Wilhelm Huisinga (FU) und
Frank Cordes (ZIB)
Moleküldynamik und Docking
Vorlesung Algorithmische Bioinformatik, WS 2002/03 27. Januar 2003
Moleküldynamik und Docking
Das ist (klassische) Moleküldynamik
amira@ZIB
Moleküldynamik und Docking
Fragen ?
Moleküldynamik und Docking
Typische Fragestellungen
• Faltung: beliebige Ausgangsstruktur Æ Faltungszustand (Optimierungsprozess)
• Kinetik des Faltungsprozesses (Dynamik)
• Bindungsaffinität beim Docking (Energiedifferenz) Energieerwartungswerte (Statistik)
• Konformationsdynamik: Identifikation wesentlicher 3d-Strukturen, ihrer Lebensdauer sowie der Übergangsraten (Statistik & Dynamik)
• …
Moleküldynamik und Docking
Wo kommen solche Fragestellungen vor?
• Unterstützung von High Throughput Screening (virtuelles Screening)
• künstlicher Medikamentenentwurf (drug design)
• Unterstützung experimenteller Strukturanalyse (simulated annealing)
• Bewertung von Reaktionswegen (Katalysatoren)
• Strukturvorhersage von Komplexen (docking)
• Strukturvorhersage von Biomolekülen (Homology Modelling / Threading)
• chemische Intuition
Moleküldynamik und Docking
Was braucht man alles?
1. 3d Struktur des Moleküls
2. Mathematisch/physikalisches Modell für die Dynamik 3. Numerisches Verfahren zur Simulation
... und natürlich Algorithmen zur Auswertung der Daten.
Moleküldynamik und Docking
3d Struktur des Moleküls
z.B. PDB-Datenbank:
„The Protein Data Bank (PDB) is an archive of experi- mentally determined three-dimensional structures of biological macromolecules.
The archives contain atomic coordinates, bibliographic citations, primary and secondary structure information, as well as crystallographic structure factors and NMR experimental data.“
http://www.rcsb.org/pdb/
Zitat von der homepage
Moleküldynamik und Docking
Was braucht man alles?
1. 3d Struktur des Moleküls
2. Mathematisch/physikalisches Modell für die Dynamik 3. Numerisches Verfahren zur Simulation
Moleküldynamik und Docking
Nochmals: Typische Fragestellungen
• Faltung: beliebige Ausgangsstruktur Æ Faltungszustand (Optimierungsprozess)
• Kinetik des Faltungsprozesses (Dynamik)
• Bindungsaffinität beim Docking (Energiedifferenz) Energieerwartungswerte (Statistik)
• Konformationsdynamik: Identifikation wesentlicher 3d-Strukturen, ihrer Lebensdauer sowie der Übergangsraten (Statistik & Dynamik)
(1) je nach Fragestellung braucht man unter-
schiedliche Modelle zur Beschreibung der Dynamik (2) nicht jede Dynamik hat eine physikalische
Interpretation
Moleküldynamik und Docking
Einige Modelle für die Dynamik
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
W p
q DV
p& =
p
−,
( ) −γ
+σ
&q & =
Langevin-Dynamik:
Hamilton-Dynamik:
Markov-Ketten-Monte-Carlo:
) ) (
, ( 1 min(
) ,
( )
,
( 1 1 1
k k k
k k
k x Q x x x x
x
P π + π
+
+ =
... und es gibt durchaus noch weitere Modelle.
die Vorhersagekraft und die Anwendungsbereiche der verschiedenen Modelle werden durchaus kontrovers diskutiert.
Moleküldynamik und Docking
Ein Modell etwas detaillierter
Hamilton-Dynamik:
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
Moleküldynamik und Docking
Ein Modell etwas detaillierter
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
Atompositionen (Orte)x z
y
pro Atom (x,y,z) Position Æ3 x Anzahl Atome
viele Positionen
Hamilton-Dynamik:
Moleküldynamik und Docking
Ein Modell etwas detaillierter
Impulse (Geschwindigkeit, Masse)
Masse M
Geschwindigkeit v Æ Impuls=M v (auch hier:
3 x Anzahl Atome viele Impulse)
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
Hamilton-Dynamik:
Moleküldynamik und Docking
Ein Modell etwas detaillierter
Kraftfeld (Wechselwirkungs- potential)
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
Hamilton-Dynamik:
Abstoßungskräfte
Bindungsschwingung elektrostatische
Kräfte
Rotation um Bindungen
z.B.
Moleküldynamik und Docking
Ein Modell etwas detaillierter
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
Hamilton-Dynamik:
) ( ),
( t p t
Æ
q
Lösung (Atompositionen und Impulse) in der Zeit t, also die Dynamik des Moleküls
Probleme:
(1) Welche Anfangswerte wählt man?
(2) Wie ist das Kraftfeld zu wählen?
Moleküldynamik und Docking
Verbreitete Programmpakete und Kraftfelder
AMBER; Assisted Model Building and Energy Refinement) CHARMM; Chemistry at HARvard Macromolecular Mechanics)
GROMOS (GROningen MOlecular Simulation package) MMFF94, the Merck Molecular Force Field
Tripos, the force field of the Sybyl molecular modeling program
http://msdlocal.ebi.ac.uk/docs/mmrefs.html
Unterschiede: Modellierung von Wasserstoffbrücken- bindungen, des Lösungsmittels, physikalische Terme, Anwendungsgebiete (Proteine, Nukleinsäuren, etc.) Die Entwicklung brauchbarer Kraftfelder ist „eine Wissenschaft für sich“!
… um nur einige Programmpakete/Kraftfelder zu nennen.
Moleküldynamik und Docking
Verbreitete Programmpakete und Kraftfelder
http://msdlocal.ebi.ac.uk/docs/mmrefs.html
… um nur einige Programmpakete/Kraftfelder zu nennen.
Unterschiede: Modellierung von Wasserstoffbrücken- bindungen, des Lösungsmittels, physikalische Terme, Anwendungsgebiete (Proteine, Nukleinsäuren, etc.)
GROMOS (GROningen MOlecular Simulation package)
Æ Software-Praktikum
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Wechselwirkung geladener Atome
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
source: http://cmm.info.nih.gov/intro_simulation/node15.html
z.B.
Wechselwirkung aller Atome
Moleküldynamik und Docking
Bestandteile des Kraftfelds II
… und so sieht’s in Formeln gegossen mit R=(q,p) aus:
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
Zur Kraftfeldberechnung werden die kartesischen Atom- koordinanten in internen Freiheitsgrade/Variablen
(Bindungslängen, Winkel, etc.) umgerechnet werden.
Moleküldynamik und Docking
Das Lösungsmittel
Die Struktur und Eigenschaften eines Moleküls können entscheident von dem umgebenden Lösungsmittel
abhängen (z.B. kehren sich die hydrophilen Teile eines Proteins in Wasser nach außen).
Modellierung:
1. explizit innerhalb des Kraftfeldes
Æ Aufwand steigt
2. Ankopplung vereinfachter Lösungsmittelmodelle (z.B. Poisson-Boltzmann) Æ Kopplung & Genauigkeit?
Preisfrage: Wieviel Lösungsmittel simuliert man?
Moleküldynamik und Docking
Das Lösungsmittel
Die Struktur und Eigenschaften eines Moleküls können entscheident von dem umgebenden Lösungsmittel
abhängen (z.B. kehren sich die hydrophilen Teile eines Proteins in Wasser nach außen).
Modellierung:
1. explizit innerhalb des Kraftfeldes
Æ Aufwand steigt
2. Ankopplung vereinfachter Lösungsmittelmodelle (z.B. Poisson-Boltzmann) Æ Kopplung & Genauigkeit?
Preisfrage: Wieviel Lösungsmittel simuliert man?
Moleküldynamik und Docking
Das Lösungsmittel
Die Struktur und Eigenschaften eines Moleküls können entscheident von dem umgebenden Lösungsmittel
abhängen (z.B. kehren sich die hydrophilen Teile eins Proteins in Wasser nach außen).
Periodische Randbedingungen
Moleküldynamik und Docking
Randbedingungen
Moleküldynamik und Docking
Was braucht man alles?
1. 3d Struktur des Moleküls
2. Mathematisch-physikalisches Modell für die Dynamik 3. Numerisches Verfahren zur Simulation
Moleküldynamik und Docking
Numerische Integratoren
Problem: Analytisch kann man die Bewegungsgleichungen i. A. nicht lösen Æ numerische Approximation
) (q DV p
p q
−
=
=
&
&
) ( R f
R & =
ÅÆ
T t
m t
t
t
r r r r
r
r
0→
∆→
2∆→
3∆L →
∆=
Idee: um von t=0 (Startzeit) zu t=T (Endzeit) zu kommen, gehe in vielen kleinen Zeitschritten
∆ t
vor.t r R rt t t
∆
≈ +∆ −
& Æ
r
t+∆t= r
t+ ∆ t ⋅ f ( r
t)
Bsp: expliziter Euler
Wichtige Fragen: Genauigkeit, Effizienz, Erhaltungseigenschaften
Moleküldynamik und Docking
Leapfrog/Verlet
t t t
t t
t q t p
q +∆ = +0.5∆ + 0.5∆ ⋅ +∆ ) ( t 0.5 t
t t
t p t DV q
p +∆ = −∆ ⋅ + ∆
DAS Verfahren in der Moleküldynamik ist der Leapfrog- oder Verlet-Integrator:
t t t t t
t
p q p
q , →
+∆,
+∆gegeben: gesucht
t t
t
t q t p
q +0.5∆ = +0.5∆ ⋅
Hilfs- variable
Vorteile: explizit, nur eine Potentialauswertung,
symplektisch (erhält Volumen und beinahe die Energie)
Moleküldynamik und Docking
Was macht einem das Leben schwer?
(2) unterschiedliche Zeitskalen:
Bindungsschwingung (fs) ÅÆ Faltung/globale Konfor- mationsänderungen (ms) Verhältnis wie 1sec ÅÆ30000 Jahre
Konsequenz: Langzeitintegration (große Anzahl an Simulationsschritten)
(3) „Kondition“ des Problems
Langzeitintegration sind schlecht konditioniert (kleine Anfangsfehler können große Auswirkungen auf das Endresultat haben)
Konsequenz: Reformulierung in viele Kurzzeitsimulationen (1) unterschiedliche Zeitskalen:
schnellste Dynamik: Bindungsschwingung (fs) Konsequenz: Schrittweite
∆t ≈ 1 fs
Moleküldynamik und Docking
Was macht einem das Leben schwer?
(6) Metastabilität/„trapping problem“
(4) Dimension des Problems
zerklüftete Potentiallandschaft mit vielen Energie-Barrieren Konsequenz: z.B. Simulation bei höheren Temperaturen Proteine haben hundert-zehntausend Freiheitsgrade
Konsequenz: z.B. „Einfrieren“ schneller Freiheitsgrade (5) Aufwand der Simulation
Berechnung langreichweitiger Wechselwirkungen (Elektrostatik) proportional (Anzahl Atome)2
Konsequenz: Vereinfach der langreichweitigen Potential- terme durch sog. „Cut-Off“
Moleküldynamik und Docking
Was macht einem das Leben schwer?
(6) Metastabilität/„trapping problem“
(4) Dimension des Problems
zerklüftete Potentiallandschaft mit vielen Energie-Barrieren Konsequenz: z.B. Simulation bei höheren Temperaturen Proteine haben hundert-zehntausend Freiheitsgrade
Konsequenz: z.B. „Einfrieren“ schneller Freiheitsgrade (5) Aufwand der Simulation
Berechnung langreichweitiger Wechselwirkungen (Elektrostatik) proportional (Anzahl Atome)2
Konsequenz: Vereinfach der langreichweitigen Potential- terme durch sog. „Cut-Off“
Vorlesung im kommenden Semester:
ÆNumerik gewöhnlicher
Differentialgleichungen
Moleküldynamik und Docking
Worth Worrying About
„Remember: Simulations are fiction aspiring to emulate reality. Pretty pictures and even a few good numbers do not guarantee good science.“
P.J. Steinbach „Introduction to Macromolecular Simulation“
Moleküldynamik und Docking
Typische Fragestellungen
• Faltung: beliebige Ausgangsstruktur Æ Faltungszustand (Optimierungsprozess)
• Kinetik des Faltungsprozesses (Dynamik)
• Bindungsaffinität beim Docking (Energiedifferenz) Energieerwartungswerte (Statistik)
• Konformationsdynamik: Identifikation wesentlicher 3d-Strukturen, ihrer Lebensdauer sowie der Übergangsraten (Statistik & Dynamik)
• …
Virtual Screening
Output
conformation-dynamics of complexes
docking
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Overview
Virtual Screening
Output
conformation-dynamics of complexes
docking
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
target-ligand-complexes ligand-scoring
Data Flow
Virtual Screening
X-ray, NMR, Modell
Targets
2-D data
Ligands
Input
Virtual Screening
energy function + 3D data X-ray, NMR, Modell
Targets
energy function + 3-D data 2-D data
Ligands
preparation Input
MMFF:
quantum chemically basedForce Field automatic parameterization of „any“
biomolecule
Virtual Screening
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
data-enrichment preparation
Input
Virtual Screening
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Virtual Screening
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Virtual Screening
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Virtual Screening
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Virtual Screening
docking
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
Point Matching +
Fine Tuning
Virtual Screening
Output
conformation-dynamics of complexes
docking
pharma site
conformation-dynamics energy function + 3D data
X-ray, NMR, Modell
Targets
pharma-filter
conformation-dynamics energy function + 3-D data
2-D data
Ligands
focussing data-enrichment
preparation Input
target-ligand-complexes ligand-scoring