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Ansprache beim Tag der Linzer Hochschulen zum Thema „Hoffnungstropfen“ in der Katholischen Hochschulgemeinde Linz.

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„Hoffnungstropfen“

Ansprache beim Tag der Linzer Hochschulen zum Thema „Hoffnungstropfen“

23. Oktober 2019, Galerie im Haus, Katholische Hochschulgemeinde Linz

Es gibt im Innviertel – aber wohl nicht nur dort – einen altbekannten Spruch, der lautet:

„Nix g’sagt ist g’lobt gnua.“ Lob, Gutes auszusprechen, ist nach diesem Verständnis überflüs- sig. Man möge doch beredtes Schweigen durchaus als Zustimmung und Wertschätzung inter- pretieren. Diese zugespitzte Haltung ist in den meisten alltäglichen Kontexten Gott sei Dank – wie ich meinen möchte – nicht handlungsleitend, auch nicht im Innviertel. Wir wissen um die positiven Effekte von Lob und Anerkennung, von der Benennung der Positiva.

Gutes und Gelungenes anzusprechen gehört zum Einmaleins jeder Pädagogik, Gesprächs- führung und Gruppenbegleitung. Und doch heißt es beispielsweise in der Kommunikations- Methodik der Themenzentrierten Interaktion beispielsweise: „Störungen haben Vorrang“.

Der Hang, das Defizitäre zu thematisieren und zu problematisieren, ist auf vielen Ebenen anzutreffen und ist uns im wahrsten Sinn des Wortes bis in die Eingeweide übergegangen:

Der Körper wird dann zum Problem, wenn es wo zwickt, wenn bei einer Gesundenuntersu- chung Anomalien festgestellt werden. Der eigene Körper wird plötzlich zum gegenständlichen Objekt, es sind Körper-Teile, die „reparatur“- bzw. heilungsbedürftig sind. Gesundheitliche Defizite wollen und sollen behoben werden – wir brauchen diese Problemanzeigen! Die ganz- heitliche Sicht auf uns selbst ist aber aufgespalten. Sind wir nicht mehr als die „Summe unserer Teile“?

Wenn es also stimmt, dass es evolutiv den Pessimismus brauchte und braucht, um als Menschheit zu überleben, so verstellt er doch den Blick, um die Welt als Ganzes zu verstehen1 – Professor Nussbaumer hat das in seiner Einleitung zum Hoffnungstropfen-Buch ausgeführt.

Gerade auch für die christlichen Kirchen stellt das eine Herausforderung dar. Bisweilen iden- tifizieren sie sich unbewusst mit dem Schicksal der Kassandra. Kassandra ist aus der griechi- schen Mythologie bekannt: Einem ätiologischen Überlieferungsstrang zufolge soll Apoll sich in die schöne Königstochter Kassandra verliebt und ihr die Sehergabe verliehen haben. Kas- sandra aber hat sich nach anfänglicher Bereitschaft dem Drängen des Gottes verweigert, worauf der erzürnte Apoll der Gabe, alles richtig vorherzusagen, den Fluch hinzugefügt habe, dass niemand ihr Gehör schenken werde; das bewirkte er, indem er ihr – die ihm den Kuss verweigerte – in den Mund spie.

Die Kirchen als Kassandra – als Mahnerinnen, auf die niemand hört, die an dem Fluch der ungehört verhallenden Mahnungen würgen?

Oder sind die Religionsgemeinschaften mehr wie der alttestamentliche Prophet Jona, der den Auftrag Gottes widerwillig ausführt, der assyrischen Metropole Ninive das Strafgericht anzu- drohen. Jona prophezeit den Bewohnern die Vernichtung. Die Bewohner reagieren ungewöhn- lich: Sie nehmen die Warnung doch tatsächlich ernst, bereuen ihre bösen Taten, sind bereit für einen gottgefälligen Lebenswandel und flehen Gott um Gnade an. „Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte und er führte die Drohung nicht aus.“

Jona wurde daraufhin zornig und haderte mit Gott.

1 Vgl. Josef Nussbaumer / Stefan Neuner, Hoffnungstropfen, Innsbruck 2018, 8.

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Die Person des Jona steht auch für die latente Gefahr, die Hinweise auf drohende Gefahren, das Mahnen und die Anwaltschaft für die Behebung von Missständen zum Selbstzweck wer- den zu lassen. Es ist für die Christinnen und Christen entscheidend, auch die Fortschritte, die Spuren des Guten, das Wirken Gottes in der Welt zu sehen. Jona macht Gott den selbstent- larvenden Vorwurf: „Eben darum wollte ich ja nach Tarschisch fliehen; denn ich wusste, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist … und dass deine Drohungen dich reuen.“

Während Kassandra daran leidet, dass ihre Worte ungehört bleiben, leidet Jona daran, dass seine Worte gehört werden: „Um der Gerechtigkeit willen will er lieber den Untergang Ninives als die lebensrettende Wirkung seiner Worte.“2

Das sollte den Christinnen und Christen nicht passieren und hier lässt sich gut an die „Hoff- nungstropfen“ anschließen. Professor Nussbaumer verbindet Empathie mit den Leidenden, Solidarität mit Hoffnung: „Der innere Unfrieden der Gesellschaft muss keineswegs zwingend in Wut, Hass und Gewalt ausarten. Er kann auch produktive Kräfte freisetzen, die nach Wegen zu einer solidarischen Gesellschaft suchen.“3 Diese produktiven Kräfte zu fördern und ihnen Anschubhilfe zu leisten muss für die christlichen Kirchen wesentlich sein.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

2 Jürgen Ebach, Kassandra und Jona. Gegen die Macht des Schicksals, Frankfurt a. M. 1987, 11.

3 Nussbaumer/Neuner, Hoffnungstropfen, 10.

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