• Keine Ergebnisse gefunden

3. BEFUND UND BEURTEILUNG

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "3. BEFUND UND BEURTEILUNG"

Copied!
13
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)
(2)

2 3. BEFUND UND BEURTEILUNG

3.1 AUSGANGSLAGE 3.1.1 Gutachten DI Gössler

Zur Ausgangslage schreibt DI Gössler vom Amt für Stadtplanung und Mobilität der Stadt Bregenz am 20. 10. 2016 (2.6): „Am 05. September diesen Jahres hat Herr Dipl.-Ing. Dr. Joachim Warnecke als Eigentümer der Liegenschaften GST-NRN.690, 301/5 und 301/14, je GB 91103 Bregenz, einen Antrag auf Baugrundlagenbestimmung (BGB) gemäß § 3 Vorarlberger BauG (i.d.g.F.) im Amt der Landeshauptstadt Bregenz eingebracht. Dem Antrag auf BGB sind Planunterlagen für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses beigefügt (Vorentwurf Architekten Hermann Kaufmann ZT GmbH, Stand 21. 04. 2016), wobei die Neuerrichtung des Mehrfamilienhauses einen Abbruch des Bestandsgebäudes voraussetzt. Es gilt nunmehr zu beurteilen, ob ein Abbruch und Neubau den Zielsetzungen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes (REK) widerspricht.“

Auch Gösslers Befund zur Raumplanungsfachlichen Beurteilung und Festlegungen im Räumlichen Entwicklungskonzept ist in diesem Zusammenhang wie folgt nachvollziehbar:

BEFUND DI Gössler: „Das Bestandsobjekt befindet sich auf der sogenannten

„Oberen Platte“ von Bregenz an der Blumenstraße. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich einige Villenbauwerke (teilweise unter Denkmalschutz), die evangelisch-methodistische Kirche, der Friedhof Blumenstraße, das Bundesgymnasium Blumenstraße, sowie ein klassischer Geschosswohnungsbau aus den 1970er/80er Jahren. Die Liegenschaften sind zur Gänze als „Baufläche Wohngebiet“ gewidmet und weisen eine hohe Wohnqualität und starke Durchgrünung auf. Die vor allem alten Bausubstanzen im Quartier zeichnen sich durch eine hohe architektonische Qualität aus. Im aktuell gültigen REK 2008 ist deshalb unter Punkt B.5.1 die Zielsetzung festgelegt, dass „„alte, wertvolle Ensembles und Einzelobjekte in ihrem Bestand und Erscheinungsbild zu schützen sind““.

Das REK 2008 ist eine Weiterführung der REK-Erstfassung aus dem Jahr 2001. Mit Beschluss des REK 2008 wurde das REK 2001 jedoch nicht außer Kraft gesetzt, sondern es wurden die Leitlinien der Erstfassung weiterentwickelt und entsprechend ergänzt. Die Festlegungen im REK sind somit nicht als statisch abgeschlossene Planungsparameter anzusehen. Das REK hat sich von Anfang an in einem eigenen Kapitel mit dem Thema „Stadtbild“ auseinandergesetzt und entsprechende Leitbilder formuliert. Es wurden vier „räumliche Großstrukturen“ identifiziert, welche für die stadträumliche Gliederung und die Stadtgestalt charakteristisch sind. In einer weiteren Detaillierung wurden auch die „Villenviertel Ölrain, Im Dorf und Thalbach“ beschrieben, welche sich durch „solitäre, markante Gebäude, markante Grünstrukturen und große Grünbereiche“ auszeichnen.“………..

(3)

3 Und kommt zu einem nicht nachvollziehbaren Schluss:

GUTACHTEN DI Gössler: „ …. Im Falle der „Villa Freudeck“ wurde die bewährte Vorgangsweise der Baugrundlagenbestimmung (BGB) angewendet. Im Vorfeld der von den Grundeigentümern beantragten BGB wurde als erster Schritt das Bundesdenkmalamt (BDA) kontaktiert. Das BDA kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung nicht gegeben sind. Begründet wird dies mit den vielfältigen Zu- und Umbauten der letzten Jahrzehnte und der damit einhergehenden „Zerstörung“ der Ursubstanz. Damit ist bestätigt, dass das Objekt Blumenstraße 3 nicht unter Denkmalschutz steht.

Nachdem die Abklärung zum Denkmalschutz ein eindeutiges Ergebnis lieferte, wurde im Zuge der BGB der Bregenzer Gestaltungsbeirat als unabhängiges Fachgremium mit der Frage konfrontiert, welche Kriterien eine bauliche Nachnutzung des gegenständlichen Areals zu erfüllen hat, um diesem sensiblen Stadtraum gerecht zu werden. Der Gestaltungsbeirat kam in einem ersten Schritt zu dem Schluss, dass die Erfordernisse zum Ensembleschutz sowohl aus kulturhistorischen als auch aus architektonischen Gründen nicht gegeben sind und bestätigte somit die Festlegung im REK, dass die gegenständlichen Liegenschaften kein schützenswertes Ensemble darstellt (siehe Anlage Auszug REK

„Stadtbild Bestandsanalyse“).“

Im zweiten Schritt wurde umfassend der § 17 BauG „Schutz des Orts- und Landschaftsbildes“ diskutiert. Nach gründlicher Abwägung stellte der Gestaltungsbeirat fest, dass durch den Abbruch des Objektes die Charakteristik des Orts- und Landschaftsteiles, dem das Bauwerk zuzuordnen ist, nicht erheblich beeinträchtigt wird. Es werden auch keine wichtigen Sichtbeziehungen gestört, was wiederum eine Bestätigung der Festlegungen im REK darstellt (siehe Anlage REK „Stadt- und Landschaftserlebnis“). Der Gestaltungsbeirat empfahl daraufhin eine BGB, welche die Besonderheiten des Stadtraums aufnimmt, die Umgebungssituation berücksichtigt und das Gesamterscheinungsbild weitestgehend beibehält.

Es ist daher abschließend festzuhalten, dass mit den Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetztes (i.d.g.F.), im speziellen mit der Verordnung eines Bebauungsplanes, ein Bestandsobjekt per se nicht geschützt bzw. erhalten werden kann. Ebenso werden die Schutzziele des Räumlichen Entwicklungskonzeptes durch einen Abbruch und Neubau des gegenständlichen Bestandsobjektes nicht verletzt, da die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung im Sinne des Denkmalschutzgesetztes nicht gegeben sind.“

Stellungnahme zu den weder baukünstlerisch noch rechtlich nachvollziehbaren Schlussfolgerungen:

Schon der erste Absatz des Gutachtens dieser Amtsperson ist zumindest verwirrend.

Es wird betont, dass „aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen hervorgeht, dass der Bebauungsplan selbst ein Einzelobjekt nicht schützen oder erhalten kann.

(4)

4 Dies ist mit der REK-Feststellung „Villen und die sie umgebenden Gartenanlagen durch Parkschutz und durch die Erstellung von Bebauungsplänen schützen (Ölrain, Josef-Huter-Straße, Belruptstraße)“ auch nicht beabsichtigt worden.“

Daraufhin schreibt er im Widerspruch dazu: „Die REK-Maßnahme zielt darauf hin ab, dass, falls bauliche Veränderungen in sensiblen (Villen)Vierteln angedacht sind, diese nur mit größter raum- und stadtplanerischer Behutsamkeit durchgeführt werden können.“

Im Bezug auf §17 BauG „Schutz des Orts- und Landschaftsbildes“ betreffend soll der Gestaltungsbeirat festgestellt haben, dass „durch den Abbruch des Objektes die Charakteristik des Orts- und Landschaftsteiles, dem das Bauwerk zuzuordnen ist, nicht erheblich beeinträchtigt wird. Es werden auch keine wichtigen Sichtbeziehungen gestört“, wird weiter behauptet.

Auch würden die Schutzziele des räumlichen Entwicklungskonzeptes durch einen Abbruch und Neubau des gegenständigen Bestandsobjektes nicht verletzt, da „die gegenständlichen Liegenschaften kein schützenswertes Ensemble darstellt (sic!)“

und die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes nicht gegeben sind.

Abgesehen von der Tatsache, dass das hier dargestellte Procedere des Gestaltungsbeirats nicht mit den entsprechenden Protokollen (2.4) in Einklang zu bringen ist, ist auch den Feststellungen inhaltlich zu widersprechen, wie dies schon Univ.-Prof. Lilli Lička (Landschaftsarchitektur / Universität für Bodenkultur, Wien) sowie Univ.-Prof. Roland Gnaiger (Architektur / Kunstuniversität, Linz,) in ihren jeweiligen Stellungnahmen (28.10.2016 bzw. 24.2.2017) getan haben. (2.2)

Das Georg-Baumeister-Villenviertel am Ölrain hat jedenfalls alle Merkmale eines Ensembles, das in der vielfaltigen Stadtlandschaft von Bregenz eine bemerkenswerte Charakteristik aufweist. Es entspricht dem arche-typus eines Cottage- oder Villenviertels, wie sie in den Jahrzehnten um 1900 für gehobenes Wohnen des Großbürgertums in der gesamten zivilisierten Welt entstanden sind.

Dieses Viertel wird überdies dadurch ausgezeichnet, dass auf 6 der 10 Liegenschaften des Viertels Villen aus der Feder G. Baumeisters stehen.

Georg Baumeister:

Der Architekt Georg Baumeister (1852 – 1927) gilt als wichtiger Vertreter der bayerischen Regionalromantik bzw. des süddeutschen Jugendstils in Vorarlberg. Im Nachruf des Vorarlberger Tagblatts vom 17. September 1927 heißt es:

„Der letzter Tage verstorbene Architekt Baumeister war 1852 geboren in Hard. Seine Architekturlaufbahn machte er in Kassel, Berlin, Konstantinopel und München, wo er Inhaber einer großen Baufirma war. In Bregenz hat er sich verewigt durch das Landesmuseum, die Rathausfassade, durch die Villa Fünfland und die benachbarten Villen. Architekt Baumeister war auch ein großer Kenner und Sammler von Altertümern…“

Der Münchner Kunsthistoriker Dieter Klein ergänzt: „Wesentliche Impulse erhielt die Vorarlberger Architektur durch das Werk der beiden Georg Baumeister, Vater und

(5)

5 Sohn (1852 – 1927 bzw. 1887 – 1920). Der Vater stammte aus Hard bei Bregenz, lebte aber seit 1878 mit seiner Familie in München, wo er Teilhaber der Baufirma Zwister & Baumeister war.“

Um 1895, während der Errichtung der Villa Freudeck (1894 – 96) übersiedelte die Familie ganz nach Bregenz. Das Werk Georg Baumeisters, in dem das Villenviertel auf der Platte unter dem Pfänder eine besondere Rolle einnimmt, wird von den Architekturforschern Friedrich Achleitner, Dieter Klein etc. besonders gewürdigt. Das Ensemble der Villen am Bregenzer Ölrain ist ein Ensemble von großer sozial-, lokal-, Architektur-, Siedlungs- und kunsthistorischer Bedeutung. Es ist noch so gut erhalten, dass sein Erscheinungsbild nicht nur durch das BauG § 17, sondern auch durch kulturelle Verantwortung vollen Schutz verdient. (2.2)

Auf die Existenz eines Ensembles hat der Umstand, dass das Denkmalamt die Villa Freudeck wegen der Umbauten nicht unter Schutz gestellt hat, keinen Einfluss. Denn ein Ensemble muss nicht aus Einzeldenkmalen bestehen. Ein Objekt spielt in einem Ensemble dieselbe Rolle wie ein Bauteil in einem Baudenkmal. Das Fehlen des Denkmalschutzes an einem Objekt sagt noch nichts über seine Rolle im Ensemble und die damit verbundene Erhaltenswürdigkeit aus. Für das Denkmalamt ist die Unterschutzstellung eines Ensembles sehr schwierig, da es nicht die Gesamtheit, sondern jedes einzelne Objekt in jenen Bereichen unter Schutz stellen muss, welche für die Erhaltung der Werte und der ensemblebildenden Substanz von Bedeutung sind.

Für den Charakter eines Ortsteiles ist das Erscheinungsbild der Gesamtheit von Bedeutung. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist es Aufgabe des Bundes, fern von Sachzwängen, die Substanz und die ideellen Werte von Denkmalen zu erhalten, während die Länder und Gemeinden, näher am Bürger, die Erhaltung des Orts- und Landschaftsbildes zu verantworten haben. Den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes betreffend geht im Lichte dieses Sachverhalts jede Argumentation mit Entscheidungen des Denkmalschutzes ins Leere.

Mehrfach wurde vom Gestaltungsbeirat die Einholung eines Gutachtens des Amtssachverständigen der Landesregierung urgiert.

3.1.2 Gutachten des Amtssachverständigen DI Grasmugg

Auf nur 2 Textseiten stellt der Amtssachverständige DI Ulrich Grasmugg am 24. 10.

2016 auf Ersuchen der Landeshauptstadt Bregenz fest: (2.5) „Ein Bebauungsplan für die Festlegung besonderer Planungsrichtlinien liegt nicht vor, sehr wohl jedoch eine Verpflichtung zur Einholung einer Baugrundlagenbestimmung“.

Weiters bezeichnet er (GST-NRN 301/5, 301/14 und .690 GB Bregenz) als Bestandteil eines Villenensembles, das maßgeblich dem Schaffen des Architekten Georg Baumeister zugeschrieben werden könne. Weiters wird ausgeführt:

„2. Ausgangslage, Sachverhalt: Die Charakteristik dieses Quartiers wird aber nicht allein durch die angeführten Villenbauten bestimmt. Auch die sie umgebenden zum Teil parkartigen Gartenanlagen mit Hochstammbesatz prägen das Quartier und

(6)

6 dessen Erscheinungsbild maßgeblich, sodass von einem durchaus schützenswerten Ortsbild auszugehen ist.

3. Projektbeschreibung: Das gegenständliche Projekt beschreibt einen viergeschossigen Wohnbau in kubischer Ausprägung. Die Bauhöhe liegt bei vier Vollgeschossen, wobei das oberste Geschoss zurückgesetzt ist. Die Fassaden erhalten vorgesetzte Klinkerverkleidung, die Dachflächen sollen begrünt werden.

Entlang der südlichen Liegenschaftsgrenze befinden sich der Fahrradabstellraum und der Kinderspielplatz. Der Grünbereich wird durch eine Baumreihe entlang der Blumenstraße ergänzt. Ansonsten wird auf das vorgelegte Vorprojekt verwiesen.

4. Beurteilung: Vorweg ist festzuhalten, dass das abzubrechende Bestandsobjekt nicht dem Denkmalschutz unterliegt. Ein Ensembleschutz liegt für das betroffene Quartier ebenfalls nicht vor, wenngleich die Intentionen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes dafür sprechen würden. In diesem Zusammenhang ist der Abbruch aus bauhistorischer und stadtplanerischer Sicht zu bedauern. Er führt zu einem Verlust in der Identität und Unverwechselbarkeit innerhalb des Quartiers.“

Nach diesen klaren Wertschätzungen, in denen der Gutachter auch sein Bedauern des Abbruchs aus bauhistorischer und stadtplanerischer Sicht zum Ausdruck bringt und dadurch einen Verlust der Identität und Unverwechselbarkeit des Ortsteils betont, versucht der Sachverständige - sachlich nicht nachvollziehbar - eine Untersagung des Abbruches auf Grund von § 17(3) BauG zu verhindern, indem er behauptet, dass durch den Abbruch der Villa die Charakteristik des Stadtteils nicht erheblich beeinträchtigt würde.

Obwohl in der Beurteilung des Amtssachverständigen „der Abbruch aus bauhistorischer und stadtplanerischer Sicht zu bedauern“ ist und er „zu einem Verlust der Identität und Unverwechselbarkeit innerhalb des Quartiers führt“

wird er im nächsten Satz nicht als erhebliche Störung dargestellt !

Dies muss als eine sachlich nicht nachvollziehbare, nur anderwärtig motivierte Äußerung gewertet werden, da ein bauhistorischer und stadtplanerischer bedauerlicher Verlust der Identität und Unverwechselbarkeit nicht nur eine erhebliche Störung, sondern auch eine Zerstörung eines wesentlichen Teiles des Ensembles und seiner Werte darstellt.

Da jedoch nicht die reduziert erhalten bleibende Grünausstattung, sondern die Bewertung des Neubauprojektes ein Gegenstand des Gutachtens sein sollte, wäre diese nachzuholen.

(7)

7 3.2 DAS NEUBAUPROJEKT

3.2.1 Grundlagen:

Die oben zitierte Projektbeschreibung des Amtssachverständigen.

Hinteregger-Bau „Wohnanlage Blumenstraße Bregenz“ http://www.hinteregger- bau.at/immobilien/neubau/projekt-detail/projket/wohnanlage-blumenstrasse-

bregenz.html/

3.2.2 Befund:

Der Baukörper hat eine Grundfläche von 23,3 x 13,7 m und soll an Stelle der Villa

„Freudeck“ mit einer Grundfläche von 10,4 x 11,5 m errichtet werden. Er weist in 4 Geschossen 7 Wohnungen mit ca. 79 – 119 m2 Nutzfläche auf. (Abb. 4 und5) An der Vorderseite und der Westseite wirkt er durch breite, liegende Fenster und Öffnungen von Loggien wie ein Skelettbau, der mit rotem Klinker verkleidet ist.

Die 4-geschossige Vorderansicht ist 5-achsig, wobei die beiden Randachsen wie tiefe Seitenrisalite vorkragen.

An der Westseite springt das oberste Geschoss teilweise zurück und bildet so vor dem obersten Geschoss eine Terrasse. Der gesamt Baukörper hat ein Flachdach, das begrünt werden soll.

3.2.3 Beurteilung des gestalterischen Bezugs des Neubauprojektes zum Baubestand des Villenensembles:

Gerade die Architektur des Historismus und des Heimatstils, dem die Villen zuzuordnen sind, legt, wie schon die Architektur des Barock, besonderes Augenmerk auf die Wirkung des Erscheinungsbildes, das auch entsprechend inszeniert wird und beschichtete Ersatzmaterialien zulässt (Putz statt Naturstein, Bretterverkleidung, um Fachwerk- oder Ständerbau vorzutäuschen, „steinerne Zierglieder“ aus beschichteter Terrakotta, Romanzement oder Blech etc.). Funktions-, material- und konstruktionsgerechtes Gestaltung war von geringster Bedeutung. Auch die Positionierung, die Ausrichtung, die Einbettung in den umgebenden Bewuchs, der

„gerahmte Blick“, Zugänge, welche die Wirkung des Objektes beim Näherkommen steigern, Kurvatur und Scheinperspektive wurden zur Höhung der Wirkung eingesetzt. Bei Herrschaftsvillen wurden Türme, Erker, Veranden und Altane, ja das gesamte Vokabular romantischer Burgen, deren Semiotik nutzend, verwendet um eine herrschaftliche Wirkung zu erzielen.

Daher käme es bei einem Neubauprojekt, das sich in die gebaute Umgebung des Ensembles einfügen will, darauf an, sich mit durchaus „zeitgemäßem“, sprich wirtschaftlichem Gestalten mit auch jungem Formengut in Größe, Form und in Farbe der Oberflächen unter Einsatz von optischen Steigerungen und – Korrekturen an die Wirkung des Bestandes anzupassen.

Größe:

Die bebaute Fläche ist mehr als doppelt so groß wie jene der Villa Freudeck und auch der übrigen Villen. Mit einer Höhe von mindestens 14 m entsteht eine

(8)

8 Vorderansichtsfläche von ca. 23 x 14 m = über 320 m2, deren Breitenwirkung durch die vorstehenden Seitenrisalite noch wesentlich vergrößert wird. Der Baukörper und damit seine Fassaden erstrecken sich mit ihrer Oberkante weit über die Fassadenhöhen der Villen bis in deren obere Dachzonen bzw. über Firsthöhen hinaus. Es entstünden damit ein Baukörper und eine Frontansicht, die jene aller übrigen bei Weitem übertrifft. Da die Gestaltung der neuen Wohnungen und auch die Verkaufswerbung auf eine zahlungskräftige Klientel mit gehobenen Wohnansprüchen ausgerichtet ist, wird damit das offensichtliche Verkaufsziel konterkariert und nur der Eindruck eines Siedlungs - oder Industriebaues mit preistreibender Gestaltung in nobler Umgebung erweckt. Darüber kann das Rendering mit der luftigen Westansicht nur hinwegtäuschen und es hilft auch nicht, die in ihrer Wirkung durch die Risalite widersinnig gesteigerte Ausdehnung der Vorderansicht zu reduzieren.

Der wohl schädlichste Effekt der für das Viertel unüblichen Dimension des Neubauprojektes ist, dass sie den Maßstab der Herrschaftsvillen sprengt und diese klein und kleinmaßstäblich neben dem fabriksartigen Siedlungsbau erscheinen lässt.

Das für das Ensemble überdimensionale Volumen und die Fassadenhöhe sind nicht nur unpassend, sondern beeinträchtigen darüber hinaus die Wirkung der Villen und den Charakter des Ensembles.

Form:

Formal wird die Integration in den Bestand offensichtlich nicht gesucht. Im Kontext mit den Herrschaftsvillen wirkt der raster- oder skelettbauartige Neubau, dessen Formensprache und Oberflächengestaltung dem Industriebau um 1900 entlehnt ist, als ob sich einer der Villenbesitzer perverser- oder unüblicher Weise seine Produktionsstätte in seinen Wohnpark neben seine Villa gestellt hätte. Eine Wirkung, die auch entsteht, wenn der Baumbestand das Objekt teilweise verdeckt. Form und Materialoberflächen sind in der gegebenen Architekturlandschaft mit der Semiotik der Industriearchitektur besetzt und daher negativ für das Villenensemble und ein anspruchsvolles Wohnobjekt. Sie hätte in einem Industrieviertel besonders der Beneluxstaaten oder Norddeutschlands ihre Berechtigung.

Das Fehlen entsprechend geneigter Dächer und die Art der Gestaltung, sind weder innovativ noch eine Fortentwicklung der vorhandenen Gestaltungselemente.

Farbe und Baustoffe:

Die Oberflächen der Bestandsobjekte werden durch verputzte, oft mit Quaderung ausgestattete, hell gefärbelte Mauerflächen, durch dunkelfarbig gestaltete Holzelemente, durch Natursteingewände und dunkle Dachflächen geprägt. Nichts davon findet sich an den Oberflächen des Neubauprojekts. Allumfassende Klinkerfassaden kommen in diesem Ensemble bis heute nicht vor.

In summa muss festgestellt werden, dass sich dieses Neubauprojekt nicht nur nicht in die Umgebung einfügt, sondern sich auch durch seine Dimension und Gestaltung negativ auf die Wirkung der Villen des Ensembles auswirkt. In überdimensionaler Form erdrückt ein als nordeuropäischer Backsteinbau hervorragend gestaltetes Objekt, in unseren Breiten mit dem Image eines Industriebaus belastet, die Wirkung der Villen und beschädigt schwer den

(9)

9 Charakter des Ensembles. Da das Neubauprojekt wohl absichtlich in Dimension, Form und Farbe eine extrem andere Formensprache wählt, versucht es offensichtlich der Qualität und Wirkung des Ensembles auf

„andere Art gerecht“ zu werden, die jedoch keiner innovativen Lösung unter Fortentwicklung der vorhandenen Gestaltungselemente entspricht.

4. ZUSAMMENFASSUNG

 Die Villa Freudeck ist ein wesentlicher Bestandteil des bau-, baukunst-, lokal- und städtebaugeschichtlich sowie stadtgestalterisch für Bregenz bedeutenden Ensembles, zu dessen ältesten Gebäuden sie zählt und das aus 10 Liegenschaften besteht, auf denen 6 Villen, das Werke eines Architekten, des über Vorarlberg hinaus bedeutenden Georg Baumeister sind.

 Die landes- bzw. gemeindehoheitliche Beurteilung des Orts- und Landschaftsbildes eines Ensembles oder Gebäudes nach der Qualität des Vollzugs des Bundesdenkmalschutzgesetzes durch das Bundesdenkmalamt ist fachlich nicht zulässig, da beide, Bund und Gebietskörperschaft, nach unterschiedlichen Kriterien zu bewerten haben. Daher kann eine nach dem Denkmalschutzgesetz nur schwer vollziehbare Verordnung eines Ensembleschutzes, oder deren Ausbleiben, keinen argumentativen Einfluss auf die Beurteilung nach &17 BauG durch die Baubehörde haben. Nicht jedes für das Orts– und Landschaftsbild bedeutende Ensemble muss unter Denkmalschutz stehen. Bei Abwägung der Werte, die dem Ensemble

„Villenviertel am Ölrain“ innewohnen und die durch jüngste Forschungen weitreichend aufgedeckt wurden, wird wohl auch das Denkmalamt öffentliches Interesse an der Erhaltung zu bekunden haben.

 Das vorliegende Neubauprojekt entspricht in seiner Grundhaltung und seinen Gestaltungsprinzipien sowie in Form, Dimension, Farbe und Baustoff nicht den Anforderungen der gebauten Umgebung des Ensembles. Es wird ihr aber auch nicht auf andere Art gerecht, da es keine innovative Lösung unter Fortentwicklung der vorhandenen Gestaltungselemente darstellt. Darüber hinaus reduzierte dieses Projekt das Ensemble und beeinträchtigt, hauptsächlich durch Sprengung des Maßstabes, die schützenswerte Wirkung des historischen Baubestandes.

 Wie streng §17 BauG den Schutz des Orts- und Landschaftsbildes reguliert, wird durch § 17(4) und (5) deutlich, in denen selbst Werbeanlagen, Ankündigungen, Mobilfunk- und Fernsehantennen nur in einer bestimmten Form und an bestimmten zu genehmigenden Orten angebracht werden dürfen. Um wieviel schmerzlicher ist der Verlust eines ganzen Objekts des

(10)
(11)

11 Anhang: Abbildungen

Abb1.Lage des Georg-Baumeister-Viertels in Bregenz mit Darstellung der Umgrenzungen:

„im Norden die dominante Stützmauer entlang der Wolfeggstraße bis zur Villa Wolfegg; die markante Überhöhung der Eingrenzung der Villa Säntis an der Ecke Blumenstraße/ Ölrainstraße; der das Straßenbild prägende Sockelmauerzug mit aufgesetztem, einheitlich gestaltetem Zaun entlang der Blumenstraße; im Südosten bildet das ummauerte Geviert des Friedhofs St. Gallus die Grenze.“ (2.2)

Abb 2.Karl Höll und Georg Baumeister, Bauherr bzw. Architekt der Villa Freudeck, vor den Häusern in der Blumenstraße, historische Aufnahme ca. 1905/06 (2.2)

(12)

12 Abb 3. Villa Freudeck,

Blumenstr. 3,

Straßenansicht Bestand, Zustand Herbst 2016, Foto Julia Fuchs

Abb. 3 und Abb, 4 zeigen Bestand und Neubau in ca. gleichem Maßstab !!!

Abb 4.Projekt Neubau Blumenstr. 3, Straßenansicht (s.o.) Abb 5. Rückansicht (Nord, s.u.) (2.7)

(13)

13 Die Georg-Baumeister-Villen des Ensembles Fotos: Julia Fuchs / Herbst 2016

Abb 6-8 Villa Fünfland, Hauptgebäude / Nebengebäude, Wolfeggstr.13 + 15, erbaut 1892-95

Abb 9-10 Villa Freudeck, Blumenstr. 3, erb. 1894-96Evang. Pfarrhaus, Blumenstr. 5, erbaut 1903

Abb 11-12 Villa Wolfegg, Vorderansicht / Rückansicht, Blumenstr.1, erbaut 1905

Abb 13,14 Villa Säntis, Blumenstr.2, erbaut 1906 Abb 15 Architekturskizze G. Baumeister

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Anpas- sungsfähigkeit eines Systems muss dabei generell in mittel- bis langfristigen Zeiträumen betrachtet werden und besitzt somit, vergleichbar dem Prinzip der

Die Inhalte ei- nes Moduls sind so zu bemessen, dass sie in der Regel in- nerhalb von maximal zwei aufeinander folgenden Semes- tern vermittelt werden können; in besonders begründeten

Die ökonomische Theorie hat als Ursache für Lohnrigiditäten eine Reihe von Argumenten vorgetragen, die zeigen, dass es durchaus rational sein kann, die Löhne nicht ständig der

While in an auction market environment wage rigidities might lead to a higher individual employment or income risk this may not be the case when employees have some monopoly power

Sitzung: 9:00 - 11:30 Sitzungsleiter: Walter Oechsler Knut Gerlach und Gesine Stephan. Tarifverträge, Lohnverteilung und Selektion Koreferat:

Ein weiterer, aus Sicht der Praxis bestehender Problembereich liegt in der Einführung flexibler Entgeltkomponenten. Nach überwiegender Meinung ist eine Kürzung bereits

wandt werden, welc he die Sch atzung einer zeitvariablen NAIRU mit Hilfe des.. Kalman-Filters zusammen mit einem Kondenzintervall auf der

eher zu, dass Tarifverträge eine Senkung der Arbeitsent- gelte verhindern (Aussage 1). Für die Gruppe der qualifizierten Arbeitnehmer stimmen etwas weniger Unternehmen zu.