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Politik und Recht. Andreas Grimmel. Kontextualismus. Grundlagen und Anwendungsfelder in Politik und Recht. Nomos

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Academic year: 2022

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(1)

Nomos

Kontextualismus

Grundlagen und Anwendungsfelder in Politik und Recht

Politik und Recht

Andreas Grimmel

(2)

„Politik und Recht“

Herausgegeben von

Prof. Dr. Roland Lhotta, Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg

Prof. Dr. Christoph Möllers, LL.M., Humboldt-Universität zu Berlin Prof. Dr. Rüdiger Voigt,

Universität der Bundeswehr München

BUT_Grimmel_5815-9.indd 2 02.10.19 11:54

(3)

Grundlagen und Anwendungsfelder in Politik und Recht

Kontextualismus

Nomos

Andreas Grimmel

BUT_Grimmel_5815-9.indd 3 02.10.19 11:54

(4)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the Internet at http://dnb.d-nb.de ISBN 978-3-8487-5815-9 (Print)

978-3-8452-9932-7 (ePDF)

British Library Cataloguing-in-Publication Data

A catalogue record for this book is available from the British Library.

ISBN 978-3-8487-5815-9 (Print) 978-3-8452-9932-7 (ePDF)

Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Grimmel, Andreas

Kontextualismus

Grundlagen und Anwendungsfelder in Politik und Recht Andreas Grimmel

314 pp.

Includes bibliographic references.

ISBN 978-3-8487-5815-9 (Print) 978-3-8452-9932-7 (ePDF)

1. Auflage 2019

© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2019. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

This work is subject to copyright. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, recording, or any information storage or retrieval system, without prior permission in writing from the publishers. Under § 54 of the German Copyright Law where copies are made for other than private use a fee is payable to

“Verwertungs gesellschaft Wort”, Munich.

No responsibility for loss caused to any individual or organization acting on or refraining from action as a result of the material in this publication can be accepted by Nomos or the author.

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(5)

auf alle Bänder der Reihe „Politik und Recht“

drucken wir künftig auf S. 5 das Editorial der Reihenherausgeber

lt. Christiane Bamberger, Editorial immer ent- sprechend aktualisieren

Editorial

Politik und Recht stehen in einem engen Verhältnis zueinander, daran kann es keinen Zweifel geben. Auch die Erkenntnis, dass Recht „geronnene“

Politik ist, ist nicht neu. Neu ist allerdings der Wandel von Staatlichkeit, mit dem eine Veränderung der Steuerungs- und Regelungsmöglichkeiten durch Recht einhergeht. Hier setzt die Reihe Politik und Recht an. Dabei sollen folgende fünf Aspekte im Vordergrund stehen:

– Recht als handlungsleitender institutioneller Kontext

– Recht als normative Basis für das Handeln politischer Akteure – Recht als Objekt des Handelns politischer Akteure

– Bedingungen und Wirkungen rechtlicher Steuerung – Akzeptanz und Folgebereitschaft der Normadressaten.

Unter den Bedingungen moderner Staatlichkeit und komplexen Regie- rungshandelns (Governance) wird damit die Relation von Politik und Recht zu einer entscheidenden Schnittstelle. Hieraus lassen sich Ansätze zur ana- lytischen Erfassung des Akteurshandelns, der Akzeptanz durch die Adressa- ten, aber auch der Wirksamkeit des Rechts gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass dabei Gerichte aller politischen Ebenen eine bedeutende Rolle spielen.

Die bislang getrennt operierenden Politik- und Rechtswissenschaften müssen hierfür allerdings zusammengeführt und darüber hinausgehend methodische Neuansätze entwickelt werden.

Die Reihe Politik und Recht versteht sich als Forum für die Entwicklung und das Erproben solcher interdisziplinärer Ansätze. Sie ist deshalb offen für Beiträge, die das Verhältnis von Politik und Recht sowohl empirisch fundiert als auch theoretisch ambitioniert analysieren. Dabei sind auch explizit normativ orientierte Beiträge durchaus willkommen.

Die Herausgeber verfolgen mit dieser Reihe ihr Anliegen, das Interesse der Politikwissenschaft am Recht, das in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist, weiter zu befördern und zugleich analytisch zu bereichern.

Roland Lhotta, Christoph Möllers, Rüdiger Voigt

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(6)

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(7)

Vorwort

Die Beiträge in diesem Band verfolgen das übergeordnete Ziel, einen kontextua- listischen Ansatz zu entwickeln und seine Anwendungsgebiete in der Politikwis- senschaft zu erschließen. Ausgangspunkt des Kontextualismus ist die Annahme, dass alles Handeln notwendigerweise in einem bestimmten Kontext stattfindet und dass dieser zugleich entscheidend für die Möglichkeiten und Grenzen des Handelns ist. In modernen, funktional differenzierten Gesellschaften gilt dies ins- besondere mit Blick auf die allgemeine Zielvorstellung rationalen Handelns, die in den verschiedenen Kontexten der Politik, des Rechts und der Ökonomie sehr unterschiedlich ausbuchstabiert wird, so dass nicht von einer Rationalität, son- dern dem Nebeneinanderbestehen einer Vielheit unterschiedlicher Rationalitäten ausgegangen werden muss.

Anders als in den neueren Theorien gesellschaftlicher Differenzierung – deren Verdienst es nicht zuletzt ist, diesen „Pluralismus der Rationalitäten“ herauszuar- beiten – wird hier jedoch auch dem „Linguistic Turn“ eine zentrale Rolle einge- räumt. Kontexte sind demnach keine Räume abstrakter Kommunikation und Rationalisierung, sondern durch eine konkrete Sprachpraxis geprägt, die sich in ihren Regeln und Begriffen untersuchen und verstehen lässt. Als solche sind sie zugleich grundsätzlich durchlässig für die Rationalisierungen anderer Kontexte.

Auch wenn hier keine geschlossene „Theorie des Kontextes“ vorgelegt werden soll, so ist es doch die Absicht zu zeigen, wie diese Kombination der beiden Theoriezusammenhänge, die den Kontextualismus ausmacht, eine wesentliche Bereicherung für die theoriegeleitete Forschung darstellen kann.

Die hier abgedruckten Arbeiten haben durch eine Vielzahl von kritischen Dis- kussionen während einer Reihe von Forschungsaufenthalten an unterschiedlichen Institutionen profitiert. Mein Dank gilt vor allem den Kolleginnen und Kollegen am Minda de Gunzburg Center for European Studies (CES) an der Harvard Uni- versity in Cambridge/MA, am Department of Politics and International Studies (POLIS) der University of Cambridge, am Centre d’études européennes (CEE) der Sciences Po in Paris, am ARENA Centre for European Studies der Universität Oslo, am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völker- recht (MPIL) in Heidelberg, am Fudan Development Institute (FDDI) in Shang- hai und am European Union Centre in Taiwan (EUTW) an der Taiwan National University in Taipei.

Dankbar bin ich vor allem Stanley Hoffmann, Mette Eilstrup-Sangiovanni, Renaud Dehousse, Erik Oddvar Eriksen und Armin von Bogdandy, die meine Ar- beit während dieser Aufenthalte in jeder denkbaren Hinsicht unterstützt haben und überdies durch ihre konstruktiven Anregungen meine Forschung zum Kon- textualismus um wichtige Aspekte bereichert haben.

7

(8)

Außerdem danke ich ausdrücklich Gunther Hellmann, Cord Jakobeit, Markus Kotzur, Walter Reese-Schäfer, Rainer Schmalz-Bruns und Gunther Teubner, die in vielen anregenden Gesprächen und mit wertvollen Hinweisen zu dem Gelingen dieser Arbeit wesentlich beigetragen haben.

Mein besonderer Dank gilt überdies Pia Müller für ihre professionelle editori- sche Unterstützung bei der Erstellung des vorliegenden Manuskripts.

Die meisten der hier zusammengestellten Beiträge sind bereits in anderen Zu- sammenhängen – teils in deutscher, teils in englischer Sprache – veröffentlicht worden. Dies hat nicht nur dazu geführt, dass dies ein bilingualer Band gewor- den ist, sondern es mussten zuweilen auch wichtige Thesen und Argumente in unterschiedlichen Zusammenhängen mehrfach aufgegriffen und zum Teil wieder- holt werden – jedenfalls dort, wo dies für den Gang der Argumentation unab- dingbar erschien. Der kritische Leser möge die dadurch bedingten Redundanzen entschuldigen.

Andreas Grimmel Hamburg, September 2019

8 Vorwort

(9)

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

... 15

Verzeichnis der Erstveröffentlichungen

... 17

Abkürzungsverzeichnis

... 19

Kontext, Rationalität und die Idee der Sozialwissenschaften

..

Teil I

21

Einleitung: Grundlagen und Anwendungsgebiete eines sozialwissenschaftlichen Kontextualismus

...

1

23

Wittgenstein and the Context of Rationality: Towards a

Language-Practical Notion of Rational Reason and Action

..

2

45 The Concept of Rationality and Wittgenstein’s Philosophy

of Language ...

2.1

45 Rational Choice and “Trivial Rationality” ...

2.2 47

The Place of Rationality in Wittgenstein’s Philosophy of Language ...

2.3

49 The Context of Rationality ...

2.4 54

A Practical-Linguistic Concept of Rationality ...

2.5 58

Theory Must not Go on Holiday: Wittgenstein, the

Pragmatists and the Idea of Social Science

...

3

61

“Explaining” vs. “Understanding”? ...

3.1 61

Wittgenstein and the Practice of Social Science: The Competing Demands of First- and Second-Order Forms of Inquiry ...

3.2

62 Subject Matter: Two Autonomous Social Practices ...

a. 63

Method: The Dilemma of Accessing “Conceptual Worlds” ...

b.

65 Theory: The Perils of “Craving for Generality” ...

c. 67

The Pragmatists and Wittgenstein ...

3.3 69

9

(10)

Language and the Primacy of Practice: Social Action as Coping ...

a.

70 Pragmatist Methods: Taking the Internal Perspective of Practitioners ...

b.

72 Towards a Synthesis: Theory Must not Go on Holiday ...

3.4 76

Die Politik der europäischen Krise

...

Teil II

79

When There Are No Winners, Only Losers: The European Crisis and the Interest Paradigm

...

4

81 The Functional Dimension of the EU’s Crises ...

4.1 81

Whatever Happens, Happens in Multiplicity ...

4.2 83

Differentiating Functional Differentiation ...

4.3 85

The Interest Paradigm as a Regulative Principle of

Integration ...

4.4

87 When There Are No Winners, Only Losers: Interest-driven

Integration in Times of Crisis ...

4.5

91 Conclusion: Rethinking the ‘Motor of Integration’ ...

4.6 93

Demokratisierung und Parlamentarisierung in der

Europäischen Union: Integration als Gegenstand rechtlicher und politisch-demokratischer Rationalisierung

...

5

97 Demokratisierung und Parlamentarisierung in der

Geschichte der europäischen Integration ...

5.1

97 Vier zentrale Entwicklungen und Konfliktlinien ...

5.2 99

Parlamentarisierung als Schlüssel für die Demokratisierung der EU? ...

5.3

101

Solidarity in the European Union:

Fundamental Value or ‘Empty Signifier’

...

6

105 Solidarity: Still a Fundamental Value in the EU? ...

6.1 105

10 Inhaltsverzeichnis

(11)

The Conceptual Weakness of Solidarity in the European Union ...

6.2

106 Wittgenstein and the Need to Understand Solidarity as

Concrete Practice ...

6.3

110 Making ‘Solidarity’ Explicit ...

6.4 115

Crisis as a Chance to Arrive at a Meaningful Concept of Solidarity ...

6.5

118

There’s Life in the Old Dog Yet! Challenges as Catalyst for

European Integration

...

7

121 The Uniting of Europe as a History of Crisis ...

7.1 121

The Chance to Understand What Goes Wrong ...

7.2 123

The Chance to Identify Underlying Problems ...

7.3 124

The Chance to Reflect Upon What Can Be Done ...

7.4 126

“There’s Life in the Old Dog Yet!” ...

7.5 128

Das Recht der europäischen Integration

...

Teil III

133

Das Recht der Europäischen Union und die

Integrationstheorie

...

8

135 Die Politikwissenschaft und die „Integration durch Recht“ ..

8.1 135

Frühe Ideen der europäischen Einigung ...

8.2 139

Föderalismus und Funktionalismus ...

8.3 145

Neofunktionalismus und Intergouvernementalismus ...

8.4 148

Mehrebenenansätze und Governance ...

8.5 150

Die Annäherung von Rechts- und Politikwissenschaft ...

8.6 151

Inhaltsverzeichnis 11

(12)

Judicial Interpretation or Judicial Activism? The Legacy of Rationalism in the Studies of the Court of Justice of the European Union

...

9

161 Considering Law in EU Integration ...

9.1 161

The “Rational Politics” of Legal Integration ...

9.2 163

The Legacy of “Trivial Rationalism” ...

9.3 166

The Context of Rationality ...

9.4 167

The Context Rationality of European Law ...

9.5 172

Interest Is What Contexts Make of It ...

9.6 178

“This is not Life as it is Lived Here”: The Court of Justice of the European Union and the Myth of Judicial Activism

...

10

181 European Law: Just Another Political Arena? ...

10.1 181

Opening the Black Box: Understanding the Context of European Law ...

10.2

182 Establishing and Defining the Autonomy of European Law:

The Myth of Judicial Activism in the Foundational Period of Integration ...

10.3

186

“Politics in Robes”? ...

10.4 196

Der Kontext als Schlüssel für ein angemessenes Verständnis der Integration durch Recht in Europa

...

11

197 Der EuGH: „Politisches Gericht“ oder „Prügelknabe“? ...

11.1 197

Als der Gerichtshof zu einem Akteur der Politik erklärt wurde ...

11.2

199 Warum der Kontext als Analyseebene verstehensnotwendig ist: Die Grundrechtsrechtsprechung des EuGH in Viking, Laval, Kadi und Brüstle ...

11.3

204 Die kontextuelle Bestimmtheit der Rationalität des

Rechts ...

a)

205

12 Inhaltsverzeichnis

(13)

Auslöser, Konstanz und Kohärenz der Rechtsprechung:

Die temporale Dimension ...

b)

209 Die Regeln des Rechts als Grenze zur Politik:

Die funktionale Dimension ...

c)

212 Die Konstitution der Rechtsgemeinschaft:

Die lokale Dimension ...

d)

214 Warum es eine Kehrtwende in der Integrationsforschung

braucht ...

11.4

217

Die Transklusion des Rechts als Motor der europäischen

Integration

...

12

219 Methodischer Kontextualismus und Rechtsintegration ...

12.1 219

Die Rolle des Rechts in den Theorien der europäischen Integration ...

12.2

220 Die Integration durch Recht verstehen, heißt den Kontext

des europäischen Rechts zu verstehen ...

12.3

223 Die Transklusionsthese ...

12.4 226

Die Grundrechtsrechtsprechung des EuGH und die

Vervollständigungstendenz des Rechts ...

12.5

231 Rechtsintegration in einem Multi-Kontext System ...

12.6 240

Kontextualismus und Weltgesellschaft

...

Teil IV

243

Wozu braucht die Weltgesellschaft noch Staaten? Zu den Zukunftsperspektiven eines Auslaufmodells

...

13

245 Weltstaat und Weltgesellschaft ...

13.1 245

Staatlichkeit als Zentrum internationaler Verfasstheit? ...

13.2 246

Den Fallstricken des methodologischen Nationalismus entgehen ...

13.3

248 Demokratische Legitimation und fragmentierte

Konstitutionalisierung ...

13.4

250 Die Weltgesellschaft als vor-moderne Gesellschaft? ...

13.5 252

Inhaltsverzeichnis 13

(14)

Understanding Courts in Context: On the Embeddedness and Interaction of Judicial Bodies in a Functionally

Differentiated World Society

...

14

255 International Courts as Like-Units? ...

14.1 255

Law and Judicial Institutions in a Functionally

Differentiated World Society ...

14.2

257 Understanding Courts in Context ...

14.3 260

Mapping the Practical Side of Adjudication ...

14.3 267

The Dividing Line Between Transclusive and Substitutive Entanglements ...

14.4

274

Die Europäische Union: Sonderfall oder Modell in einer

funktional differenzierten Weltgesellschaft?

...

15

277

Literaturverzeichnis

... 289

14 Inhaltsverzeichnis

(15)

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: The model of trivial rationalism: rationality as deterministic system and black box

167

Abb. 2: The context of rationality 171

Abb. 3: Basic scheme of argument in the context of European law 174 Abb. 4: Vertrauen in die europäischen Einrichtungen in Deutschland,

Frankreich und Großbritannien

203 Abb. 5: Rationality in systems theory, rationalism, and contextualism 265 Abb. 6: Constitutive and regulative criteria of adjudication 269 15

(16)
(17)

Verzeichnis der Erstveröffentlichungen

Die Einleitung (Kapitel 1) und das Schlusskapitel (Kapitel 15) erscheinen in die- sem Band zum ersten Mal. Alle anderen Kapitel sind seit ihrer Erstveröffentli- chung in den folgenden Werken nur kleineren Überarbeitungen unterzogen wor- den, wo dies aus Gründen der Kohärenz und Aktualität erforderlich wurde.

Kapitel 1: -

Kapitel 2: Wittgenstein and the Context of Rationality: Towards a Lan- guage-Practical Notion of Rational Reason and Action (2015), in: Journal of Language and Politics (JLP), 14(5), 712–728.

Kapitel 3: Theory Must not Go on Holiday: Wittgenstein, the Pragmatists and the Idea of Social Science (2019), in: International Political Sociology (IPS), (13)2, 198-214 (zusammen mit Gunther Hell- mann).

Kapitel 4: When There Are No Winners, Only Losers: The European Cri- sis and the Interest Paradigm (2018), in: A. Grimmel

(Hrsg.), The Crisis of the European Union – Challenges, Analy- ses, Solutions (S. 159–172). Abingdon, New York: Routledge.

Kapitel 5: Demokratisierung und Parlamentarisierung in der Europä- ischen Union: Integration als Gegenstand rechtlicher und poli- tisch-demokratischer Rationalisierung (2015), in: P. Behrens / M. Kotzur / K. Lammers (Hrsg.), Sechs Dekaden europäischer Integration: eine Standortbestimmung (S. 83-92). Baden-Baden:

Nomos.

Kapitel 6: Solidarity in the European Union: Fundamental Value or ‘Emp- ty Signifier’ (2017), in: A. Grimmel / S. Giang (Hrsg.), Solidari- ty in the European Union – A Fundamental Value in Crisis (S. 161–175). Heidelberg: Springer.

Kapitel 7: There’s Life in the Old Dog Yet! Challenges as Catalyst for Eu- ropean Integration (2018), in: A. Grimmel (Hrsg.), The Crisis of the European Union – Challenges, Analyses, Solutions (S. 226–235). Abingdon, New York: Routledge.

Kapitel 8: Die integrationstheoretischen Grundlagen des Europarechts (2014), in: A. Hatje / P.-C. Müller-Graff (Hrsg.), Enzyklopädie des Europarechts (S. 89-111). Baden-Baden: Nomos (zusam- men mit Cord Jakobeit).

Kapitel 9: Judicial Interpretation or Judicial Activism? The Legacy of Ra- tionalism in the Studies of the Court of Justice of the European 17

(18)

Union (2012), in: European Law Journal (ELJ), 18(4), 518-535.

Kapitel 10: “This is not Life as it is Lived Here”: The Court of Justice of the European Union and the Myth of Judicial Activism (2014), in: Journal of Legal Studies (EJLS), 7(2), 61-83.

Kapitel 11: Der Kontext als Schlüssel für ein angemessenes Verständnis der Integration durch Recht in Europa – am Beispiel der aktuellen Grundrechtsrechtsprechung des EuGH (2013), in: Europarecht (EuR), 2/2013, 146-169.

Kapitel 12: Die Transklusion des Rechts als Motor der europäischen Inte- gration: Warum ein kontextualistischer Ansatz für die Integra- tionsforschung von Bedeutung ist und warum er notwendig ist, um zu einem angemessenen Verständnis der Integration durch Recht zu gelangen (2014), in: Zeitschrift für Internationale Be- ziehungen (ZIB), 21(2), 37-62.

Kapitel 13: Wozu braucht die Weltgesellschaft noch Staaten? Zu den Zu- kunftsperspektiven eines Auslaufmodells (2017), in: B. Ehren- zeller et al. (Hrsg.): Staatsverständnisse – ein interdisziplinärer Gedankenaustausch (S. 111-123). Baden-Baden: Nomos.

Kapitel 14: Understanding Courts in Context: On the Embeddedness and Interaction of Judicial Institutions in a Functionally Differentia- ted World Society (2018), in: European Review of Internatio- nal Studies (ERIS), 5(1), 5-27.

Kapitel 15: -

Für die Wiederabdruckgenehmigungen der hier genannten Texte dankt der Autor den entsprechenden Verlagen. Inhaber von Rechten, die trotz aller Bemühungen nicht ermittelt werden konnten, werden gegebenenfalls gebeten, sich mit dem Au- tor oder dem Verlag in Verbindung zu setzen.

The Author thanks all publishers of the contributions mentioned here for their permission to reprint. While every care has been taken to contact the rightful co- pyright owners and to ensure copyright compliance, please get in touch with eit- her the author or the publisher in any case of accidental infringement.

18 Verzeichnis der Erstveröffentlichungen

(19)

Abkürzungsverzeichnis

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ALDE Alliance of Liberals and Democrats for Europe BB Brown Book (Wittgenstein)

BBC British Broadcasting Corporation CJEU Court of Justice of the European Union EACJ East African Court of Justice

ECB European Central Bank

ECOWAS Economic Community of West African States

ECR European Court Report

ECSC European Coal and Steel Community

EDC European Defense Community

EEC European Economic Community

EECT Treaty establishing the European Economic Community

EG Europäische Gemeinschaft

EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EPC European Political Community

EPG Europäische Politische Gemeinschaft ESM European Stability Mechanism

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof EURATOM Europäische Atomgemeinschaft EUV Vertrag über die Europäische Union EVG Europäische Verteidigungsgemeinschaft EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft GASP Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

ICANN Internet Corporation for Assigned Names and Numbers ICC International Criminal Court

ICJ International Court of Justice

ICSID International Centre for Settlement of Investment Disputes ICTR International Criminal Tribunal for Rwanda

ICTY International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia 19

(20)

ISS The Idea of a Social Science and Its Relation to Philosophy (Winch)

OC On Certainty (Wittgenstein) OMT Outright Monetary Transactions

PI Philosophical Investigations (Wittgenstein) PU Philosophische Untersuchungen (Wittgenstein)

RFM Remarks on the Foundations of Mathematics (Wittgenstein) RPP Remarks on the Philosophy of Psychology (Wittgenstein)

SEA Single European Act

SRF Single Resolution Fund SRM Single Resolution Mechanism SSM Single Supervisory Mechanism TEU Treaty on European Union

TFEU Treaty on the Functioning of the European Union TLP Tractatus Logico-Philosophicus (Wittgenstein) TTIP Transatlantisches Freihandelsabkommen

UDRP Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy

UK United Kingdom

UN United Nations

US United States

VN Vereinte Nationen

WTO World Trade Organization

WTO-DSB World Trade Organization-Dispute Settlement Body

20 Abkürzungsverzeichnis

(21)

Kontext, Rationalität und die Idee der Sozialwissenschaften

Teil I

(22)
(23)

Einleitung: Grundlagen und Anwendungsgebiete eines sozialwissenschaftlichen Kontextualismus

In den Sozialwissenschaften wird der Begriff des Kontextes für die Beschreibung einer Vielzahl von recht unterschiedlichen sozialen Gegebenheiten und Institutio- nen verwendet. In der Regel erfährt der Kontextbegriff jedoch keine genauere Be- stimmung, die ihn zu einem überzeugenden analytischen Konzept machen würde.

So wird zwar immer wieder auf die Kontexte des Handelns Bezug genommen, je- doch nicht geklärt, was darunter genau zu verstehen ist, wie Kontexte verstehbar werden und warum – und vor allem wie – sie relevant für die theoriegeleitete Forschung sind.

Das Wort „Kontext“ wird in der Forschung zumeist in seiner alltagssprachli- chen Bedeutung verwendet und bleibt insofern vage, als es allgemein auf Bezugs- rahmen, Sinnzusammenhänge, Umgebungen oder schlicht soziale Institutionen verweist, in denen Handeln stattfindet. Wo der Begriff jedoch konkretisiert wur- de, ist er bislang eher Ausdruck einer bestimmten theoretischen Haltung geblie- ben, denn als eigenständiges Konzept fruchtbar gemacht worden. So stehen Kon- texte etwa in rationalistischen Ansätzen in erster Linie für Beschränkungen stra- tegischen Handelns. Der Begriff begrenzt sich somit auf die Interaktion interes- sengeleiteter Akteure, die durch ihre Einbettung in eine bestimmte institutionelle Ordnung gewissen Zwängen des Handelns unterliegen (siehe etwa Alter/Helfer/

Madsen 2016: 17). Kontexte sind demnach kaum mehr als der soziale, politi- sche, organisatorische oder wie auch immer definierte Rahmen, die über den Er- folg oder „Payoff“ interessengeleiteter Akteure entscheiden (vgl. Tsebelis 1990:

245-246). Oder aber der Kontext wird auf bestimmte Aspekte seines weiteren Gegenstandsbereichs verkürzt, wie etwa das Zusammenspiel eines Textes mit an- deren Texten.1 Andere sehen Kontexte vor allem als hermeneutische Bezugs- größen und stellen etwa auf den historischen oder aber kulturellen (Häberle/

Kotzur 2016) Hintergrund ab, den es in der Deutung von Texten – und generell Sprache – zu verstehen gelte.2 Nicht zuletzt werden historische, kulturelle, politi- sche und soziale Kontexte in konstruktivistischen Studien seit längerem auch in ihrer sozialisierenden Wirkung auf die Identitäten von Akteuren und insbesonde- re von Staaten untersucht (siehe etwa Hopf 1998: 176).

Diese verschiedenen Verwendungen des Kontextbegriffs haben jedoch auch zu einer Unschärfe geführt, die sich bisweilen in der Analyse des im Kontext be-

1

1 So etwa in postmodernen und diskursanalytischen Studien, insoweit diese sich den Beziehungsgeflechten von Texten in unterschiedlichen Kontexten widmen (siehe etwa Wodak/Fairclough 2010; Diez 1996:

259).

2 Hier sind insbesondere die Arbeiten von Quentin Skinner (z. B. 1966, 1972) zu nennen, die jedoch über die einfache historische Kontextualisierung bisweilen hinausgehen; vgl. hierzu auch die Beiträge in Tully 1989a.

23

(24)

leuchteten Untersuchungsgegenstands niederschlagen muss. Gerade in der sozial- wissenschaftlichen Forschung sind so vielfach Studien und Diskussionen entstan- den, die zwar mit dem Kontextbegriff operieren, offenbar aber ganz verschiedene Phänomene meinen und nur unzureichend deutlich machen, was Kontexte ei- gentlich sind, wie sie das Denken und Handeln prägen und auf welche Weise sie soziale Praxis bestimmen.

Kontext, Kontextualismus und Anti-Essentialismus

Die folgenden Untersuchungen sollen nicht nur einen Beitrag zur Konkretisie- rung des Kontextbegriffs leisten. Viel eher soll hier der Versuch unternommen werden, den Begriff in einen weiteren theoretischen Zusammenhang einzubetten und zu umreißen wie die theoriegeleitete politikwissenschaftliche Forschung von einem Ansatz profitieren könnte, der die Kontexte des Handelns als entscheiden- den Referenzpunkt der Verständigung und des Handelns begreift. Dieser Ansatz wird hier als Kontextualismus bezeichnet.3

Ausgangspunkt des Kontextualismus ist die Annahme, dass alle Wahrneh- mung und Deutung dessen, was geschieht, und auch jede Äußerung darüber und jedes Handeln, immer bereits in einem bestimmten Kontext stattfinden. Jeden- falls ist kaum eine (soziale) Situation denkbar, der sich nicht ein entsprechender Sinnzusammenhang zuordnen ließe oder für die ein solcher nicht entscheidend wäre. Eine ethisch-normative Dimension steht damit explizit nicht im Vorder- grund. Kontexte sind, wie Voßkuhle und Wischmeyer (2015: 427) sagen, „an sich weder gut noch schlecht, sondern gegeben“. Nichtsdestoweniger sind Kon- texte in dieser Gegebenheit zentrale Bezugspunkte des sprachlichen Prozessierens von Sinn, der gemeinsamen Verständigung und der Reflexion. Ändert sich der Kontext, so ändert sich folglich auch der Horizont möglicher Wahrnehmungen und Deutungen.

Max Weber hatte bereits früh die Notwendigkeit einer „verstehenden Soziolo- gie“ erkannt, die die Sinnzusammenhänge des Handelns in den Blick nimmt und hierbei vor allem auch unterschiedliche Wert- bzw. Lebenssphären unterscheidet.

Anders als bei Weber jedoch, der mit seinen Typen des „aktuellen“ und „erklä- renden Verstehens“ auf den subjektiven „von dem oder den Handelnden gemein- ten Sinn“4 abstellte, stehen aus einer kontextualistischen Perspektive die Umge- bungen von Handlungen im Fokus, insofern sie relevant sind, um die Zuschrei- bung von Sinn zu ermöglichen. Denn der „gemeinte Sinn“ kann sich in Handlun-

3 Vorarbeiten hierzu finden sich insbesondere in Grimmel 2013a. In einer verwandten Form wird der Kontextualismus in der philosophischen Forschung seit einiger Zeit als aussichtsreicher Mittelweg zwi- schen Skeptizismus und Invariantismus diskutiert (vgl. etwa Cohen 1987, DeRose 2009, Kincaid 2004, Ernst 2005, Brogaard 2008, Bridges 2010).

4 „§ I. Begriff der Soziologie und des ‚Sinns‘ sozialen Handelns“ in Weber 1980.

24 1 Einleitung

(25)

gen manifestieren, die wiederum zu sehr verschiedenen Deutungen führen kön- nen, nämlich je nachdem in welchem Kontext ein Akteur handelt und wie sein Handeln mit dem zusammengeht, was kontextuelle Praxis ist. Der Akteur ist folglich nur sehr begrenzt in der Lage, die Bedeutung dessen, was er tut, festzu- schreiben.5

Kontexte sind insofern zuallererst Umgebungen begrenzter Möglichkeit, weil sie faktisch immer nur eine bestimmte Anzahl möglicher Wahrnehmungen und sinnvoller Deutungen zulassen und andere ausschließen. Zugleich sind sie aber immer (bewusst oder unbewusst) präsent und bestimmen unser Denken und Handeln, aber auch die Möglichkeiten der kommunikativen Verständigung hier- über. Dies steht durchaus im Einklang mit dem Grundgedanken einer „kommu- nikativen Rationalität“, wie er sich bei Jürgen Habermas in seiner wohl differen- ziertesten Ausformulierung findet (vgl. hierzu Habermas 1981, 2007), insinuiert aber zugleich, dass diese als kommunikative Rationalitäten zu denken ist,6 die je- weils nur für einen spezifischen Kontext Geltung beanspruchen können und auch nur dort ihre Wirkung im Sinne einer gelungenen – weil überzeugenden – Argu- mentation entfalten können. Die Kommunikationsgemeinschaft wird vor diesem Hintergrund lediglich als Überbegriff für die Menge von Kommunikationskon- texten verstanden, in denen auf unterschiedlichen Wegen Rationalisierung statt- findet. Der Kontextualismus kann insofern nicht auf ein „Moment der Unbe- dingtheit“ abzielen, das sich in Form von bestimmten Geltungsansprüchen mani- festieren könnte, die „alle provinziellen Beschränkungen des jeweiligen Kontex- tes“ (Habermas 1981, Bd. 2: 586 f.) transzendieren würde. Viel eher geht es darum die funktionalen, lokalen und temporalen Ausgestaltungen von Rationali- sierungsprozessen in den Blick zu nehmen; dies jedoch in dem Bewusstsein, dass diese immer auch anders sein können.

Dies schließt auch idealtypische Annäherungen mit ein. So sind selbst die ide- altypischen Kommunikationsmodi des arguing und bargaining, wie sie sich seit Mitte der 1990er Jahre in den Internationalen Beziehungen als Leitbegriffe her- ausgebildet haben, nicht unabhängig von ihrem Kontext zu verstehen. Die von Thomas Saretzki mit Blick auf die Funktionen der beiden Modi vorgenommene Charakterisierung, der zufolge arguing „ein Kommunikationsmodus [sei], der zur Lösung kognitiver Probleme ausdifferenziert wurde, [wohingegen] bargai- ning … einen primären Bezug zur Bearbeitung von distributiven Problemen“

(2007: 118) aufweist, ist für bestimmte politische Zusammenhänge zutreffend, aber eben keinesfalls allgemein gültig, sondern kontextabhängig. Eine argumen- tative Auseinandersetzung innerhalb eines juristischen Diskurses (etwa im Rah-

5 Hierzu bereits Gadamer (siehe etwa ders. 1989: 296).

6 Wobei dem Verweis auf eine kommunikative Rationalität im Grunde genommen etwas Tautologisches anhaftet, da jede Rationalität Ergebnis kommunikativen – d. i. sprachförmigen und auf Verständigung ausgerichteten – Handelns ist (hierzu eingehend Kapitel 2).

1 Einleitung 25

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men eines gerichtlichen Verfahrens), die ja gerade kein bargaining sein darf,7 kann eine sowohl distributive, als auch auf kognitive Probleme ausgelegte Form annehmen. Zugleich ist die Art, mit der eine rechtliche Argumentation ausgetra- gen wird, klar von anderen Argumentationen (z. B. politische, ökonomische, wis- senschaftliche, religiöse) zu unterscheiden, weil die Regeln und Begriffe, die über ein gelungenes Argument entscheiden, hier sehr spezifische sind. Möchte man das Wort „bargaining“ – zugegeben etwas verkürzt – als „verhandeln“ überset- zen, so wird dieser Unterschied besonders deutlich. Eine gerichtliche Verhand- lung folgt schließlich anderen Maßgaben als eine politische oder geschäftliche.

Die praktische Bedeutung dessen, was man als bargaining oder arguing für unterschiedliche kontextuelle Zusammenhänge ausdeuten kann, weist also letzt- lich nur „Familienähnlichkeiten“ auf, aber keine Wesensmerkmale, die allen In- stanzen der beiden Begriffe jeweils eigen wären.8 Deshalb muss auch der Apel’sche Versuch fehlgehen, auf „jene transzendentalpragmatischen Vorausset- zungen der Argumentation“ zu rekurrieren, „die man immer schon anerkannt haben muss, wenn das Sprachspiel der Argumentation seinen Sinn behalten soll“

(Apel 1976: 72 f.; vgl. Reese-Schäfer 2013: 45 ff.). Selbst die grundlegenden Gel- tungsansprüche argumentativer Verständigung, wie Habermas sie in dem Vier- klang aus Wahrheit, Wahrhaftigkeit, (normative) Richtigkeit und Verständlich- keit identifiziert hat (1981, Bd. 1: 416), können in ihrer sprachlichen Praxis un- terschiedliche kontextuelle Ausgestaltungen erfahren. Dies ergibt sich bereits zwingend aus der begrifflichen Natur der Geltungsansprüche und der daraus fol- genden Vielheit möglicher damit verbundener Praktiken.9

Der Kontextualismus steht insofern jedem methodologisch essentialistischen Bestreben kritisch gegenüber, wenn dieses Bestreben das Ziel letztverbindlicher begrifflich-definitorischer Klärungen verfolgt oder solche bereits voraussetzt.10 Karl Popper hatte ein solches Vorgehen in dem aristotelischen Ideal gesehen, „die Wesenheiten der Dinge, ihre Essenzen, in unfehlbarer Weise zu erfassen und ein Wissen von Ihnen zu erlangen“ (1958: 17) und zurecht dafür kritisiert, dass ein

7 Das Aushandeln von Recht auf der Grundlage von Interessenerwägungen steht schließlich den Anfor- derungen eines demokratisch legitimierten, fairen und vor allem an das bestehende Recht und die all- gemeinen Rechtsgrundsätze gebundenen Prozess entgegen.

8 Der Begriff der „Familienähnlichkeiten“ taucht erstmals bei Nietzsche (1886: § 20) auf und ist bei Wittgenstein im Rahmen seiner Ausführungen zu den Gemeinsamkeiten bzw. „Verwandschaften“ (PU

§ 64-65) von Sprachspielen ausformuliert worden (PU § 66-67, 75-78).

9 Hinzu kommt, dass Wahrheit und Wahrhaftigkeit z. B. im Rechtsdiskurs durch Geltungsansprüche wie Akzeptanzfähigkeit und Neutralität überlagert und abgelöst werden.

10 Ähnlich hatte auch Wittgenstein sich mit dem Begriff der „Familienähnlichkeiten“ ursprünglich vor al- lem gegen die essentialistische Ansicht gewandt, dass alle Instanzen eines Begriffs eine Gemeinsamkeit aufweisen müssten, die dessen Kern bilden und diesen mithin definitorisch greifbar machen (vgl. Glock 2000: 107 f.). Da der Begriff von Wittgenstein zugleich sprachpraktisch gewendet wird, schließt er ex- plizit keine „Kerngebräuche und Korrektheits- sowie Zugehörigkeitskriterien [aus], welche die Offen- heit der Begriffe an den ‚Rändern‘ stark einschränken“ (Lenk 1967: 477), so dass der mögliche Vor- wurf eines Bedeutungsskeptizismus an dieser Stelle nicht verfangen kann.

26 1 Einleitung

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solches Vorgehen den Sinn eines Begriffs nicht begründen kann, weil es „das Problem des Sinnes zurück auf die definierenden Begriffe“ verschiebt (ebd.: 25).11 Der hier vertretene Ansatz teilt diese Einsicht und geht insofern davon aus, dass sich keine Merkmale oder Eigenschaften isolieren lassen, die allen Kontexten und der damit verbundenen Praxis eigen wären, also mithin das Wesen des Kontextes ausmachten. Aus diesem Grund sind die hier vorgenommenen definitorischen Eingrenzungen von zentralen und an späterer Stelle zu entfaltenden Konzepten auch nicht als solche zu verstehen, die irgendeine Wesenheit von sozialer Praxis einfangen sollen. Viel eher muss jede hier vorgenommene begriffliche Festlegung als ein Abstraktionsversuch von sich in einem näher zu bestimmenden Kommu- nikationsraum ereignenden Einzelfällen verstanden werden, die jedoch erst durch eine interpretative Praxis miteinander in Verbindung gebracht werden können.

Die Konsequenz einer sowohl kontextualistischen als auch anti-essentialisti- schen Perspektive ist letztlich auch der Bruch mit der Vorstellung, dass rationales Handeln – selbst wenn es sich im Sinne einer normativen Zielvorstellung der Moderne durchgesetzt hat – irgendeine herausgehobene Stellung für sich bean- spruchen kann. Schließlich ist jede kommunikativ vermittelte Rationalität nur ein Ausdruck dessen, was sich als „rational“ verstehen lässt, weil es ja immer auch noch andere Formen der kontextuell differenten Rationalisierung gibt, die ebenso für sich den Anspruch erheben können „rational“ zu sein. All dies ge- schieht jedoch, ohne dass diese „Rationalitäten“ durch auch nur wenigstens ein Kriterium verbunden wären, welches das Wesen der Rationalität irreduzibel wi- derspiegeln würde.

Aus diesem Grund kann der Kontextualismus auch nicht von der Existenz einer Meta-Sprache ausgehen, d. i. ein universelles „Sprachspiel“,12 in dem sich alles, was ist, (rational) begründen ließe. Die alltägliche Praxis findet in einer ten- denziell unbegrenzten, faktisch jedoch limitierten Anzahl von Kontexten statt, die vorgeben, welche Wege des Handelns und Rationalisierens offen stehen – oder wenigstens sozial13 begründbar sind – und welche nicht.14

11 Man muss sicherlich nicht so weit gehen, wie Popper dies tat, zu folgern, dass „alle wirklich notwendi- gen Begriffe undefinierte Begriffe sein müssen“ (Popper 1958: 26). Wohl aber geht der Kontextualis- mus davon aus, dass mögliche Definitionen nur im Kontext ihrer regelmäßigen Verwendung Bestand haben können und daher zugleich instabil und variabel sind.

12 Grundlegend zu dem Begriff sind Wittgensteins Ausführungen in seinem Spätwerk, insbes. PU § 7, 21–

65.

13 Hier wird bewusst nicht der in diesem Zusammenhang durchaus gebräuchlichere Begriff der „inter- subjektiven Begründbarkeit“ verwendet, zumal Kontexte nicht vom Subjekt her gedacht werden sol- len, sondern von einer im Kontext bestehenden Sprachpraxis, die letztlich nur ein Ausdruck sozialer Interaktion und gemeinschaftlich geschaffener und wiederholter Bedeutungsinhalte sein kann (vgl.

Bloor 1997: 27-42, 99, Kripke 1982: 89).

14 Dies schließt nicht aus, dass andere Kontexte und ihre Begriffe und Regeln gedanklich im Handeln mitgeführt werden. Nur können sie eben nicht in dem jeweils aktuellen Kontext geltend gemacht wer- den, weil dies die Referenz auf eine andere Sprachpraxis voraussetzt.

1 Einleitung 27

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Zwei Grundannahmen des Kontextualismus

Folgt man dieser Grundfigur des Kontextualismus, so wird eine systematische Beschäftigung mit der Ebene des Kontextes unausweichlich und verspricht zu- gleich einen bedeutenden analytischen Mehrwert, als dadurch wichtige Einsich- ten in die kontextuellen Bedingungen der Möglichkeit von Handeln in Aussicht gestellt sind.

Der Kontextualismus, wie er hier vertreten wird, geht dabei von einer sprach- praktischen und einer differenzierungstheoretischen Grundannahme aus:

– Die sprachpraktische Grundannahme besagt, dass alles, was ist, notwendiger- weise in einer Sprache abgebildet werden muss, die keine direkte Verbindung zu dem herstellt, was sie bezeichnet, sondern gleichbedeutend mit ihrer regel- mäßigen Verwendung ist. Mit anderen Worten, alles was wir wissen, wird über eine Sprache gewusst, die sich keineswegs zwingend aus ihren Gegen- ständen ergibt, sondern lediglich aus ihrer konkreten, aber wechselhaften Praxis.

– Zugleich – und dies ist die differenzierungstheoretische Grundannahme – wird davon ausgegangen, dass sich Handeln notwendigerweise in bestimmten sozialen Kontexten abspielt, die die Möglichkeiten, aber auch Grenzen der entsprechenden Sprachpraxis bestimmen. Ausgangspunkt ist eine Welt, die schlicht zu komplex und vielgestaltig ist, als dass sie sich über eine universelle oder ideale Sprache erfassen ließe. Insofern kann jede Sprachpraxis in den Be- griffen, Regeln und Gründe, die sie bereitstellt, letztlich nur eine begrenzte Reichweite für sich beanspruchen.

Zum Zweck einer ersten, allgemeinen Orientierung lassen sich Kontexte demzu- folge als sprachpraktische Umgebungen verstehen, die durch eine Menge von im Gebrauch befindlichen Begriffen und Regeln konstituiert und ausgestaltet wer- den, die aber zugleich immer nur eine begrenzte Reichweite für sich beanspru- chen können.

Beide hier gemachten Grundannahmen haben ihren Ursprung in der Sprach- philosophie Ludwig Wittgensteins15 und zeichnen zugleich das Bild einer „poly- kontexturalen“ (Günther 1979) Struktur der Gesellschaft, in der die Grenzen des Kontextes nicht nur die Grenzen der Wahrnehmung, sondern auch Grenzen der Begründung und Rationalisierung sind. Dieser Gedanke einer „Polykontexturali- tät der Rationalität“ ist in den Sozialwissenschaften vor allem in der Systemtheo- rie von Niklas Luhmann (1997: 1094, 1132, 1141) aufgegriffen und gegen das Verständnis einer universellen Rationalität gesetzt worden, wie sie insbesondere

15 Erstere geht hauptsächlich auf den Komplex von Wittgensteins kritischen Ausführungen zur sog. Ab- bildtheorie der Bedeutung und zu seinem Gegenmodell, der Gebrauchstheorie der Bedeutung, zurück.

Letztere orientiert sich vor allem an der Idee des Sprachspiels und dem von Wittgenstein explizierten Regelbegriff.

28 1 Einleitung

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methodologisch-individualistisch fundierten Rationalismuskonzeptionen (und insbesondere Rational-Choice-Ansätzen) zugrunde liegt. An die Stelle des ratio- nalen Akteurs tritt hier die Bereichsrationalität funktional ausdifferenzierter Sys- teme und die „Emergenz von hochfragmentierten, intermediären Sozialstruktu- ren“, in denen sich die „Rationalität … mithin vom rational handelnden Subjekt zum System und seinen Operationen“ verschiebt (Teubner 2008: 11). Im Grunde geht der Gedanke eines Rationalitätspluralismus aber bereits auf die viel früher entstandenen Ausführungen Max Webers zu der Herausbildung und Eigengesetz- lichkeit gesellschaftlicher Lebens- bzw. Wertsphären zurück.16

Eine kontextualistische Perspektive teilt ebendiese Zentralität funktionaler Differenzierung und sieht hierin einen wesentlichen Kondensationspunkt von sprachpraktischer Ausdifferenzierung und Rationalität in der modernen Gesell- schaft. So gehen die folgenden Überlegungen davon aus, dass die Standards und beobachtbaren Kriterien für rationales Handeln etwa in einem politischen Kon- text nicht dieselben sind, wie in einem rechtlichen oder ökonomischen und dass sich Handeln hierüber in einem der jeweils anderen Kontexte auch nicht hinrei- chend begründen ließe. Der Kontextualismus sieht aber zugleich auch den „Lin- guistic Turn“ als zentral an, insofern er diese funktionale Differenzierung als Er- gebnis und Gegenstand sprachpraktischer Prozesse sieht. Überdies ist funktionale Differenzierung aus Sicht sprachphilosophischer Erwägungen nicht die einzige Dimension, die bei der Beobachtung und Beschreibung von kontextuellen Prakti- ken zu beachten ist. Hinzu treten vor allem auch temporale und lokale Differen- zierungen, die die jeweilige Rationalität eines Kontextes bestimmen. Diese drei Dimensionen des Kontextes werden an späterer Stelle am Beispiel rechtlicher (ge- nauer: juristischer) Argumentationen zu beleuchten sein.

Insofern stellt der Kontextualismus auf eine Mesoebene ab. Anstatt auf über- geordnete Zielorientierungen von Systemen, Wertsphären oder wie auch immer definierte soziale Institutionen zu fokussieren, untersucht er die in einem spezifi- schen Kontext herausgebildeten Regeln und Begriffe, die die Bedingungen der Möglichkeit einer rationalisierungsfähigen sprachlichen Verständigung im jewei- ligen Kontext bilden. Es wird hierbei davon ausgegangen, dass eine Analyse der im Kontext sprachförmig praktizierten Regeln und Begriffe Aussagen über drei zentrale Dinge erlaubt: (a) ob bestimmte Handlungen gegenüber anderen Teil- nehmern des gleichen Kontextes verstehbar sind und insofern als sinnvoll gelten können, (b) wann Handlungen im Rahmen des jeweiligen Kontextes als rational und aus (c) diesem Grund akzeptanzfähig angesehen werden können. Damit wird zugleich nicht auf das Zirkulieren von abstrakten Kommunikationen oder dichotomische Funktions-Codes, wie bei Luhmann, abgestellt und auch nicht auf die Bedingungen der Möglichkeit diskursiv-rationaler Verständigung an sich,

16 Für eine genaue Herleitung aus dem Werk von Weber, siehe Grimmel 2013a: 148-169.

1 Einleitung 29

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sondern – in gewisser Weise sehr pragmatisch – auf die konkreten, in einer be- reichsspezifischen Praxis zum Ausdruck kommenden, Arten und Weisen kon- textrationalen Handelns.

Der Kontext der Rationalität …

Die Frage nach der rationalen Qualität des Handelns bleibt also aus einer kon- textualistischen Perspektive zentral – nicht zuletzt, weil konstatiert werden kann, dass die möglichst weitgehende Rationalisierung von Fragen und Problemlagen in modernen funktional differenzierten Gesellschaften eine allgemeine normative Zielvorstellung ist.17 Sie wird aber in einer Weise beantwortet, die das Bestehen einer Vielzahl von nebeneinander existierender und sich gegenseitig beeinflussen- der Kontextrationalitäten auf die Praxis unterschiedlicher „Sprachspiele“ und der hierin gespeicherten Regeln und Begriffe zurückführt. Dem Kontextualismus geht es dabei explizit nicht darum, Ursachen für rationales, nicht-rationales oder irrationales Handeln anzugeben oder den Gebrauch von Regeln und Begriffen auf das rationale Handeln von Akteuren zu gründen. Viel eher soll gezeigt wer- den, dass, um überhaupt von Rationalität sprechen zu können, immer bereits ein Konsens darüber hergestellt werden muss, was es heißt, rational zu handeln. Die- ser Konsens, so wird argumentiert, wird letzten Endes immer über eine Sprach- praxis geleistet, die nicht ohne die konkrete Anwendung von Regeln und Begrif- fen in einer Reihe von Einzelfällen auskommen kann.18 Die Bedeutung von Ra- tionalität, so ließe sich mit Wittgenstein formulieren,19 muss über ihren Gebrauch in der Sprache hergestellt werden und kann diesem nicht bereits vorausgehen.

Wenn man die Perspektive des Kontextes einnimmt, stellt sich zunächst die Frage, auf welcher Ebene von Sprache und Praxis ein Kontext und seine Rationa- lität zu verorten sind. Dieser Frage wird in diesem ersten Abschnitt des Bandes in zwei weiteren Schritten nachgegangen.

So wird zunächst in Kapitel 2 die sprachpraktische Grundannahme des Kon- textualismus in der Auseinandersetzung mit Wittgensteins Spätwerk herausgear- beitet und gezeigt, dass es letztlich nichts in der „menschlichen Natur“ gibt, das definieren könnte, was als rational, irrational oder nicht-rational gilt, sondern dass auch die Frage nach der Rationalität nur mit Blick auf eine spezifische Ver- wendung von Sprache und durch Verweis auf bestimmte Handlungsregeln beant- wortet werden kann. Die Frage nach den Ursachen von Rationalität, nach den

17 Letzteres lässt sich bereits an der Tatsache ersehen, dass sich Handeln in der Regel durch den überzeu- genden Verweis auf dessen rationale Grundlage vor anderen rechtfertigen lässt. So ließe sich kaum be- haupten, dass eine Handlung zwar rational, aber letztlich unbegründet sei. Mit Blick auf die Akzep- tanzfähigkeit verhält es sich hier freilich anders, wie an späterer Stelle genauer zu belegen sein wird.

18 Wittgenstein argumentiert gerade im Falle unklarer Begriffsbedeutungen für die Orientierung am Ein- zelfall (siehe etwa PU § 77).

19 Vgl. PU § 43.

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