Projekt G: Niederschlag und Verdunstung 27. Juni 2005
1. Niederschlagsmessung 1.1. Einführung
Im Einzugsgebiet des Rietholzbaches sind verschiedene Regenmessgeräte zur räumlichen und zeitlichen Erfassung der Niederschläge installiert. Die Geräte funktionieren grundsätzlich nach zwei verschiedenen Methoden.
Bei den Regenmessern wird der über eine definierte Fläche in ein Sammelgefäss gelangte Niederschlag aufgefangen und der Inhalt des Sammelgefässes normalerweise täglich volumetrisch mit einem Messzylinder bestimmt. Ein spezieller Regenmesser ist der sogenannte Totalisator, der eine vergrösserte Auffangfläche besitzt und somit das Sammeln von Niedeschlägen über grössere Zeiträume ermöglicht.
Zur Aufzeichnung des kontinuierlichen Verlaufs der Niederschlagsintensität und der Niederschlagsdauer eignet sich der zweite Messgerättyp, der Regenschreiber, bei dem der gefallene Punkt-Niederschlag über unterschiedlich gestaltete Registriereinrichtungen sofort gemessen und registriert wird.
Um die räumliche Niederschlagsverteilung innerhalb des Einzugsgebietes des Rietholzbaches zu bestimmen, sind an folgenden Standorten Belfort-Niederschlagswaagen mit Aufzeichnung auf einem Registrierstreifen mit mechanischer Wochenumlaufuhr aufgestellt.
1. Egghof (EGHF) in 865 m ü. M.
2. Stadel in 790 m ü. M.
3. Messfeld Büel in 754 m ü. M.
4. Rietholz in der Nähe des Gebietsausflusspegels am Bauernhof Widmer in 722 m ü. M.
5. Pegel Oberer Rietholzbach (PORB) in 745 m ü. M., Messgerät unter Bäumen
Das Messfeld Büel ist sowohl mit Regenmessern als auch mit Regenschreibern ausgestattet:
Regenmesser
- Regenmesser nach Hellmann mit einer Auffangfläche von 200 cm
2und einer Standardhöhe von 1,5 m
- Monatssammler, bodeneben installiert - Totalisator in 2,5 m Höhe
Regenschreiber
- Regenscheiber Tognini als automatisch registrierendes Wippgerät mit 200 cm
2Auffangfläche einmal in 1,5 m Höhe und einmal bodeneben angebracht
- Belfort-Niederschlagswaage mit einer Auffangfläche von 325 cm
2in 1,5 m Höhe einmal mit mechanischer Aufzeichnung auf einem Registrierstreifen bei Wochenumlauf der mechanischen Uhr und einmal mit digitaler elektronischer Aufzeichnung der Gewichtsänderung im Auffanggefäss
- Ott-Pluvio Regenschreiber mit elektronsicher Waage zur automatischen
elektronischen Registrierung der Gewichtsänderungen
1.2. Niederschlagsdaten für den Monat Juni
Niederschlag, Messfeld Büel
0.00 5.00 10.00 15.00 20.00 25.00 30.00
01.06.2005 05.06.2005 09.06.2005 13.06.2005 17.06.2005 21.06.2005 25.06.2005
Monat Juni
N ie d e rs ch la g sh ö h e
Tognini, Standardhöhe Tognini, bodeneben Ott-Pluvio Lysimeter Belfort, Büel
Diagramm 1: Niederschlagsdaten im Messfeld Büel im Monat Juni
Im Monat Juni können im Messfeld Büel insgesamt vier verschiedene Niederschlagsabschnitte beobachtet werden. Das Niederschlagsereignis vom 3. - 4. Juni soll hier etwas näher betrachtet werden.
Diagramm 2: mit unterschiedlichen Messgeräten ermittelte Niederschlagsmenge für den Niederschlag vom Messfeld Büel am 3. und 4. Juni 2005
Wie aus obigem Diagramm ersichtlich ist, setzte ab 21:00 Uhr ziemlich heftiger Regen ein, der bis ungefähr 24:00 Uhr an Intensität zunahm und sich dann kontinuierlich abschwächte.
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Der Verlauf der Niederschlagsintensität lässt auf konvektive Schauertätigkeit schliessen, was ein Blick auf die Isobarenkarte auch bestätigt. Konkret handelt es sich um eine „split cold front“ mit zwei Hauptniederschlagsgebieten. Das Einzugsgebiet des Rietholzbaches wurde am Morgen des 4. Juni schliesslich von der zweiten Niederschlagszone erfasst, welche in ihrer Intensität insgesamt jedoch weniger wetterwirksam gewesen war.
Abbildung 1: Isobarenkarte für den 4. Juni 2005. Der blaue Pfeil zeigt auf die für den
Niederschlag im Messfeld Büel verantwortliche split cold front
1.3. Belfort-Waagen und Niederschlagsmessung im Gebiet des Rietholzbaches
Belfort Niederschlagswagen
0.00 5.00 10.00 15.00 20.00 25.00 30.00 35.00
01.06.2005 05.06.2005 09.06.2005 13.06.2005 17.06.2005 21.06.2005 25.06.2005
Monat Juni
N ie de rs ch la gs hö he
Belfort, Büel Belfort, Egghof Belfort, Stadel Belfort, Widmer Belfort, PORB
Diagramm 3: Übersicht über die mit den Belfort – Niederschlagswaagen gemachten Niederschlagsaufzeichnungen im Monat Juni
Einfache Niederschlagskarten in Schulatlanten lehren für die Mittelbreiten einen engen Zusammenhang von Niederschlagshöhe und Relief. Beckenlagen geben sich durch unterduchschnittliche, Höhen durch überdurchschnittliche Werte zu erkennen. Diese Feststellung kommt in der Niederschlagsreihe des Monats Juni für das Rietholzbachgebiet nicht eindeutig zum Vorschein. Gründe dafür dürften wohl die geringen Höhenunterschiede, der geringe Beobachtungszeitraum und die Kleinräumigkeit des Gebietes sein.
Das Phänomen der Interzeption kann indessen am Standort PORB anschaulich erläutert werden. Die geringen Niederschlagwerte an diesem Standort bei jedem Niederschlagsereignis sind ein sehr auffälliges Merkmal. Die Oberfläche der Pflanzen, Blätter, Zweige, Äste, fangen einen Teil des Niederschlages auf und speichern ihn. Ein Teil davon tropft durch das Kronendach zu Boden, ein anderer fliesst am Stamm zum Grund. Der verbleibende Rest, der unmittelbar von der Vegetationsfläche wieder verdunstet, bildet dann die Interzeption. Aus den Daten kommt auch klar zum Ausdruck, dass der prozentuale Anteil der Interzeption bei geringen Niederschlagshöhen sehr hoch ist. Umgekehrt verhält es sich bei Schauerregen hoher Intensität, bei denen der Interzeptionsspeicher rasch aufgefüllt wird und somit hohe Anteile als abflusswirksamer Niederschlag registriert werden können. Die aussergewöhnlich hohe Niederschlagsmenge der Belfort-Waage am Standort PORB bestätigt nochmals den konvektiven Charakter des Niederschlagsereignisses vom 3. - 4. Juni.
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1.4 Problematik
Die Niederschlagsmessung ist mit einem systematischen Fehler behaftet, der in der Regel zu einem zu gering gemessenen Niederschlag führt. Faktoren, die diese Messunterschätzung verursachen, sind:
- Deformation des Windfeldes
- Benetzungs- und Haftwasserverluste - Verdunstung aus der Sammelkanne
Nachfolgend ist eine schematische Darstellung der Fehlerquellen bei der Erfassung des meteorologischen und hydrologischen Niederschlages gegeben.
Abbildung 2: Übersicht über die Messfehler bei der Niederschlagsmessung
1.5. Anhang: Protokoll der Niederschlagsmessung im Messfeld Büel mit Regenmessern - Monatssammler, Messfeld Büel
1 Abstich A [mm]
2 ΔA [mm]
3 Niederschlag [mm] = ΔA*2.48
Tabelle 1: Messwerte des Monatssammler im Messfeld Büel für den Juni 2005
- Totalisator, Messfeld Büel 1 Abstich A [mm]
2 Niederschlag [mm] = ΔA [mm]*10
Tabelle 2: Messwerte des Totalisators im Messfeld Büel für den Juni 2005 Abbildung 3: schematische Darstellung eines Totalisators
- Regenmesser nach Hellmann, Messfeld Büel 1 Niederschlag [mm]
Tabelle 3: Messwerte des Hellmann - Regenmessers im Messfeld Büel für den Juni 2005
Abbildung 4: Regenmesser nach Hellmann
2. Evapotranspiration
2.1. Einführung
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Um die Verdunstung in Gang zu setzen, ist Energie erforderlich. Die von einer Landfläche real verdunstende Wassermenge wird als aktuelle oder reale Evapotranspiration (ETR) angesprochen. Die ETR wird nicht nur durch das von den meteorolgischen Bedingungen her verfügbare Energiengebot bestimmt, sondern auch durch das Wasserdargebot an der Erdoberfläche und in der Aerationszone des Bodens, dem Grundwasserstand unter Flur und die auf das Wasser- und Energiedargebot einwirkenden Standortedingungen wie Morphologie der Erdoberfläche, Geologie, Bodenarten und Bodenbewuchs, Vegetationsart und -entwicklung.
Die potentielle Evapotranspiration (ETP) gibt dagegen die klimatische Verdunstungskraft an, also jene Wassermenge, die pro Flächen- und Zeiteinheit von einer idealisierten, ausgedehnten freien Wasseroberfläche unter den bestehenden atmosphärischen Bedingungen verdunstet. Die ETP wird ausschliesslich durch die meteorologischen Bedingungen bestimmt.
Die Evapotranspiration reduziert in Trockenperioden den Bodenwassergehalt ständig. Die ETR kann deswegen erheblich unter den Wert der ETP sinken. Über Gewässern sind ETP und ETR praktisch identisch.
2.2. Messmethoden der Evapotranspiration
Die potentielle und reale Evapotranspiration im Messfeld Büel wird nach verschieden Verfahren und Methoden gemessen, welche verglichen werden sollen.
Die direkte Messung der potentiellen Evapotranspiration geschieht mit „Evaporimetern“, die über offene Wasserflächen verfügen und mit denen die Verdunstung von der offenen Wasserfläche bestimmt wird. Zu diesen Geräten zählen die Wildsche Verdunstungswaage und der Class A Pan.
Die Wildsche Waage ist eine runde Schale mit einer Oberfläche von 250 cm
2und einer Höhe von 2,5 cm, welche randvoll mit Wasser gefüllt ist. Die Gewichtsveränderung als Folge des verdunstenden Wassers wird über eine Wägeeinrichtung und einen Zeiger mit Schreibfeder auf eine Schreibtrommel übertragen. Auf dem Schreibstreifen ist die Gewichtsveränderung durch Wasserverlust direkt in Aenderung der Wasserspiegelhöhe in mm ablesbar.
Im Gegensatz zur Wildschen Waage ist der als Class A Pan bezeichnete runde Verdunstungskessel direkt der natürlichen Strahlung, dem Wind und den Niederschlägen ausgesetzt. Die Wassertiefe sollte zwischen 15 und 20 cm betragen und die Niederschlagshöhen sind jeweils zu subtrahieren. Im Fall des Messfeldes Büel wird der Wasserstand über einen Ultraschall-Sensor gemessen.
Bei der Messung der realen Evapotranspiration kommt das Lysimeter zum Einsatz. Das Gerät im Messfeld Büel ist ein sogenanntes wägbares Lysimeter. Es handelt sich dabei um ein zylindrisches Gefäss mit einer Grundfläche von 3,14 m
2und einem Volumen von 6,9 m
3, das schichtweise mit Boden aufgefüllt ist. Es lagert reibungsfrei auf drei Wägeelementen, sodass neben dem Lysimeterausfluss (LYA) auch die Gewichtsänderung (LYG) des Bodenkörpers im Lysimeter bestimmt werden kann.
Standardniederschlag = 0: ETR = - LYG – LYA
Das Messverfahren beruht auf der Annahme, dass dann, wenn Niederschlag fällt, keine
Evapotranspiration stattfindet (ETR = 0).
Standardniederschlag > 0: ETR = 0
Lysimeternederschlag (NLYSI) = LYG + LYA