen Optimierung existieren für jede dieser Zielarten entsprechende Konstrukte:

Anfor-derungen werden durch deterministische Nebenbedingungen, Wahrscheinlichkeitsvorgaben durch stochastische Nebenbedingungen und Optimierungsziele durch die Zielfunktionen abgebildet.

2Siehe beispielsweise Betriebssicherheitsverordnung BetrSichV § 4, Absatz (1): „Der Arbeitgeber hat die […]

erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit den Beschäftigten nur Arbeitsmittel bereitgestellt werden, die für die am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen geeignet sind und bei deren bestimmungsgemäßer Benutzung Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet sind.“

3An dieser Stelle sei angemerkt, dass in der Theorie der Anlagensicherheit an vielen Stellen die Ansicht

ver-treten wird, dass die Nichterfüllung dieser Anforderung einen wirtschaftlichen Schaden verursacht, der die zur Vermeidung erforderlichen Aufwendungen stets übersteigt. So belaufen sich selbst in der Europäischen Union die jährlichen Kosten für arbeitsbedingte Krankheiten und Unfälle auf 2,6 bis 3,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (OSHA 2007).

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vertikale Achse gibt die Wahrscheinlichkeit wieder, den jeweiligen Zustand zu erreichen. Der Erwartungswert der jeweiligen Strategie ist somit das Maximum der entsprechenden Kurve, wogegen die Wahrscheinlichkeit dieser Strategie, die Vorgabe zu verletzen, dem Integral rechts der Vorgabelinie unterhalb der Kurve entspricht. Die riskante Strategie verspricht zwar einen sehr hohen Profit, beinhaltet jedoch auch eine vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit, die Vorgabe zu verletzen. Die günstige Strategie hat ungefähr die gleiche Wahrscheinlichkeit wie die ungünstige Strategie, die Vorgabe zu verletzen, allerdings ist ein höherer Profit zu erwarten.

Abbildung 2.1: Zielkonflikt zwischen Profit und Wahrscheinlichkeitsvorgabe. Die Kurven stel-len die Eintrittswahrscheinlichkeiten dar. Je nach Strategie ergeben sich unter-schiedliche zu erwartende Profite und Wahrscheinlichkeiten, die Vorgabe zu verletzen (nach Li, Arellano-Garcia und Wozny 2008).

Die Entscheidungsfindung bei Vorliegen solcher Zielkonflikte in technischen Anlagen ist bereits unter deterministischen Umweltbedingungen nicht trivial; sie erfordert im zulässigen Rahmen eine Reduzierung des Anforderungsniveaus oder eine Verschlechterung oder Kom-promissfindung hinsichtlich der Optimierungsziele. Bei Vorliegen von Unsicherheiten, deren Eintrittszustände möglicherweise eine auf die Erfüllung verschiedener Ziele komplementäre Wirkung haben, wird die Entscheidungsfindung des Operateurs zusätzlich erschwert: Neben der Abwägung der Erfüllung der Ziele erfordert es eine erhebliche mentale Transferleistung, die unterschiedlichen voneinander unabhängigen oder abhängigen unsicheren Umwelteinflüs-se auf die Zielerfüllung und deren Niveau zu projezieren.

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2.3 Situationsbewusstsein

2.3 Situationsbewusstsein

Im Spannungsfeld verschiedener Zielkonflikte und unsicherer Umweltbedingungen ist es für das Treffen zielführender Entscheidungen elementar, dass der Operateur über das notwendige

Situationsbewusstsein4verfügt. Situationsbewusstsein ist nach Endsley (1995, S. 36) folgender-maßen definiert:5

Situation awareness is the perception of the elements in the environment within a volume of time and space, the comprehension of their meaning, and the projection of their status in the near future.6

Es ist folglich entscheidend, dass der Operateur nicht nur die Zielkonflikte und die möglichen Ausprägungen der unsicheren Umweltbedingungen samt deren Verteilung kennt, sondern er muss auch in der Lage sein, diese und deren Wechselwirkung mit anderen Elementen zu ver-stehen, aus diesen Informationen ein kohärentes Modell zu entwickeln und dieses wiederum für seine Entscheidungen heranziehen. Somit besteht ein wesentlicher Aspekt dieses mentalen Modells in der Berücksichtigung der Unsicherheiten und des Umgangs mit den Wahrschein-lichkeitsinformationen.

2.4 Stand der Forschung zum Umgang mit

Wahrscheinlichkeiten

Zur Beurteilung des Vermögens von Operateuren, mit mehreren Unsicherheiten umgehen zu können, wird folgend der Stand der Forschung im Bereich des Umgangs von Menschen mit Unsicherheiten erörtert.

Zu Beginn der Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsrechnung wurde selbige auch als „Ma-thematisierung des Verstandes“ angesehen. So schrieb Laplace (1814, S. 95):

« On voit par cet Essai, que la théorie des probabilités n’est au fond, que le bon sens réduit au calcul : elle fait apprécier avec exactitude ce que les esprits justes

4englisch: Situation Awareness (SA)

5Eine Reihe inhaltlich ähnlicher Definitionen sind in Vidulich u. a. (1994, S. 6) aufgeführt.

6deutsch: Situationsbewusstsein umfasst die Wahrnehmung von Elementen in der Umgebung innerhalb einer

be-stimmten Zeit und eines bebe-stimmten Raums, das Verständnis ihrer Bedeutung und die Vorhersage ihres Zustands in der nahen Zukunft.

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sentent par une sorte d’instinct, sans qu’ils puissent souvent s’en rendre compte. » 7

Eine Fortsetzung dieser Ansicht fand sich in der Verbindung der Idee des Homo oeconomicus mit der Erwartungsnutzentheorie. Als Homo oeconomicus wird das Modell eines ausschließ-lich wirtschaftausschließ-lich denkenden Menschen bezeichnet, der sich stets rational und hinsichtausschließ-lich seiner Präferenzen optimal verhält (Ingram 2013). Er analysiert alle verfügbaren Informatio-nen und handelt stets entsprechend dieser Analyse so, dass sein Nutzen maximiert wird. Für den Fall von vorliegenden Unsicherheiten wurde dieses Modell im Rahmen der

Von-Neumann-Morgenstern-Erwartungsnutzenfunktion so erweitert, dass der Homo oeconomicus sich stets so

verhält, dass er den erwarteten Nutzen maximiert (von Neumann und Morgenstern 2004). Die Erwartungsnutzenfunktion beschreibt hierbei die Summe der Produkte aus Wahrscheinlichkeit und Nutzen der möglichen unsicheren Umweltzustände.

Diese Theorie des Homo oeconomicus geht nicht von einem für alle Menschen einheitlichen Verhalten aus. So resultieren aus der für den Umgang mit Wahrscheinlichkeiten besonders re-levanten individuellen Risikopräferenz für verschiedene Menschen verschiedene Entscheidun-gen, ebenso kann sich die Bewertung des Nutzens verschiedener Umweltzustände zwischen einzelnen Individuen unterscheiden. Ein Grundsatz des Homo oeconomicus bleibt aber ratio-nales Verhalten entsprechend der Erwartungsnutzentheorie, die zusammengefasst ein konsis-tentes Verhalten eines Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt voraussagt.

Die Annahme, dass sich Menschen stets rational verhielten, wurde durch eine Reihe von Studien im Verlauf der 1970er Jahre widerlegt. Im Rahmen der Prospect Theory (Kahneman und Tversky 1979) konnte gezeigt werden, dass Gewinn und Verlust ebenso wie Sicherheit und Un-sicherheit von vielen Menschen individuell nicht so gewichtet werden, dass eine Transitivität von Präferenzen entsprechend der Erwartungsnutzentheorie noch gegeben ist. Ebenso wurden Widersprüche abhängig von der Höhe des erwarteten Nutzens aufgezeigt, die rein mathema-tisch betrachtet als irrational einzustufen sind.

Neben der entsprechend der Prospect Theory auftretenden Irrationalität kann es bei prak-tischen Entscheidungen unter Unsicherheit auch zu begrenzter Rationalität kommen. Dieser Begriff umschreibt entsprechend Simon (1972) ein Entscheidungsmodell, in welchem der Ent-scheidende nur über begrenzte kognitive Fähigkeiten verfügt, weswegen er mit bestimmten die Entscheidung beeinflussenden Informationen (beispielsweise mathematische Konstrukte

7deutsch: Man sieht in diesem Essay, dass die Theorie der Wahrscheinlichkeiten im Grunde nicht mehr als die

Reduzierung des gesunden Menschenverstands auf die Mathematik ist: Sie erlaubt, exakt zu bestimmen, was klare Köpfe instinktiv fühlen, oft ohne dass diese es letztlich begründen können.

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2.4 Stand der Forschung zum Umgang mit Wahrscheinlichkeiten

wie Wahrscheinlichkeiten oder Integrale) gar nicht oder zumindest nicht schnell genug hin-sichtlich der zur Verfügung stehenden Zeit umgehen kann. Wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen, die er tatsächlich verarbeiten kann, nutzt, um hinsichtlich seines Ziels die bestmögliche Entscheidung zu treffen, so handelt er begrenzt rational, obwohl seine Entscheidung unter Berücksichtung aller Informationen als suboptimal oder irrational zu be-werten ist.

In diesem Kontext zeigten Casscells, Schoenberger und Graboys (1978, zitiert nach Cosmides und Tooby 1996, S. 21), dass zugrundeliegende Verteilungen systematisch bei der Bewertung von Situationen vernachlässigt werden (Prävalenzfehler8). Neuere Forschung zeigte Wege auf, diese Probleme zu überwinden. So konnten Cosmides und Tooby (1996) den Prävalenzfehler durch ausführliche Umformulierungen der Aufgabenstellung erheblich reduzieren.

Eng mit der begrenzten Rationalität verbunden ist der Umstand, dass nach Braine (1978) (zi-tiert nach Kahneman und Tversky 1982) nur Aussagen intuitiv als korrekt angesehen werden, für die keine Zwischenschritte zur Widerlegung erforderlich sind. Dies verhindert im Umgang mit Wahrscheinlichkeiten oft intuitive korrekte Entscheidungen, da fast immer eine Analyse über mehrere Zwischenschritte (Deduktion) erforderlich ist und oft kaum trainierte Denkmus-ter zur Verfügung stehen, die durch Intuition verkürzte Analyseprozesse zulassen.

Neben diesen Schwierigkeiten beim Verarbeiten gegebener Wahrscheinlichkeitsinformatio-nen haben Tversky und Koehler (1994) auch festgestellt, dass die Abschätzung der Gesamtwahr-scheinlichkeit mehrerer Einzelereignisse niedriger liegt als die Summe der Abschätzungen der Wahrscheinlichkeit einzelner Ereignisse. Die Gründe für diese Diskrepanz sind noch Gegen-stand von Diskussionen (vgl. Hilbert 2012). Dieses als Subadditivity Effect bezeichnete Verhal-ten stellt im Kontext verschiedener UnsicherheiVerhal-ten, wie sie in LeitwarVerhal-ten anzufinden sind, in jedem Fall eine zusätzliche Schwierigkeit in der Entscheidungsfindung dar.

Solche verschiedenen Unsicherheiten können darüber hinaus zu weiteren inkorrekten Ab-schätzungen führen, da Hamilton und Gifford 1976 zufolge häufiger als statistisch nachweisbar eine positive Korrelation wahrgenommen wird.9Solche falschen Korrelationsannahmen kön-nen in der betrieblichen Praxis zu einer Überschätzung von Extremereignissen (alle starken Ausprägungen treten gleichzeitig ein) und einer Unterschätzung von starken Einzelausprägun-gen führen.

Es ist festzuhalten, dass, sofern eine korrekte mentale Verarbeitung von mehreren Wahr-scheinlichkeitsinformationen überhaupt vom Operateur geleistet werden kann, diese erheblich

8auch: Basisratenmissachtung, englisch: base rate fallacy

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mehr Zeit und eine gut strukturierte Vorgehensweise erfordert; insbesondere der zeitliche As-pekt ist in prozesstechnischen Leitwarten gerade in Situationen wie Störungen, in denen ein erhöhtes Situationsbewusstsein besonders erforderlich ist, oft nicht gegeben.

Abschließend sei hinsichtlich der vorliegenden Literatur angemerkt, dass es sich bei den untersuchten Aufgaben vorwiegend um singuläre Fragestellungen handelte: Die Probanden hatten jede Aufgabe stets nur ein Mal zu bearbeiten. Dies unterscheidet sich erheblich von der in Leitwarten üblicherweise anzutreffenden Situation, in der eine immer gleiche oder sehr ähn-liche Aufgabenstellung bei unterschiedähn-lichen Rahmenbedingungen immer wieder zu erfassen, zu bewerten und zu erfüllen ist.

2.5 Schlüsselindikatoren

Zusammenfassend lässt sich der vorliegenden Literatur entnehmen, dass mehrere unabhän-gige unsichere Parameter, die gemeinsam Auswirkungen auf ein oder mehrere Ziele haben, von Menschen oft nur in unzureichendem Maße korrekt interpretiert werden, sei es aufgrund von Irrationalität oder begrenzter Rationalität. Es scheint aus diesem Grund sinnvoll, die ver-schiedenen Unsicherheiten und deren mögliche Auswirkungen auf die konkurrierenden Ziele aggregiert darzustellen (vgl. hierzu Christoffersen und Woods 2002).

Um komplexe Sachverhalte für Menschen leichter interpretierbar aufzubereiten, werden in vielen Bereichen Schlüsselindikatoren10eingesetzt. Hierbei handelt es sich um nicht-monetäre, stetig aktualisierte Größen, die zur Beurteilung einer Situation und Handlungsfindung einge-setzt werden (Parmenter 2007, S. 5). Mit dem Einsatz solcher Schlüsselindikatoren wird in tech-nischen Umgebungen versucht, das Situationsbewusstsein zu erhöhen (Liu u. a. 2013, S. 176).

Schlüsselindikatoren kommen nicht nur im industriellen Kontext, sondern auch im alltägli-chen Leben, zur Anwendung: Auf dem Tachometer eines Fahrzeugs (Geschwindigkeit in Kilo-metern je Stunde), bei der Temperaturmessung in Wohngebäuden (in Grad Celsius) oder beim Vorheizen des Backofens (Erlöschen einer LED bedeutet, dass die gewünschte Temperatur er-reicht ist). Für den Kontext der Steuerung chemischer Anlagen bei Zielkonflikten unter Unsi-cherheiten stellt sich die Frage, ob ein passender Schlüsselindikator entwickelt werden kann.

An dieser Stelle sei in Erinnerung gerufen, dass, wie in Abschnitt 2.2 dargelegt, eine Erhö-hung des Ziels auf 100 Prozent bei Wahrscheinlichkeitsvorgaben häufig praktisch nicht um-setzbar oder sinnvoll ist. Es kann folglich maximal eine Aussage darüber getroffen werden, mit

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2.6 Fragestellung

welcher Wahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung der Verteilung der unsicheren Parameter ein Ziel erfüllt oder verfehlt wird. Bei Vorliegen eines mathematischen Modells des Prozesses,

welches in jüngerer Zeit immer häufiger für Neubauten wie auch Bestandsanlagen entwickelt wird (vgl. Seider, Seader und Lewin 2004, S. 104), ist die Berechnung einer solchen Wahrschein-lichkeitsaussage mathematisch möglich. Insofern stellt sich die Frage, ob der Schlüsselindikator

„Wahrscheinlichkeit, eine Zielvorgabe einzuhalten / zu verletzen“

die unsicheren Parameter dem Operateur auf eine solche Art und Weise aufbereitet, dass er in der Lage ist, bessere Entscheidungen zu treffen. Die empirische Untersuchung der allgemei-nen Eignung dieses Schlüsselindikators ist Bestandteil der folgenden Abschnitte. Aspekte und Hindernisse der Einführung in der Praxis, wie von W. Lee und Weekman Jr. (1976) zusammen-gefasst, bleiben hierbei unberücksichtigt.

Hinsichtlich dieses Ansatzes ist zu beachten, dass die Zusammenfassung, mathematische Verarbeitung und anschließende Aufbereitung von Wahrscheinlichkeitsinformationen eine Au-tomatisierung von zuvor vom Menschen durchgeführten Tätigkeiten darstellt. Zahlreiche Stu-dien konnten beispielhaft belegen, dass Automatisierung das Situationsbewusstsein beeinträch-tigen kann (Bainbridge 1983). Die Bereitstellung eines Schlüsselindikators zur Entscheidungs-unterstützung entspricht der Automatisierungsstufe 2 auf der fünfstufigen Skala nach Endsley und Kiris (1995).11 Bereits für diese Automatisierungsstufe konnte in einzelnen Studien eine Reduzierung des Situationsbewusstseins festgestellt werden (ebd.). Letztlich handelt es sich beim Situationsbewusstsein allerdings nur um ein mittelbares Ziel, welches keinen Wert an sich darstellt, entscheidend ist die Qualität der Entscheidungen, die der Operateur trifft.

2.6 Fragestellung

Das beschriebene Spannungsfeld aus Zielkonflikten und unsicheren Parametern, in dem Opera-teure in prozesstechnischen Produktionsanlagen arbeiten, und die aus der Literatur entnomme-nen Schwierigkeiten für Menschen mit Wahrscheinlichkeitsinformatioentnomme-nen umzugehen, führ-ten zur Entwicklung des im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Schlüsselindikators.

11Die einzelnen Stufen dieser Skala sind: (1) keine Automation, (2) Entscheidungsunterstützung, (3) konsensuale

Automation (Bestätigung der Entscheidungen der Automation erforderlich), (4) überwachte Automation (Entschei-dungen der Automation müssen nicht bestätigt werden, können aber bei Bedarf korrigiert werden) und (5) Volle Automation (keine Eingriffsmöglichkeiten)

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Ziel dieser Arbeit ist es nun zu untersuchen, ob der Schlüsselindikator „Wahrscheinlichkeit, eine Zielvorgabe einzuhalten / zu verletzen“ es Operateuren in Leitwarten tatsächlich ermög-lichen könnte, im Sinne der vorgegebenen Ziele bessere Entscheidungen zu treffen.

Die Untersuchung der Fragestellung ist in realen prozesstechnischen Produktionsanlagen nicht möglich, da zum einen bisher nur eine begrenzte Anzahl an Prozessanlagen im Betrieb dynamisch simuliert wird und zum anderen von Seiten der Unternehmen aufgrund von Wirt-schaftlichkeitsbetrachtungen und Zertifizierungsvorgaben derart tiefe Eingriffe in die Leitwar-ten zu Studienzwecken nicht zugelassen werden. Aus diesem Grund wird die Untersuchung der Fragestellung mit Hilfe einer Versuchsumgebung durchgeführt. In dieser wird eine typi-sche Enttypi-scheidungssituation in chemitypi-schen Leitwarten dargestellt: Es sind aufeinanderfolgen-de und mittelbar voneinanaufeinanderfolgen-der abhängige Dosieraufgaben durch manuelle Anpassung aufeinanderfolgen-der Leis-tung einer Pumpe zu bearbeiten, wobei die benötigten Mengen und Lieferzeitpunkte unsichere Einflussgrößen darstellen.

Inhaltlich vergleichbare Aufgaben sind in der täglichen Praxis vieler chemischer Leitwarten anzutreffen. So werden die Blending-Abteilungen12mit Bestellungen der Tankstellenbetreiber konfrontiert und stehen vor der Aufgabe, das gewünschte Endprodukt aus den vorhandenen Zwischen- oder Endprodukten so zusammenzustellen, dass die gesetzlichen Qualitätsvorgaben möglichst genau erreicht werden. Werden sie unterschritten, ist eine Korrektur nur durch teu-re Additive möglich, werden sie überschritten beinhaltet das Endprodukt mehr höherwertige Bestandteile als eigentlich nötig. Neben schwankenden Qualitäten und ungeklärtem Mischver-halten stellen auch die Lieferzeitpunkte und angeforderte Mengen oft kurzfristig anzupassende und nur in Form von Prognosen verfügbare Einflussgrößen dar.

Üblicherweise orientieren sich die verantwortlichen Operateure in diesen Abteilungen an individuellen Erfahrungswerten, unterstützt durch einfache Mischmodelle. Der Schlüsselindi-kator könnte diesen Operateuren Aufschluss darüber geben, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie kurzfristige Bestelländerungen, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten sich aus vergangenen Daten berechnen lassen, noch bewältigen können und mit welcher Wahrscheinlichkeit sie die Qualitätsvorgaben einhalten, ohne sie deutlich zu übertreffen.

Im Folgenden wird zunächst die zur Untersuchung der Wirksamkeit des Schlüsselindikators entwickelte erforderliche Versuchsumgebung beschrieben und anschließend die Fragestellung in einer Vor- und einer Hauptstudie untersucht.

12Blending (deutsch: Mischen) bezeichnet in der Petrochemie die Herstellung von Zwischen- oder Endprodukten

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3 Versuchsumgebung

Um die Auswirkungen der Darstellung von Unsicherheiten für Operateure in Leitwarten der Prozessindustrie zu untersuchen, wurde eine Versuchsumgebung entwickelt, die die im vorhe-rigen Abschnitt erwähnte Dosieraufgabe simuliert. Im Rahmen der Erfüllung der Aufgabenstel-lung sollen die Probanden mit Zielkonflikten (siehe Abschnitt 2.2) konfrontiert werden und zur Entscheidungsfindung die Beachtung mehrerer unsicherer Einflussgrößen erforderlich sein. Im Entwurf der Versuchsumgebung ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Durchführbarkeit der Untersuchung eine begrenzte Komplexität von Vorteil ist, da die empirische Untersuchung dann mit Laien ohne verfahrenstechnisches Vorwissen durchgeführt werden kann.

Die zur Verfügung stehenden Versuchsumgebungen wie M-TOPS (M-TOPS 2013), AutoCAMS (Manzey u. a. 2008) oder StimulusChecking (Kerer 2011) konnten diese Anforderungen nicht er-füllen, insbesondere ein dynamischer1Prozessverlauf mit Unsicherheiten, wie er in der Praxis häufig auftritt, war in diesen Versuchsumgebungen nicht vorhanden und nur unbefriedigend implementierbar. Aus diesem Grund wurde für die empirische Untersuchung eine Versuchsum-gebung von Grund auf neu entwickelt und eingesetzt. Diese wird im Folgenden beschrieben. Die Beschreibung der dem simulierten Prozess zugrundeliegenden mathematischen Modelle erfolgt erst im Rahmen der numerischen Untersuchungen in Abschnitt 11.3.

3.1 Simulierter Prozess und Aufgabenstellung

Als simulierter Prozess wurde eine solche Dosieraufgabe gewählt, bei der alle zehn bis fünfzehn Sekunden zu einem fixierten Zeitpunkt eine variierende Menge eines Stoffes bereitgestellt wer-den muss. Bei dem bereitzustellenwer-den Stoff soll es sich um einen Gefahrstoff handeln, der nicht produktionsnah gelagert werden darf und deshalb kontinuierlich per Pumpe gefördert wird.

Aufgabe ist es, die Pumpgeschwindigkeit so zu steuern, dass in dem Moment, in dem die Do-sieraufgabe eintrifft, die für sie benötigte Menge des Gefahrstoffes möglichst genau bereitsteht. Der Zielkonflikt besteht darin, dass weder zu viel (Überschuss) noch zu wenig (Fehlmenge)

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des Gefahrstoffs bereitgestellt werden darf. Bleibt Überschuss, so werden Sicherheitsbestim-mungen verletzt, reicht die bereitgestellte Menge hingegen nicht aus, so beeinträchtigt dies die Qualität des Endproduktes.

Die Aktualisierung der Versuchsumgebung (siehe Abbildung 3.1) erfolgt kontinuierlich; den Probanden werden ungefähr die vergangenen zehn Sekunden sowie die folgenden dreißig Se-kunden angezeigt. Somit haben die Probanden in der Regel eine Übersicht über die zuletzt bearbeitete sowie die kommenden zwei bis drei folgenden Dosieraufgaben. Dies ermöglicht ei-ne vorausschauende Anlagenführung, wie sie in realen Anlagen in vielen Fällen erforderlich ist. Die Probanden haben weiterhin einen Überblick über ihre bisher verursachten Minuspunkte, getrennt nach Überschuss, Fehlmenge und Summe der Minuspunkte.

3.2 Unsichere Parameter

Sowohl die tatsächlich benötigte Menge als auch der Zeitpunkt sind unsicher; sie sind unab-hängig normalverteilt mit einer Standardabweichung von fünfzehn Prozent hinsichtlich der für die Dosieraufgabe benötigten Menge und einer Sekunde hinsichtlich des Zeitpunktes des Eintreffens der Dosieraufgabe. Die Verteilungen dieser Unsicherheiten ist in Abbildung 3.2 (entnommen aus Wiczorek und Werk 2013) dargestellt.

In den Abbildungen 3.1 und 3.2 traf die Dosieraufgabe jeweils etwas später als prognostiziert ein, in letzterer war weiterhin der tatsächliche Bedarf etwas niedriger als der prognostizierte. In Abbildung 3.3 traf die Dosieraufgabe hingegen etwas früher ein, der tatsächliche Bedarf des Gefahrstoffs lag dort deutlich niedriger als prognostiziert.

3.3 Steuerung der Pumpe

Die Pumpgeschwindigkeit kann durch einen ausschließlich mit der Maus steuerbaren Schiebe-regler angepasst werden. Dieser befindet sich unterhalb der Visualisierung der Dosieraufgaben. Die Reaktion der Pumpe erfolgt hierbei zeitverzögert: Die maximale Änderung der Pumpge-schwindigkeit je Zeiteinheit ist begrenzt. Operiert die Pumpe beispielsweise auf Maximalleis-tung und soll vollständig abgeschaltet werden, so dauert dies 25 Sekunden. Eine Begrenzung der Anpassung der Leistung ist ein in realen Prozessen regelmäßig auftretender Fall: Kohle-kraftwerke benötigen beispielsweise mehrere Stunden um aus dem Kaltstart heraus Volllast zu erreichen.

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3.3 Steuerung der Pumpe Abbildung 3.1 :V ersuchsumgebung: A uf der horizontalen A chse ist die Zeit, auf der vertikalen A chse die Menge des Gefahr-stoffs dargestellt. Der Schnittpunkt der A chsen stellt den momentanen Zeitpunkt dar . Die dunkelblaue Linie links der vertikalen A chse bildet den V erlauf des Lagerb estands innerhalb der letzten elf Sekunden ab .Die vertikalen Balken stellen die Dosieraufgab en dar ,die Höhe steht hierb ei für die benötigte Menge des Gefahrstoffs. Bei den beiden dunkelblauen Balken re chts handelt es sich um Pr ognosen der kom-menden beiden Dosieraufgab en. Die beiden Balken links stellen die Pr ognose (hellblau) und die tatsächliche A usprägung (grau) einer Dosieraufgab e dar . In dem vorliegenden Fall wur de das Eintr effen der Dosieraufgab e etwa eineinhalb Sekunden vor dem realen Zeitpunkt pr ognostiziert. Mit dem realen Eintr effen der Dosieraufgab e verringerte sich der vorhandene Lager-bestand des Gefahrstoffs um die erfor derliche Menge . Im unter en Teil der V ersuchsumgebung sind links die Minuspunkte für Üb erschuss, Fehlmenge so wie der en Summe dargestellt. Re chts befindet sich der Schieb er egler ,mit dem die Pump e gesteuert w er den kann. Ob erhalb der Pr ognosebalken auf der re chten Seite befinden sich die Schlüsselindikator en. Die Pr ozentzahlen geb en an, mit w elcher W ahrscheinlichkeit es bei der momentanen Regler einstellung zu Üb erschuss beziehungs-w eise Fehlmenge kommt. Die Schlüsselindikator en standen nur der V ersuchsgrupp e zur V erfügung.

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Wahrscheinlichkeit, dass der tatsächliche Bedarf in

Kreis liegt: 50 % 75 % 95 % 99,7 %

Abbildung 3.2: Beispielhafte Verteilung der zeitlichen und mengenmäßigen Abweichungen der Dosieraufgabe, entnommen aus Wiczorek und Werk (2013).

Abbildung 3.3: Bedeutung der unsicheren Parameter. Violette Balken stellen Prognosen dar, graue Balken die real eingetretenen Dosieraufgaben. Die gerade bearbeitete Do-sieraufgabe ist etwas früher als prognostiziert eingetroffen und benötigte deut-lich weniger Gefahrstoff als prognostiziert.

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3.4 Anzeige des Schlüsselindikators

3.4 Anzeige des Schlüsselindikators

Kontroll- und Versuchsgruppe verfügen über eine weitestgehend identische Versuchsumbung. Der Versuchsgruppe wird lediglich der Schlüsselindikator zusätzlich zur Verfügung ge-stellt. Dieser gibt für jede bereits angezeigte folgende Dosieraufgabe die Wahrscheinlichkeit an, mit welcher es ohne weiteren Eingriff in die Pumpensteuerung zu Überschuss und Fehl-menge kommt. Diese beiden Werte ergänzen sich in der Summe stets zu 100 Prozent, da die Wahrscheinlichkeit, exakt die korrekte Menge bereitzustellen, aufgrund der kontinuierlichen Förderung praktisch Null beträgt. Ob sich die Probanden der Versuchsgruppe hinsichtlich der Werte der Schlüsselindikatoren Ziele setzen und welche dies sind, bleibt ihnen selbst überlas-sen; entscheiden sie sich für ein bestimmtes Niveau, legen sie sich damit auf ein Ziel in Form einer Wahrscheinlichkeitsvorgabe (siehe Abschnitt 2.2) fest. In Abbildung 3.4 ist dargestellt, wie sich durch Änderung der Einstellung der Pumpe die Wahrscheinlichkeiten ändern. Auf-grund der mathematisch aufwendigen Berechnung der Wahrscheinlichkeiten kann es für die zweite und dritte folgende Dosieraufgabe zu Verzögerung der Anzeige der korrekten Werte von bis zu einer Sekunde kommen. Über laufende Berechnungen gibt die Versuchsumgebung Rückmeldung.

3.5 Bewertung der Leistung

Wie zuvor erwähnt, soll die Anlage so bedient werden, dass bei Eintreffen der Dosieraufgabe weder ein zu großer Überschuss vorhanden ist noch die benötigte Menge weit verfehlt wird. Für jede Einheit Überschuss wird ein Minuspunkt vergeben, für jede Einheit Fehlmenge fünf Mi-nuspunkte. Diese Asymmetrie erschwert die Aufgabe zusätzlich, da eine Regelung auf die pro-gnostizierte Menge oder eine Wahrscheinlichkeit von fünfzig Prozent sowohl für Überschuss als auch Fehlmenge zu relativ vielen Minuspunkten aufgrund der Fehlmengen führen würde.

Um möglichst wenige Minuspunkte zu erreichen, muss stets versucht werden, etwas mehr als die prognostizierte Menge vorzuhalten. Für den Schlüsselindikator bedeutet dies, dass min-destens eine Wahrscheinlichkeit von sechzig Prozent für Überschuss angestrebt werden soll-te. Ein Beispiel für vorausschauende Bedienung der Versuchsumgebung unter Beachtung des Schlüsselindikators ist in Abbildung 3.5 dargestellt.

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Abbildung 3.4: Änderung der Pumpgeschwindigkeit. Oben: In der Ausgangssituation liegt die Wahrscheinlichkeit für Überschuss bei 44 Prozent, die Wahrscheinlichkeit für Fehlmenge bei 56 Prozent. Mitte: Der Proband stellt den Regler auf einen höhe-ren Wert und bekommt kurzzeitig eine Rückmeldung. Unten: Direkt nach Ab-schluss der Berechnung werden dem Proband nach etwa einer Fünftelsekunde die Auswirkungen seiner Eingabe angezeigt: Nun beträgt die

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Wahrscheinlich-3.5 Bewertung der Leistung

Abbildung 3.5: Vorausschauende Anlagenführung mit Berücksichtigung des Schlüsselindika-tors. Oben: Für die nun zweite Dosieraufgabe beträgt die Wahrscheinlichkeit für Überschuss nur 56 Prozent. Unten: Da Überschuss zu weniger Strafpunk-ten führt, wurde der Regler wieder etwas erhöht. Die Wahrscheinlichkeit für Überschuss beträgt nun 72 Prozent, jene für Fehlmenge 38 Prozent.

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3.6 Zusammenfassung

Die entwickelte Versuchsumgebung simuliert die beschriebene Dosieraufgabe und stellt den Verlauf der Simulation in Abhängigkeit von den Benutzereingaben grafisch dar. Neben der Ansicht der Simulation sind in der Versuchsumgebung auch die Instruktionen zur Benutzung sowie die sich der Durchführung anschließenden Fragebögen integriert. Diese Versuchsumge-bung wurde sowohl in der zur Untersuchung der Fragestellung durchgeführten Vorstudie als auch in der Hauptstudie verwendet. Diese Studien sind Inhalt der folgenden beiden Abschnitte.

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4 Vorstudie

Um erste Hinweise hinsichtlich der Wirkung des Schlüsselindikators auf das Operateursver-halten zu evaluieren, wurde zunächst eine Vorstudie durchgeführt, die in den folgenden Ab-schnitten beschrieben wird.

4.1 Forschungsfrage der Vorstudie

In der Vorstudie sollte die Eignung der Versuchsumgebung zur Untersuchung der Auswirkun-gen der Darstellung des Schlüsselindikators eruiert werden. Hierzu wurde die Leistung der Versuchsgruppe, deren Teilnehmern der Schlüsselindikator zur Verfügung stand, mit der Leis-tung der Kontrollgruppe ohne Schlüsselindikator verglichen. Abgesehen vom Schlüsselindika-tor und den dazugehörigen Instruktionen und Fragebögen verfügten beide Gruppen über die gleichen Bedingungen: Sowohl Instruktionen und Zeit als auch Schwierigkeit und Ablauf der Aufgaben waren für alle Probanden identisch.

In den in der Literatur vorliegenden Untersuchungen zum Umgang mit einzelnen Prozentan-gaben (siehe beispielsweise Cosmides und Tooby 1996, Mata, Dieckmann und Gigerenzer 2005, Gigerenzer 2003) handelte es sich um einzelne, inhaltlich voneinander unabhängige Aufgaben, bei denen sich größere Schwierigkeiten für Menschen bei der Interpretation der Werte zeigten. In der Versuchsumgebung wurden die Probanden kontinuierlich mit inhaltlich relativ ähnli-chen Aufgaben über einen längeren Zeitraum konfrontiert. Es ist deshalb denkbar, dass even-tuelle Schwierigkeiten im Umgang mit Wahrscheinlichkeiten im Verlauf des Versuchs durch Lernen überwunden werden können. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass auch die Bewäl-tigung der Aufgaben, losgelöst von der An- oder Abwesenheit des Schlüsselindikators, durch wiederholte Ausführung einem gewissen Lerneffekt unterliegt.

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