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Wikis in der Hochschullehre

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Claudia Bremer

Wikis in der Hochschullehre

Abstract

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Einsatzszenarien von Wikis in Lern- und Lehrprozessen und deren Eignung für die kollaborative Wissens- produktion, während zugleich Einschränkungen, Bedingungen und Gestal- tungsempfehlungen thematisiert werden. Zudem werden Erfahrungen mit verschiedenen Wiki-Anwendungen an der Universität Frankfurt dokumen- tiert, die vom begleitenden Einsatz im Seminar bis hin zur studentisch initi- ierten Bereitstellung studienbegleitender Materialien reichen. Die vorher ausgearbeiteten Aspekte werden nochmals anhand der Beispiele aufgegriffen und ihrer Praxisrelevanz verdeutlicht.

1 Wikis in Lern- und Lehrprozessen

Aufgrund der Eigenschaften von Wikis lassen sich bestimmte Eignungen und Einsatzfelder in Lern- und Lehrprozessen ableiten, die sich auch in der Praxis bewährt haben. Die Anwendungsszenarien umfassen dabei zum einen die Bereitstellung von Informationen durch einzelne Lehrende, wobei diese die Wikis als einfach editierbare Webseiten nutzen (Konieczny 2007). Mit dieser Intention begann z.B. auch das von Panke und Thillosen (2008) dokumentier- te Pflegewiki1 eines Dozierenden, das sich inzwischen zu einem Informati- onsportal im Pflegebereich entwickelt hat.

Auch Universitäten und entsprechende Einrichtungen setzen Wikis für die Bereitstellung studienbegleitender Informationen ein wie z.B. die Universität Hamburg mit ihrem Campus-Wiki, das Unipedia der Universität Koblenz, das Wiki des Asta der Universität Bremen und ein Wiki der Universitätsbib- liothek der Universität Rostock (Kleimann 2007) sowie das später noch be-

1 http://www.pflegewiki.de/wiki/Hauptseite

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sprochene L-Wiki2 des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Frankfurt.

Beißwenger & Storrer (2008, 2010) beschreiben den Einsatz eines Wikis für die Bereitstellung von Studieninformationen von Studierenden für Studieren- de, was mit einem als Hypertext-Werkstatt durchgeführten Seminar in der TU Dortmund aufgesetzt wurde. Der so entwickelte Hypertext-Prototyp wur- de anschliessend gemeinsam mit Studierenden weiter ausgebaut und steht heute unter dem Namen Studieninformationsplattform der Dortmunder Ger- manistik (StudiGer) als Informationsportal bereit3.

Andere Wiki-Anwendungen dienen der Sammlung und Bereitstellung themengebundener Inhalte wie z.B. die Wiki-Plattform zum Lehren und Ler- nen mit digitalen Medien4 der Universität Potsdam, die sich an Lehrende und Studierende mit dem Ziel richtet, „Raum für eine aktive und transparente Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Herausforderungen digitaler Medien in Lehre und Studium zu bieten“. Ein Wiki-basiertes Community- Projekt, das Prüflinge und Prüfer miteinander vernetzt, beschreiben Buchem und Hagenhofer (2009) mit dem Prüfungsvorbereitungswiki für die Medien- community. Hier können Lernende vorbereitete Texte abrufen und vor allem selbst zur Prüfungsvorbereitung kollaborativ Texte erstellen, wodurch die Aufgabensteller (Prüfer) „einen betriebs- und schulübergreifenden Eindruck [erhalten], wie Prüflinge Themenstellungen reflektieren und Aufgabenstel- lungen antizipieren. Hierdurch kann sich perspektivisch die Qualität der Prü- fungen weiter erhöhen“ (Buchem & Hagenhofer 2007: 26).

Erste Berichte über den Einsatz von Wiki-ähnlichen Systemen in Lehr- /Lernprozessen wie z.B. das CoWeb wurden schon 1999 publiziert (Guzdial 1999), wobei anfangs der Einsatz vor allem in der Informatik als sehr techni- kaffinem Fach erfolgte (Edington et al. 2005). Inzwischen erstreckt sich die Wiki-Nutzung auf fast alle Fächer (Augar et al. 2005, Lamb 2004, Schwartz et al. 2004). Die zum Teil in der Literatur gut dokumentierten Beispiele sind an vielen Hochschulen (Augar 2005, Beißwenger & Storrer 2008, 2010, Bris- tow 2005, Bruns & Humphrey 2005, Edington et al. 2005, Döbeli Honneger 2005a, 2005b, Ferris & Wilder 2006, Gaiser & Thillosen 2009, Godwin 2003, Kleimann 2007, Kozieczny 2007, Lamb 2004, Schwartz et al. 2004, Xu 2007), Schulen (Beißwenger & Storrer 2010, Jonietz 2005), Unternehmen und Weiterbildungseinrichtungen (Bartel 2006, Robes 2006) zu finden. Die

2 http://www.l-wiki.uni-frankfurt.de

3 http://www.studiger.tu-dortmund.de

4 http://www.uni-potsdam.de/db/wiki/elearning/index.php/Hauptseite

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Nutzungsszenarien umfassen dabei den Einsatz von Wikis als Kommunikati- onstool für diskursive Prozesse vergleichbar zu Foren (Bergin 2002) und vor allem aufgrund ihrer spezifischen Funktionalitäten zur Textproduktion durch Lernende selbst (Brahm et al. 2007, Beißwenger & Storrer 2008, 2010, Bre- mer 2006, Ebersbach et al. 2008, Gaiser & Thillosen 2009, Kozieczny 2007), wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.

1.1 Vorlesungsbegleitender Wiki-Einsatz

Hermann & Janzen berichten beispielsweise von dem Einsatz eines Wikis zur Begleitung einer Vorlesung durch Aufgabenstellungen, „in denen Studieren- de gebeten wurden, [in Wikis] Artikel über bestimmte Vorlesungsinhalte zu erstellen.“ (Hermann & Janzen 2009: 133). Kleimann (2007) erwähnt die Nutzung eines Wikis zur gemeinschaftlichen Erstellung von Vorlesungsmit- schriften durch Psychologie-Studierende der Universität Paderborn. Auch Klauer et al. (2006) dokumentieren ein entsprechendes Szenario, in dem Stu- dierenden jeweils Seiten zu Schlüsselbegriffen der Vorlesung im Wiki vor- gegeben wurden, zu denen sie Artikel verfassen sollten. O’Neill (2005) befasst sich in diesem Kontext mit der Frage, ob man Studierenden Skripte zu Vorlesungen überhaupt bereitstellen oder sie diese nicht besser selbst er- stellen lassen soll, indem man ihnen beispielsweise die Vorlesungsfolien bereitstellt. Aufgrund dieser Überlegungen entwickelte er ein Tool, mit dem man Vorlesungsmaterialien leicht in ein Wiki übertragen kann und in dem die Studierenden die Mitschriften dann weiter bearbeiten können (O’Neill 2005) – ein Ansatz, der auch Hermann & Janzen (2009) zu ihrer Umsetzung eines E-Lecture-Wikis inspirierte, in dem sie Vorlesungsaufzeichnungen be- reitstellen, die Studierende kommentieren und ergänzen können.

1.2 Kollaborative Textproduktion

Vor allem eignen sich Wiki-Systeme in der Lehre aufgrund ihrer spezifischen Medieneigenschaften für die gemeinsame Erarbeitung von Texten. Vorteile und Hoffnungen, die damit verbunden werden, sind beispielsweise, dass Stu- dierende durch die Texterstellung ein tieferes Verständnis für die behandel- ten Konzepte erwerben (Konieczny 2007). Die Ebenbürtigkeit von Lehrenden und Lernenden in einer Wiki-Umgebung kann positive Effekte auf deren Interaktionen haben, was eine zentrale Rolle in der Aktivierung in

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Lernprozessen spielt (Dewald et al. 2000, Kuh 1996). Auch Longworth (2003) betont die Eignung von Wikis für aktivierende Methoden und aktive Lernprozesse, welche die Effizienz von Lehrhandlungen (Wagenaar 1995) und die Ergebnisse des studentischen Lernens steigern können (Ruhl et al.

1987) – vor allem, wenn Studierende eigenständig Informationen recherchie- ren und generieren (Konieczny 2007).

Ein Beispiel für solche Formen des Wiki-Einsatzes in Seminaren liefern Thelen et al. (2005), die die Wiki-Nutzung in einer standortübergreifenden Veranstaltung beschreiben, in der Studierende verschiedener Universitäten gruppenweise Referate in einem Wiki erstellten. Universitätsübergreifend arbeiteten auch Studierende der Universitäten Dortmund und Duisburg.Essen in einem von Beißwenger & Storrer (2008) beschriebenen Projektseminar zum Aufbau eines eines Wiki-basierten Informationsportals zur Sprach- und Mediendidaktik5 (weitere Beispiele zur kollaborativen Textproduktion durch Studierende liefern die beiden Autoren in Beißwenger & Storrer 2008, 2010).

Egloffstein & Städtler (2006) beschreiben einen stark selbstorganisierten Ansatz der Wiki-Nutzung in einem virtuellen Seminar. Weitere Beispiele sind das später noch beschriebene Exkursionen-Wiki sowie ein Wiki, das im BasisReliPäd-Seminar6 zum Einsatz kam sowie der von Panke und Thillosen (2008) vorgestellte Einsatz eines Wikis im Bereich Archäologie, in dem Stu- dierende in Gruppen Textdokumente erstellten.

1.3 Nutzung öffentlicher Wikis

Neben dem vorlesungs- und seminarbegleitenden Einsatz geschlossener Wi- kis findet die Textproduktion und Mitwirkung Studierender auch in öffentli- chen Wikis statt: Spannagel und Schimpf (2009) beschreiben den Diskurs von Studierenden im öffentlichen Wiki-Bereich von Wikiversity, wo sie mit anderen Akteuren wie Lehrern, Schülern und Referendaren didaktische Fra- gen des Informatikunterrichts erörterten, was laut den Veranstaltern durch den hohen Praxisbezug wesentlich zur Motivation der Studierenden beitrug.

Auch Koniecny (2007) befürwortet in Anlehnung an Grauerholz (1999) und Bruns & Humbprey (2005) die Nutzung der öffentlichen Wikipedia für schriftliche Produkte von Studierenden, da zum einen der Stil der Wikipedia-

5 http://wikis.zum.de/ibk/

6 http://wiki.studiumdigitale.uni-

frankfurt.de/FB07_Basis_ReliPaed/index.php?title=Hauptseite

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Artikel studentischen Hausarbeiten entspricht, die sorgfältige Verschriftli- chung das Verständnis von Sachverhalten fördert und das Neutralitätsstreben von Wikipedia Studierende zwingt, eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten vorzunehmen und vor der Veröffentlichung Standpunkte gut abzuwägen. Zudem erwähnt er Beispiele, in denen Hochschulen gemeinsam mit Studierenden ganze Wiki-Portale aufbauen, die sich nicht nur an die ei- genen Hochschulangehörigen, sondern an die interessierte Öffentlichkeit richten (Koniecny 2007), so z.B. M/Cyclopedia of New Media, eine Themen- sammlung zu Medienkonzepten der Queensland University of Technology (Bruns & Humphreys 2005). Beispiele im deutschsprachigen Raum sind das JuraWiki der RuhrUniversität Bochum7, eLIB8, ein Digitalisierungsprojekt, das sich Werken widmet, „die keinem Urheberschutz (mehr) unterliegen“

und die oben erwähnte WWW-Ressource zur Sprach- und Mediendidaktik9 der Universitäten Dortmund und Duisburg-Essen (Beißwenger & Storrer 2008).

Daneben bestehen neben solch eher themenorientierten Portalen Beispie- le, wo Studierende Informationen für andere Studierende und Studierende rund um die Studienorganisation bereitstellen, so z.B. das erwähnte, in einem Seminar begonnene Portal StudiGer der TU Dortmund (Beißwenger & Stor- rer 2008) sowie das weiter unten im Rahmen der Untersuchung behandelte Portal Podcast-Wiki Physik10 der Universität Frankfurt. Zusammenfassend kann die Nutzung öffentlicher Wikis wie z.B. der Wikipedia oder Wikiversity durch Studierende gegenüber der Bereitstellung von Informationen auf einem öffentlich gemachten Wiki einer Hochschule unterschieden werden. In diese zweite Kategorie fallen die Beispiele StudiGer und das Projekt Podcast-Wiki.

Oftmals wird dabei vor der öffentlichen Bereitstellung eine geschlossene Wiki-Umgebung als Arbeitsraum genutzt und die Texte erst später öffentlich gemacht. Als dritte Kategorie steht daneben die Textproduktion in einem geschlossenen Wiki z.B. im Rahmen eines Seminars.

1.4 Weitere Anwendungsgebiete

7 http://www.jurawiki.de/StartSeite

8 http://www.literature.at/elib

9 http://www.ibkdu.uni-dortmund.de

10 http://th.physik.uni-frankfurt.de/elearning/goto.php?target=wiki_2151 _PodcastWiki&client_id=FB13-PhysikOnline

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Weitere dokumentierte Anwendungsgebiete von Wikis reichen – auch jen- seits von Lern- und Lehrkontexten – vom Brainstorming in Bildungs-, Pro- jekt- und Teamsettings bis hin zum Wissensmanagement in Unternehmen (Bartel 2006, Brahm et al. 2007, Ebersbach et al. 2008, Klampfer 2005, Ma- jchzak et al. 2006).

2 Einordnung und Einsatz von Wiki-Systemen

2.1 Abgrenzung zu anderen Medien

Ebersbach et al. (2008) beschreiben die Merkmale von Wiki- Anwendungen wie folgt:

 Alle Teilnehmenden können Inhalte editieren und dies je nach Einstel- lung des Systems auch anonym oder nur nach Registrierung vornehmen.

 Auch die Struktur des Wikis wird durch die Beteiligten entwickelt: letz- tere können Seiten und Verweise anlegen und damit auch die Struktur verändern.

D.h. es steht eine ergebnisorientierte Vorgehensweise im Vordergrund, da jeweils nur der letzte Stand angezeigt wird, wobei bisherige Stände und die Bearbeitungsschritte transparent und meist wieder herstellbar sind. Auch lassen sich die Beiträge einzelner nachvollziehen und verfolgen (Koniecny 2007).

Untersucht man die Eigenschaften von Wiki-Systemen (Ebersbach et al.

2008) im Hinblick auf ihre Unterschiede zu anderen Medien, so sind sie in der hochschuldidaktischen Praxis gegenüber Foren, Blogs, Groupware-Tools, Dokumenten-Management-Systemen, Social-Network-Anwendungen und auch Lernplattformen abzugrenzen. Das bedeutet, dass bei der Wahl eines geeigneten Anwendungssystems – auch für die in diesem Beitrag später be- schriebenen Prozesse – der Einsatz eines Wiki-Systems gegenüber diesen anderen Anwendungen abzuwägen ist. Gerade in der medien- und hochschul- didaktischen Beratung und Planung ist es wichtig, die Unterschiede, die sich aufgrund der medienspezifischen Eigenschaften von Wiki-Systemen ergeben (Ebersbach et al. 2005), genau zu kennen, um geeignete Einsatzszenarien zu identifizieren. Untersucht man Wikis im Vergleich zu anderen Web- Anwendungen, so liefern Abgrenzungsaspekte und Unterscheidungsraster,

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Orientierungspunkte bei der Systemwahl. Solche bietet z.B. Hippner (2006), der Social-Web-Anwendungen nach den Kriterien Information, Beziehung und Kommunikation differenziert.

Da bei Wikis der Autor im Verhältnis zum Inhalt einer Seite eher im Hin- tergrund steht, spielt hier augenscheinlich der Informationsaspekt eine wich- tige Rolle. Auch wenn sich laut Stegbauer (2009) durch Rollenausprägungen durchaus Beziehungsaspekte in Wikis ergeben, tritt der Beziehungsaspekt in Wiki-Anwendungen im Vergleich zu anderen Social-Web-Anwendungen doch eher zurück und spielt eine untergeordnete Rolle: So ist nicht die Be- ziehungspflege primäres Anliegen eines Wikis, sondern vielmehr die Bereit- stellung, Verbreitung und kollaborative Generierung von Informationen.

Ebersbach et al (2008) nehmen eine ähnliche Unterscheidung vor, differen- zieren jedoch in einer Weiterentwicklung der Ansätze von Hippner (2006) und Schmidt (2006) die Aspekte Information, Kollaboration und Bezie- hungspflege. Zugleich legen sie diesen drei Aspekten in einem Dreiecksmo- dell Kommunikation als übergeordneten Aspekt zugrunde, der in allen Anwendungen zu finden ist:

Abb. 1: Einordnung von Wikis im Dreiecksmodell nach Eberwald et al (2008: 35).

Während Blogs ebenfalls dem Informationszweck dienen (z.B. im Sinne eines Tagebuches oder auch eines Themenportals), aber zugleich auch perso-

Kollaboration

Information Beziehungs-

pflege

Kommunikation

Wikis

Blogs

Social Sharing Social Networks Kollaboration

Information Beziehungs-

pflege

Kommunikation

Wikis

Blogs

Social Sharing Social Networks

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nen- oder institutionenorientiert sind, steht bei Wikis meist die kollaborative Erstellung und Bearbeitung von Texten sowie deren Veränderbarkeit im Vordergrund (Ebersbach et al. 2008). Auch Godwin-Jones (2003), der Wikis in seinem Emerging Technologies-Beitrag gegen Weblogs abgrenzt, die eher chronologisch organisiert sind, spricht den Wikis gegenüber den Blogs eine weitaus größere Eignung für kooperative Prozesse zu.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Zugriff auf die Textseiten durch mehrere Personen, das nachträgliche Editieren des Textes nach der Ersterstellung und das Zurücktreten der Autoren hinter die Inhalte wichtige Merkmale von Wiki-Systemen darstellen. Zusammen mit diesen Aspekten stellen die Möglichkeit, dass viele Personen (zeitversetzt) Seiten editieren können, und die sich ergebende Hypertextstruktur wichtige Krite- rien für die Wahl eines Wiki-System anstelle einer anderen Social-Web-An- wendung dar.

2.2 Verortung nach der Theory of Media Synchronicity

Verortet man Wiki-Systeme im Kontext der Theory of Media Synchronicity nach Dennis & Valacich (1999), die neben der Parallelität der Kommunika- tionsprozesse (mögliche parallele Stränge) auch den Synchronizitätsgrad (Gleichzeitigkeit wie z.B. Schnelligkeit der Rückantworten auf Inputs) als Unterscheidungskriterien für Medien heranziehen, so zeichnen sich Wikis wie folgt aus: „einerseits ermöglichen sie das Anlegen paralleler Stränge wie beispielsweise auch Foren. Zugleich weisen sie einen niedrigen Synchronizi- tätsgrad aus und eignen sich damit ebenso wie Foren für eher divergente Prozesse“ (Bremer 2006: 102). Da jedoch die gemeinsame Arbeit an einer Wiki-Seite möglich ist (hier: niedrige Parallelität) unterstützen „sie in Teilbe- reichen auch konvergente Prozesse, wodurch – anders als in Diskussionsfo- ren, die, folgt man der Theory of Media Synchronicity, sich vorrangig für divergente Prozesse eignen – Wikis Divergenz [in der Struktur] und Konver- genz [in einzelnen Texten] zugleich unterstützen“ (ebd.).

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2.3 Weitere Unterscheidungskriterien: Anzahl der Akteure Thelen et al. (2005) unterscheiden dagegen an Stelle des Parallelitätsgrades neben dem Synchronizitätsgrad die Anzahl an Autoren oder Sprechern, um Einsatzbereiche von Kommunikations- und Kollaborationsmedien voneinan- der abzugrenzen (s. Tabelle 1). Dies ergibt ein Raster, das zur Unterstützung der Medienwahl herangezogen werden kann. Dabei sind einige Einordnung- en jedoch mehrdeutig, da z.B. Blogs von mehreren Personen betreut werden können.

Tabelle 1: Klassifikation von netzbasierter Kommunikations- und Kollaborations- formen in Anlehnung an Thelen et al. (2005: 356) und ergänzt um eigene Angaben.

ein Autor/Sprecher mehrere Autoren/Sprecher synchron

Webcam Sendungen, live Übertragungen von Vorträgen, Webradio

Chat, Audio-und Video- konferenzen, Whiteboards, Shared Applications, Virtual Classroom Tools asynchron Webseite, Email, Blog Foren, Content-Management-

Systeme, Wikis, Email, (Blog)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass, wenn der Informations- und vor allem der Kollaborationsaspekt wichtiger werden als der Bezie- hungsaspekt und die (kollaborative oder kooperative) Wissensgenerierung vor die Bedeutung der einzelnen Person tritt, Wiki-Systeme das ideale Tool darstellen. Dies trifft insbesondere zu, wenn eine sich divergent entwickelnde Gesamtstruktur neben der konvergenten Arbeit an einzelnen Inhalten er- wünscht ist.

2.4 Eignung und Wirkungen von Wikis aufgrund ihrer spezifi- schen Medieneigenschaften

Das eigentlich Revolutionäre an Wiki-Systemen ist neben der von vielen Autoren hervorgehobenen einfachen und intuitiven Bedienbarkeit vor allem die Gleichberechtigung und Ebenbürtigkeit der Nutzer – vorausgesetzt es werden keine anderen Einstellungen vorgenommen (Ebersbach et al. 2008) (Koniecny 2007) (Raitman et al. 2005) (Schwartz et al. 2004). Wiki-Systeme lassen sich aufgrund ihrer Nutzerfreundlichkeit meist recht intuitiv bedienen,

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der Anwender muss nur einen Browser nutzen und keine weitere Software installieren und benötigt nur minimale technische Vorkenntnisse – dies er- klärt zum Teil auch die aktuelle Beliebtheit von Wiki-Systemen in Lern- /Lehrprozessen. Dies wird auch durch eine Studie von Augur et al. (2005) bestätigt, die Wikis in Lernprozessen einsetzten: 73% ihrer befragten Teil- nehmenden hatten keine Probleme, das Wiki zu nutzen und empfanden die Nutzung als sehr einfach. Auch Beißwenger & Storrer (2010) bestätigen diese Erfahrung im Rahmen von mehreren universitären Seminaren und beim Einsatz von Wikis im Kontext des schulischen Lernens: innerhalb von zwei Stunden konnten Studierende und Schüler ohne vorherige HTML- und Pro- grammierkenntnisse erste Wiki-Seiten im Media-Wiki-System erstellen – ein Zeitaufwand, dere nach Erfahrung der Autorin sogar noch niedriger ausfallen kann – vor allem in Wikis, die Teil einer Lernplattform sind. Farmer (2004) betont in diesem Zusammenhang, dass ein System wie Wikipedia vor allem auch durch Millionen nicht technologieaffiner Nutzern verwendet wird, was dessen intuitive Benutzbarkeit bestätigen soll – ein Aspekt den Panke und Thillosen (2008) jedoch bezweifeln, wenn es sich um aufwendigere Anwen- dungen wie das Einstellen von Bildern usw. handelt.

Gerade die potentielle gleichberechtigte Nutzung lässt eine große Beteili- gungsquote in Wikis vermuten, was in den praktischen Nutzungen jedoch nicht unbedingt bestätigt wird. Nielsen (2006) brachte die oftmals zitierte 90- 9-1-Regel auf, nach der 90% der Nutzer in sozialen Netzwerken sich nicht aktiv beteiligen, 9% wenig und 1% aktiv sind. Eine Verteilung, die auch von aktuellen Wikipedia-Studien wie z.B. (Stegbauer 2009), (Ebersbach et al.

2008) und in Untersuchungen zur Wiki-Nutzung in Lern-Lehrkontexten be- stätigt wird: Ohne verpflichtende Elemente fallen die Beteiligungsintensitä- ten der Nutzer höchst unterschiedlich aus (Thelen & Gruber 2005) – ein Aspekt, auf den noch eingegangen wird und der eine zentrale Fragestellung der später vorgestellten Untersuchung ist.

Ob ein Wiki-System überhaupt ein soziales Netzwerk ist, diskutieren Baumgartner (2006) und andere kritisch, da ja gerade wie oben dargestellt der Beziehungsaspekt in Wikis hinter dem Informationsaspekt zurücktritt.

Dazu schreibt Baumgartner (2006: 4): „Wenn Wikis in einem geschlossenen Gruppensetting zum kooperativen Bearbeiten eines bestimmten Themas ver- wendet werden, lassen sich daraus keine neuen persönlichen Kontakte er- schließen. Die Arbeitsgruppe wurde ja schon vorher – mit anderen Methoden – ermittelt und am Server registriert. Wird jedoch das Wiki in einem offenen gemeinschaftlichen Szenario verwendet – wie es z.B. bei der Wikipedia der

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Fall ist – dann scheint es so, als ob das Wiki auch als Social-Software wirkt.

Alle Personen, die gemeinsam einen bestimmten thematischen Beitrag bear- beiten, haben offensichtlich dasselbe inhaltliche Interesse. Diese Menschen haben sich – geleitet von deren eigenen inhaltlichen Motiven – auf einer Webseite zum gemeinsamen Bearbeiten desselben Themas gefunden’ und schreibt damit den Wikis durchaus Eigenschaften sozialer Netzwerke zu.

2.5 Fremd- und Selbststeuerung, Motivation und Anreize zur Beteiligung

Eine Differenzierung, die Moskaliuk und Kimmerle (2008) in Bezug auf Anreize zur Beteiligung anbieten, ist die Unterscheidung nach fremd- und selbstgesteuerten Wikis (s. auch Moskaliuk 2008). Dazu ziehen sie so ge- nannte psychosoziale Faktoren heran, die neben

 Offenheit (alle Inhalte sind frei zugänglich),

 Selbstorganisation (keine formalen Rollen innerhalb des Wikis),

 Autonomie (Mitarbeit basiert auf Freiwilligkeit),

 Interesse und persönlicher Relevanz (der Nutzer hat ein persönliches Interesse an den Inhalten) sowie

 Diversität (Unterschiede der Nutzer) auch den

 Serendipity Effekt umfassen (Nutzer stoßen beim Browsen auch auf an- dere Inhalte und Themen, nach denen sie ursprünglich nicht gesucht ha- ben; Moskaliuk & Kimmerle 2008).

Bei selbstgesteuerten Wikis sind diese Faktoren weitgehend erfüllt, bei fremdgesteuerten eher weniger. Ob diese oben genannten Faktoren in Lern- settings in Hochschulen und Schulen zum Tragen kommen, sehen einige Autoren sehr kritisch, denn gerade die den Social-Software Tools eigenen Partizipationsstrukturen halten dort nur sehr langsam Einzug und werden meist nicht realisiert. Einige Autoren konstatieren dazu, dass gerade die den sozialen Netzwerken eigenen Voraussetzungen wie freiwillige Teilnahme und Hierarchiefreiheit beim Einsatz in formellen Bildungsprozessen konter- kariert werden und viele Bildungseinrichtungen auf solch gleichberechtigte Beteiligungsstrukturen von Lehrenden und Lernenden nicht vorbereitet sind bzw. sie nicht in die Lernkultur unserer öffentlichen Bildungseinrichtungen passen (Baumgartner 2006, 2008, Döbeli Honnegger 2008, Gaiser & Thil- losen 2009, Kerres 2006). Reinmann kritisiert in diesem Zusammenhang

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beispielsweise, „dass wir [in Bildungskontexten] Selbstorganisation pflicht- bewusst und korrekt anpreisen, in der Praxis aber wenig Anstalten machen, selbstorganisiertes Lernen im Sinne einer selbstbestimmten Handlung nicht nur zu ermöglichen, sondern auch aktiv zu fördern“ (Reimann 2008: 14).

Moskaliuk & Kimmerle (2008) argumentieren genau dazu, dass das Potenti- al, das in offenen sozialen Netzwerken wirkt, sich in hochschulgebundenen Wikis, wo diese psychosozialen Faktoren nicht erfüllt sind, nicht entfalten kann und dies zum Teil die zu beobachtende verringerte Teilnahme in veran- staltungsgebundenen Wikis erklärt. Sie empfehlen aufgrund dieses Phäno- mens, die Motivation der Studierenden zu fördern, indem „sie das in einer Lehrveranstaltung eingesetzte Wiki als selbstgesteuertes wahrnehmen und sich gerne und freiwillig beteiligen“ (Moskaliuk & Kimmerle 2008: 4). Ihre Empfehlung ist, Studierenden eine möglichst freiwillige und selbstbestimmte Beteiligung am Wiki zu ermöglichen und z.B. durch Themenwahl ausrei- chend Raum für selbstbestimmtes Lernen zu lassen. Untermauert werden solche Forderungen durch Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf Lerner- folge: eine aktivere Beteiligung, die durch selbstbestimmtes Lernen motiviert wird, hat positive Effekte auf den Lernerfolg (Grolnick et al. 1991). Moska- liuk und Kimmerle (2008) argumentieren in Anlehnung an Ryan und Deci (2000), die einen maßgeblichen Beitrag zur Rolle der Selbstbestimmtheit in Lernprozessen leisteten, die Arbeit in Wikis so anzulegen, dass Lernenden neben dem Bedürfnis nach Selbstbestimmtheit das Bedürfnis nach Kompe- tenz, das z.B. durch die Veröffentlichung des eigenen Beitrags erfahrbar wird, und das Bedürfnis nach Eingebundenheit durch die Mitarbeit in einer Gruppe oder einer größeren Community befriedigt wird.

Versucht man Anreize zur Beteiligung seitens der Studierenden zu verste- hen und aktiv zu nutzen, so bieten neben der Selbstbestimmtheit weitere intrinsische Motivatoren Hinweise wie z.B. das Interesse am Thema des Wi- kis (Krapp 2006), die Möglichkeit, eigene Praxiserfahrungen, Fragen und Themen einzubringen (Moskaliuk & Kimmerle 2008) und die Erfahrung, dass die Nutzung des Wikis für sie „einen subjektiven Wert“ darstellt (Grü- ner & Kahl 1982: 117) wie z.B. zur Vorbereitung einer Klausur und ähnli- ches. In diesem Kontext kann jedoch auch das umgekehrte Phänomen auftreten, dass Lernende Informationen zurück- und dem Wiki vorenthalten, um für sich einen Wissensvorsprung zu realisieren (Moskaliuk & Kimmerle 2008); ein Phänomen, das häufig auch in Wissensmanagement-Systemen in Unternehmen auftritt und mit dem sich auch Klauer et al. (2006) im Rahmen des Medizin-Wikis konfrontiert sahen (hier waren viele Studierende aufgrund

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einer subjektiv wahrgenommenen Konkurrenzsituation nicht bereit, Vorle- sungsmitschriften für andere Studierende in einem Wiki aufzubereiten). Will man als Lehrender die Beteiligung von Studierenden aktiv fördern, so sollte daher „der konkrete Nutzen für den einzelnen Studierenden, sich an einem Wiki zu beteiligen, berücksichtigt und konkret kommuniziert“ werden (Mos- kaliuk & Kimmerle 2008: 14). Klauer et al. (2006) setzten dies im Rahmen ihrer Vorlesung anhand von Belohnungen für die Studierenden um, die einen Beitrag im Wiki geleistet hatten. Diese Belohnung lag darin, dass sie Zugang zu besonderen medizinischen Geräten erhielten, zu denen Studierende nor- malerweise kaum Zutritt erhalten.

Semar (2004) befasst sich in diesem Kontext mit der Umsetzung eines Anreizsystems zur kollaborativen Produktion von Wissen, das vor allem versucht, die intrinsischen Motivatoren zu aktivieren und setzt dies in einem Blended-Learning-Setting um, um die soziale Motivation der Teilnehmenden anzusprechen und so die Gruppendynamik zu verbessern. Er empfiehlt in Anlehnung an Ulich (1994) die Ansprache unterschiedlicher Fähigkeiten und Kenntnisse der Akteure, interessante und anspruchsvolle Arbeitsinhalte, so- ziale Interaktionen durch Kollaboration, Autonomie im Sinne von Entschei- dungsmöglichkeiten und eine klare Zielsetzung. Ein Aspekt, den auch Cubric (2007) unterstützt: Sie betont die Bedeutung einer klaren Aufgabenstellung und hebt zudem die Bedeutung tutoriellen Feedbacks und des Einfließens der Mitarbeit am Wiki in die Benotung hervor. Auch in Ulichs (1994) Anreizset- ting werden Lernverträge, klare Arbeitsaufträge, Gruppenarbeit und ein Feedbacksystem umgesetzt, wobei Beißwenger & Storrer (2008) zudem die Notwendigkeit betonen, klare Arbeitsaufträge und vor allem Anforderungen für auch peer-Reviews zu geben. Ein Beispiel liefern hier sie in Kontext einer Wiki-basierten Schreibwerkstatt in einer Schule, wo die Schülerinnen und Schüler Texte anhand eines Überarbeitungsbogens redigieren Beißwenger &

Storrer (2010).

Moskaliuk & Kimmerle (2008) bringen in diesem Kontext noch einen weiteren Motivationsfaktor an - die kognitive Diskrepanz im Sinne von Pia- get (1977): Finden Lernende Texte in einem Wiki vor, die nicht zu ihrer in- neren Konstruktion von Wissen führen (Perputation bzw. Störung des kognitiven Gleichgewichts), kann im Falle einer reaktiven Assimilation, also Anpassung der Umwelt, ein Lernender eine Anpassung des Wiki-Textes vornehmen (im Falle der Akkodomation passt ein Lernender dagegen sein Wissen an das der Umwelt an). Es ist anzunehmen, dass in Wikis je nach Wissensstand und Kompetenz des Teilnehmenden, Motivation, Rolle und

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technischer Kompetenzen beide Reaktionen auftreten und von diesen ver- schiedenen Faktoren beeinflusst werden. Laut Cress & Kimmerli (2008) darf das Anspruchsniveau der Texte jedoch auch nicht zu sehr vom eigenen Wis- sensstand abweichen. Stimmt es mit dem eigenen Wissensstand überein, so werden die Texte als fertig wahrgenommen und es erfolgt ebenfalls keine Bearbeitung.

Auf einen weiteren für den Einsatz von Wikis wichtigen Motivationsfak- tor bauten Beißwenger & Storrer (2008) in einem Seminar, in dem Studie- rende der TU Dortmund gemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen in einem Wiki eine WWW-Ressourcen zu Sprach- und Mediendidaktik11 auf- bauten. Die Befragungsergebnisse zeigten, dass es gelang, bei den Studieren- den Motivation zu wecken, was sich in einem hohen investierten Aufwand seitens der Studierenden niederschlug. Die beiden Autoren vermuten dabei

„dass die Erarbeitung einer Ressource, die später im Web veröffentlicht wird, zu überdurchschnittlichem Engagement motiviert“ (Beißwenger & Storrer 2008: 137) – ein Motivationsfaktor auf den auch das oben schon erwähnte Seminar BasisReliPäd baute und der nochmals im Fazit erwähnt wird: Moti- vation wird durch einen Dienst an einer Gemeinsschaft wie z.B. durch das Aufbereitung von Wissem für andere erlebt (Holmes 2001, Hollis 2002, Weigert 1998).

2.6 Didaktisches Design

Ein zentraler Aspekt rund um den Einsatz von Wikis in Lehr- und Lernkon- texten ist das didaktische Setting. Dies behandelt die Frage, ob und wie Wi- kis in der Hochschule im Rahmen von eLearning- und Blended Learning- Veranstaltungen oder begleitend zu Präsenzsitzungen eingesetzt werden.

Finden sie im Rahmen einer reinen online Veranstaltung statt, so muss ein Teil des Kennenlernens der Gruppe online stattfinden, wenn Gruppenprozes- se aktiviert werden sollen. Daher ist es oftmals einfacher, die Gruppenbil- dung in Präsenzveranstaltungen vorzunehmen. Erfahrungen mit dem Projekt BasisReliPäd an der Universität Frankfurt und in anderen Projekten wie dem von Panke und Thillosen (2008) dokumentierten Archäologie-Wiki zeigten, dass Teilnehmende Hemmschwellen haben, in die Texte anderer einzugreifen oder im Fall des von Beißwenger & Storrer (2010) dokumentiertem schuli- schen Wiki-Einsatz Autoren auf solche Eingriffe sogar mit Protest reagieren.

11 http://www.ibkdu.uni-dortmund.de

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Abhilfe schuf hier in den ersten Fällen die frühe Bildung von Gruppen, die für bestimmte Inhaltsbereiche zuständig waren und von Anfang an kollabora- tiv an den entsprechenden Seiten arbeiteten.

Gleichzeitig ist vielfach zu beobachten, dass den Beteiligten das sequentielle Schreiben auf einer öffentlichen Plattform und damit die Offenlegung von work in progress, d.h. auch halbfertigen Texten, schwerfällt. Während bisher immer abgeschlossene, fertig formatierte Referate gefragt waren, sollen sie plötzlich den Schreibprozess einsehbar machen – eine Einschätzung die auch Panke und Thillosen (2008) teilen. Vielfach stellen die Lernenden ihre kom- plett formatierten Referate zum Abgabetermin ins Wiki oder tauchen mit den kommunikativen Prozessen in andere Plattform wie z.B. ins StudiVZ ab (Beißwenger & Storrer 2010). Um dem Abhilfe zu leisten, kann man Meilen- steine einführen, zu denen z.B. ein Abstrakt, eine Inhaltsübersicht oder ein Zwischenstand fertigzustellen sind. Dies ermöglicht auch, die Wahrnehmung der Gruppen über ihre eigenen Seiten hinaus zu lenken, so dass eine Verlin- kung zwischen den Beiträgen unterstützt wird (Walther 2006). Die Bezug- nahme auf andere Seiten kann explizit als Aufgabe gestellt werden, so dass die Meilensteine wie in Abb. 2 dargestellt ausgestaltet sein können. Die Be- sprechung der Zwischenstände in Präsenztreffen und das Feedback der Peers können dabei motivationsfördernd wirken. Während diese Struktur zwar einerseits eine Einengung der oben beschriebenen Selbstbestimmtheit auf der Gesamtebene bedeutet, so wird die von Ulich (1994), Semar (2004) und Cubric (2007) empfohlene Klarheit der Aufgabe und Betreuung umgesetzt.

Die Gruppenbildung erfolgt dabei in einer Präsenzsitzung vor der ersten on- line Aktivität, wobei vorstellbar ist, dass die Themensammlung und/oder Themenvergabe vorab online im Wiki erfolgt, um so die Interessen der Betei- ligten bei der Themenwahl zu berücksichtigen.

Abb. 2: Mögliche Meilensteine bei der kollaborativen Texterstellung in einem Wiki.

Fertigstellung Abstrakt Fertigstellung

Gruppen- vorstellung

Fertigstellung Inhaltsver-

zeichnis

Fertigstellung Zwischen-

stand

Fertigstellung Endergebnis

Präsentation &

Besprechung in z.B.

Präsenzseminar

ggf. Überarbeitung und Freigabe

ggf. Freigabe durch Betreuer

(Qualitätskontrolle) Publikation in öffentlichem Wiki

oder anderem öffentlichen

online ‘Ort‘

ggf. Feedback durch Peers

Fertigstellung Abstrakt Fertigstellung

Gruppen- vorstellung

Fertigstellung Inhaltsver-

zeichnis

Fertigstellung Zwischen-

stand

Fertigstellung Endergebnis

Präsentation &

Besprechung in z.B.

Präsenzseminar

ggf. Überarbeitung und Freigabe

ggf. Freigabe durch Betreuer

(Qualitätskontrolle) Publikation in öffentlichem Wiki

oder anderem öffentlichen

online ‘Ort‘

ggf. Feedback durch Peers

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Ein gutes Beispiel geben hier Beißwenger & Storrer (2008, 2010) anhand eines als Hypertext-Werkstatt bezeichneten Blended Learning-Seminars, wo sie schrittweise die Struktur und Qualität der Wiki-Texte aufbauten: in einem ersten Schritt wurden in einer Präsenzveranstaltung die Gruppen gebildet und anschliessend in der ersten online Phase Rohbauten zur Struktur der Texte entwickelt, nachdem die Teilnehmenden in der Präsenzsitzung einen Input zum Thema „Konzeption von Hypermedia-Angeboten“ erhalten hatten.

Nachdem diese Strukturen an dem zweiten Präsenztermin besprochen wur- den, erfolgte nach Vermittlung von Wissen zu den Themen „Bildschirmge- rechte Textgestaltung“ und „Gestaltung von Hyperlink“ eine zweite Bearbeitungsrunde in der folgenden online Phase, die das Ziel hatte, Korrek- turen aus den bisherigen Feedbacks einzubauen, die Texte zu verfassen und Verlinkungen vorzunehmen sowie abschliessend nach einer weiteren Sich- tung der Texte durch die Peers diese auf Basis der Reviews zu optimieren.

2.7 Offenheit versus Geschlossenheit

Ein weiterer Aspekt, der auf die Beteiligungsstruktur wirkt, ist die Offenheit und Geschlossenheit des Wiki-Systems. Während es einerseits motivierend sein kann, für eine vermeintliche Öffentlichkeit zu schreiben, so kann dies zugleich hemmend und deaktivierend wirken, wenn der Wert des eigenen Beitrags als nicht sehr hoch (Kerr & Brunn 1983) oder der Anspruch an ihn zu hoch gesetzt wird (Ebersbach et al. 2008)12. Daher wird als mögliche Lö- sung die oben schon erwähnte Option vorgeschlagen, in einem geschlossenen und geschützten Raum (Arbeitsmodus) einen Text zu erstellen, der erst nach Revision durch die Gruppe, Peers oder gar einen Betreuer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Ein Verfahren, das im Rahmen des schon erwähn- ten BasisReliPäd-Projektes an der Universität Frankfurt wie auch in einem Wiki-Wissensmanagement-Projekt bei der Daimler AG verwandt wurde und das auch Panke und Thillosen (2008) im Rahmen des Archäologie-Wikis als förderlich dokumentierten. Im BasisReliPäd-Seminar wurden die von Studie- renden gruppenweise in einem Wiki verfassten Texte anschließend nach Freigabe durch den Hochschullehrenden im hessischen Bildungsserver für

12 Zu Motivationsverlusten in Gruppen durch Mindereinschätzung des eigenen Bei- trags vgl. Kerr & Brunn (1983). Dieser Effekt kann innerhalb von geschlossenen Gruppen auftreten und sich bei der Öffnung nach außen noch verstärken, wobei als

„Gruppe“ dann die Leserschaft im öffentlichen Bereich gesehen wird.

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den Einsatz im Schulunterricht bereit gestellt. Im Fall des Daimler-Projektes werden im Rahmen eines einjährigen Traineeprogramms Wiki-Texte entwi- ckelt, die als Beiträge in ein Experten-Wissensmanagement-System einflie- ßen und durch Peers, Trainer und Experten gereviewt und anschließend freigegeben werden. Diese Texte stehen erst den Autorengruppen und beglei- tenden Trainern geschützt zur Verfügung, bevor sie im Expertenwiki freige- schaltet werden.

2.8 Ebenen und Struktur

Dieses zuletzt skizzierte Szenario führt an die Frage heran, ob alle Inhalte für alle Teilnehmenden jederzeit zugänglich sind, oder ob Freigabe-, Qualitätssi- cherungs- und Redaktionsprozesse stattfinden. So bleibt beispielsweise in vielen Wiki-Anwendungen die Editierbarkeit der Startseite nur einer kleinen Redaktionsgruppe oder einer Person vorbehalten, wie dies beispielsweise auch in der Wikipedia selbst auch der Fall ist.

Abb. 3: Beispiel der Startseite des Projektes BasisReliPäd, in der eine Übersicht über die von Studierenden erstellten Artikel sowie Bearbeitungshinweise bereit stehen.

(18)

Dies muss nicht immer eine „Bevormundung“ sein, wie es aus Sicht der ab- soluten Offenheitsbefürworter eines Wiki-Systems wahrgenommen werden könnte. Neue Seiten sind in einer Wiki-Struktur oft nicht auffindbar außer über die Rubrik „Neue Seiten“, so dass die Pflege einer übersichtlichen Struktur durch eine Redaktionsgruppe geleistet werden kann, die beispiels- weise die Aufgabe übernimmt, neue Seiten auf der Startseite zu verlinken und Hilfestellungen, zusätzliche Informationen und Hinweise auf Aktualisie- rungen und neueste Ereignisse dort aktuell einzupflegen.

Diese Lösung ist auch daher von Vorteil, da Lernende oftmals zögern, in die Gesamtstruktur des Wikis einzugreifen (Moskaliuk & Kimmerli 2008) und z.B. ihre Seite auf der Startseite zu verlinken. So kann die Übersichtlich- keit trotz dieser Hemmschwelle sichergestellt werden. Eine technische Sper- rung des Zugriffs auf die Startseite ist jedoch in den meisten Fällen nicht erforderlich, da sich in geschlossenen Wiki-Systemen kein (und auch in offe- nen meist nur begrenzt viel) Vandalismus beobachten lässt (Konieczny 2007). Zugleich sollten die Beteiligten in die Entwicklung der Struktur des Wikis einbezogen werden, die z.B. in Blended Learning-Arrangements im Rahmen der Präsenzsitzungen oder auf einer Diskussionsseite im Wiki disku- tiert werden kann. Diese Beteiligung kann laut Moskaliuk & Kimmerli (2008: 16) „ebenfalls dazu beitragen, dass das Wiki in hohem Maße den Be- dürfnissen und Wünschen der Nutzer entspricht.“ So „wird das Wiki so zu einem gemeinsamen Projekt und die Bedeutung der Community wird bereits zu Beginn stark betont“ (Moskaliuk & Kimmerli 2008: 4), was wiederum wie oben ausgeführt die Motivation und somit die Beteiligung steigern kann.

2.9 Rollen

Die Beauftragung einer bestimmten Gruppe mit der Pflege der Startseite leitet zu dem Aspekt der Rollen in einem Wiki-System über. Während Steg- bauer (2009) auch in einem selbstorganisierten Wiki wie der öffentlichen Wikipedia, in der anfangs formal keine Rollenzuweisungen vorlagen (Moska- liuk & Kimmerli 2008), Rollenausprägungen beobachtet, stellt sich die Fra- ge, ob diese Entwicklungen auch in einem geschlossenen und/oder kleineren Wiki-System einer Hochschule auftreten. Kerres (2006) vermutet „Grenzver- schiebungen bei der Anwendung von Web 2.0-Prinzipien in Lehr- und Lern- zusammenhängen“ und „das Verschwimmen von ehemals klar definierten Rollenabgrenzungen zwischen Lehrenden und Lernenden“ (Gaiser & Thillo-

(19)

sen 2009: 187). Interessant ist auch die Frage, ob es dabei auch innerhalb von Gruppen zu Rollenausprägungen kommen kann – hier liefern z.B. Thelen und Gruber (2005) erste Hinweise, die allein durch die unterschiedliche Be- teiligung einzelner Gruppenmitglieder am Wiki innerhalb der Gruppen unter- schiedliche Rollen wahrnehmen. So vermuten sie, dass diejenigen, die später beginnen, sich aktiv an der Textproduktion zu beteiligen, sich an denen ori- entieren, die frühzeitig begonnen haben, im Wiki zu schreiben. Auch Panke und Thillosen (2008: 18) konnten im Rahmen des von ihnen untersuchten Archäologie-Wikis unterschiedliche Rollen innerhalb der Gruppen wie z.B.

die eines Textverwalters dokumentieren.

In den meisten Fällen, in denen Lehrende beteiligt sind, werden ihnen ex- plizit besondere Rollen zugesprochen und sie nicht ebenbürtig wie die Ler- nenden in die Beteiligungsstrukturen integriert. Brahm et al. (2007: 63) sehen z.B. den Beitrag von Lehrenden darin „bei technischen Fragen so schnell wie möglich Unterstützung und – falls möglich – Lösungsvorschläge anzubieten, zeitnah auf die inhaltlichen Beiträge der Lernenden einzugehen und entspre- chendes Feedback zu geben und falls möglich, Zusammenfassungen von Diskussionen sowie Hinweise bezüglich weiterer Ressourcen zu geben“.

Eine Sonderrolle, die auch Cubric (2007) im Rahmen der von ihr geforderten tutoriellen Betreuung durch Lehrende diesen zuspricht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, wie weit spezifische Rollenausprägungen in den verschiedenen Wiki-Szenarien in Hochschulen etabliert, erforderlich oder sogar vorteilhaft sind – eine Frage, die auch im Rahmen der zum Abschluss vorgestellten Untersuchung noch adressiert wird.

2.10 Regeln

Eng mit dem Rollenaspekt ist die Frage nach den Regeln des Miteinanders in einem Wiki-System verbunden: Gibt es bestimmte Rechte und Pflichten ein- zelner Gruppenmitglieder? Existieren Regeln, die für alle gelten und wenn ja, wie werden diese entwickelt?

In der Wikipedia lässt sich beobachten, dass sich bestimmte Regeln etab- liert haben wie z.B. das Verfahren, Begründungen für inhaltliche und struktu- relle Änderungen an Seiten und Kommentare auf den korrespondierenden Diskussionsseiten zu hinterlassen. Thelen und Gruber (2005) unterscheiden dazu Diskussionsseiten (Thread-Mode), auf denen der Autor erkennbar ist, und Inhaltsseiten (Document-Mode), auf denen die Person hinter den Inhalt

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zurücktritt. Moskaliuk und Kimmerli (2008) betonen, dass gerade in fremd- bestimmten Wikis einer Hochschule die Inhalte nach festen Vorschriften abgelegt werden und dies die Motivation und Offenheit bezüglich der Ausge- staltung der Beteiligung der Lernenden einschränken kann. Ein mögliches Verfahren ist hierbei – je nach Teilnehmergröße – erste Regeln, die sich z.B.

in der Wikipedia bewährt haben, zu empfehlen, da die Beteiligten anfangs oftmals noch nicht über die entsprechende Erfahrung verfügen, den Nutzen von Regeln und deren vorteilhafte Ausgestaltung einschätzen zu können. Ein Beispiel für solch ein Vorgehen liefern Buchem und Hagenhofer (2007) in dem oben erwähnten Prüfungswiki der Mediencommunity: „Um die Über- forderung der Lernenden zu vermeiden, wurde die Entscheidung getroffen, Regeln für das kollaborative Verfassen, Ändern und Kommentieren von Wi- ki-Seiten vorzugeben sowie Empfehlungen bezüglich der Aktivitäten, Mate- rialien und Aufgabenverteilung zu formulieren“ (Buchem & Hagenhofer 2007: 26). Diese Regeln betrafen neben den Aufgaben und Methoden der kollaborativen Zusammenarbeit im Wiki auch die Struktur, den Verlauf, die Moderation und Arbeitsmodi. Ein weiteres Beispiel für solche Regeln er- wähnen Beißwenger & Storrer (2010) im Kontext des Wiki-Einsatzes in der Schule: hier wurden Regeln für die Korrekur von Texten durch andere Schü- lerInnen vereinbart, die sich auf Rechtschreib-, Interpunktions- und Gramma- tikfehler reduzieren sollten, andere Formen der Revision sollten vorher mit dem jeweiligen Autoren besprochen werden. Überschrieben Schüler die Tex- te ihrer Mitschüler ohne solche Rücksprachen, reagierten die Erstautoren zum Teil mit Protest. Daraus schliessen die Autoren, dass Schülerinnen und Schüler „erst behutsam an die Vorteile kollaborativen Arbeitens an Texten herangeführt werden müssen“ (Beißwenger & Storrer, 2010: 14). Die beiden Autoren betonen zugleich, dass das kollaborative Schreiben beispielsweise für Studierende eine wichtige Kompetenz im Kontext des wissenschaftlichen Diskursprozesses ist: Studierende haben diesbezüglich im Gegensatz zu Wis- senschaftlerInnen, die häufig auch im Team publizieren, in aller Regel keine Vorerfahrung. Gemeinsam einen Text zu erarbeiten und dabei Zwischener- gebnisse anderen (z.B. Lehrenden, TutorInnen, KommilitonInnen) zur Ein- sicht- und Stellungnahme zugänglich zu machen ist daher eine wichtige Erfahrung auch im Hinblick auf kollaborative Schreibaufgaben in Schule, Beruf und Wissenschaft – was uns zu den Kompetenzen überleiten lässt.

In Bezug auf die Einführung und Weiterentwicklung von Regeln in Wiki- Systemen können mit wachsender Erfahrung der Teilnehmenden auch die Beteiligungsmöglichkeiten in Bezug auf die Adaptionen oder Weiterentwick-

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lungen von Regeln geöffnet werden, wozu z.B. Besprechungen in Präsenz- sitzungen oder auch die Diskussionsseiten im Wiki genutzt werden können.

2.11 Kompetenz von Lehrenden und Lernenden

Die Beteiligung an solchen Prozessen zur Verabredung von Regeln und zur Struktur des Wikis wie auch das Erstellen von Texten im Wiki selbst sind laut einiger Autoren wichtige Bestandteile der Medienkompetenz von Leh- renden und Lernenden. Scardamalia & Bereiter (2006) betrachten „die krea- tive Konstruktion neuen Wissens in Communities […]“ und „die Fähigkeit zur Beteiligung an diesen Konstruktionsprozessen als wichtigen Aspekt in einer modernen Wissensgesellschaft“. Sie und andere Autoren empfehlen zu Beginn der Arbeit mit einem Wiki eine kurze Einführung in die technischen Aspekte wie auch die Vorstellung der Prinzipien eines Wiki-Systems und dessen Auswirkungen auf das kooperative Lernen und die Organisation der Veranstaltung. Brahm et al. (2007: 63) begründen dies mit einem Zitat von Roblyer und Wiencke (2003): “the more comfortable the students become with distance formats [hier: Wikis], the more likely they are to participate both spontaneously and when required” (Roblyer & Wiencke, 2003: 89).

Hodel und Haber gehen sogar darüber hinaus und betonen, dass „eine allge- meine Medienkompetenz für einen fachgerechten, das heißt fachlich kompe- tenten Umgang mit Wikipedia nicht ausreicht.“ und fordern, „dass Hochschulen darauf hinwirken, dass Studierende über die notwenige Kompe- tenz verfügen, um mit Wiki-Systemen und insbesondere Wikipedia fachge- recht umzugehen.“ (Hodel & Haber 2007: 43). Umzusetzen sei dies durch eine stark fachspezifisch ausgerichtete Medienkompetenz zur Arbeit mit Texten und Quellen.

Wie oben schon erwähnt, muss der Einarbeitungsaufwand dabei nicht ausserordentlich groß sein: Beißwenger & Storrer (2010) dokumentieren eine Einarbeitungsphase von ca. zwei Stunden bis erste Texte entstehen können, eine Zeit, die nach Ansicht und Erfahrung der Autorin noch unterschritten werden kann, wenn die Arbeit an den Wiki-Texten schrittweise nach und nach erfolgt und dabei direkt mit der inhaltlichen Arbeit in Verbindung ge- bracht und eingeübt wird. Ein hervorragendes Beispiel bietet dazu die in Abschnitt 2.6 beschriebene Hypertext-Werkstatt von Beißwenger & Storrer (2008, 2010), in deren Verlauf die Studierenden zudem ihren Kompetenzzu- wachs in einem Wiki-basierten ePortfolio dokumentierten. Dabei konstatie-

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ren die beiden Autoren, dass die zur Nutzung eines Wikis erworbenen Kom- petenzen auch nachhaltig bereit stehen: „Auf sie kann in Folgeprojekten – sei es im gleichen oder in einem anderen Unterrichtsfach, in Folgeseminaren an der Universität, im späteren Berufsleben – aufgebaut werden“ (Beißwenger

& Storrer 2010: 24).

2.12 Qualität und Quantität

Als ein zentrales Problem des Wiki-Einsatzes an Hochschulen wird oftmals die fehlende Qualitätsssicherung betrachtet (Gaiser & Thillosen 2009). Un- tersuchungen zur Wikipedia zeigen dagegen, dass auch „ohne übergeordnete Kontrollinstanzen stilistisch erstaunlich konforme Texte“ verfasst werden,

„die sich stark an lexikalische Vorbilder anlehnten“ (Hodel & Haber 2007:

44). Die Ergebnisse können natürlich Resultat der hohen Anzahl an Wikipe- dia-Nutzern sein, die sich an der kollaborativen Textproduktion beteiligen, da ausreichend Nutzer Seiten und Beiträge anderer editieren, korrigieren oder Feedback geben (Leuf & Cunningham 2001, Panke & Thillosen 2008). Ob auf diesen Prozess in hochschulinternen Wikis mit kleineren Teilnehmerzah- len gebaut werden kann, ist fragwürdig. Kleimann betont daher in diesem Zusammenhang, „dass es zur Sicherung der inhaltlichen Qualität einer Prü- fung des Materials durch die Lehrenden bedarf, d.h. einer an approbierten wissenschaftlichen Kriterien ausgerichteten Qualitätskontrolle“ (Kleimann 2007: 157). Doch auch ohne diese Form der Qualitätssicherung wurden in hochschulinternen Wikis zufriedenstellende Ergebnisse beobachtet: Panke und Thillosen (2008) dokumentierten eine hohe Zufriedenheit des Dozenten mit der inhaltlichen Qualität der studentischen Beiträge in dem von ihnen untersuchten Wiki-Einsatz in einem archäologischen Seminar an der Ruhr- Universität Bonn.

Eine andere Form der Qualitätssicherung erfolgt, wenn Studierende in öf- fentlichen Wikis schreiben. Dann “liegen die Qualitätssicherungsprozesse in der Hand der Community“ (Panke & Thillosen 2008: 20) und gelingt gerade durch die große Zahl an Beteiligten. Um Studierenden dabei den Einstieg zu erleichtern, empfehlen Brahm et al. (2007), „mit dem Redigieren bestehender Artikel zu beginnen“, damit Gruppen „die fachliche und sprachliche Kor- rektheit der Inhalte analysieren“, bevor sie eigene Artikel verfassen (Brahm et al. 2007: 56).

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Um Teilnehmenden in geschlossenen Wikis den Einstieg zu erleichtern, hilft es, erste Anknüpfungspunkte zu bieten, wie es beispielsweise in dem von Buchem und Hagenhofer (2007) beschriebenen Prüfungsvorbereitungs- wiki erfolgte, denn „im Gegensatz zu der Hypothese, dass leere Seiten eines Wikis einen besonderen Anreiz zur Beteiligung darstellen, zeigte sich in ihren Studien, dass Versuchspersonen in Wikis schrieben, wenn sie bereits Textbeiträge vorfanden, an deren inhaltlichem Anspruch sie sich orientieren konnten und die zugleich nicht zu extrem vom eigenen Wissensabstand ab- wichen.“ (Panke & Thillosen 2008: 20 in Anlehnung an Cress & Kimmerli 2008). Um die aktive Wiki-Nutzung und eine bessere Orientierung zu ermög- lichen, wurden dort zum „Startpunkt 49 relevante Artikel aufbereitet und in das Wiki entsprechend der vorgegebenen Themenstruktur eingebunden“

(Buchem & Hagenhofer 2007: 26). Ein ähnliches Vorgehen wählten Klauer et al. (2006), die einem Wiki für Vorlesungsmitschriften in der Medizin alte deutsche Medizintexte einstellten, die die Studierenden durch eigene Texte ersetzen sollten. Während es anfänglich förderlich sein kann, vorhandene Texte als Anküpfungspunkt bereit zu stellen, so kann dies jedoch in einem gewachsenen Wiki für Neulinge erschlagend sein, wenn sie aufgrund der Ausgereiftheit und Vollständigkeit der Texte keinen Ort für ihre Beteiligung finden. In diesem Fall ist es hilfreich, neue Bereiche oder ein eines Wiki zu eröffnen.

3 Wiki-Nutzung an der Universität Frankfurt/M

Im folgenden Kapitel wird die Untersuchung mehrerer Wiki-Projekte vorge- stellt, die an der Goethe-Universität Frankfurt einerseits im Rahmen einer studentischen eLearning-Förderung (SeLF, Bremer 2009, 2011) und anderer- seits im Rahmen der allgemeinen eLearning-Strategie der Hochschule initi- iert wurden und zu deren Nutzung im Rahmen einer zweistufigen Befragung verschiedene Aspekte erhoben wurden.

3.1 Befragung

Die Untersuchung bediente sich dazu einer ersten telefonischen Runde von Leitfadeninterviews und zur Vertiefung bestimmter Fragestellungen einer Gesrpächsrunde, in der mehrere Projekte eingeladen wurden und ihre Erfah-

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rungen anhand einer vorgegebenen Struktur miteinander austauschten. Die Fragestellungen orientierten sich größtenteils an den oben behandelten As- pekten wie:

 Systemwahl:

Welches System wurde gewählt und aus welchen Gründen?

 Ziel der Nutzung: Wozu wird das Wiki genutzt?

 Art und Prozesse der Nutzung:

In welchen Sozialformen und Prozessen werden Seiten, Texte und Inhal- te erstellt? Existiert ein Produktions- und/oder Freigabeprozess? Besteht ein Redaktionsteam? Wie wird über die Struktur entschieden, z.B. dar- über, ob neue Seiten angelegt werden? Wie verlaufen Entscheidungspro- zesse? Wer pflegt die Startseite? Wie werden z.B. neue Seiten innerhalb des Wikis bekannt (gemacht)?

 Akteure der Erstellung/Pflege:

Wie viele Akteure gibt es schätzungsweise, in welchen Rollen (Schrei- bende, Lesende usw.)? Gibt es einen inner circle z.B. ein Redaktions- team und einen outer circle z.B. von Schreibenden, die jedoch nicht Teil des Redaktionsteams sind oder ähnliche Strukturen verschiedener Betei- ligngsformen? Wie werden neue Schreibende dazu gewonnen? Werden neue schreibende Akteure qualifiziert? Wenn ja, wie?

 Erreichung der Adressaten:

Wer ist die Zielgruppe (der Leser)? Erreicht das Wiki die (potenziellen) Leser nach Einschätzung der Befragten? Wird das Wiki beworben, curricular eingebunden usw.?

 Zielerreichung und Ausblick:

Sind Sie mit der Nutzung des Wikis bzw. den Ergebnissen, die mit dem Wiki erzielt werden, zufrieden? Was könnte anders sein? Wie soll es zu- künftig weitergehen (Visionen)? Gibt es wichtige Besonderheiten z.B. in Bezug auf Ziele, Finanzierung, Veränderungen der Beteiligten usw.?

3.2 Untersuchte Projekte

Befragt wurden neun verschiedene Wiki-Projekte, wobei zu zwei Projekten weitere Ergebnisse aus einer Untersuchung im Rahmen einer Bachelorarbeit vorlagen. Neben den vier studentisch initierten Projekten befanden sich zwei Wikis, die im Rahmen einer universitären Lehrveranstaltung genutzt wurden,

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und drei von einer universitären Einrichtung wie z.B. einem Fachbereich initiierte Wikis in der Untersuchungsauswahl.

Studentisch initiierte Wikis

 Bei BioKemika13 handelt es sich um ein studentisches Projekt, das ein Wiki als Portal nutzt, um Informationen zu Projekten, Studiengängen im Fachbereich, Lehrveranstaltungen, Instituten, Zentren (auch externe), und vor allem Informationen zu fachspezifischen Datenbanken und Softwaretools, die nach Ansicht der Initiatoren im Studium nicht genug vermittelt werden, bereitzustellen.

 Podcast-Wiki14 ist ein studentisches Projekt, das 2010 den hessischen Lehrpreis im Bereich studentischer Initiativen gewann. Es beinhaltet Vi- deos mit Beiträgen zu fachrelevanten Themen. Hintergrund und Zielset- zung war, dass Studierende zur qualifizierten Wahl ihrer Diplom- oder Masterarbeitsthematik Informationen über die Arbeitsgebiete ihrer Hoch- schullehrenden benötigen, die ihnen dieses Projekt neben Vorlesungsauf- zeichnungen und allgemeinen Informationen zum Fach bereitstellt.

 Bei OHEF15 handelt es sich um eine Onlinedatenbank für historische und ethnologische Forschung, die begleitend zu Lehrveranstaltungen Semina- rinhalte und Methodengrundlagen mit Übungen bereitstellt.

 Das Projekt Blended Learning Psychologie16 ist ein Sonderfall, da es als einziges studentisches Wiki-Projekt zugleich eine Veranstaltung beglei- tet, die von Studierenden gehalten wurde. Das Projekt hatte das Ziel, Studierende vor dem Vordiplom bzw. inzwischen im Bachelorstudien- gang Psychologie mit Hilfe eines Tutoriums auf die Prüfung in Statistik vorzubereiten. Dazu verfassten diese im Rahmen von Tutorien Texte im Wiki zu prüfungsrelevanten Themen.

13 Kurzinfo: http://www.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/elf/self08/p19/index.html Wiki-Link: http://biokemika.uni-frankfurt.de/wiki/BioKemika:Hauptseite

14 Steckbrief: http://www.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/elf/self08/p09/index.html Wiki-Link: http://th.physik.uni-frankfurt.de/elearning/goto.php?target=wiki_2151 _PodcastWiki&client_id=FB13-PhysikOnline

15 Kurzinfo: http://www.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/elf/self08/p01/index.html Link: http://www.ohef.uni-frankfurt.de/index.php?title=Hauptseite

16 Kurzinfo: http://www.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/elf/self08/p03/index.html

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Lehrveranstaltungsbegleitende Wikis

 Im Exkursionen-Wiki werden Beiträge zu geowissenschaftlichen Ex- kursionen in der Region im Rahmen eines Seminars projektbezogen von Lehramtsstudierenden erstellt, mit dem Ziel, diese anschließend anderen Studierenden, Referendaren und Lehrern zum Einsatz im Schulunterricht und zur Weiterentwicklung zur Verfügung zu stellen.

 Das schon mehrfach erwähnte Wiki des Seminars BasisReliPäd diente der kollaborativen Erstellung von Texten durch Lehramtstudierende im Fach katholische Theologie, wobei die Texte nach einer Qualitätssiche- rung durch den Hochschullehrenden anderen Studierenden und vor allem Lehrern und Schülern über den hessischen Bildungsserver für Unter- richtszwecke bereitgestellt wurden.

Von Institutionen der Universität initiierte Wikis

 KA-Wiki17 ist ein fachbereichweites Wiki des Instituts für Kulturanthro- pologie, in dem Lehrende wie Studierende Schreib- und Leserechte ha- ben. Es beinhaltet veranstaltungsbegleitende und übergeifende Materialien, Informationen zu Praktika, Prüfungsdaten, Ankündigungen und einen digitalen Semesterapparat sowie Kommunikations- und Inter- aktionselemente zu Lehrveranstaltungen. Da es auch als Ablagesystem für studentische Leistungen dient, deckt es funktional das gesamte Spekt- rum zwischen einem Content-Management-System, das in anderen Fachbereichen beispielsweise zur Erstellung von Webseiten genutzt wird, und einem Lernmanagementsytem ab.

 Das L-Wiki bietet ergänzend zu den Webseiten des Zentrums für Lehrer- bildung der Universität Informationen zum Lehramtsstudium an. Ziel ist, dass schnell aktualisierbare Inhalte gebündelt auf einer Webseite angebo- ten werden, wodurch eine einfache Suche, das schnelle Finden und ex- plorative Weitersuchen und -lesen von Informationen unterstützt wird (vergleichbar zum Serendity-Effekt).

 Okapi18 steht für Orientierung, Kompetenzen, Arbeitstechniken, Perspek- tiven und Information und hat das Ziel, die Beratungslast in der Lehre zu reduzieren, indem Inhalte des Fachbereichs Geschichte und Philosophie an ein Wiki ausgelagert werden. Damit wird angestrebt, für Lehrende

17 Info: www.uni-frankfurt.de/fb/fb09/kulturanthro/courses/index.html#KA-Wiki Wiki-Link (Zugang nur mit Registrierung möglich): http://ka-wiki.uni-frankfurt.de/

18 http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb08/FABacht/okapi.html

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und Studierende Zeitersparnis in Beratungssituationen zu erreichen. Der Grundgedanke wird getragen durch das Miteinander mehrerer Personen, die Links, Texte und Inhalte zum wissenschaftlichen Arbeiten, Praktika und anderen studienrelevanten Informationen bearbeiten können.

3.3 Ergebnisse

In nur drei der oben genannten neun Wikis findet tatsächlich ein intensives kollaboratives Schreiben statt (d.h. mehrere Studierende arbeiten an einem Text) und zwar genau dort, wo dies im Rahmen einer Lehrveranstaltung initi- iert, ja quasi gefordert wurde. In den Seminaren BasisReliPäd wie auch zum Exkursionen-Wiki wurden dazu schon in der Präsenzveranstaltung Gruppen gebildet, die die Arbeit an bestimmten Inhaltsbereichen übernehmen. Im Rahmen des BasisReliPäd-Seminars arbeiteten die Teams sogar in der ersten Präsenzsitzung zu zweit an einem Rechner an ihrem ersten Wiki-Beitrag – ein Vorgehen, das sich auch in anderen universitären Wiki-Szenarien als vorteilhaft zur Initiierung kollaborativen Arbeitens erwiesen hat. Dieses Vor- gehen lässt sich beispielsweise gut mit einer Einführung in die Wiki-Nutzung verbinden, wo Gruppen schon gemeinsam erste Texte anlegen können (z.B.

eine Gruppenseite). Dabei sollten die Gruppen jedoch nicht zu groß sein (zwei bis maximal drei Personen), um eine gemeinsame Nutzung des Rech- ners zu ermöglichen. Auch im lehrveranstaltungsbegleitenden Psychologie- Wiki (Blended Learning) verfassten die Teilnehmenden die Texte kollabora- tiv, da dies von den Veranstaltern so verlangt wurde.

In den drei von Studierenden initiierten Wikis zur Begleitung des Studi- ums (BioKemika, Podcast-Wiki Physik und OHEF) fand die Texterstellung in den meisten Fällen eher einzeln statt. In nur einem Fall war dies auch so ge- wünscht (Podcast-Wiki Physik) und auch die Beteiligung anderer gar nicht angestrebt. Die Akteure, die das Projekt initiiert hatten, sehen sich als Redak- tionsteam, das entscheidet, welche neuen Beiträge erstellt werden (vorrangig Filme zu Arbeitsgebieten von Hochschullehrenden) und diese dann auch erstellt. Die Beteiligung anderer Studierender reduziert sich meist vorrangig auf das Lesen und ggf. Kommentieren von Beiträgen. Neue Personen, die aktiv dazugewonnen und später auch tatsächlich im Redaktionskreis einmal mitwirken sollen, werden anfangs aber erst einmal an der Videoproduktion eingesetzt, um einen Einstieg in das Projekt zu finden. Die Betreiber des Wikis sind insgesamt mit der Nutzung des Wikis sehr zufrieden, was nicht

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zuletzt auch darauf zurückzuführen ist, dass es eng mit der eLearning-Seite des Fachbereichs Physik verzahnt ist. Zudem sind auch die Personen, die die beiden Portale betreiben, eng miteinander verbunden bzw. zum Teil iden- tisch, so dass das Podcast-Wiki inzwischen ein Teil des Informations- und Lehrangebotes des Fachbereichs Physik wurde.

Im Fall des Projektes BioKemika, das immerhin 250 angemeldete User umfasst, waren die Hoffnungen und Erwartungen genau umgekehrt: Hier erhofften sich die Initiatoren anfangs eine größere Beteiligung seitens ihrer Kommilitonen. Inzwischen konnten zwar dank ausgeprägter Marketing- und Belohnungsaktivitäten (Flyer, Poster, USB-Sticks, Freibier auf Universitäts- festen usw.) einige Studierende für Beiträge gewonnen werden, doch nach wie vor schreiben die meisten davon nicht direkt ins Wiki, sondern schicken ihre Beiträge als Email an ein Redaktionsteam, das die Texte dann einstellt.

Die Initiatoren vermuten, dass die Studierenden die Arbeit der Aufbereitung scheuen oder unsicher in Bezug auf die Qualität ihrer Beiträge sind. Das fünfköpfige Redaktionsteam stimmt sich untereinander auf ca. vier Redakti- onssitzungen im Jahr ab. Rückmeldungen erhält das Team aus der Vorstel- lung des Projektes in großen Lehrveranstaltungen, wo z.B. angeregt wurde, mehr allgemeine Hinweise in das Portal aufzunehmen. Daneben werden Än- derungswünsche, Anregungen und Kommentierungen auch per Facebook und Twitter übermittelt. Inzwischen gelang den Betreibern ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, denn das Wiki konnte curricular veran- kert werden: Im Rahmen der mit Credit Points belegten verpflichtenden Ein- führungsveranstaltungen ins Studium steht ihnen ein zweistündiges Zeitfenster bereit, in dem sie die Wiki-Nutzung allen neuen Studierenden vorstellen können. Zudem erhalten Studierende, die ihre Hausarbeit für das Wiki aufbereiten und dort bereitstellen, in einigen Lehrveranstaltungen einen weiteren Credit Point.

Das dritte studentische Wiki-Projekt, das OHEF-Wiki, fristete ein eher trauriges Dasein, da die von den Initiatoren daran geknüpften Erwartungen nicht erfüllt wurden. Dies liegt nach Ansicht der Betreiber vor allem an der mangelnden Mitwirkung der Lehrenden in ihrem Fachbereich, die bereit sein müssten, Materialien bereitzustellen oder das Wiki im Rahmen ihrer Lehr- veranstaltungen als Informationsquelle bekannt zu machen oder einzusetzen – Unterstützung, wie sie z.B. die BioKemika-Akteure von Lehrenden und dem Fachbereich erhalten.

Auch in den drei von universitären Institutionen betriebenen Wikis, KA- Wiki, L-Wiki und OKAPI findet kaum bis keine kollaborative Texterstellung

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statt, auch wenn diese zum Teil anfänglich intendiert wurde. So verbleiben die redaktionelle Betreuung und das Verfassen von Texten nach der Top- down-Initiierung meist auch bei denjenigen, die das Wiki initiiert haben. Im Fall des L-Wikis ist dies nach Angaben des Redaktionsteams auch so gewollt, wobei die Gesprächsrunde im Rahmen der Untersuchung mit den anderen Wiki-Projekten hier neue Ideen zu Beteiligungsformaten und Aktualisie- rungsmöglichkeiten generiert hat. Das Wiki ist zur Zeit eher statisch, d.h. es kommen nach der anfänglichen Aufbauphase kaum neue Beiträge hinzu, was auch an der relativ kleinen Redaktion von zwei Personen liegen kann, die sich über Aufbau, Inhalte und Struktur direkt mündlich abstimmen. Die Mit- arbeit von Studierenden wird akut nicht gewünscht, wobei die Akteure sich vorstellen können, dass Studierende Artikel per Mail einreichen, die sie re- daktionell bearbeiten und dann veröffentlichen, so wie das bei BioKemika zwar ungewollt passiert, aber zu funktionieren scheint. Die bisherige Heraus- forderung war im Falle des L-Wikis, die Inhalte des Wikis, das ja vor allem ein Informationsangebot für Lehramtsstudierende bereithält, sinnvoll zum Informationsangebotes desr eher statischen Webseite des Lehrerzentrums abzugrenzen, wobei die Inhalte des Wiki ja auch durchaus statisch sind. Vor- stellbar ist hier eine häufigere Aktualisierung durch neue Beiträge wie z.B.

monatlich neue Meldungen usw.

Auch OKAPI wird von zeitweise einem bis maximal drei Redakteuren be- trieben, wobei es sich recht guter Beliebtheit bei der Zielgruppe erfreut. Beo- bachtet wurde hier, dass, als eine Person die Zuständigkeit übernahm, sich andere dankbar über diese Arbeitszuordnung aus dem Redaktionsprozess zurückzogen. Da es in demselben Fachbereich wie das oben beschriebene OHEF angesiedelt war, wurden ähnliche Probleme seitens der Akzeptanz bei Lehrenden deutlich: Wiki scheint ein fachkulturell kritisch gesehenes Medi- um zu sein, das Lehrende nur zögerlich akzeptieren. Da im Fall von OKAPI die Akteure aus den Reihen des Mittelbaus, nicht der Studierenden, stammen und an zentraler Stelle angesiedelt sind, erfährt es jedoch größere Akzeptanz als das studentische OHEF, so dass es nach und nach von Lehrenden in der Form genutzt wird, dass sie Studierende auf die Hilfsangebote in Bezug auf das Erstellen schriftlicher Ausarbeitungen und wissenschaftlichen Arbeitens verweisen. Zudem ist es wie das Podcast-Wiki Physik an einer zentralen Stel- le im Webauftritt des Fachbereichs19 verankert, wodurch es gut auffindbar ist. Auch liegt ähnlich wie im Fachbereich Physik eine personelle Über-

19 http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb08/FABacht/okapi.html

Referenzen

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