20. Vorlesung
Beladungsplanung 1
In vielen Industriezweigen hat die Umsetzung von Just-in-Time Konzepten zu kleineren Bestell- und Liefermengen sowie zu kürzeren Lieferzyklen geführt.
Die gestiegene Variantenvielfalt industrieller
Erzeugnisse hat zudem eine größere Heterogenität der in der Logistik zu handhabenden Objekte
bewirkt.
Gleichzeitig erwarten industrielle sowie private Kunden immer kürzere Lieferzeiten.
Beladungsplanung 2
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind in den vergangenen Jahren im Logistikbereich erhebliche
Rationalisierungsanstrengungen unternommen worden.
Beispiele hierfür finden sich in der Beladungsplanung, bei der es um die effiziente Stauraumausnutzung von
Ladungsträgern geht
Viele industriell erzeugte Produkte, insbesondere
Massenprodukte, werden nicht in Einzelstücken, sondern in versandgerechten Einheiten ausgeliefert.
Container- und Fahrzeugbeladung
Der Palettenbeladung vergleichbare Anordnungsprobleme stellen sich bei der Beladung von Containern oder
Fahrzeugen mit nichthomogenen Packstücken.
Bei der Containerbeladung häufig verschiedene
einschränkende Randbedingungen zu beachten, die eine Erzeugung von Beladungsplänen unter Verwendung einfacher geometrischer Grundmuster nicht zulassen.
Auch die Rückführung des dreidimensionalen Problems in eine vereinfachte zweidimensionale Darstellung ist nicht ohne weiteres möglich. Beladungspläne für Container müssen verschiedene logistischen Anforderungen erfüllen.
Anforderungen der Containerbeladung 1
Einschränkungen der Stapelhöhe (z. B. nicht mehr als drei Packstücke übereinander)
vorgeschriebene Lage im Stauraum (z. B. schwere Packstücke am Boden des Containers)
gleichmäßige Anordnung der Packstücke bzw.
Zentrierung der Gewichtsverteilung zur
geometrischen Mitte des Containers aus Gründen der Ladungsstabilität
Anforderungen der Containerbeladung 2 Beachtung eines höchstzulässigen
Gesamtgewichts
Gruppierung von Packstücken für einen bestimmten Empfänger und Belegung des Stauraums gemäß der vorgesehenen Entladereihenfolge bzw. Auslieferungstour Verwendung „einfacher" Beladungsmuster zur
Reduzierung des Handlingaufwands.
Beladungsplanung – Beispiel:
Distribution und den Absatz von Teebeuteln:
Der Endverbraucher kauft eine Einzelpackung, die eine bestimmte Anzahl von Teebeuteln (z.B. 20 Stück) enthält.
Einzelpackungen in der Lagerung und im Güterumschlag zu handhaben, wäre zu aufwendig. Daher wird eine bestimmte Anzahl von Einzelpackungen (z.B. 12 Stück) zu Versandgebinden
zusammengefasst, die für den Einzelhandel die kleinste zu disponierende Einheit darstellen.
Für die Einlagerung und die Auslieferung zu den logistischen
Verteilzentren werden genormte Ladungsträger (Paletten) verwendet, auf denen eine gewisse Anzahl von Versandgebinden gestapelt ist.
Kostenrelevanz der Beladungsplanung 1
Die effiziente Ausnutzung des Palettenstauraumes beeinflusst die Lagerungs- und Distributionskosten wesentlich.
Bei manchen Konsumgütern (Rasierklingen oder
Lippenstiften) sind die Logistikkosten (Lagerungs-,
Handling- und Transportkosten) höher sind als die
eigentlichen Herstellkosten.
Kostenrelevanz der Beladungsplanung 2
Eine effiziente Palettenbeladung trägt wesentlich dazu bei,
den verfügbaren Lagerraum wirtschaftlich zu nutzen, das Ausmaß der Handlingvorgänge zu verringern und die Transportkosten zu senken.
Entsprechende Rationalisierungsmaßnahmen sind attraktiv, da ihre Umsetzung praktisch kosten-neutral ist.
Die erzielbaren Kosteneinsparungen können beträchtlich sein.
Vielzahl von Beladungsproblemen
Beladungsprobleme stellen sich nicht nur bezüglich der Palettenbeladung.
Ebenso lassen sich durch die bestmögliche Ausnutzung des Stauraumes eines Transportfahrzeugs (z. B. eines LKW‘s oder eines Eisenbahnwaggons) die Transportkosten deutlich senken.
Auch die Beladung eines Containers oder das Füllen einer Transportbox mit einzelnen Packstücken gehört in diesen Problemkreis.
Im Folgenden greifen wir die Palettenbeladung als das industriell bedeutsamste Beladungsproblem heraus.
Palettenbeladung (Grundlagen)
Konkret besteht das hier betrachtete Problem der Palettenbeladung darin, eine Anordnung der einzelnen Packstücke auf der Palette zu
bestimmen, so dass der zur Verfügung stehende Stauraum maximal ausgenutzt wird.
Der zulässige Stauraum ergibt sich aufgrund der
Palettengrundfläche (Europalette mit 120 cm x 80
cm) sowie der erlaubten Beladungshöhe, die in
vielen Fällen aufgrund der Lagerplatzdimensionen
vorgegeben ist.
Palettenbeladung in der Praxis
In der Praxis ist eventuell Überhang der Beladung über den Palettenrand zulässig bzw. eine Unterhang einzuhaltenden.
In Realität wird zusätzlich der Laderaumbedarf optimiert, der durch Hilfsmittel (Packbänder, Verpackungsmaterial)
entsteht.
Einschränkungen hinsichtlich der Ladungsstabilität sind zu beachten.
Besonderheiten gibt es bei der Beladung zylindrischer Objekte (Rollen, Dosen) und asymmetrischer Packstücke.
Häufigste Problemstellung in der Praxis 1
Darüber hinaus beschränken wir uns auf die Stapelung homogener Einheiten (d. h. identischer quaderförmiger Packstücke mit ebenen Oberflächen).
Homogene Packstücke werden lagenweise gestapelt, wobei die Höhenorientierung der Packstücke aus Gründen der Ladungssicherheit häufig vorgeschrieben ist.
Insbesondere bei flüssigen, auslaufgefährdeten Gütern ist die Vorgabe einer Höhenorientierung naheliegend.
Bei gegebener Höhenorientierung der Packstücke erhält man jeweils Lagen gleicher Höhe, wobei jede Lage aus einer bestimmten Anzahl von Packstücken besteht.
Häufigste Problemstellung in der Praxis 2
Deswegen wird, wie in den meisten industriellen Anwendungsfällen, die lagenweise Stapelung der Packstücke auf einer Palette optimiert.
Damit wird das eigentlich dreidimensionale Problem der maximalen Volumenausnutzung auf ein zweidimensionales Problem reduziert.
Effizienten Anordnung der Packstücke innerhalb einer Lage.
Das Optimierungsziel besteht dann darin, innerhalb einer Lage möglichst viele Packstücke unterzubringen.
Es werden nur orthogonale Lagenpläne betrachtet.
Beispiel: Zusätzliche Aspekte
Für den praktischen Anwendungsfall sind neben der effizienten Nutzung der Palettengrundfläche und des Stauraums noch weitere Gesichtspunkte von Bedeutung.
Die Ladungsstabilität spielt eine erhebliche Rolle.
Diese kann u. a. dadurch verbessert werden, dass durch
Spiegelung und Rotation aus dem ausgewählten Lagenplan weitere äquivalente Lagenpläne erzeugt werden, auf die dann für die Stapelung der verschiedenen Lagen übereinander zurückgegriffen wird (Verbundstapelung im Gegensatz zur reinen Turmstapelung).
Beladungstoleranzen aufgrund von Zwischenräumen und des Packmittelbedarfs müssen beachtet werden.
Gewichtsrestriktionen können bei empfindlichen Waren die Stapelung einschränken.
Beispiel einer beladenen Palette Orthogonale Beladung
Beladungsheuristiken 1
Die Erzeugung von Lagenplänen stützt sich auf
leistungsfähige Heuristiken, deren Rechenzeitbedarf nur Sekundenbruchteile beträgt.
Die eingesetzten Heuristiken gehen von einem bestimmten Muster aus, nach dem die Packstücke auf der
Palettengrundfläche angeordnet werden.
Am gebräuchlichsten sind sog. N-Block-Heuristiken, bei denen die Palettengrundfläche in eine bestimmte Anzahl von überschneidungsfreien Blöcken unterteilt wird und die sich in einem Block befindlichen Packstücke jeweils die gleiche Orientierung aufweisen.
Beladungsheuristiken 2
Der Wert des Parameters N bestimmt die Anzahl der Blöcke. Gängig sind Werte von N = 1 bis N = 5. Die Größe der Blöcke ist variabel und richtet sich nach der Anzahl der darin angeordneten Packstücke.
Beispiel für eine 4-Block-Struktur:
Teebeutelbeispiel 1
Teebeutel in Einzelpackungen vonα= 13.5 cm Länge, ß = 4.5 cm Breite und γ= 6.5 cm Höhe.
Aus Qualitätsgründen ist die Höhenorientierung
vorgeschrieben, d. h. die Einzelpackungen werden stets auf ihrer Grundfläche von 13.5 x 4.5 cm2gestapelt.
Für die Auslieferung vom Hersteller an den Handel werden jeweils 24 Einzelpackungen mit Hilfe von Schrumpffolie zu einem Versandgebinde zusammengefasst, und zwar derart, dass drei Lagen von jeweils acht Einzelpackungen mit der Orientierung (2 •α, 4 • ß) gebildet werden.
Was sind die Maße des Versandgebindes?
Teebeutelbeispiel 2
Das Versandgebinde belegt eine Grundfläche von 27 x 18 cm2und weist eine Höhe von 19,5 cm auf.
Es soll eine einer 3-Block-Heuristik verwendet werden.
Zwischen den Blöcken entstehen kleine Beladungslücken.
a b
Block 1
a b Block 2
b a Block 3 A1
B1 B2
A2
A3
B3
Problembeschreibung
A1= n1 • b B1 = m1• a
A2= n2 • b B2 = m2• a A3= n3 • a B3 = m3• b
wobei die folgende Notation verwendet wird:
i Blöcke (i= 1,2,3)
Ai, Bi Kantenlängen von Block i
mi Anzahl breitseitig ausgerichteter VG in Block i ni Anzahl schmalseitig ausgerichteter VG in Block i
Die Größen mi und ni bilden die Variablen des betrachteten Anordnungsproblems.
Grundsätzliches Vorgehen
Schritt 1: Bildung von Partitionen der Schmal- und Längsseiten der Palette
Schritt 2: Erzeugung von Lagenplänen durch Kombination effizienter Partitionen
Schritt 3: Bestimmung der Flächen- und die Stauraumausnutzung
Schritt 1: Bildung von Partitionen der Schmal- und Längsseiten der Palette (A,) : (4b)
(B
1, B
2): (1a, 3a), (2a, 2a), (3a, 1a) (A
2, A
3): (1b, 2a), (2b,1a)
(B
1, B
3) : (1a, 5b), (2a, 3b), (3a, 2b)
Schritt 2: Erzeugung von Lagenplänen durch Kombination effizienter Partitionen
1 5
1 2 3 4 5 6
(4b) (4b) (4b) (4b) (4b) (4b)
(1a,3a) (1a,3a) (2a,2a) (2a,2a) (3a,1a) (3a,1a)
(1b,2a) (2b,1a) (1b,2a) (2b,1a) (1b,2a) (2b,1a)
(1a,5b) (1a,5b) (2a,3b) (2a,3b) (3a,2b) (3a,2b)
17 15 16 15 17 16 Lageplan
(A1) (B1,B2) (A2,A3) (B1,B3)
Versand- gebinde Palettenseite
Schritt 3: Bestimmung der Flächen- und die Stauraumausnutzung
Die Grundfläche einer Europalette beträgt 120 x 80 cm2.
Bei 17 VG pro Lage werden insgesamt 17 • 27 x 18 cm2belegt.
Dies entspricht einer Flächenausnutzung von 86.06%.
Bei einer zulässigen Beladungshöhe von 170 cm ergibt sich ein Palettenvolumen von 1.632 m3.
Es können acht Lagen übereinander gestapelt werden.
Pro Palette wird ein Volumen von 19,5 x 27 x 18 x 17 x 8 = 1.29 m3 genutzt.
Dies entspricht einer Stauraumausnutzung von 78.98%.
Maßnahmen 1
In der Praxis lässt sich sowohl eine Flächen- als auch eine Volumenausnutzung von deutlich über 90% erreichen.
Hierzu könnte man in dem betrachteten
Beispielproblem die verschiedene Maßnahmen ergreifen.
Maßnahmen 2
Man verwendet eine andere Lagenplanheuristik, d.
h. man erzeugt Lagenpläne nach einem anderen Muster.
In dem vorliegenden Fall sind die Abmessungen des Versandgebindes jedoch so ungünstig gewählt, dass auch mit einem leistungsfähigen, kommerziell eingesetzten Softwaresystem kein Lagenplan erzeugt werden konnte, der mehr als 17 Versandgebinde enthält.
Maßnahmen 3-1
Die Zusammensetzung und die Abmessungen des Versandgebindes werden im Hinblick auf eine bessere Ausnutzung des Stauraumes geändert.
Eine solche Möglichkeit besteht darin, das
Versandgebinde aus drei Lagen von jeweils zwölf Einzelpackungen der Orientierung (3a, 4b) zu bilden.
Auf diese Weise nimmt das Versandgebinde 36
Einzelpackungen auf und belegt eine Grundfläche von 40.5 x 18 cm2. Die Höhe von 19.5 cm bleibt unverändert.
Maßnahmen 3-2
Mit diesem neu gebildeten Versandgebinde lässt sich ein Lagenplan erzeugen, der insgesamt 12 Versandgebinde enthält und die Palettengrundfläche zu 91.13% ausnutzt.
Der entsprechende Lagenplan wurde mit Hilfe einer 4- Block-Heuristik ermittelt.
Maßnahmen 4
Man ändert die Größe der Einzelpackungen so, dass die Seitenlängen der Palette einem ganzzahligen Vielfachen der Seitenlänge der Einzelpackungen entsprechen.
Praktisch bedeutet dies, dass die Einzelpackung eine größere Anzahl von Produkteinheiten enthalten müsste.
Im günstigsten Fall kann dann bereits mit einer 1-Block-Struktur ein zweckmäßiger Lagenplan gefunden werden.
Die die Abmessungen der einzelnen Produkteinheit können unter beladungslogistischen Gesichtspunkten angepasst werden.
Vielfach reichen hier bereits geringfügige Änderungen aus, um eine günstigere Beladungsstruktur zu erzielen.
Maßnahmen 5
Die Höhe eines Versandgebindes wird reduziert, um eine bessere Ausnutzung des Stauraumes zu erreichen.
Durch Verwendung von zwei Lagen (statt drei) von jeweils zwölf Einzelpackungen mit der neuen Orientierung (3a, 4b) lässt sich die Volumenausnutzung der Palette von 83.62% auf 90.59% steigern.
Die Anzahl der Einzelpackungen pro Versandgebinde wird dabei von 36 auf 24 reduziert.