Angehörigenarbeit
Wer pflegt?
53 % Kinder (zumeist Töchter – Berufstätigkeit des Mannes, moralische Verpflichtung der Tochter) 42 % EhepartnerInnen (zumeist Ehefrauen)
4 % Schwiegerkinder
1 % Sonstige (Geschwister, Nichten und Neffen) Ausmaß der Pflege
6 Tage pro Woche 12 Stunden pro Tag 23 % rund um die Uhr
72-Stunden- Woche Belastungserleben
25 % gering belastet (ohne zusätzliche Hilfe)
60 % mittelgradig belastet (brauchen mehr Unterstützung) 15 % sehr stark belastet („brennt der Hut“)
Häufige Fragen v. Angehörigen
Wird mein Angehöriger wieder gesund?
Wie ist der richtige Umgang mit meinem Angehörigen?
Wie muss ich mich verhalten, wenn eine weitere psychische Krise kommt?
Was kann ich tun, um Rückfälle zu vermeiden?
Welche Wirkungen und unerwünschte Wirkungen haben die Medikamente?
Welche Möglichkeiten habe ich, den Kranken während des Klinikaufenthaltes zu unterstützen?
Welche Möglichkeiten Habe ich, mit den MitarbeiterInnen der akuten Kliniken/ stationären Langzeitpflege/ des ambulanten Dienstes zusammenzuarbeiten?
Belastungen
physische Belastungen: Erschöpfungszustände, Magenbeschwerden, Gliederschmerzen, Rückenbeschwerden, Herzbeschwerden, Vernachlässigung der eigenen Gesundheit, psychosomatische Leiden werden in den Hintergrund gestellt
psychische Belastungen:
Gedächtnisprobleme stehen anfänglich im Mittelpunkt,
Verhalten der P: wiederholtes Fragen, Hinterherlaufen, Unruhe, Aggressivität, wahnhafte Vorstellungen, Angst, Depression, Tag-Nachtrhythmus, unangemessene Ansprüche, ->
bisherige Konfliktlöse-Strategien wirken nicht, nicht-sprachliche Signale, die nicht entsprechend interpretiert werden können
Angst vor dem Verlauf der Erkrankung, Inkontinenz
Aufgabe von Zukunftsplänen, Veränderung der Rollen und Beziehungen (Rollenumkehr), unzureichende Unterstützung aus der Umgebung, mangelnde Anerkennung, mangelnde Aussprache
Einschränkung der persönl. Freiheit
emotionale Reaktionen (Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Unzufriedenheit, Reizbarkeit bis Aggressivität, Schuldgefühle, Trauer, Scham.,)
Abhängigkeit: Wo soll man als Angehöriger Grenzen ziehen, wenn sich Vater, Mutter, Partner nicht mehr selbst versorgen kann?
Wissensdefizit: für viele Angehörige ist das Verhaltenen des betroffenen Patienten oft nicht nachvollziehbar
familiäre Belastungen: familiäres Gleichgewicht wird gestört, die Familie gerät in eine Krise, Konflikte mit Familienangehörigen
soziale Belastungen: Einsamkeit und Isolierung (Rückzug der Freunde, Nachbarn oft aus
Unverständnis) Reduzieren eigener Interessen, Fr. E. Doppelt- und Dreifachbelastung, oft auch Rückzug aus Selbstmitleid
materielle Belastungen: Pflege kostet (nicht gedeckt durch Pflegegeld), zusätzliche Ausgaben (bauliche Veränderungen, z.B. Badezimmerumbau, Taxitransporte, „Aufsicht“, Einschränkung und Aufgabe des Berufs -> Sinken des Niveaus der Alterssicherung
zeitliche Belastungen: alltägliche Verrichtungen, Familie, Freizeit, Krankenhaus, Kur, Urlaub (50% der Angehörigen fühlen sich in ihrer Freizeit eingeschränkt)
Entlastungsmöglichkeiten
„...der Sinn unseres Lebens ist in Frage gestellt durch die Zukunft, die uns erwartet, wir wissen nicht, wer wir sind, wenn wir nicht wissen, wer wir sein werden:
erkennen wir uns in diesem alten Mann, in jener alten Frau.
Das ist unerlässlich, wenn wir unsere menschliche Situation als Ganzes akzeptieren wollen.“
(Simone de Beauvoir)
Es kann Angehörigen von vornherein nicht zugemutet werden, eine Dauerbegleitung ihrer dementen Erkrankten zu übernehmen - sie sind dafür nicht geschult und wegen der familiären Verflechtungen dazu oft auch nicht geeignet.
Es muss Angehörigen ermöglicht werden zu wählen, wie lange sie was zu tun bereit sind.
Betroffene u. ihre Familien wollen die Hilfe erhalten, die sie unbedingt brauchen.
Angehörige nehmen im Allgemeinen ihren Anteil an der Versorgung „außerhalb“
selbstverständlich wahr, aber dieser darf ihre psychischen und physischen Möglichkeiten nicht übersteigen.
Was brauchen Angehörige?
Information über die Erkrankung: medizinisch, psychiatrisch, pflegerisch, Gefährdungen, medikamentöse Hilfen, über das „Nicht-mehr-Können“ des Kranken (keine Böswilligkeiten) damit sie vielfältige Betrachtungsweisen erhalten können.
Rechtliche Beratung
Finanzielle Beratung: Pflegegeld, Rundfunkgebühren-, Telefongebührenbefreiung, Rezeptgebührenbefreiung, Abschreibung der Pflege im Lohnsteuerausgleich Wohnraumberatung
Information über Betreuungsangebote: zeitliche Entlastung: zur Erholung von der
ständigen Aufsichtspflicht (z. B. Nachbarschaftshilfe, KZP, Tagesstationen, Besuchsdienste, mobile soziale Hilfsdienste)
körperliche Entlastung (z. B. Haushaltshilfen, Reinigungshilfen, Wäschereien, Essen auf Rädern)
Psychische Unterstützung: gemeinsames Erarbeiten von Aufarbeitungsstrategien - Wichtig dabei ist die Erfahrungen des Angehörigen ernst zu nehmen und in die zukünftige Lebensform mit dem dementen Vertrauten einzubinden. Bei fixen
Vorgaben durch die Pflegeperson bzw. Beratungsperson könnte sich der Angehörige übergangen fühlen und gleichzeitig würden die bisherigen Bemühungen an Wertigkeit verlieren
Angehörigen-Gruppen
psychotherapeutische Unterstützung, in der Lob und Anerkennung ausgesprochen werden.