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Ankylosierende Spondylitis

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Academic year: 2022

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Morgensteifigkeit und tief sitzende Kreuz- schmerzen, die sich bei Bewegung bessern, sind typische Beschwerden bei ankylosieren- der Spondylitis. Bisher wurde die in Schüben verlaufende rheumatische Erkrankung im Wesentlichen mit Physiotherapie und NSAR behandelt. Seit einiger Zeit bereichern Medi- kamente, welche die Aktivität von Tumor- nekrosefaktor alpha inhibieren, das Therapie- spektrum.

B R I T I S H M E D I C A L J O U R N A L

Bei der ankylosierenden Spondylitis (AS) handelt es sich um eine chronisch-entzündliche rheumatische Erkrankung, die in erster Linie das Achsenskelett befällt. Typisch ist eine Sakroili- itis, doch kommt es auch zu entzündlichen Enthesiopathien (schmerzhafte Entzündung von Sehnenansätzen, z.B. der Achillessehne) und zu Syndesmophyten, die in späteren Krank- heitsstadien zu einer Ankylose der Wirbelsäule führen.

Prävalenzschätzungen schwanken zwischen 0,1 und 2 Prozent je nach Population. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Männer sind etwa fünfmal häufi- ger betroffen als Frauen.

Diagnostik

Die gebräuchlichsten Klassifikationskriterien der AS sind:

1. Tief sitzende Kreuzschmerzen, die seit mindestens drei Monaten anhalten und mit Entzündungszeichen einher- gehen (Besserung durch Bewegung, keine Linderung in Ruhe).

2. Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (LWS) in der Sagittal- und Frontalebene.

3. Eingeschränkte Thoraxumfangsdifferenz exspiratorisch/

inspiratorisch.

4. Bilaterale Sakroiliitis Grad 2 oder höher.

5. Unilaterale Sakroiliitis Grad 3 oder höher.

Typisch für die AS ist die Sakroiliitis. Doch bei manchen Pa- tienten verstreichen viele Jahre, ehe eine Sakroiliitis im Rönt- genbild sichtbar ist. Hier kann eine Kernspintomografie weiter- helfen, weil sie eine Sakroiliitis mit grösserer Sensitivität nach- weist, schreiben Claire M. McVeigh und Andrew P. Cairns im

«British Medical Journal».

Anamnese

Meist klagen die Patienten über Kreuzschmerzen, die morgens am schlimmsten sind, mindestens 30 Minuten anhalten und bei körperlicher Aktivität besser werden. Die Sakroiliitis führt nicht selten zu ein- oder beidseitigen Gesässschmerzen, die manch- mal in die Oberschenkelrückseite ausstrahlen. Schmerzen können auch im Bereich der Hals- oder Brustwirbelsäule und im Thorax auftreten. Gelegentlich klagen Patienten über

Ankylosierende Spondylitis

Diagnostik und Behandlung

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■ Patienten, die sich mit entzündlichen Rückenschmer- zen vorstellen, sollten frühzeitig zum Rheumatologen überwiesen werden.

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■ Eine frühzeitige Diagnose der ankylosierenden Spondylitis, zum Beispiel mit Hilfe einer Kernspin- tomografie der Iliosakralgelenke, ist wichtig.

■■

■ Die herkömmliche Behandlung umfasst Physiothera- pie, regelmässige Anwendung von nichtsteroidalen Antirheumatika, lokale Kortikosteroid-Injektionen und manchmal Sulfasalazin.

■■

■ Die Entwicklung von TNF-Inhibitoren hat die Behand- lung der ankylosierenden Spondylitis revolutioniert.

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Beschwerden, die durch eine Synovitis eines peripheren Ge- lenks oder durch eine entzündliche Enthesiopathie bedingt sind. Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit kommen häufig vor.

Körperliche Untersuchung

Im Frühstadium oder bei mildem Krankheitsverlauf können die klinischen Befunde diskret sein. Zur klinischen Untersuchung gehören:

■Die Untersuchung der LWS-Flexion nach vorn (Schober- Test; >5 cm Flexion sind normal)

■LWS-Seitneigung

■Messung des Thoraxumfangs bei In- und Exspiration

■Palpation und Belastungstests der Iliosakralgelenke

■Die peripheren Gelenke sollten auf das Vorliegen einer Syn- ovitis oder Enthesitis untersucht werden.

Auch sollte auf extraartikuläre Manifestationen wie Uveitis an- terior, Aortenklappeninsuffizienz, kardiale Reizleitungsstörun- gen und Lungenfibrose geachtet werden.

Genetik

Etwa 90 bis 95 Prozent der weissen westeuropäischen AS- Patienten weisen das HLA-B27 auf (Häufigkeit in der Normal- bevölkerung ca. 8%). Es ist anzunehmen, dass die Erkrankung bei genetisch prädisponierten Menschen durch einen unbe- kannten Umweltfaktor getriggert wird.

Labor

Die meisten (aber nicht alle) Patienten weisen eine beschleu- nigte Blutsenkung und erhöhte Spiegel an C-reaktivem Protein auf. Besonders bei Patienten im aktiven Krankheitsschub kann eine normozytäre normochrome Anämie vorliegen.

Bildgebende Verfahren

Typisch für die AS ist die Sakroiliitis, wobei die Veränderungen klassischerweise im unteren Drittel der Iliosakralgelenke auf- treten. Anfangs findet sich eine unscharf begrenzte Gelenkkon- tur, später kommt es zu Erosionen und zu Sklerosierungen. Bei langer Krankheitsdauer kann eine vollständige knöcherne Fu- sion resultieren. Die Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zei- gen Erosionen der Wirbelkörper, Syndesmophyten (Knochen- spangen zwischen benachbarten Wirbeln) und eventuell Ver- kalkungen des Wirbelkörper-Bandapparats. Im Endstadium kann eine fast komplette Fusion der Wirbelsäule vorliegen («Bambus-Wirbelsäule»).

Native Röntgenaufnahmen sind in frühen Krankheitsstadien manchmal unauffällig. In diesem Fall kann bei Patienten mit ty- pischen entzündlichen Rückenschmerzen und positivem HLA- B27-Nachweis eine Kernspintomografie (MRT) in Betracht ge- zogen werden. Die MRT eignet sich auch zur Therapiekontrolle bei Patienten mit aktiver AS.

Osteoporose und Frakturen

Osteoporose und Knochenbrüche sind bei Patienten mit AS keine Seltenheit. Am häufigsten treten Frakturen am thorako-

lumbalen und am zervikothorakalen Übergang auf, oft schon nach minimalem Trauma.

Therapie

Die Arbeitsgruppe «International Assessment in Ankylosing Spondylitis» hat in Zusammenarbeit mit der European League Against Rheumatism evidenzbasierte Empfehlungen für die Be- handlung der AS erarbeitet.

Physiotherapie

Sie ist das Schlüsselelement im Gesamtbehandlungsplan aller AS-Patienten. Entsprechend einem aktuellen Cochrane-Review bringt Physiotherapie AS-Patienten einen Nutzen, doch war nicht klar, welche spezifische Behandlungsstrategie verfolgt werden sollte. Viele Patienten empfinden Hydrotherapie als besonders hilfreich.

Nichtsteroidale Antirheumatika

In randomisierten, kontrollierten Studien wurde nachgewiesen, dass nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) im Vergleich zu Plazebo die Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der peripheren Gelenke bei AS bessern. COX-2-selektive Inhibito- ren und traditionelle NSAR scheinen ähnlich wirksam zu sein.

Eine Studie wies darauf hin, dass die regelmässige NSAR-Ein- nahme im Gegensatz zur NSAR-Einnahme bei Bedarf die radio- logische Progredienz der AS aufhält. Bei aktiver AS kann die re- gelmässige Behandlung mit NSAR demnach vorteilhaft sein. Bei der Wahl des geeigneten NSAR sind mögliche Risikofaktoren (gastrointestinal, kardiovaskulär) des Patienten zu bedenken.

Wenn NSAR kontraindiziert sind oder nicht vertragen werden, kommen Analgetika wie Paracetamol oder auch Opioide infrage.

Krankheitsmodifizierende Antirheumatika

Ein Cochrane-Review, in dem zwölf randomisierte, kontrollierte Studien berücksichtigt wurden, kam zum Schluss, dass Sulfa- salazin (Salazopyrin®) zu einer Besserung der Beschwerden in peripheren Gelenken, der Morgensteifigkeit und der Blut- senkungsgeschwindigkeit führte, doch wurde keine Besserung der Schmerzen, Wirbelsäulenbeweglichkeit, körperlichen Leis- tungsfähigkeit, der entzündlichen Enthesiopathien oder der Gesamtbewertung durch Patienten und Ärzte beobachtet. Laut einem Cochrane-Review gibt es keine Evidenz, die den Einsatz von Methotrexat bei AS stützt.

Kortikosteroide

Intraartikuläre oder periartikuläre Kortikosteroid-Injektionen sind bei Sakroiliitis wirksam, wie mehrere kleine Studien zei- gen. In der klinischen Praxis werden häufig und mit gutem Erfolg lokale Kortikosteroid-Injektionen zur Behandlung der peripheren Arthritis und Enthesitis vorgenommen, doch gibt es keine klinischen Studien, die dieses Vorgehen stützen.

Bisphosphonate

Zur Frakturprophylaxe bei AS werden häufig orale Bisphospho- nate eingesetzt. Bisphosphonate wirken auch entzündungs- F O R T B I L D U N G

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hemmend und wirken sich möglicherweise auf die Krankheits- aktivität aus.

Tumornekrosefaktor-Inhibitoren

Derzeit stehen drei Medikamente zur Verfügung: Etanercept (Enbrel®, zur subkutanen Applikation), Infliximab (Remicade®, zur intravenösen Infusion) und Adalimumab (Humira®, zur subkutanen Injektion). Studien haben ergeben, dass Etanercept und Infliximab bei Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, zur funktionellen Besserung und bei peripherer Gelenkbeteiligung im Rahmen der AS wirksam sind. Kürzlich wurde nachgewie- sen, dass Adalimumab ebenfalls effektiv ist.

Diese Medikamente führen rasch zu einer wesentlichen kli- nischen Besserung. Neuere Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass es zu einer ausgeprägten und persistierenden Reduktion spinaler Entzündungsvorgänge kommt, was kern- spintomografisch nachgewiesen werden konnte. Eine Behand- lung mit Tumornekrosefaktor-(TNF-)Inhibitoren sollte bei Patienten mit anhaltender hoher Krankheitsaktivität trotz konventioneller Behandlung in Betracht gezogen werden.

TNF-Inhibitoren scheinen bei Patienten mit kürzerer Krank- heitsdauer höhere Remissionsraten zu erzielen. In einer Studie kam es bei 35 Prozent der Patienten mit einer Krankheitsdauer unter 10 Jahren zu einer Remission, während die Remissions- rate 24 Prozent betrug, wenn die Krankheit schon 10 bis 20 Jahre gedauert hatte. Bei mehr als 20-jähriger Dauer konnte keine Remission mehr erreicht werden. TNF-Inhibitoren sind potente Medikamente, die auch zu signifikanten Nebenwirkungen füh- ren können. Insbesondere wurde über erhöhte Infektionsraten

inklusive Tuberkulose berichtet. ■

Quelle:

Claire M. McVeigh (Department of Rheumatology, Musgrave Park Hospital, Belfast) et al.: Diagnosis and management of ankylosing spondylitis. British Medical Journal 2006;

333: 581–585.

Interessenkonflikte: Die beiden Autoren geben Verbindungen zu meh- reren Pharmafirmen an.

Andrea Wülker

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