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PRESSE- KONFERENZ 14.10.2021

WOHNEN: WIEN IST (NOCH) ANDERS!

AK Studie: In Hamburg, Berlin, London und Paris gehen Mieten durch die Decke – Wien steht aufgrund sozialer Wohnpolitik besser da – Aber: Der freie Markt funktioniert nicht – Spekulanten

investieren in Betongold, was private Mietpreise weiter in die Höhe treibt – Wohnen muss leistbar sein!

THOMAS RITT

Leiter der Abteilung Kommunal und Wohnen

LUKAS TOCKNER

Abteilung Kommunal und Wohnen JUSTIN KADI

Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik, TU Wien

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Wohnen darf nicht Luxus, sondern muss leistbar sein!

AK Studie: Sehr teuer wohnen in London, Hamburg, Berlin und Paris – Wien mit vergleichsweise günstigeren Mieten aufgrund wohnpolitischer Maßnahmen, etwa sozialer Wohnbau, Wohnbauförderung und Co. – Wohnen muss leistbar sein

Londons Haushalte legen rund die Hälfte ihres Haushaltseinkommens für die Miete ab, auch in Berlin, Hamburg und Paris (Region) belasten die Wohnkosten die MieterInnen enorm. In Wien wohnt es sich vergleichsweise noch günstiger. WienerInnen geben rund 27 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus. Einer der Hauptgründe: viele geförderte Wohnungen. Das zeigt eine neue AK Studie.

Lukas Tockner, AK Abteilung Kommunal und Wohnen: „Wien hat doppelt so viele soziale Wohnungen wie London und Paris. Die Sozialwohnungen sind stets von explosiven Preisentwicklungen am Bodenmarkt abgekoppelt. Zudem werden sie kostendeckend verwaltet, es geht nicht um Profite.“

Studienautor Justin Kadi, TU Wien: „Berlin hat ein hohes Mietniveau. Die Stadt hat den sozialen Wohnbau in den 1990er Jahren privatisiert und die Förderungen deutlich zurückgefahren, erst 2012 folgte ein Stopp der Privatisierungen. In Wien hingegen gibt es viele mietrechtliche Maßnahmen, beispielsweise Sozialwohnungen, die Mietregulierung, die Wohnbauförderung und die nicht stattgefundene Privatisierung im sozialen Wohnbau – all das dämpft insgesamt den Preisauftrieb am Wohnungsmarkt.“

Aber auch in Wien wird es enger. „Die Gier nach Betongold zeigt, dass die wohnpolitischen Entscheidungen der Stadt richtig waren, etwa Festhalten an der Wohnbauförderung, kein Verkauf von Gemeindewohnungen“, sagt Thomas Ritt, Leiter der AK Abteilung Kommunal und Wohnen. „Der soziale Wohnbau ist wichtig, damit sich auch Junge und nicht so gutverdienende Menschen Wohnen leisten können. Denn der freie Markt funktioniert nicht. Trotz vieler neuer, privater Wohnungen ist von sinkenden Preisen keine Spur. Im Gegenteil: Es wird am privaten Markt teurer und teurer! Verantwortlich für die exorbitanten Immobilienpreise: Spekulanten, etwa Investmentfonds – sie parken ihr Geld in neuen, frei finanzierten Wohnungen. Und weil der freie Markt keinen leistbaren Wohnraum schafft, muss es die Politik regeln.“

Die AK verlangt vom Bund:

+ mehr Kompetenzen für die Länder, etwa bei Widmungskategorien „Geförderter Wohnbau“

+ weg mit den befristeten Mietverträgen, Ausnahme soll es für Privatpersonen geben

+ öffentliche Grundstücke für geförderten Wohnbau verwenden, etwa leer stehende Kasernen.

Von der Stadt Wien verlangt die AK:

+ die neue Widmungskategorie „Gefördert Wohnbau“ weiter konsequent umsetzen

+ nur mehr die Stadt Wien selbst oder Gemeinnützige sollen öffentliche Liegenschaften mit geförderten Mietwohnungen bebauen.

London: Miete frisst Hälfte des Einkommens

Das Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik an der TU Wien hat im Auftrag der AK eine neue Studie erstellt. Sie untersucht die Wohnungspolitik und die Wohnkostenbelastung in fünf wachsenden, europäischen Millionenstädten: Berlin, Hamburg, London, Paris (Region) und Wien.

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Das geben MieterInnen für ihre Miete aus (Anteil der Miete am Haushaltseinkommen)

Die AK Studie zeigt: In London müssen MieterInnenhaushalte im Schnitt die Hälfte ihres Einkommens für die „warme“ Miete – also mit Heizung, Warmwasser und Strom – hinblättern, in Berlin rund 41 Prozent ihres Einkommens. In Wien gehen rund 27 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete drauf. „Man darf nicht außer Acht lassen, dass es für viele Menschen am Monatsende trotz allem eng wird, weil es auch noch andere laufende und fixe Kosten gibt. Ab einer Wohnkostenbelastung von einem Drittel wird es zunehmend kritisch“, so AK Wohnexperte Lukas Tockner.

Die Wohnkostenbelastung für Paris konnte nicht nur für die Stadt allein, sondern musste für über das Stadtgebiet hinausgehende Ballungszentrum berechnet werden.

Hohe Miete – so überbelastet sind die Haushalte

Fast zwei von drei Haushalten in London (62 Prozent) geben mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aus. In Berlin legt jeder zweite Haushalt mehr als 40 Prozent seines Einkommens für die Miete hin, in Wien jeder fünfte Haushalt (18 Prozent).

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Wien steht gut da – dank vieler Sozialwohnungen

„In Wien wohnt man vergleichsweise oft noch deutlich günstiger als in anderen europäischen Metropolen“, resümiert Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal & Wohnen. „Das ist so, weil es viele soziale Wohnungen gibt, die Mietregulierung, Wohnbauförderung, keine Privatisierung des sozialen Wohnbaus stattfand.“ Es gibt etliche unterschiedliche Formen geförderter Wohnungen.

Kernstück sind die 43 Prozent des Wohnungsbestandes, die der Gemeinde oder den gemeinnützigen Bauvereinigungen gehören. Diese Wohnungen sind stets von den immensen Preisexplosionen am Bodenmarkt abgekoppelt. Zudem werden sie kostendeckend geführt, es geht nicht um Profite.

So hoch ist der Anteil an Sozialwohnungen

Wien (43 Prozent) hat anteilig doppelt so viele soziale Wohnungen wie London (22 Prozent) und Paris (21 Prozent) und etwa 5-mal so viele wie Hamburg (acht Prozent) und Berlin (zehn Prozent). Das auch deswegen, weil die Genossenschaftswohnungen in Hamburg und Berlin nicht mit denen in Österreich vergleichbar sind. Denn in Deutschland wurde die Wohnungsgemeinnützigkeit bereits Ende der 1980er Jahre abgeschafft – für diese Wohnungen gibt es keine Mietpreisbindungen mehr.

„Die Sozialwohnungen dämpfen die Preisentwicklung am Wiener Wohnungsmarkt insgesamt, auch wenn wir in Wien in den vergangenen Jahren massive Preissteigerungen bei neuen, privaten Mietverträgen und Wohnungskaufpreisen hatten“, erklärt Ritt. „Wien steht gut da. Es war richtig, keine Gemeindewohnungen zu verkaufen. Es war richtig, an der Wohnbauförderung festzuhalten. Es war richtig, einen eigenen Bodenfonds zu gründen Es war richtig, politisch am Wohnungsmarkt mitzugestalten“, resümiert Ritt.

Bodenpreise in Wien extrem in die Höhe geschnalzt

In den vergangenen Jahren gab es jedoch einige internationale Entwicklungen, die sich auch auf dem Wiener Wohnungsmarkt wiederspiegeln. Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 setzte in ganz Europa eine anhaltende Niedrigzinsphase ein, auch die Arbeitsmarktöffnung 2011 hatte erhebliche Folgen für den Wiener Wohnungsmarkt.

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So sind die Bodenpreise zwischen 2010 und 2019 gestiegen

Innerhalb von nur neun Jahren haben sich die Bodenpreise in Wien mehr als verdoppelt. Konkret sind sie zwischen 2010 und 2019 um 124 Prozent gestiegen, in Berlin um das Fünffache (409 Prozent).

Trotz aller strukturellen Unterschiede gab es in Wien ähnliche Preissteigerungen wie in Hamburg. Die Bodenpreise haben maßgeblichen Einfluss auf die Miet- und Kaufpreise des künftigen Wohnungsangebotes. In Wien herrscht seit mehreren Jahren ein Bauboom. Trotz des Plus‘ an Wohnungen ist von sinkenden Preisen keine Spur. Im Gegenteil: Es wird teurer und teurer!

Mehr Angebot und höhere Preise passen nicht zusammen. Warum ist das so? Grundstücke sind keine beliebige Ware wie etwa Fruchtjoghurts, sondern beständig und regional immer nur begrenzt verfügbar.

Und: Boden verschleißt nicht, sondern – ganz im Gegenteil – wird mehr wert. In Mangel an Veranlagungsalternativen drängen Spekulanten, etwa Investmentfonds und andere Kapitalveranlagungsgesellschaften auf den Wohnungsmarkt. Das führt zu hohen Boden- und Wohnungspreisen. Ritt: „Durch die Flucht ins Betongold kann auch mit leeren Wohnungen Gewinn gemacht werden. Es wird immer mehr privat und teuer gebaut – das verdrängt den gemeinnützigen Wohnbau und das leistbare Wohnen.“

Wien darf nicht Berlin werden – Berlin hat sozialen Wohnbau privatisiert

Studienautor Justin Kadi: „Deutschland hat die Wohnungsgemeinnützigkeit Ende der 1980er Jahre abgeschafft. Das war ein deutlicher Einschnitt. Dabei wurde von der Wohnungspolitik hin zur einer Wohnungsmarktpolitik verschoben. Die soziale Wohnraumförderung wurde verstärkt von Objektförderungen auf marktorientierte Subjektförderungen umgestellt. Seit 2006 ist für viele Wohnungssachen nicht mehr der Bund, sondern die Bundesländer zuständig.“

„Berlin hat Anfang der 1990er Jahre die Privatisierung des sozialen Wohnbaus deutlich vorangetrieben und die Förderung des sozialen Wohnbaus zurückgefahren“, erklärt Kadi. „Die Stadt hat im Jahr 2001 die Förderung des sozialen Wohnungsbaus beendet und ist aus der Anschlussförderung bereits bestehender Sozialwohnungen ausgestiegen. Die umfangreichen Privatisierungen wurden im Jahr 2012

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gestoppt und die Mieterhöhungen im kommunalen Wohnbau beschränkt. Zudem wurden Regelungen zur Mietbegrenzung eingeführt. Trotz dieser kürzlichen Eingriffe ist der Berliner Wohnungsmarkt heute stark angespannt und es fehlt an leistbaren Wohnungen.“

In Österreich wurden Ende der 1980er Jahre durch eine Bundesstaatsreform die Kompetenzen der Wohnbauförderung vom Bund auf die Länder übertragen. Daneben erfolgte Mitte der 1990er Jahre eine Liberalisierung des Mietrechts, insbesondere in Bezug auf Mietzinsfestsetzung und Vertragsdauer (Befristungen). Seit Beginn der 2000er Jahre müssen Wohnbaufördergelder des Bundes nicht mehr ausschließlich für Wohnbauförderungen verwendet werden, sondern konnten durch eine Lockerung der Zweckbindung auch für andere Aufgaben eingesetzt werden. Darüber hinaus wurde der Eigentumserwerb im gemeinnützigen Mietwohnungsbau eingeführt und 2019 erleichtert.

„In Wien ist die Wohnungspolitik seit langem vom sozialen Wohnbau geprägt, mietrechtlichen Eingriffen und der Wohnbauförderung und seit den 1980ern auch relativ konstant. So wurden kaum öffentliche Wohnungen verkauft. Mitte der 1990er Jahre wurde die Wohnbauförderung intensiviert, um steigenden Preisen entgegenzuwirken. Seit Beginn der 2010er Jahre wurden neue Förderprogramme zur Schaffung von preiswertem Wohnraum eingeführt und 2018 eine Novellierung der Flächenwidmung eingeführt, um preiswertes Bauland für sozialen Wohnbau bereitzustellen.“

Wohnen muss leistbar sein, jetzt was tun!

„Sozialer Wohnbau ist wichtig, damit sich die Menschen, vor allem auch junge und jene mit weniger Einkommen, die eigenen vier Wände leisten können“, sagt Ritt. „Und sozialer Wohnbau dämpft die Preisentwicklung insgesamt. Deshalb muss weiter leistbarer Wohnraum geschaffen werden. Wohnen muss auch am freien Wohnungsmarkt leistbar werden“, sagt Ritt. „Weil der Markt keinen leistbaren Wohnraum schafft, muss die Politik ran.“

Die AK verlangt vom Bund:

+ Mehr Kompetenzen für die Länder beim Volkswohnungswesen

Die Länder haben zu wenig Spielraum beim sozialen Wohnungsneubau. Um etwa die Instrumente der Raumordnung zu verbessern, braucht es eine verfassungsrechtliche Klarstellung. Daher brauchen die Länder mehr Kompetenzen, um leistbaren Wohnraum zu schaffen, ohne bei Regelungen Gefahr zu laufen, dass sie vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden.

Daher sollte das verfassungsrechtliche „Volkswohnungswesen“ (nicht wie bisher nur betreffend der Wohnbauförderung) den Ländern so weit übertragen werden, dass durch sie jedenfalls folgende Maßnahmen möglich sind:

1 Schaffung spezieller Widmungskategorien für den geförderten Wohnbau 2 Zweitwohnsitzbeschränkungen

3 zwingender Anteil förderbarer Wohnungen im Neubaufall 4 befristete Baulandausweisungen

5 Ankaufsrechte der öffentlichen Hand.

+ Weg mit befristeten Mietverträgen

Drei von vier neuen Mietverträgen im privaten Segment sind nur mehr befristet. Weg mit befristeten Mietverträgen – Immobilienkonzerne, Versicherungen und andere große WohnungsbesitzerInnen sollen zukünftig nur mehr unbefristet vermieten dürfen. Privatpersonen sollen hingegen eine Wohnung befristetet vermieten dürfen.

+ Öffentliche Grundstücke für geförderten Wohnbau

Grundstücke, die der Allgemeinheit gehören, sollen ausschließlich mit geförderten Wohnungen bebaut werden. Das gilt zum Beispiel für nicht mehr benötigte Flächen und Gleise am Westbahnhof oder leere

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Kasernen – auch die Bundesimmobiliengsellschaft (BIG) und Bundesforste sollen Grundstücke hergeben.

Von der Stadt Wien verlangt die AK:

+ Widmung „geförderter Wohnbau“ weiter konsequent umsetzen

Nichts hilft Wohnungssuchenden mehr als neue, geförderte Mietwohnungen. Diese Wohnungen werden unbefristet vermietet und bezahlbar sind sie ebenfalls. Um den Betongoldrausch zu beenden, muss die neue Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ weiter konsequent umgesetzt werden. Auf riesigen Stadtentwicklungsgebieten wie in Rothneusiedel oder auch auf kleineren Erdäpfelfeldern in der Donaustadt soll deshalb jeweils das Maximum an gefördertem Wohnbau festgeschrieben werden.

+ Öffentliche Grundstücke für geförderte Mietwohnungen nur für „Gemeinnützige“ oder Wien Lebensversicherungen und andere Vermögensverwaltungsgesellschaften kalkulieren mittlerweile für die nächsten hundert Jahre mit niedrigsten Zinsen. Sie kaufen daher auch schon Neubauten, in denen die Mieten „nur“ für die nächsten 40 Jahre (förderungsrechtlich) gedeckelt sind. Daher sollen auf Liegenschaften der Stadt Wien (oder des Wohnfonds Wien) nur mehr gemeinnützige Bauvereinigungen oder die Gemeinde selbst gefördert bauen dürfen.

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