M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 1–2½½½½7. Januar 2002 AA55
Mortalität eher der Versorgungsrealität in Deutschland entsprechen. Bestätigt werden solche falschpositive Eintra- gungen auch aus den USA. Beim Prostatakarzinom haben sich die Neu- erkrankungszahlen in den letzten 15 Jahren durch das PSA-Screening mehr als verdoppelt. Parallel dazu ist auch häufiger ein Prostatakarzinom als falschpositive Todesursache angegeben worden. Damit konnte der erwartete positive Screeningeffekt nicht durch ei- ne sinkende Mortalität belegt werden (3).
Ergänzend ist anzumerken, dass nicht wenige Ärzte unsicher sind, wel- che Angaben auf der TB erwartet wer- den. Unsere Analysen bestätigen dies.
Im Studium wird zwar ausführlich die Problematik des unnatürlichen Todes besprochen. Auf die Anforderungen für die Ausstellung von Todesbeschei- nigungen und deren Bedeutung wird wahrscheinlich zu kurz und nur in der Rechtsmedizin und in der Biostatistik eingegangen.
Die große Bedeutung der Datenquel- le Todesursache hat andere Länder wie USA, England und Kanada vor Jahr- zehnten veranlasst, eine personen- identifizierte Datenbank zu allen Ster- befällen aufzubauen (17, 18). Viele Beiträge in den führenden medizini- schen Zeitschriften zeigen den überwäl- tigenden Nutzen. Ein Follow-up von zehn Jahren und mehr für 98 Prozent von einigen zehntausend Patienten ist keine Seltenheit (4, 5). Forschungsförde- rungen werden deshalb in den USA mit der Auflage vergeben, dass alle Identifi- zierungsmerkmale für diese Datenbank erhoben werden, die dann später einen Abgleich ermöglichen. Die Einrichtung einer solchen nationalen Datenbank für alle TB zum Monitoring der Gesundheit der Bevölkerung, für die Qualitätssiche- rung von Prävention und Behandlung und für die Förderung epidemiologi- scher und klinischer Studien wäre ein be- deutender Faktor für den Medizinstand- ort Deutschland. Die Krebsregisterge- setze mit den resultierenden Verarbei-
tungsmöglichkeiten für TB waren ein entscheidender Fortschritt, um den circa 25 Jahre gerungen wurde. Vielleicht läs- st sich der nächste Schritt aufgrund der sich verbreitenden Aufbruchsstimmung und Veränderungseuphorie etwas kurz- fristiger realisieren, zumal die erforderli- che Arbeit eigentlich schon geleistet wird. Nicht Geld, sondern die Bereit- schaft zur Weiterentwicklung, eine Rechtsgrundlage und eine adäquate Or- ganisation fehlen bisher.
Manuskript eingereicht: 12. 4. 2001; revidierte Fassung angenommen: 2. 8. 2001
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 50–55 [Heft 1–2]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. rer. biol. hum. Gabriele Schubert-Fritschle Klinikum Großhadern/IBE
Marchioninistraße 15, 81377 München E-Mail: schu@ibe.med.uni-muenchen.de
Die Anzahl an Vorsorgeuntersuchun- gen kann ohne Gefahr für Mutter und Kind zur routinemäßigen Betreuung schwangerer Frauen verringert werden.
In einer von der WHO durchge- führten Metaanalyse aller Arbeiten, die sich mit der Einführung des neuen Modells beschäftigten, konnten sieben Studien identifiziert werden, die den strengen evidenzbasierten Kriterien der Cochrane Collaboration entspra- chen. Es wurde untersucht, inwieweit die Reduktion der ärztlichen Kon- trollen das Risiko für Präeklampsie, Harnwegsinfekt, postpartale Anämie, niedriges Geburtsgewicht sowie die mütterliche und peripartale Sterblich- keit beeinflusste. Obwohl die von den Autoren gewählten einzelnen Kriteri- en nicht in allen Studien gleich stark gewichtet waren und die Studienaus-
wertungen sich in der Randomisie- rung (individuell und auf Klinik bezo- gen), dem Ort (vier Studien wurden in besser entwickelten Staaten durchge- führt) und den definierten Zielen (nur Reduktion der Anzahl oder Kosten- prüfung) unterschieden, waren die Er- gebnisse eindeutig: Die Reduktion der Routinevorsorgeuntersuchungen ist in allen von den Autoren als aussage- kräftig definierten Kriterien nicht mit einem höheren Risiko für Mutter und Kind verbunden (lediglich bezüglich der perinatalen Mortalität war die Fallzahl für eine statistische Signifi- kanz zu gering). Die Erwartungshal- tung der werdenden Mütter in der westlichen Welt scheint sich aber, gemäß den vorliegenden Daten, an dieses Modell erst noch anpassen zu müssen.
Die Aussagen über eine eventuelle Kostenersparnis sind, da nur zwei Stu- dien sich mit diesem Aspekt beschäf- tigten, noch nicht repräsentativ. Wie erwartet, konnte jedoch eine leichte Kostensenkung dokumentiert werden.
Dies ist, nicht nur für die Schwange- ren, sondern insbesondere für die we- niger entwickelten Staaten, ein wichti-
ger Ansatz. goa
Carroli G et al.: WHO systematic review of randomised controlled trials of routine antenatal care. Lancet 2001;
357: 1565–1570.
Guillermo Carroli, Centro Rosarino de Estudios Perina- tales, Rosario, Argentinien.
Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft auf dem Prüfstand
Referiert